Entscheidungsdatum
03.02.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W156 2168479-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde von Dr. J XXXX F XXXX gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (nunmehr Sozialversicherung der Selbständigen) vom 11.07.2017, VSNR XXXX, beschlossen:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 31 iVm. § 28 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) idgF zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Wien, nunmehr Sozialversicherung der Selbständigen (im Folgenden: SVS) hat mit Bescheid vom 11.07.2017, Zl. XXXX , adressiert und zugestellt an Rechtsanwältin per Adresse Dr. XXXX als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der Dr. F XXXX Immobilientreuhand GmbH festgestellt, dass die Pflichtversicherung des Dr. J XXXX F XXXX (im Folgenden Beschwerdeführer) in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z3 GSVG am 31.03.2017 endet.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 07.08.2017 fristgerecht Beschwerde.
3. Am 23.08.2017 legte die SVS die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und wurde das Verfahren der Gerichtsabteilung W263 zugewiesen.
4. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 21.01.2020 wurde das Verfahren der Gerichtsabteilung W156 zur Entscheidung zugewiesen.
5. Laut Auszügen aus der Insolvenzdatei (Stand: 14.07.2017 und 03.02.2020) wurde mit Beschluss des HG Wien zu Zl. XXXX vom 25.08.2016 der Konkurs über das Vermögen der Dr. F XXXX Immobilien GmbH eröffnet. Als Masseverwalter wurde Rechtsanwältin Dr. XXXX bestellt. Mit Beschluss des HG Wien vom 13.02.2018 wurde der Konkurs mit Zustimmung aufgehoben und die Aufhebung mit Beschluss vom 01.03.2018 für rechtskräftig erklärt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer war seit dem 25.01.2013 geschäftsführender Gesellschafter der Dr. F XXXX Immobilientreuhand GmbH mit einer Beteiligung zu 100%.
Über das Vermögen der Dr. F XXXX Immobilientreuhand GmbH wurde mit Beschluss, Zl. XXXX , des HG Wien vom 25.08.2016 der Konkurs eröffnet. Als Masseverwalter wurde Rechtsanwältin Dr. XXXX bestellt.
Die SVS hat mit Bescheid vom 11.07.2017 festgestellt, dass die Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z3 GSVG mit dem 31.03.2017 endet. Der Bescheid wurde an Rechtsanwältin Dr. XXXX als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Dr. F XXXX Immobilientreuhand GmbH adressiert und zugestellt.
Der Beschwerdeführer brachte mit Schriftsatz vom 07.08.2017 Beschwerde gegen den vorgenannten Bescheid ein.
Mit Beschluss des HG Wien vom 13.02.2018 wurde der Konkurs aufgehoben.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt. Unstrittig ist im vorliegenden Beschwerdefall die Adressierung des Bescheides der SVS vom 11.07.2017 an die Masseverwalterin.
Unstrittig ist auch, dass der Konkurs mit Beschluss des HG Wien vom 13.02.2018 aufgehoben wurde.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, welche im Übrigen nicht beantragt wurde, konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem Schriftverkehr geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010, S. 389, entgegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ist der Bescheid der SVS vom 11.07.2017. Mit dieser Beschwerdevorentscheidung hat die belangte Behörde über die Beschwerde inhaltlich entschieden.
Im gegenständlichen Fall ist das Vorliegen der rechtswirksamen Zustellung des angefochtenen Bescheides zu prüfen.
