TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/7 W235 2140367-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W235 2140367-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.10.2016, Zl. 1120113810-161148073, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.01.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Gambia, reiste legal mit einem von der Österreichischen Botschaft in Dakar ausgestelltem Visum gemeinsam mit ihrem Cousin in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 20.08.2016 (ebenso wie ihr mitgereister Cousin) den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag der Antragstellung gab die Beschwerdeführerin zunächst an, dass sie am XXXX .05.2016 den Entschluss zur Ausreise gefasst habe. Eigentlich habe sie nicht weg gewollt, aber dann sei sie gemeinsam mit ihrem Cousin geflüchtet. Sie sei mit ihrem eigenen Reisepass ausgereist und habe diesen bei der Ankunft am Flughafen Wien weggeworfen. Nach ihrer Ausreise aus Gambia habe sie noch zwei bis drei Monate im Senegal verbracht und sei von dort aus nach Österreich geflogen. Ein Mann, den sie nie zu Gesicht bekommen habe, habe die Reise organisiert. Ihr Cousin habe Kontakt zu diesem Mann gehabt.

Ihr Heimatland habe die Beschwerdeführerin verlassen, da es am XXXX .05.2016 in Banjul eine Kundgebung gegeben habe, wo die Beschwerdeführerin eine Gruppe junger Frauen gegen die Regierung habe mobilisieren wollen. Sie seien auf eine Gruppe Soldaten gestoßen und es sei zu massiven Ausschreitungen gekommen. Menschen seien geschlagen und verletzt worden. Die Beschwerdeführerin habe mehrere Telefonanrufe erhalten, dass sie nicht nach Hause zurück solle. Wenn sie die Soldaten erwischen würden, würde sie geschlagen oder sogar getötet werden. Ihr Cousin habe sie auch angerufen und gesagt, sie solle das Land verlassen. Dann seien sie gemeinsam mit einem Boot Richtung Senegal und dann mit dem Reisebus weiter nach Dakar gefahren.

1.3. Dem vom Bundesamt eingeholten Akten aus dem Visaverfahren der Beschwerdeführerin ist zu entnehmen, dass diese am XXXX .06.2016 bei der Österreichischen Botschaft in Dakar einen Antrag auf Einreise mit dem Hauptzweck "Tourismus" gestellt hat. Der beabsichtigte Aufenthalt wurde mit XXXX .07.2016 bis XXXX .08.2016 bekannt gegeben und als einladende Person wurde Frau XXXX genannt (vgl. AS 69). Dem Einreiseantrag waren nachstehende Unterlagen beigelegt:

* elektronische Verpflichtungserklärung von Frau XXXX mit der Anmerkung, dass diese die Schwester der Beschwerdeführerin ist;

* Kopie eines Auszugs aus dem Reisepass der Beschwerdeführerin;

* Flugreservierungen mit dem Abflugdatum aus Banjul am XXXX .07.2016 und dem Rückflugdatum aus Wien am XXXX .08.2016 (jeweils über Brüssel);

* Einladungsschreiben der Schwester der Beschwerdeführerin vom XXXX .05.2016;

* Schreiben des " XXXX " vom XXXX .05.2016, mit der Bestätigung, dass die Beschwerdeführerin Arbeitnehmerin in diesem Hotel ist, von XXXX .07.2016 bis XXXX .08.2016 von ihrer Schwester nach Österreich eingeladen wurde und danach an ihren Arbeitsplatz zurückerwartet wird;

* Einstellungsschreiben des " XXXX " vom XXXX .11.2011 für die Beschwerdeführerin als Reinigungskraft ("housekeeper");

* Terminreservierung bei der Österreichischen Botschaft Dakar für XXXX .06.2016;

* polizeiliches Führungszeugnis vom XXXX .02.2016 betreffend die Beschwerdeführerin, ausgestellt von " XXXX ";

* Krankenversicherung für Ausländer vom XXXX .05.2016 und

* Lohnzettel der Beschwerdeführerin für Feber 2016, März 2016, April 2016 und Mai 2016, jeweils ausgestellt vom " XXXX "

Ein Abgleich im VIS System des Bundesministeriums für Inneres ergab, dass der Beschwerdeführerin am XXXX .06.2016 von der Österreichischen Botschaft in Dakar ein Schengen-Visum für 58 Tage im Zeitraum XXXX .07.2016 bis XXXX .08.2016 erteilt worden war (vgl. AS 37).

1.4. Am 06.10.2016 wurde die Beschwerdeführerin unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Mandingo vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wobei sie zunächst angab, dass sie gesund sei. Allerdings sei sie vorgestern bei einem Arzt gewesen. Sie sei am XXXX in XXXX , in Gambia geboren, sei sunnitische Moslemin und gehöre der Volksgruppe Mandingo an. In Gambia habe sie als Putzfrau im " XXXX " in XXXX gearbeitet. Ihr letzter Arbeitstag sei im Juli 2016 gewesen. Sie sei gekündigt worden, da zu wenig Arbeit in der Firma gewesen sei. Die Beschwerdeführerin sei nicht verheiratet, aber habe in Gambia einen Sohn, der am XXXX geboren sei. Ihr Sohn lebe derzeit bei ihrer Mutter in XXXX . Der Vater ihres Sohnes sei an einer Krankheit im Bereich des Bauches verstorben. In Österreich habe sie keine persönlichen Beziehungen.

Die Beschwerdeführerin sei von Banjul mit einer Fähre nach XXXX und von dort aus mit dem Autobus in den Senegal gefahren. Vom Senegal aus sei sie am XXXX .08.2016 mit dem Flugzeug und ihrem eigenen Reisepass über Madrid nach Wien geflogen. Die Reise habe 200.000 gambische Dalasi gekostet. Das Geld habe ihre Familie gesammelt. Die Beschwerdeführerin habe keine Schule besucht, sondern nur putzen gelernt. Als Putzfrau habe sie dann auch in dem Hotel gearbeitet. Sie könne auch weder lesen noch schreiben. Neben ihrem Sohn würden in Gambia noch ihre Mutter und ihre Schwester leben. Der Vater der Beschwerdeführerin sei bereits verstorben. Ihre Familie wohne in XXXX in einem Haus, das ihrem Vater gehöre. Wovon ihre Familie lebe, wisse sie nicht. Es gebe auch noch weitere Verwandte mütterlicherseits, zu denen jedoch kein Kontakt bestehe.

Dezidiert zu ihren Fluchtgründen befragt, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie politische Probleme habe. Sie sei Mitglied der UDP [Anm.: United Democratic Party]. Am XXXX . Mai sei sie im Gerichtshaus gewesen, da ihr Parteiführer verhaftet und vor Gericht gestellt worden sei. Das Militär sei dort gewesen und habe die Leute geschlagen. Bevor die Beschwerdeführerin nach Hause gegangen sei, sei sie angerufen worden und man habe ihr gesagt, dass das Militär da gewesen sei und sie habe holen wollen. Gleichzeitig habe sie ihr Cousin angerufen. Sie sei nicht mehr nach Hause gegangen, sondern habe sich mit ihrem Cousin in XXXX getroffen. Da sie Mitglied der Partei sei, habe sie vor Gericht zuhören wollen. Die Beschwerdeführerin sei seit drei Jahren Mitglied bei dieser Partei. Die jungen Leute der Partei hätten in das Gericht gewollt, das Militär habe sie jedoch nicht gelassen. Die Beschwerdeführerin sei mit einer Waffe auf den Hinterkopf geschlagen und auf den Boden gedrückt worden. Dann sei sie weggelaufen. Verletzt sei sie nicht gewesen. Am XXXX .05.2016 habe sie nur in das Gericht gehen und zuhören wollen. Dann sei sie gleich in den Senegal gereist. Dort habe sie sich ca. drei Monate aufgehalten. Im Senegal habe sie sich im Haus von XXXX versteckt, den sie auf der Reise getroffen habe. Sie und ihre Cousin hätten ihn bezahlt und zwar insgesamt 200.000 Dalasi. Vor dem XXXX . Mai habe es keine Vorfälle gegeben. Das sei das erste Mal gewesen. Sie sei vor dem XXXX . Mai niemals bedroht oder verfolgt worden. Auch habe sie keine Schwierigkeiten mit den Behörden von Gambia gehabt. Es sei jetzt sicher ein Gerichtsverfahren gegen die Beschwerdeführerin anhängig. Sie werde verhaftet und misshandelt. Davor sei sie niemals in Haft gewesen und auch nie festgenommen worden. Bei einer Rückkehr nach Gambia habe sie Angst, verhaftet und ins Gefängnis gebracht zu werden.

Die Frage, ob die Beschwerdeführerin Frau XXXX kenne, bejahte sie und gab an, dass sie ihr geholfen habe. Auf die Frage, wer das sei, antwortete die Beschwerdeführerin, dass sie sie kenne, aber Frau XXXX nicht wisse, dass die Beschwerdeführerin hier sei. Das sei eine Frau. Auf Vorhalt, das sei nicht nur eine Frau, sondern ihre Schwester, brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie ihre Schwester sei, die aber nicht wüsste, dass die Beschwerdeführerin hier sei. Auf Vorhalt, dass Frau XXXX für sie gebürgt habe, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie ihr geholfen habe, aber nicht wisse, dass sie hier sei. Die Beschwerdeführerin habe nicht mit ihrer Schwester gesprochen. Auf Vorhalt des polizeilichen Führungszeugnis, demzufolge die Beschwerdeführerin in Gambia keine Konflikte mit dem Gesetz gehabt habe, brachte sie vor, dass sie Probleme habe und deshalb hier sei. Was die Polizei sage, sei ihr egal. Auf Vorhalt des Schreibens des " XXXX " vom XXXX .05.2016, das 22 Tage nach der angeblichen Flucht ausgestellt worden sei und besage, dass die Beschwerdeführerin nach ihrem Aufenthalt in Österreich wieder dort arbeiten könne, gab sie an, sie wisse es nicht. Ihre Schwester - ihr Bruder - habe es genommen. Es sei nicht ihr Bruder, sondern ihr Cousin. Er habe Kontakt zu ihrer Schwester und habe "das" geholt.

Nach Rückübersetzung brachte die Beschwerdeführerin auf Nachfrage durch das Bundesamt vor, dass sie nach dem Vorfall am XXXX . Mai über ihr Mobiltelefon angerufen worden sei. Sie sei damals gleich nach dem Vorfall mit ihrem Cousin in den Senegal gereist und habe nur eine kleine Tasche mitgehabt. Darin seien Kosmetik und "Frauensachen" gewesen. Auf die Frage, woher der Reisepass und das Geld gekommen seien, antwortete die Beschwerdeführerin, der Reisepass und das Geld seien dabei gewesen.

In der Folge legte die Beschwerdeführerin einen Laborbefund vom XXXX .09.2016 und die Kopie von zwei Medikamentenschachteln vor.

1.5. Am 24.10.2016 wurde die Schwester der Beschwerdeführerin als Zeugin einvernommen und gab dabei im Wesentlichen an, dass sie seit Mitte der 1990er Jahre die österreichische Staatsbürgerschaft habe. Sie sei bei der XXXX angestellt und arbeite in der UNO-City. Die Zeugin sei geschieden, habe einen volljährigen Sohn, der in Gambia lebe und drei minderjährige Söhne in Österreich. Die Beschwerdeführerin und ihr Cousin hätten die Zeugin besuchen wollen. Jetzt wisse die Zeugin auch, dass die Beschwerdeführerin einen Asylantrag gestellt habe. Ihr Bruder habe die Ausreise organisiert. Ihn habe sie vor Kurzem in der Grenzregion zwischen Gambia und dem Senegal getroffen. Die Beschwerdeführerin und ihr Cousin hätten der Zeugin den wahren Grund für die Ausreise verschwiegen. Es sei bekannt, dass ihre Familie in der Opposition tätig sei und sei auch nicht verwunderlich, dass die Beschwerdeführerin politisch tätig geworden sei. Sie könne die Beschwerdeführerin nicht nach Gambia zurückschicken.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Gambia gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 12 AsylG abgewiesen. Ferner wurde ihr unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen sie wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Gambia gemäß § 46 FPG zulässig ist. Letztlich wurde unter Spruchpunkt IV. ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass die Beschwerdeführerin Staatsangehörige von Gambia sei, der Volkgruppe der Mandingo angehöre und sunnitische Moslemin sei. Sie sei nicht verheiratet und habe ein Kind im erwerbsfähigen Alter. Ihr Kind befinde sich bei ihrer Mutter in Gambia. Die Beschwerdeführerin verfüge über eine Anstellung als Haushälterin im " XXXX " in Gambia. Sie sei legal mit einem Visum in das Bundesgebiet eingereist. Fest stehe, dass sie an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen ihres Gesundheitszustandes leide. Nicht festgestellt werden könne, dass die Beschwerdeführerin ihr Herkunftsland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung durch die Behörden verlassen habe. Die von ihr vorgebrachten Fluchtgründe seien insgesamt nicht glaubhaft gewesen. Es könne nicht festgestellt werden, dass ihr bei einer Rückkehr eine Gefährdung durch die Polizei, staatliche Organe, Behörden oder Privaten drohe. Sie könne Unterstützung durch vor Ort tätige Organisationen und Vereine bekommen und würde nicht in eine wirtschaftlich oder finanziell ausweglose Lage geraten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 15 bis 31 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen Länderfeststellungen zur Lage in Gambia.

Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass der Familienstand der Beschwerdeführerin aufgrund glaubhafter Angaben festgestellt habe werden können. Das Bundesamt gehe davon aus, dass sie gesund sei. Während ihres Aufenthalts seien ihr eine Vaginalcreme und Vaginalkapseln zur Anwendung an sechs Tagen verschrieben worden. Diese Behandlung sei abgeschlossen. Die Feststellung zur legalen Einreise habe sich aus dem Umstand ergeben, dass die Beschwerdeführerin in Besitz eines gültigen Visums gewesen sei. Nach Wiederholung des wesentlichen Vorbringens der Beschwerdeführerin führte das Bundesamt mit näherer Begründung und unter Anführung von Beispielen aus, dass aufgrund der widersprüchlichen Angaben davon ausgegangen werden müsse, dass die Angaben der Beschwerdeführerin unglaubhaft seien. Es sei auch nicht glaubhaft, dass sie in Besitz eines gültigen Visums bis zum XXXX .08.2016 auf eine Ausreise gewartet habe, wenn sie tatsächlich mit dem Leben bedroht gewesen wäre. Die politische Tätigkeit haben sie ebenso wenig glaubhaft beschreiben können. Ferner sei nicht glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin ihrer Schwester von ihren Problemen nichts erzählt habe. Die Beschwerdeführerin sei keine exponierte Persönlichkeit. Ein weiteres Indiz für die fehlende Bedrohung stelle die Vernichtung des Reisepasses dar. Wenn sie tatsächlich verfolgt worden wäre, hätte sie keinen Grund gehabt, ihre Reisedokumente zu vernichten. Ferner hätten auch ihr Sohn, ihre Mutter und ihre Schwester das Land verlassen müssen, wenn die Familie tatsächlich dermaßen bekannt für ihre oppositionelle Haltung sei. Dies sei nicht der Fall und seien weder die Beschwerdeführerin noch ihre Familie einer asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt. In einer Gesamtbewertung der Angaben der Beschwerdeführerin sei das Bundesamt zu dem Schluss gekommen, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht glaubhaft und nicht geeignet sei, eine Asylgewährung zu indizieren. Sie sei in ihrer Heimat im Berufsleben eingegliedert und habe gemäß Visa-Akt auch die Zusage einer Weitereinstellung im " XXXX ". Es wäre ihr zumutbar durch eigene Arbeit das zum Lebensunterhalt unbedingt Notwendig zu erlangen. Ausdrücklich sei anzuführen, dass die Beschwerdeführerin schon vor ihrer Ausreise in der Lage gewesen sei, ihre primären Bedürfnisse in Gambia zu befriedigen. Sie habe auch ein familiäres Netzwerk und sei die Grundversorgung der Bevölkerung in Gambia gewährleistet. Die Feststellungen zu Gambia würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Die Beschwerdeführerin habe in der Befragung angeführt, dass sie keine nennenswerten Bezugspunkte zu anderen Angehörigen im Bundesgebiet habe. In Österreich lebe sie ausschließlich von staatlicher Unterstützung. Zu ihrer in Österreich lebenden Schwester habe sie außer dem Umstand, dass ihre Schwester die Gastgeberin im Visa-Antrag gewesen sei, keinen Bezug. Das Verfahren ihres mitgereisten Cousins werde zeitgleich geschlossen.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass eine gegen die Person der Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft dargelegt worden sei. Eine asylrelevante Verfolgung existiere nicht. Zu Spruchpunkt II. wurde zusammengefasst ausgeführt, dass nicht festgestellt habe werden können, dass die Beschwerdeführerin im Fall der Rückkehr Folter oder einer erniedrigenden bzw. unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnte. Aufgrund ihrer Ausbildung sei es jedenfalls möglich, die existenziellen Grundbedürfnisse wie Nahrung und Unterkunft zu erfüllen. Sie würde nicht in eine hoffnungslose Lage nach ihrer Rückkehr geraten. Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Schwester nicht im gemeinsamen Haushalt lebe. Im Fall der Beschwerdeführerin liege kein im Sinne von Art. 8 EMRK schützenswertes Familienleben in Österreich vor. Die Beschwerdeführerin arbeite nicht und spreche nicht Deutsch. Eine Integrationsverfestigung ihrer Person in Österreich habe nicht festgestellt werden können. Aus dem Privatleben der Beschwerdeführerin seien keine objektiven Gründe ersichtlich, die einer Rückkehrentscheidung entgegenstünden. Letztlich wurde unter Spruchpunkt IV. die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides festgesetzt.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Beschwerdeführerin am 31.10.2016 amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 17.11.2016 im Wege ihrer damaligen Vertretung fristgerecht Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens und Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde ihre eigenen Länderberichte nur selektiv und unzureichend ausgewertet habe. Die Menschenrechtslage in Gambia werde international scharf kritisiert. In der Folge zitierte die Beschwerde einen Bericht des Human Rights Council der UN vom 08.07.2014 wörtlich und führte hierzu aus, es sei objektiv wahrscheinlich, dass die Beschwerdeführerin und ihr Cousin in Gambia verfolgt werden würden, und es keinen effektiven Rechtsschutz gegen willkürliche, lebensbedrohende Verhaftungen gebe. Da die Beschwerdeführerin in Gambia politisch verfolgt worden sei, habe sie alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um nach Österreich einreisen zu können. Um ein Visum zu erlangen, müssten sehr strenge Voraussetzungen erfüllt werden, und liege es daher in der Natur der Sache, dass Bestätigungen geschönt oder durch Bestechung oder Gefälligkeit erlangt werden würden. Auch das Zustandekommen des polizeilichen Führungszeugnisse sei nicht eingehend ermittelt worden. Das Vorbringen zur Flucht sei lebensnah, konsistent, nicht widersprüchlich und somit glaubhaft gewesen. Bei richtiger Beweiswürdigung hätte die Behörde zur Feststellung gelangen müssen, dass die Beschwerdeführerin politisch verfolgt sei und daher eine reale Gefährdung ihrer körperlichen Unversehrtheit zu befürchten habe. Hätte die Behörde ihre Ermittlungspflicht in angemessener Weise wahrgenommen, hätte sie zumindest zum Ergebnis kommen müssen, der Beschwerdeführerin den Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. Alleine aufgrund der Mitgliedschaft bei der Oppositionspartei UDP sei nicht auszuschließen, dass die Beschwerdeführerin festgenommen und gefoltert werde. Die Schwester der Beschwerdeführerin lebe in Österreich und es bestehe ein Abhängigkeitsverhältnis zu ihr. Aufgrund der Verfolgung könne sich die Beschwerdeführerin in Gambia nicht mehr niederlassen. Daher habe sie faktisch keine Bindung zu ihrem Herkunftsland und ein großes Interesse an der Aufrechterhaltung ihres Privatlebens in Österreich.

Neben der undatierten Vollmacht der Beschwerdeführerin für die einschreitende Rechtsberaterorganisation wurde ein Bericht des Human Rights Council der General Assembly der United Nations vom 16.03.2015 vorgelegt, welcher sich auf den Berichtszeitraum November 2014 bezieht.

4. Am 15.01.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Mandingo statt, an der die Beschwerdeführerin und ihr nunmehriger Vertreter teilnahmen. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat bereits mit Beschwerdevorlage auf die Durchführung und Teilnahme an einer allfälligen mündlichen Verhandlung verzichtet. Bereits mit der Ladung wurden den Verfahrensparteien die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur aktuellen Situation in Gambia zur Kenntnis gebracht.

Eingangs der Verhandlung gab die Beschwerdeführerin an, dass sie gesund sei. Sie habe nur Schmerzen, wenn sie ihre Periode bekomme. Dann nehme sie ein Medikament. Dieses trinke sie nur dann, wenn sie diese Schmerzen bekomme. In medizinischer Behandlung sei sie nur insofern, dass ihr ein Arzt das Medikament gegen die Bauchschmerzen verschreibe. Die Niederschriften der Erstbefragung und vor dem Bundesamt seien ihr rückübersetzt worden und sie habe die Wahrheit gesagt. Die Dolmetscher in der Erstbefragung und in der Einvernahme habe sie gut verstanden.