Im Konkurs vertritt der Masseverwalter die Gemeinschuldnerin hinsichtlich aller zur Konkursmasse gehörigen Ansprüche und ist demnach zur Verfolgung der Rechte der Gemeinschuldnerin als Partei in Verwaltungsverfahren berufen (Hinweis B 5. März 1965, 2125/64, VwSlg 3239 F/1965; B 26. April 1996, 96/17/0083; B 20. März 2003, 98/17/0319). Die Vertretungsmacht des Masseverwalters erstreckt sich nach herrschender Lehre auch auf Verwaltungsverfahren, "wenn die Masse betroffen ist" (Hinweis Heil, Insolvenzrecht, 1989, Rz 78). (Nur) der Masseverwalter ist insofern auch zur Erhebung von Rechtsmitteln berechtigt (Hinweis Petschek/Reimer/Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 470). Während der Anhängigkeit des Konkurses können gemäß § 6 Abs. 3 KO nur Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen, insbesondere über Ansprüche auf persönliche Leistungen des Gemeinschuldners, vom Gemeinschuldner selbst anhängig gemacht werden und fortgesetzt werden. Bereits anhängige Verwaltungsverfahren werden nach herrschender Lehre zwar nicht von der Unterbrechungswirkung des § 7 Abs. 1 KO (betreffend alle "anhängigen Rechtsstreitigkeiten", worunter nur zivilrechtliche Verfahren verstanden werden) erfasst (Hinweis E 19. März 1990, 90/18/0031, VwSlg 13145 A/1990; Hellbling, Insolvenz und Verwaltungsverfahren, Österreichisches Verwaltungsarchiv 1964, 65 [66]), doch endet die Prozessfähigkeit des Gemeinschuldners auch für diese Verfahren mit der Eröffnung des Konkurses, soweit es sich nicht um Verfahren handelt, die im vorstehenden Sinn die Masse nicht betreffen ("das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen").
Im gegenständlichen Fall wurde mit angefochtenen Bescheid festgestellt, dass die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG mit dem 31.03.2017 endet.
In seinem Erkenntnis vom 20.12.2001, Zl. 98/08/0405, führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass gemäß § 3 Abs. 1 KO nach der Konkurseröffnung Rechtshandlungen des Gemeinschuldners, welche die Konkursmasse betreffen, den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam sind und der Konkursverwalter - angesichts der Tatsache, dass gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. durch die Eröffnung des Konkurses das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt, dessen freier Verfügung entzogen ist - insgesamt in Bezug auf die Führung des Betriebes die gesetzlich auf ihn übergegangenen Rechte und Pflichten des Gemeinschuldners ausübt. Nach der Konkurseröffnung tritt der Masseverwalter als Vertreter der Konkursmasse an die Stelle des Gemeinschuldners soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handelt. Die Konkurseröffnung beseitigt zwar nicht die Rechtsfähigkeit des Gemeinschuldners; dieser bleibt vielmehr parteifähig und ist grundsätzlich prozessfähig. Lediglich hinsichtlich des durch die Konkurseröffnung seiner freien Verfügung entzogenen Vermögens (Konkursmasse) ist der Gemeinschuldner verfügungsunfähig und daher insoweit auch prozessunfähig (vgl. den Beschluss vom 20. Juni 2001, Zl. 98/08/0253).
Die im Beschwerdefall interessierende Frage der Versicherungspflicht nach dem GSVG ist zwar eine für die Beitragspflicht entscheidende Vorfrage; betrifft aber keinen Anspruch, der wirtschaftlich auf die Masse und ihre Erträgnisse Auswirkungen hat und der daher zur Konkursmasse zu zählen wäre, da die einer Pflichtversicherung folgende Vorschreibung von Beiträge nach dem GSVG nicht gegen die Masse, sondern gegen den Beschwerdeführer als Beitragsschuldner gerichtet ist.
Der Masseverwalterin kam daher keine Parteistellung im gegenständlichen sozialversicherungsrechtlichen Verfahren zu.
Durch die Konkurseröffnung am 25.08.2016 wurde dem Beschwerdeführer nur jegliche Verfügungsbefugnis hinsichtlich des konkursverfangenen Vermögens entzogen. Adressat des Bescheides der belangten Behörde vom 11.07.2017 ist daher zu Unrecht die Masseverwalterin.
Das Ende der Versicherungspflicht wäre daher gegenüber dem Beschwerdeführer festzustellen und nur dieser in der Zustellverfügung als Empfänger zu nennen gewesen.
Der Bescheid der SVS vom 11.07.2017 wurde daher zu Unrecht an die Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der Dr. F XXXX Immobilientreuhand GmbH erlassen und somit rechtsunwirksam an diese zugestellt.
Da der verfahrensgegenständliche Bescheid nicht rechtswirksam zugestellt wurde, gilt dieser als nicht erlassen und entfaltet somit auch gegenüber dem Beschwerdeführer keine Rechtswirkungen.
Vor diesem Hintergrund ist die vorliegende Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, da keine rechtswirksame Zustellung vorliegt.
3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Masseverwalter, Parteistellung, Zurückweisung, ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2168479.1.00Zuletzt aktualisiert am
30.03.2020