Ihr im Verfahren angegebener Name und ihr Geburtsdatum seien richtig. Die Beschwerdeführerin habe einen Reisepass gehabt, den sie zerrissen habe als sie nach Österreich gekommen sei. Das habe sie getan, damit sie mit dem Pass nicht zurück nach Gambia geschickt werden könne. Sie sei verheiratet gewesen, aber ihr Mann sei gestorben, und sie habe einen Sohn. Die Beschwerdeführerin sei Staatsangehörige von Gambia, gehöre der Volksgruppe der Mandingo an und bekenne sich zum Islam. Probleme wegen ihrer Religion oder wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit habe sie in ihrem Herkunftsstaat nicht gehabt. Sie spreche Mandingo und ein bisschen Englisch. Da sie nicht in die Schule gegangen sei, könne sie beide Sprachen weder lesen noch schreiben. Erst in Österreich habe sie ein bisschen lesen und schreiben gelernt.

Zu den mit der Ladung vorab ausgefolgten Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zu Gambia gab der Vertreter der Beschwerdeführerin zusammengefasst an, dass die Staatendokumentation zu einer Dokumentation der aktuellen Berichte von Herkunftsstaaten verpflichtet sei. Offensichtlich herrsche die Meinung, dass es nach Abwahl des Expräsidenten Yahya Jammeh keine Probleme mehr im Land gebe. Tatsächlich seien seine Anhänger nach wie vor im Land, und er habe weiterhin eine politische Lobby. Auch würden seine Besitztümer noch beschützt und bewacht. Das Land sei politisch nach wie vor unruhig. Der neue Präsident Barrow könne in wenigen Jahren nicht die Probleme lösen, die der Expräsident über Jahrzehnte angerichtet habe. Das Land sei wirtschaftlich am Boden, nennenswerte Industrie, Handel oder Landwirtschaft gebe es nicht. Umgerechnet würden die Preise für Gemüse jenen in österreichischen Supermärkten entsprechen, allerdings liege schon ein guter Verdienst in Gambia zwischen € 40,00 und € 45,00 im Monat. Im Länderinformationsblatt fehle eine Auseinandersetzung mit der Kommission "The truth will set you free", bei der es um die Aufarbeitung sämtlicher Verbrechen des alten Regimes gehe. Diese Verhandlungen würden viele Wunden der Vergangenheit aufreißen, da viele Familien erst jetzt erfahren würden, warum Angehörige vor Jahren verschwunden seien. Gleichzeitig gehe es auch um viele Konflikte wie etwa Grundstücksenteignungen. Auch habe das Länderinformationsblatt die Pleite des Reiseunternehmens Thomas Cook nicht berücksichtigt, das zu einem Großteil Touristen ins Land gebracht habe.

Zu ihren Wohnorten, zu ihren Familienangehörigen und zu ihrem Leben in Gambia gab die Beschwerdeführerin an, dass ihr Wohnort die Stadt XXXX gewesen sei. Dort habe sie von ihrer Geburt an gelebt und habe zuletzt mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und ihrem Sohn im gemeinsamen Haushalt gewohnt. Das sei ein Ein-Zimmer-Appartement gewesen, das ihre Mutter gemietet habe. Die genannten Angehörigen würden immer noch dort leben. Vor vier Wochen habe sie mit ihrer Mutter telefoniert; ihren Familienangehörigen gehe es gut. Der Vater der Beschwerdeführerin sei gestorben als sie zwei Jahre alt gewesen sei. Er sei beim Militär gewesen und angeschossen worden. Im Krankenhaus sei er verstorben. Das wisse die Beschwerdeführerin von ihrer Mutter. Ihr Mann sei an Magenproblemen gestorben als ihr Sohn gerade geboren sei. Als sie Gambia verlassen habe, sei ihr Sohn 15 Jahre alt gewesen. Die Schwester der Beschwerdeführerin lebe in Österreich. Der Cousin, mit dem die Beschwerdeführerin hierhergekommen sei, sei aktuell im Senegal. In Gambia sei sie nicht in die Schule gegangen und habe auch keine Berufsausbildung. Sie habe als Putzfrau gearbeitet. Damit habe sie Geld verdient. Ihre Mutter habe Kleinigkeiten verkauft und ihre Schwester gehe ebenfalls putzen. Ihr Sohn sei zu Schule gegangen, habe jedoch damit aufgehört, da die Beschwerdeführerin die Schule nicht mehr bezahlen habe können. In Gambia habe die Beschwerdeführerin immer genug Geld für Essen verdient. Sie habe auch etwas ihrer Mutter bezahlt und habe für ihren Sohn sorgen können.

Zu ihrer Integration in Österreich gab die Beschwerdeführerin an, dass sie an Verwandten in Österreich nur ihre Schwester habe. Sie habe viele Deutschkurse, jedoch keine Prüfungen gemacht. Arbeit habe sie nicht, da sie keine Arbeitserlaubnis habe. Allerdings habe die Beschwerdeführerin auch nicht versucht, Arbeit zu bekommen. Die Beschwerdeführerin wohne bei ihrer Schwester und betreue deren Kinder während ihre Schwester arbeiten sei. Die Söhne ihrer Schwester seien 16, 14 und zehn Jahre alt. Die Beschwerdeführerin mache den Haushalt und bügle die Wäsche. Sie wohne mit ihrer Schwester und den drei Neffen im selben Haushalt. Abgesehen von Deutschkursen habe sie keine Ausbildungen in Österreich absolviert und besuche auch keine Kurse oder Vereine. Am sozialen Leben in Österreich nehme sie nicht teil, da sie zu Hause viel zu tun habe und die Kinder betreue. Der jüngste Neffe sei wie ein eigenes Kind. Sie gehe zu ihm in die Schule und auch zu Fußballspielen. In Österreich habe die Beschwerdeführerin einen Freundeskreis aus Gambia. Sie sei legal mit einem Visum in Österreich eingereist. Nunmehr sei sie seit vier Jahren da und das Beste, das ihr passiert sei, sei, dass sie hier in die Schule gehen könne. Hier habe sie lesen und schreiben gelernt und sei ein anderer Mensch geworden. Ergänzend gab der Vertreter der Beschwerdeführerin an, dass sie eine starke familiäre Bindung zu den Kindern ihrer Schwester habe. Bereits in Gambia habe sie als Reinigungskraft gearbeitet und kümmere sich hier um die Belange ihrer Neffen. Man könne daher in einer Prognose davon ausgehen, dass es für sie in Zukunft möglich sein werde, für ihr eigenes Auskommen zu sorgen.

Zu ihren Reisebewegungen befragt, gab die Beschwerdeführerin zunächst an, sie habe ihren Herkunftsstaat am XXXX .05.2016 verlassen. Aus dem Senegal habe sie ihre Schwester angerufen, dass sie ihr helfe und eine Einladung schicke. Ein Mann habe ihr geholfen, die "Sachen" zu besorgen und der Botschaft zu übergeben, damit sie das Visum bekomme. Dieser Mann habe von ihr und ihrem Cousin 200.000 Dalasi bekommen, damit er ihnen helfe. Das Geld habe die UDP zusammengelegt und in den Senegal geschickt. Auf Vorhalt des Schreibens des XXXX vom XXXX .05.2016 gab die Beschwerdeführerin an, dass dieses Schreiben die UDP organisiert habe. Sie habe der UDP gesagt, was sie brauche und die hätten "das" organisiert. Sie sei drei Monate lang im Senegal aufhältig gewesen und im August 2016 aus dem Senegal ausgereist. Auf die Frage, wieso sie bei der Erstbefragung angegeben habe, dass ein Mann, den sie nie zu Gesicht bekommen habe, die Reise organisiert habe, wenn sie mit einem Visum legal habe einreisen können, entgegnete die Beschwerdeführerin, sie habe gelogen, da ihr "alle" gesagt hätten, dass sie zurückgeschickt werde. Ihre Schwester habe nicht gewusst, dass sie schon in Österreich sei. Sie habe Angst gehabt, wenn sie sage, sie wolle zu ihrer Schwester, dass sie zurück nach Gambia geschickt werde.

Zu den Fluchtgründen brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen und zusammengefasst vor, sie habe am XXXX . Mai zum Gericht in Banjul gewollt, da einer ihrer Parteimitglieder eine Verhandlung gehabt habe. Da habe sie ihre Mutter angerufen und gesagt, dass das Militär bei ihr zu Hause sei und sie nicht mehr nach Hause kommen solle. Die Beschwerdeführerin sei mit ihrem Cousin unterwegs gewesen und habe ihm das gesagt. Am Gericht habe sie das Militär nicht in den Saal lassen wollen und hätten die Soldaten die Leute geschlagen, weil sie gewollt hätten, dass diese vom Saal weggingen. Daher sei die Beschwerdeführerin mit ihrem Cousin nach XXXX gefahren, von dort aus nach XXXX und dann zur Grenze und mit dem Bus in den Senegal. Sie habe ihren Sohn zurückgelassen und daher habe sie bei der Erstbefragung gesagt, dass sie nicht weggewollt habe. Bei Gericht habe der UDP Chef eine Verhandlung gehabt und alle Mitglieder hätten sich zusammengesprochen und hätten zur Verhandlung gehen wollen. Wie viele Personen dort gewesen seien, könne sie nicht sagen. Es seien viele gewesen. Auf Vorhalt ihrer Angaben bei der Erstbefragung, gab die Beschwerdeführerin an, es könne nicht sein, dass sie "nur Frauen" gesagt habe. Vielleicht habe man sie nicht richtig verstanden. Sie hätten dort Probleme mit dem Militär gehabt, weil "die" sie nicht hätten reinlassen wollen. Auf weiteren Vorhalt, es sei ein Unterschied, ob sie gegen die Regierung mobilisieren oder bei einer Verhandlung zuhören wolle, brachte die Beschwerdeführerin vor, das könne sein. Sie habe nicht gesagt, dass sie protestiert hätten. Sie hätten in den Verhandlungssaal gewollt und beim Hineinkommen habe es Probleme mit dem Militär gegeben. Ihre Tätigkeit bei der UDP sei gewesen, die Leute zu mobilisieren, wenn es eine Versammlung gebe. Sie habe auch einen Parteiausweis, den sie jedoch nicht mitgebracht habe.

Befragt nach den Anrufen, gab die Beschwerdeführerin an, zuerst habe sie ihre Mutter angerufen und dann habe ein Nachbar angerufen. Auch von einem Mitglied der UDP sei sie angerufen worden. Es sei ihr gesagt worden, dass sie nicht nach Hause kommen solle, da das Militär da sei und das ganze Haus durchsuche. Das Militär habe sie zum National Intelligence Office mitnehmen wollen; das sei eine Art Geheimdienst. Sie hätten sie mitnehmen wollen, weil sie Mitglied der UDP sei und jeder gewusst habe, was sie dort mache. Wenn sie mitgenommen werde, würden die anderen UDP Mitglieder Angst bekommen. Auf Vorhalt, wenn sie ausgereist sei, weil sie Angst vor dem Militär habe, habe das nichts mit der Verhandlung gegen den UDP Chef zu tun, brachte die Beschwerdeführerin vor, sie glaube, dass "sie" das gemacht hätten, weil "sie" sie dort gesehen hätten. Auf weiteren Vorhalt, es könne sich zeitlich nicht ausgehen, wenn sie bei der Verhandlung gewesen sei und sie ihre Mutter da schon angerufen habe, das Militär schon da gewesen sei, entgegnete die Beschwerdeführerin wörtlich: "Jeder von uns, die aktiv in der UDP sind, kennen uns ganz gut. Die wissen, dass das Problem jetzt da ist und sind dann zu uns nach Hause gegangen. Die suchen die Zusammenhänge - es kann schon sein.". Auf Vorhalt, dass seit 2017 Adama Barrow Präsident von Gambia sei, der Mitglied der UDP sei, gab die Beschwerdeführerin an, dass das stimme, aber die Lage trotzdem kritisch sei. Herr Darbo sei Vizepräsident gewesen und von Herrn Barrow rausgeworfen worden. Dadurch gebe es viele Probleme. Daher sei ihr Cousin auch im Senegal. Für sie als Frau sei es auch ein Problem, dass kein Mann da sei. Ihr Sohn sei zwar erwachsen, aber er könne nichts machen.

Auch vor dem XXXX .05.2016 habe sie schon Probleme gehabt, weil "sie" gewusst hätten, was sie mache. Auf Vorhalt, vor dem Bundesamt habe sie gesagt, dass sie davor keine Probleme gehabt habe, brachte die Beschwerdeführerin vor, sie könne sich nicht daran erinnern, dass sie das gesagt habe. Auf Vorhalt, gemäß einer Bestätigung, die sie mit dem Visa-Antrag vorgelegt habe, sei sie für das Monat Mai noch bezahlt worden, gab sie an, bevor sie die Arbeit verlassen habe, sei sie noch bezahlt worden. Wann genau das gewesen sei, könne sie nicht sagen. Als sie vom Gericht direkt in den Senegal gereist sei, habe sie eine kleine Tasche mit dem Schlüssel, dem Handy und die Geldbörse mitgehabt. Als ihr von der UDP Sachen in den Senegal geschickt worden seien, sei dabei auch ihr Reisepass gewesen. Auf Vorhalt, die Beschwerdeführerin habe vor dem Bundesamt gesagt, sie habe bis Juli 2016 in dem Hotel gearbeitet, gab sie an, sie könne dort nicht bis Juli arbeiten, da dann dort Winter sei und keine Touristen kämen. Weiteres wurde der Beschwerdeführerin vorgehalten, dass sie ein polizeiliches Führungszeugnis vom XXXX .02.2016 vorgelegt und daher das Bundesamt davon ausgehe, dass sie bereits seit Feber 2016 ihre Ausreise geplant habe, woraufhin sie vorbrachte, dass die UDP alles an Papieren bekomme, was man in Gambia benötige. Die Beschwerdeführerin habe ihnen gesagt was sie brauche und sie hätten ihr alles besorgt.

Abschließend gab die Beschwerdeführerin an, dass sie ihre drei Neffen habe, mit denen sie viel zusammen unternehme. Sie liebe ihren zehnjährigen Neffen und sei wie eine Mutter für ihn. Das Einzige, woran ihr etwas liege, sei, dass sie dieses Kind weiter betreuen könne. Seit vier Jahren sei sie mit ihm zusammen. Auf Vorhalt, dass sie in Gambia ihren Sohn habe, brachte die Beschwerdeführerin vor, daran denke sie auch immer, aber er sei schon groß.

Sie sei ein Mitglied der UDP geworden, da die UDP gezeigt habe, dass auch Frauen etwas ändern könnten. Sie könnten etwas bewirken und ohne Frauen würde es nicht gehen. Die UDP habe zwar nicht alles, aber doch Vieles erreicht. Jetzt gebe es viele Frauen, die etwas in Gambia machen würden.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung legte die Beschwerdeführerin nachstehende Unterlagen vor:

* undatierte Teilnahmebestätigung der XXXX an einem Deutschkurs auf der Niveaustufe A2 von XXXX .10.2019 bis XXXX .02.2020;

* Kursbesuchsbestätigung einer Volkshochschule vom XXXX .09.2017 betreffend "Deutsch A1 (Teil 3+4 von 4) und

* Kursbesuchsbestätigung einer Volkshochschule vom XXXX .06.2017 betreffend "Deutsch A1 Teil 1 und 2

5. Im Verfahren des Cousins der Beschwerdeführerin wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, mit welchem dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend den Status als Asylberechtigter als auch betreffend den Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt wurde, dass die Abschiebung nach Gambia zulässig ist und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt wurde, mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX .03.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen.

6. Am 27.01.2020 langte eine Stellungnahme der Vertretung der Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welcher nach einer Kurzzusammenfassung des Vorbringens der Beschwerdeführerin ausgeführt wurde, dass diese im Fall der Rückkehr das absolute Existenzminimum von einem US $ 1,00 pro Tag nicht erwirtschaften könnte. Ferner würden gegenwärtig instabile Verhältnisse in Gambia herrschen, und es bestehe die Gefahr eines Bürgerkrieges. Am 26.01.2020 sei ein Protest durchgeführt worden, bei dem es große Probleme, eine große Zahl von Verletzten und drei Todesopfer gegeben habe. Es seien über 100 Personen - darunter auch Journalisten - festgenommen worden. Da die Beschwerdeführerin vor Jahren von Problemen und Verfolgung betroffen gewesen sei, weil sie sich an einem Protest beteiligt habe, sei durch die aktuellen Ereignisse bewiesen, dass die Beschwerdeführerin aus begründeter Furcht vor Verfolgung ihre Heimat habe verlassen müssen und bei einer Rückkehr um ein Vielfaches mehr als der Durchschnitt der Bevölkerung gefährdet sei. In Gambia eine kritische Meinung zu haben und dieser öffentlich Ausdruck zu verleihen, bedeute eine Gefahr für die persönliche Freiheit und für die körperliche Unversehrtheit.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

1.1.1. Die Beschwerdeführerin ist eine Staatsangehörige von Gambia, Zugehörige der Volksgruppe der Mandingo und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Sie stammt aus XXXX , wo sie geboren und aufgewachsen ist. Die Beschwerdeführerin ist verwitwet und Mutter eines im nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt volljährigen Sohnes. In XXXX lebte sie bis zu ihrer Ausreise im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter, einer ihrer Schwestern und ihrem Sohn. Der Vater der Beschwerdeführerin ist bereits verstorben als sie im Kleinkindalter war. Von Gambia aus reiste die Beschwerdeführerin mit ihrem eigenen Reisepass in den Senegal und stellte dort gemeinsam mit ihrem Cousin am XXXX .06.2016 bei der Österreichischen Botschaft Dakar einen Einreiseantrag mit einem beabsichtigten Aufenthalt von XXXX .07.2016 bis XXXX .08.2016 als Touristin, wobei eine Verpflichtungserklärung von einer Schwester der Beschwerdeführerin, die österreichische Staatsangehörige ist, abgegeben wurde. Nachdem der Beschwerdeführerin das Visum am XXXX .06.2016 ausgestellt worden war, reiste sie in einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt legal in Besitz dieses Visums gemeinsam mit ihrem Cousin in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 20.08.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben der Beschwerdeführerin zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Gambia. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung von Seiten der gambischen Behörden ausgesetzt ist, weil sie am XXXX .05.2016 bei einer Verhandlung am Gericht in Banjul, die gegen einen Politiker der damaligen Oppositionspartei UDP (United Democratic Party) geführt wurde, zuhören wollte und vom Militär gemeinsam mit zahlreichen anderen Personen am Betreten des Gerichtsaals gehindert wurde. Ebenso wenig wird festgestellt, dass die gambischen Behörden nach der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer behaupteten politischen Tätigkeit für die UDP gesucht haben bzw. diese aktuell suchen. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Nicht festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin im Fall einer Rückkehr nach Gambia aus Gründen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Mandingo und/oder aus Gründen ihres sunnitisch-moslemischen Glaubens einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Gambia aus sonstigen, in ihrer Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

1.1.3. Die Beschwerdeführerin leidet fallweise an Menstruationsbeschwerden, die sie bei Auftreten medikamentös behandelt. Darüber hinaus leidet die Beschwerdeführerin weder an einer schwerwiegenden psychischen noch an einer schwerwiegenden physischen Krankheit.

In Gambia leben noch die Mutter, eine Schwester und der volljährige Sohn der Beschwerdeführerin gemeinsam in einem Appartement in XXXX . Zu ihrer Mutter hat die Beschwerdeführerin telefonischen Kontakt, sodass festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin in Gambia über familiäre bzw. soziale Anknüpfungspunkte verfügt. Ebenso verfügt sie über eine gesicherte Existenzgrundlage. Die Beschwerdeführerin hat zwar in Gambia nicht die Schule besucht, spricht jedoch Mandingo auf Mutterspracheniveau und zusätzlich etwas Englisch. Seit November 2011 bis zu ihrer Ausreise aus Gambia hat sie in einem Hotel als Reinigungskraft gearbeitet und dadurch genug Geld erwirtschaftet, um den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn zu verdienen sowie ihre Mutter finanziell zu unterstützen. Die in Gambia lebende Schwester der Beschwerdeführerin arbeitet ebenfalls als Reinigungskraft und ihre Mutter lebt vom Verkauf von "Kleinigkeiten".

Festgestellt wird sohin, dass die Beschwerdeführerin über eine mehrjährige Berufserfahrung verfügt und arbeitsfähig ist sowie, dass sie im Fall ihrer Rückkehr nach Gambia ein familiäres- bzw. soziales Netz vorfinden und sohin nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der Beschwerde-führerin nach Gambia eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die Beschwerdeführerin als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

1.1.4. Eine Schwester der Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsangehörige und lebt mit ihren drei minderjährigen Söhnen in Wien. Mit ihrer Schwester und ihren Neffen lebt die Beschwerdeführerin im gemeinsamen Haushalt. Aufgrund der Berufstätigkeit ihrer Schwester führt die Beschwerdeführerin ihr den Haushalt und betreut ihre Neffen tagsüber. Zu diesen Neffen - insbesondere zum jüngsten, der ca. zehn Jahre alt ist - hat sie eine emotionale Nahebeziehung. Ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin, ihrer Schwester oder ihren Neffen besteht nicht. Das Verfahren des mit der Beschwerdeführerin mitgereiste Cousins wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX .03.2018 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Die Beschwerdeführerin ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig, sondern lebt seit der Antragstellung von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin versucht hat, ihre Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen. Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten. Sie lebt seit Antragstellung am 20.08.2016 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nach Ablauf des Visums per XXXX .08.2016 nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin hat zwar drei Deutschkurse besucht, jedoch keine Prüfung abgelegt bzw. kein Zertifikat erlangt. Festgestellt wird, dass sich die Beschwerdeführerin ausreichend in deutscher Sprache verständigen kann. Darüber hinaus hat sie in Österreich keine Ausbildungen bzw. Kurse gemacht, verfügt zwar über einen Freundeskreis aus Gambiern, nimmt trotzdem jedoch nicht am sozialen Leben teil und hat keine besondere Bindung zu Österreich. Daher kann nicht festgestellt werden, dass eine ausgeprägte und verfestigte Integration der Beschwerdeführerin in Österreich vorliegt.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Gambia gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage in Gambia:

1.2.1. Politische Lage:

Gambia ist eine Präsidialrepublik. Staatsoberhaupt und Regierungschef ist seit 2017 Präsident Adama Barrow von der United Democratic Party - UDP (AA 18.9.2018). Präsident Barrow war Anfang 2017 in sein Amt eingeführt worden, nachdem er die Präsidentschaftswahlen vom Dezember 2016 gegen den langjährigen Gewaltherrscher Yahya Jammeh gewonnen hatte (AA 3.8.2018).

Seit den Präsidentschaftswahlen vom 1.12.2016, die als weitgehend frei und fair bezeichnet werden (KAS 16.5.2018; vgl. HRW 18.1.2018; FH 1.2018), befindet sich das Land in einem tief greifenden und anhaltenden demokratischen Transformations- und Demokratisierungsprozess. Der seit 22 Jahren autoritär regierende Präsident, Yaya Jammeh, wurde abgewählt und durch Adama Barrow ersetzt.

Seither befinden sich im Auftrag der CEDEAO/ECOWAS und auf Bitten der neuen Regierung Militärtruppen in Gambia (KAS 16.5.2018; vgl. FH 1.2018; HRW 18.1.2018), um die Sicherheit des Transformationsprozesses und der aktuellen Regierung zu gewährleisten (KAS 16.5.2018). Die internationale Gemeinschaft hat der Barrow - Regierung erhebliche finanzielle Unterstützung gewährt, einschließlich der Unterstützung bei der Untersuchung vergangener Menschenrechtsverletzungen und der Reform der Sicherheitskräfte und der Justiz (HRW 18.1.2018).

Barrow spricht von einem "neuen Gambia" - öffnet seither das Land nach außen und reformiert es nach innen (KAS 16.5.2018; vgl. HRW 18.1.2018). Direkt nach seiner Amtsübernahme erklärte Barrow sein Land zur Republik und ließ den Zusatz "Islamische Republik" streichen. Er stärkt die Freiheit der Bürger, indem Militär- und Polizei-Checkpoints im Land reduziert werden und der Stellenwert von Meinungs- und Pressefreiheit öffentlich beteuert wurde (KAS 16.5.2018). Am 13. 12.2017 wurde das Gesetz der Wahrheits-, Versöhnungs- und Reparationskommission (TRRC) von der Nationalversammlung verabschiedet und vom Präsidenten am 13.1.2018 bestätigt (LHG 2018). Darüber hinaus soll die Truth, Reconciliation and Reparations Commission (TRRC) ihre Arbeit aufnehmen, um das in zwei Jahrzehnten Diktatur begangene Unrecht zu sammeln und aufzuarbeiten (AA 3.8.2018; vgl. KAS 16.5.2018; LHB 2018). In den meisten Fällen gab es keine wirksamen Ermittlungen und die Täter wurden nicht vor Gericht gestellt. Das TRRC-Gesetz sieht die Erstellung einer historischen Aufzeichnung über Art, Ursachen und Ausmaß der im Zeitraum Juli 1994 bis Januar 2017 begangenen Verstöße und Verletzungen der Menschenrechte und die Gewährung einer Entschädigung für die Opfer vor (LHG 2018).

Ein wichtiges Reformvorhaben der Regierung Barrow ist der am 6.2.2018 vorgestellte nationale Entwicklungsplan (The Gambia National Development Plan), der als Grundlage der Beratung der Geberkonferenz am 22.5.2018 in Brüssel gilt. Der Entwicklungsplan betont die Wichtigkeit von Demokratie, guter Regierungsführung, Menschenrechte, sowie Sicherheit und Wohlstand für alle (KAS 16.5.2018). Die innenpolitische Reformbereitschaft Barrows in Gambia wird auch durch das Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe deutlich, das am 18.2.2018 in Kraft trat. Vorerst wurden keine Hinrichtungen mehr vorgenommen, die Abschaffung der Todesstrafe soll noch folgen (KAS 16.5.2018).

In Gambia fanden am 12.4.2018 und am 12.5.2018 Lokal- und Kommunalwahlen statt. Die Wahlen verliefen friedlich ohne Zwischenfälle (KAS 16.5.2018; vgl. UNSC 29.6.2018). Als Bürgermeisterin in der Hauptstadt Banjul wurde mit Rohey Malick Lowe, erstmals eine Frau gewählt (KAS 16.5.2018). Die Vereinigte Demokratische Partei unter der Leitung von Außenminister Ousainou Darboe gewann die Mehrheit der Sitze, während die Alliance for Patriotic Reorientation and Construction of Ex-Präsident Yahya Jammeh weniger als 15 % der Sitze erlangte. In der Zwischenzeit hat die Regierung weitere Fortschritte gemacht bei der eine Reihe von Reformprozessen, unter anderem in den Bereichen Sicherheitssektor Reform und Übergangsjustiz, durchgeführt wurden (UNSC 29.6.2018).

Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen Gambias ähneln einer Herkulesaufgabe und stehen unter Zeitdruck. Die Bevölkerung erwartet sichtbare Resultate in der Dezentralisierung des Landes, in der Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sowie in der Verbesserung ihrer persönlichen Lebenssituation. Dazu gehört auch ein Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum, die Reform des Sicherheitsapparates, die Aufarbeitung der Schreckenstaten während des Jammeh-Regimes und die sichtbare Entwicklung der Infrastruktur des Landes (KAS 16.5.2018).

Die Aktivitäten der politischen Opposition unterliegen keinen Einschränkungen (AA 3.8.2018). Nach dem Regierungswechsel Anfang 2017 lag die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im April 2017 bei 42,7 % und damit deutlich unter dem Wert von 59 % bei den Präsidentschaftswahlen vier Monate zuvor. Die Koalition der Oppositionsparteien, die Adama Barrow zum Wahlsieg bei den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2016 verhalf, war vor den Wahlen zusammengebrochen. Die UDP, die Partei von Adama Barrow, gewann die Wahl und gewann 31 der 53 Sitze , übernahm die absolute Mehrheit und verdrängte die APRC von Jammeh. Die ehemalige Regierungspartei von Ex-Präsident Jammeh erlitt schwere Verluste und gewann nur fünf Sitze (EASO 12.2017; FH 1.2018). Die anderen Sitze verteilen sich wie folgt: NFP fünf Sitze, GDC fünf Sitze, PDOIS vier Sitze, PPP zwei Sitze, ein unabhängiger Einzelsitz (EASO 12.2017).

Eine Reihe anderer Oppositionsgruppen waren bei den Wahlen vertreten. Zuvor hatte die APRC unter Jammeh über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten die Legislative dominiert. Politisierte Sicherheitskräfte hatten die Opposition während der Wahlzeit 2016 unterdrückt. Getrennt davon ließ Barrow kurz nach seinem Amtsantritt Dutzende von politischen Gefangenen frei (FH 1.2018).

Gambia hielt am 6.4.2017 friedliche Parlamentswahlen ab, wobei die meisten Sitze von der Vereinigten Demokratischen Partei (UDP) gewonnen wurden. Barrow war UDP-Mitglied, als er bei den Präsidentschaftswahlen 2016 in die Spitze der Oppositionskoalition gewählt wurde. Nach Jammehs Wahlniederlage und insbesondere nach seiner Abreise ins Exil ließen gambische Gerichte und Gefängnisse Dutzende von Menschen frei, die während Jammehs Amtszeit zu Unrecht inhaftiert waren. Dazu gehörte auch der Oppositionsführer Ousainou Darboe, der eine dreijährige Haftstrafe verbüßte, nachdem er während eines friedlichen Protestes 2016 festgehalten wurde (HRW 18.1.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Reise & Sicherheit - Gambia - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambiasicherheit/213624#content_0, Zugriff 18.9.2018;

* AA - Auswärtiges Amt (3.8.2018): AA-Bericht Gambia,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1442719/4598_1536326072_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-gambia-stand-juli-2018-03-08-2018.pdf, Zugriff 18.9.2018, 20.9.2018;

* EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 20.9.2018

* FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/281635/411922_de.html, Zugriff 18.8.2016;

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428746.html, Zugriff 18.9.2018, 20.9.2018;

* HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422435.html, Zugriff 18.9.2018, 20.9.2018;

* KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (16.5.2018): Ein Jahr Demokratie in Gambia,

http://www.kas.de/wf/doc/kas_52476-544-1-30.pdf?180516145500,

Zugriff 4.9.2018;

* LHB - Law Hub Gambia (2018): Truth, Reconciliation and Reparations Commission (TRRC) Act,

https://www.lawhubgambia.com/truth-reconciliation-reparations-commission/, Zugriff 27.9.2018;

* UNSC - UN Security Council (29.6.2018): Report of the Secretary-General on the activities of the United Nations Office for West Africa and the Sahel,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1438086/1226_1531382798_n1817627.pdf, Zugriff 6.9.2018 und

* USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/322484/461961_de.html, Zugriff 22.8.2016

1.2.2. Sicherheitslage:

Laut France Diplomatie wird im gesamten Staatsgebiet zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen (FD 18.9.2018; vgl. BMEIA 18.9.2018), vor allem in entlegenen Teilen entlang der südlichen Grenze zum Senegal (BMEIA 18.9.2018). Gambia blieb bisher von terroristischen Anschlägen verschont. Angesichts möglicher terroristischer Aktivitäten in der ganzen Region Westafrika können jedoch auch in Gambia Anschläge gegen westliche Einrichtungen oder Staatsangehörige nicht ausgeschlossen werden (AA 18.9.2018). Im Rest des Landes wird ein erhöhtes Sicherheitsrisiko ausgerufen (BMEIA 18.9.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Reise & Sicherheit - Gambia - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambiasicherheit/213624#content_0, Zugriff 18.9.2018;

* BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (18.9.2018): Reise & Aufenthalt - Gambia - Sicherheit und Kriminalität,

https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/gambia/, Zugriff 18.9.2018 und

* FD - France Diplomatie (18.9.2018): Conseils par pays, Gambie, Sécurité,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/gambie/, Zugriff 18.9.2018

1.2.3. Rechtsschutz / Justizwesen:

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor und die Regierung respektiert die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz (USDOS 20.4.2018). Die Verfassung garantiert allen Bürgern den Zugang zu einer unabhängigen Justiz und das Recht auf Verteidigung (EASO 12.2017).

Nach dem Regierungswechsel Anfang 2017 kündigte Barrow an, dass er Jammehs Entscheidung, Gambia den Internationalen Strafgerichtshof zu verlassen, rückgängig machen werde (EASO 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Er ernannte einen ehemaligen Sonderbeauftragten und Staatsanwalt des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda auf die höchste Position der gambischen Justiz. Barrow erklärte, dies seien Zeichen der Unabhängigkeit der Justiz und Schritte auf dem Weg zur institutionellen und rechtlichen Reform (EASO 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018).

Im ersten Amtsjahr hat die Regierung Barrows eine Justiz- und Verfassungsreform angestoßen (AA 3.8.2018). Auch Amnesty International forderte Ende April 2017 die Regierung auf, Reformen durchzuführen und mehr Mittel in folgenden Bereichen der Justiz bereitzustellen: die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz zu stärken; Organisationen wie die National Agency for Legal Aid (NALA), die Gambia Bar Association und die Female Lawyers Association Gambia zu unterstützen; sicherzustellen, dass Folter als Straftatbestand in das Strafgesetzbuch aufgenommen wird (EASO 12.2017).

Die Justiz wird durch Korruption und Ineffizienz behindert und die Exekutive dominiert die gerichtlichen Verfahren. Von Februar bis November 2017 ernannte Barrow neue Richter am Obersten Gerichtshof (FH 1.2018; vgl. EASO 12.2017; HRW 18.1.2018; USDOS 20.4.2018), ein Schritt, welchen die Gambia Bar Association lobte (FH 1.2018). Die Richter verpflichteten sich, das Justizsystem zu reformieren und seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

* EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 18.9.2018;

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428746.html, Zugriff 18.9.2018;

* HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422435.html Zugriff 18.9.2018 und

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430134.html, Zugriff 18.9.2018

1.2.4. Sicherheitsbehörden:

Die zivilen Behörden behalten eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte. Das Militärpersonal der ECOWAS bleibt auf Einladung des Präsidenten weiterhin im Land (USDOS 20.4.2018).

Die Gambia Armed Forces - GFA (Streitkräfte) ist für die externe Verteidigung zuständig und steht unter der Aufsicht des Oberbefehlshabers der Streitkräfte und Verteidigungsminister, eine Position, die der Präsident innehat (USDOS 20.4.2018; vgl. EASO 12.2017). Der Nationale Geheimdienst untersteht direkt dem Präsidenten (EASO 12.2017). Das Innenministerium ist für die Gambia Police Force (GPF) verantwortlich, die die innere Sicherheit gewährleistet (USDOS 20.4.2018; vgl. EASO 12.2017). Die Abteilung für Einwanderung fällt in die Zuständigkeit des Innenministeriums und ist für Migration und Grenzkontrolle zuständig. Straflosigkeit war unter dem Jammeh-Regime weit verbreitet. Ehemalige Beamte der NIA (Geheimdienst) stehen wege

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten