Entscheidungsdatum
12.02.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1 Z1Spruch
W186 2214314-1/8E
W186 2214314-2/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerden von XXXX , geb. am XXXX , StA. Nigeria alias Liberia, vertreten durch RA Daigneault, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form der Festnahme am 28.01.2019, der darauf gestützten Anhaltung bis 31.01.2019 und der Abschiebung am 31.01.2019, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen die Abschiebung wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 46 Abs. 1 Z 2 und 3 FPG als unbegründet abgewiesen.
III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird jeweils gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Eingabengebühr wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer reiste am 04.01.2004 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am darauffolgenden Tag seinen (ersten) Asylantrag.
Hiezu wurde der damals minderjährige Beschwerdeführer am 26.04.2004 in Anwesenheit seines gesetzlichen Vertreters vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Wien, niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, Einzelkind zu sein und in Liberia geboren, jedoch in Nigeria aufgewachsen zu sein. So habe er Liberia im Alter von vier Jahren - im Jahr 1991 - verlassen. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der Genannten aus, dass seine Mutter in Nigeria einen anderen Mann geheiratet und diesem die Existenz des Beschwerdeführers verschwiegen habe und hätte er bei Kenntnis die Wahl gehabt entweder geopfert zu werden oder zu verschwinden.
Diesen (ersten) Asylantrag hat das Bundesasylamt mit Bescheid vom 03.05.2004, Zl. 04 00.190-BAW, gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I. Nr. 76/1997 idF BGBl. I. Nr. 126/2002, abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Liberia für zulässig erklärt. Diese Entscheidung wurde mit einer Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet verbunden. Begründet wurde diese Entscheidung zusammengefasst damit, dass der Beschwerdeführer zu seinem behaupteten Herkunftsstaat Liberia keine konkreten Fluchtgründe geltend gemacht habe. Weiters verwies das Bundesasylamt auf den zwischenzeitig unterzeichneten Friedensvertrag und die Beendigung des Bürgerkrieges in Liberia
Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer im Wege seines damaligen gesetzlichen Vertreters fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde).
Am 11.10.2005 wurde gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, GZ. III-1158743-FrB/05, ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot erlassen.
Mit Bescheid vom 06.10.2006, Zl. 250.000/0-V/13/04, wies der Unabhängige Bundesasylsenat die Berufung hinsichtlich der negativen Asylentscheidung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.09.2006 ab, bestätigte die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Liberia und verband diese Entscheidung mit einer Ausweisung des Beschwerdeführers nach Liberia. Der Unabhängige Bundesasylsenat begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass aus den seitens des Beschwerdeführers geäußerten lapidaren und wenig facettenreichen Angaben kein Rückschluss auf ein maßgeblich wahrscheinliches Verfolgungsszenario - weder in Nigeria noch in Liberia - gezogen habe werden können.
Der letztgenannte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 12.10.2006 zugestellt und erwuchs mit diesem Tag in Rechtskraft.
Am 26.01.2010 wurde der zwischenzeitig in die Schweiz ausgereiste Beschwerdeführer - wo er unter Anführung der Identität XXXX , geb. XXXX , nigerianischer Staatsangehöriger, um Asyl ersuchte und angab, direkt aus Österreich in die Schweiz eingereist zu sein - gemäß Art. 16 Abs.1e der Verordnung Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II-VO) nach Österreich überstellt.
In weitere Folge stellte der Genannte am 01.02.2010 aus dem Stand der Schubhaft seinen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.
Im Rahmen der daraufhin am Tag der Antragstellung stattgefundenen niederschriftlichen Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, er habe Österreich nach dem negativen Abschluss seines Erstverfahrens in Richtung Italien verlassen und sei anschließend in die Schweiz gereist. Er stelle einen neuen Asylantrag, da er Zeit brauche, um seine Heimreise zu organisieren. Die Situation in seinem Heimatland sei instabil. Seine Familie habe Probleme mit dem Lebensgefährten seiner Mutter in Nigeria. Dieser habe den Beschwerdeführer ermorden wollen, da sie sich gestritten hätten.
In der Folge fand am 10.02.2010 eine niederschriftliche Einvernahme im Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel, statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer in Anwesenheit eines Rechtsberaters angab, dass er neue Gründe habe. Er habe in Italien einen Geschäftsmann namens Henry aus seiner Gegend getroffen. Diesen habe er nach seiner Rückkehr nach Österreich angerufen und von ihm erfahren, dass seine Mutter ernsthaft krank und seine Schwester von dem Mann getötet worden sei, der den Beschwerdeführer umbringen habe wollen. Der Beschwerdeführer habe Henry letzte Woche vom Festnetz aus dem Polizeianhaltezentrum angerufen. Dessen Telefonnummer sei im Handy des Beschwerdeführers gespeichert. Obwohl dieses versperrt sei, habe er die Nummer bekommen. Den exakten Todeszeitpunkt könne er nicht angeben, eventuell sei es im Jahr 2008 gewesen. Auch den genauen Todesumstand kenne er nicht.
Dieser zweite Antrag auf internationalen Schutz vom 01.02.2010 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.02.2010, Zl. 10 00.938 EAST Ost, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen sowie der Antragsteller gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 idgF aus dem österreichischem Bundesgebiet nach Liberia ausgewiesen.
Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung zusammengefasst - mit Hinweis auf die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur und herrschende Lehre zu § 68 AVG und Art. 8 EMRK - damit, dass sich der Beschwerdeführer auf die Fortsetzung seiner alten Fluchtgründe berufen habe, weshalb kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt vorliege. Zudem weise seine gesamte Geschichte Widersprüche auf, sodass auch nicht von einem glaubwürdigen Kern des Vorbringens auszugehen sei.
Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer Beschwerde. Der Asylgerichtshof wies die Beschwerde mit Erkenntnis vom 19.03.2010 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG iVm 10 Abs. 1. Z 1 AsylG 2005 ab. Zusammengefasst wurde darin ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in seinen nunmehrigen zweiten Asylverfahren keine weiteren Sachverhaltselemente, welche nach rechtskräftiger Beendigung des ersten Rechtsganges entstanden wären, vorgebracht. Er berufe sich vielmehr auf seine bereits im Rahmen des ersten Asylverfahrens präsentierten Fluchtgründe. Selbst bei gegenteilige Annahme würde das Verfahren keinen anderen Ausgang nehmen, zumal sein Vorbringen aufgrund der Verstrickung in Widersprüchen nicht als glaubhaft anzusehen sei.
Das Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 22.03.2010 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und wurde am 27.07.2010 in 1090 Wien beim unrechtmäßigen Aufenthalt betreten, festgenommen und in das PAZ Hernalser Gürtel eingeliefert. Der Beschwerdeführer wurde noch am selben Tag niederschriftlich einvernommen. Hierbei gab der Beschwerdeführer auf Vorhalt seiner rechtskräftigen Ausweisung vom 22.03.2010 an, dass ihm sein illegaler Aufenthalt im Bundesgebiet bewusst sei. Er wolle nicht in seinen Herkunftsstaat zurückgehen. An der laut ZMR angegeben Adresse konnte der BF weder einen Schlüssel vorweisen noch den Unterkunftgeber erreichen. Der Beschwerdeführer gab an, nur hin und wieder an der besagten Adresse zu nächtigen und eigentlich bei einer Freundin zu wohnen. Im Anschluss an die Einvernahme wurde der BF auf freiem Fuß gesetzt.
Der Beschwerdeführer wurde am 08.05.2013 in 1170 Wien beim unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet angetroffen und einer Identitätsfeststellung unterzogen.
Das BFA führte Ende 2015 mehrere Erhebungen an der vom Beschwerdeführer im ZMR aufscheinenden Adresse durch, doch konnte der Beschwerdeführer dort nicht angetroffen werden. Die dort wohnenden Personen gaben stets die Auskunft, der Beschwerdeführer sei Ende September 2015 zu einer Freundin an eine nicht näher bekannte Adresse gezogen.
Der Beschwerdeführer wurde am 30.11.2014, am 28.10.2015 sowie am 16.02.2016 zwecks Identitätsfeststellung vor das BFA geladen. Er kam diesen Ladungen jedoch nicht nach.
Der Beschwerdeführer leistete am 13.04.2018 einer Ladung vor dem Bundesamt folge und wurde niederschriftlich zur Identitätsfeststellung einvernommen. Hierbei führte er aus, er habe die vorherigen Ladungen des Bundesamtes nicht bekommen. Er habe nicht immer an seiner Meldeadresse gewohnt, sondern bei seiner Frau. Mangels eines Ausweises habe er sich dort nicht anmelden können. Befragt danach, wieso der Beschwerdeführer seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen ist führte er aus, er habe von 2016-2017 bei seiner Frau gewohnt. Befragt danach, was er unternommen habe um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen gab der Beschwerdeführer lediglich an, nichts unternommen zu haben. Ebenso verfüge er über keine Dokumente, die seine Identität bezeugen könnten und gab befragt nach seiner Identität, XXXX XXXX , StA. Liberia an. Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, bis zum 04.05.2018 eine Bestätigung über das Vorsprechen bei der Botschaft vorzulegen. Im Anschluss an die Niederschrift füllte der Beschwerdeführer die Formblätter zu Beantragung eines Heimreisezertifikates aus.
Mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers an die belangte Behörde am 11.05.2018 legte der Beschwerdeführer unter Vorlage eines Staatsbürgerschaftsnachweises der nigerianischen Botschaft in Wien seine wahre Identität dar. Es wurde zudem darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer Vater dreier Kinder (geboren 2014, 2015 und 2017) mit österreichischer Staatsbürgerschaft sei, und mit diesen und der Kindesmutter im gemeinsamen Haushalt lebe. Es wurde um Kenntnisnahme der Identitätsdaten ersucht und beantragt, dem Beschwerdeführer aus humanitären Gründen den Aufenthalt bei seinen Kindern zu ermöglichen.
Mit Eingabe vom 04.06.2018 stellte der Beschwerdeführer klar, XXXX zu heißen, am XXXX in Nigeria geboren und nigerianischer Staatsangehöriger zu sein. Unter einem legte er seine Geburtsurkunde vor.
Der Beschwerdeführer wurde am 20.07.2018 zu seinem Antrag auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 niederschriftlich vor dem BFA einvernommen. Hierbei gab er an, ihm sei im Zuge seiner Asylantragsstellung geraten worden, einen anderen Namen anzugeben und möchte er jetzt jedoch seine wahre Identität preisgeben. Er habe aufgrund dessen, dass er seine Familie hier habe, einen Aufenthaltstitel beantragt. Er sei ledig und glaube zur Hälfte Obsorge berechtigt zu sein, nachweisen könne er dies allerdings nicht. Mit der Mutter seiner Kinder sei er seit Winter 2010 in einer Beziehung.
Mit Eingabe vom 29.08.2018 legte der Beschwerdeführer dem Bundesamt einen nigerianischen Reisepass vor.
Mit Aktenvermerkt vom 23.01.2019 prüfte das Bundesamt sowohl, ob Gründe iSd § 50 FPG, als Art. 8 EMRK gegen eine Abschiebung sprechen könnten. Beides wurde verneint. Hinsichtlich Art. 8 EMRK wurde ausgeführt, dass dem BF hinsichtlich seiner Kinder keine Obsorge zu komme, und die Lebensgefährtin die gesetzliche Vertreterin der Kinder sei. Es bestehe kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK. Das Privatleben des BF sei ebenfalls nicht schutzwürdig, da der Beschwerdeführer abgesehen von einem absolvierten A1 Deutschkurs und einem laufenden A2 Deutschkurs keine nachweisliche Integration aufweise. Zudem wurde ausgeführt, dass das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in einem Zeitpunkt entstanden sei, indem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen seien. Der Beschwerdeführer halte sich seit 22.03.2010 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, und seien die Kinder 2014, 2015 und 2017 geboren worden. Ein Organisationsverschulden des Staates liege ebenfalls nicht vor.
Das Bundesamt erließ am 23.01.2019 einen Abschiebeauftrag für die Abschiebung des Beschwerdeführers am 31.01.2019 auf dem Luftweg nach Lagos.
Unter einem wurde am 23.01.2019 ein Festnahmeauftrag erlassen, wonach der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG für die bereits organisierte Abschiebung am 31.01.2019 ab 28.01.2019, 05: 00 Uhr, festzunehmen sei.
Der Beschwerdeführer wurde am 28.01.2019 um 06:00 Uhr an seiner Wohnadresse in Vollziehung des aufrechten Festnahmeauftrages gemäß § 40 iVm § 34 BFA-VG festgenommen und direkt in das PAZ Rossauer Länder eingeliefert.
Der Beschwerdeführer wurde am 31.01.2019 nach Nigeria abgeschoben.
Mit Schriftsatz vom 09.02.2019, hg. eingelangt am selben Tag, erhob der BF durch seinen im Spruch angeführten rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde gegen die Festnahme am 28.01.2019, die darauf gestützte Anhaltung, sowie gegen die Abschiebung am 31.01.2019. Neben dem Ersatz der Eingabengebühr und des Aufwandersatzes im gesetzlichen Umfang wurde ferner beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge sowohl die Festnahme, als auch die darauf gestützte Anhaltung und die Abschiebung als rechtswidrig feststellen.
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 11.05.2018 im Zuge der Antragsstellung nach § 55 AsylG 2005 seine Identität berichtigt und der Behörde mitgeteilte, dass er in einer Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsbürgerin lebe und mit ihr drei Kinder habe, die 2014, 2015 und 2017 geboren worden seien. Die erfolgte Festnahme und Anhaltung, sowie die Abschiebung seien aufgrund der rechtskräftigen Ausweisung vollzogen worden. Es habe jedoch eine Ausweisung hinsichtlich Liberia vorgelegen und sei der Beschwerdeführer hingegen nach Nigeria abgeschoben worden. Deshalb sei die Ausweisung nicht durchsetzbar gewesen. Ebenso habe die belangte Behörde es zu Unrecht unterlassen, eine Abschiebung nach Nigeria iS der Rechte des Beschwerdeführers nach Art. 2 und 3 EMRK zu prüfen. Ebenso habe eine durchsetzbare Ausweisung auch aus den Gründen des Art. 8 EMRK nicht bzw. nicht mehr vorgelegen. Angesichts des langjährigen Aufenthaltes und der langjährigen Lebensgemeinschaft mit einer Österreicherin sei die seinerzeitige asylgesetzliche Ausweisung untergegangen und hätte es vor der Abschiebung einer neuerlichen Rückkehrentscheidung bedurfen. Das Kindeswohl müsse der Behörde eine vorrangige Überlegung sein, da ein persönlicher Kontakt nur möglich wäre, wenn die Kinder zum Beschwerdeführer nach Nigeria kommen würden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er ist nigerianischer Staatsangehöriger.
Der Beschwerdeführer stellte reiste am 04.01.2004 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am darauffolgenden Tag seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz unter der Behauptung liberischer Staatsangehöriger zu sein. Dieser Asylantrag wurde abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Liberia für zulässig erklärt. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesasylsenat abgewiesen.
Die Bundespolizeidirektion Wien erließ gegen den Beschwerdeführer
Mit Bescheid vom 11.10.2005 ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot.
Der Beschwerdeführer reiste zwischenzeitlich in die Schweiz aus, und stellte dort einen Asylantrag unter der Identität DUKE Andrew, geb. 01.01.1991, nigerianischer Staatsangehöriger. Er gab vor den Schweizer Behörden an, direkt aus Österreich in die Schweiz gereist zu sein. Der Beschwerdeführer wurde am 26.01.2010 auf Grundlage der Dublin II-VO nach Österreich rücküberstellt, wo er am 01.02.2010 aus dem Stande der Schubhaft seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet stellte. Im Rahmen der Erstbefragung gab er an, Österreich nach dem negativen Abschluss seines Erstverfahrens in Richtung Italien verlassen zu haben und anschließend in die Schweiz gereist zu sein.
Der zweite Asylantrag des Beschwerdeführers wurde durch das Bundesasylamt mit Bescheid vom 18.02.2010 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet nach Liberia ausgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 19.03.2010 als unbegründet ab.
Das Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 22.03.2010 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und wurde am 27.07.2010 in 1090 Wien beim unrechtmäßigen Aufenthalt betreten. Er konnte an der laut Melderegister genannten Anschrift keinen Schlüssel vorweisen und öffnete auch niemand die Türe.
Der Beschwerdeführer wurde am 08.05.2013 in 1170 Wien beim unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet angetroffen und einer Identitätsfeststellung unterzogen.
Das BFA führte Ende 2015 mehrere Erhebungen an der vom Beschwerdeführer im ZMR aufscheinenden Adresse durch, doch konnte der Beschwerdeführer dort nicht angetroffen werden.
Der Beschwerdeführer wurde am 30.11.2014, am 28.10.2015 sowie am 16.02.2016 zwecks Identitätsfeststellung vor das BFA geladen. Er kam diesen Ladungen jedoch nicht nach.
Der Beschwerdeführer leistete am 13.04.2018 einer Ladung vor dem Bundesamt folge und wurde niederschriftlich zur Identitätsfeststellung einvernommen. Hierbei gab er erneut an aus Liberia zu stammen und keine Identitätsdokumente vorlegen zu können.
Mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers an die belangte Behörde am 11.05.2018 legte der Beschwerdeführer unter Vorlage eines Staatsbürgerschaftsnachweises der nigerianischen Botschaft in Wien seine wahre Identität dar. Es wurde zudem darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer Vater dreier Kinder (geboren 2014, 2015 und 2017) mit österreichischer Staatsbürgerschaft sei, und mit diesen und der Kindesmutter im gemeinsamen Haushalt lebe.
Mit Eingabe vom 04.06.2018 stellte der Beschwerdeführer klar, XXXX zu heißen, am XXXX in Nigeria geboren und nigerianischer Staatsangehöriger zu sein. Unter einem legte er seine Geburtsurkunde vor.
Der Beschwerdeführer legte ebenso die Geburtsurkunden seiner Kinder vor.
Der Beschwerdeführer stellte in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 20.07.2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005.
Mit Eingabe vom 29.08.2018 legte der Beschwerdeführer dem Bundesamt seinen nigerianischen Reisepass vor.
Das Bundesamt erließ am 23.01.2019 einen Abschiebeauftrag für die Abschiebung des Beschwerdeführers am 31.01.2019 auf dem Luftweg nach Lagos.
Mit Aktenvermerkt vom 23.01.2019 prüfte das Bundesamt sowohl, ob Gründe iSd § 50 FPG, als Art. 8 EMRK gegen eine Abschiebung sprechen könnten. Beides wurde verneint.
Unter einem wurde am 23.01.2019 ein Festnahmeauftrag erlassen, wonach der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG für die bereits organisierte Abschiebung am 31.01.2019 ab 28.01.2019, 05: 00 Uhr, festzunehmen sei.
Der Beschwerdeführer wurde am 28.01.2019 um 06:00 Uhr an seiner Wohnadresse in Vollziehung des aufrechten Festnahmeauftrages gemäß § 40 iVm § 34 BFA-VG festgenommen und direkt in das PAZ Rossauer Länder eingeliefert.
Er war haftfähig und befand sich von 28.01.2019, 06:00 Uhr, bis 31.01.2019, 01:00 Uhr, in Verwaltungsverwahrungshaft, die im PAZ Wien Rossauer Lände vollzogen wurde.
Der Beschwerdeführer wurde am 31.01.2019 um 01:00 Uhr auf dem Luftweg nach Nigeria abgeschoben.
Der Beschwerdeführer ist Vater dreier Kinder, welche die österreichische Staatsbürgerschaft innehaben und 2014, 2015 und 2017 geborgen wurden. Er führt seit dem Winter 2010 eine Lebensgemeinschaft mit der Kindesmutter. Der Beschwerdeführer ging sowohl die Beziehung mit seiner Lebensgefährtin zu einem Zeitpunkt ein, in dem ihm sein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet bewusst gewesen ist. Ebenso wurden seine drei Kinder zu einem Zeitpunkt geboren, in denen der Beschwerdeführer bereits jahrelang unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig war.
Zum Zeitpunkt der Festnahme, Anhaltung und Abschiebung lag eine durchführbare und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme (Ausweisung vom 18.02.2010, rk. seit 22.03.2010) vor.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und der hg. Akten des Bundesverwaltungsgerichtes (respektive des Asylgerichtshofes, insbesondere das Erkenntnis vom 19.03.2010, Zl. A5 250.000-2/2010/3E).
Die Rechtsgrundlage der Festnahme ergibt sich aus dem in den Akten einliegenden Festnahmeauftrag - die der Abschiebung aus dem vorliegenden Abschiebeauftrag, sowie aus dem Aktenvermerkt über die Zulässigkeit der Abschiebung vom 23.01.2019 (AS 304).
Die Feststellung zur Festnahme der BF am 28.01.2019, 06:00 Uhr, resultieren aus dem Bericht der LPD Wien vom 28.01.2019.
Die Abschiebung der BF 31.01.2019 ergibt sich aus der Anhaltedatei.
Die Angaben zur behördlichen Meldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet beruhen auf einem Auszug aus dem ZMR.
Die Angaben zum Familienstand des Beschwerdeführers im Bundesgebiet resultieren aus den vorgelegten und aus dem Verwaltungsakt ersichtlichen Geburtsurkunden und Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt (vgl. insbesondere die niederschriftliche Einvernahme vom 20.07.2018, AS 269 ff).
Die Angabe zur Haftfähigkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass aus dem Verwaltungsakt kein Indiz für eine gegenteilige Annahme erkannt werden konnte. Darüber hinaus gab der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 20.07.2018 an, gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen (vgl. AS 270).
3. Rechtliche Beurteilung
Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."
Der mit "Bundesverwaltungsgericht" betitelte § 7 Abs. 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:
"§ 7. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,
2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,
3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,
4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und
5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2."
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 iVm § 7 Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerden zuständig.
Zu Spruchteil A)
3.1. Spruchpunkt I. - Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung von 28.01.2019 bis 31.01.2019
3.1.1 Absatz 1 des mit "Festnahme" betitelten § 40 BFA-VG idgF lautet:
"(1) Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 40 Abs. 1 BFA-VG ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,
1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,
2. wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder
3. der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
Die BF wurden von Angehörigen der Landespolizeidirektion Wien am 28.01.2019, um 06:00 Uhr, gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG iVm § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG in Vollziehung des am 23.01.2019 erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen.
Der mit "Festnahmeauftrag" betitelte § 34 Abs. 1 BFA-VG idgF lautet:
"§ 34. (1) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn dieser
1. Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt, oder
2. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt."
Abs. 3 leg. cit lautet:
"Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,
1. wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt;
2. wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist;
3. wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll oder
4. wenn eine aufgrund eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG erlassene Vollstreckungsverfügung nicht vollzogen werden konnte oder der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2b FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat."
3.2.2. Die gesonderte Anfechtung eines Festnahmeauftrages kommt jedenfalls nach vollzogener Festnahme schon zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten nicht in Betracht (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025); bei der Überprüfung der Festnahme ist allerdings zu prüfen, ob die Festnahme rechtswidrig war, weil der zugrundeliegende Festnahmeauftrag nicht hätte ergehen dürfen oder weil er jedenfalls vor seinem Vollzug zu widerrufen gewesen wäre (VwGH 25.10.2012, 2010/21/0378).
Das Bundesamt erließ am 23.01.2019 einen Festnahmeauftrag gegen den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG. Diese Voraussetzungen lagen im gegenständlichen Fall zum Zeitpunkt der Festnahme vor, weil gegen den BF eine rechtskräftige aufenthaltsbeendenden Maßnahme, nämlich eine Ausweisung gemäß § 10 idF BGBl. I Nr. 122/2009, rechtskräftig seit 22.03.2010, vorlag und unter einem am 23.01.2019 ein Abschiebeauftrag betreffend eine Flugabschiebung am 31.01.2019, um 00:25 Uhr, erlassen wurde.
3.2.3. Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor, es habe eine Ausweisung nach Liberia und nicht nach Nigeria vorgelegene, weshalb die Ausweisung nicht durchsetzbar gewesen sei. Ebenso habe die Behörde zu Unrecht nicht geprüft, ob die Abschiebung des Beschwerdeführers ihn in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK verletzen würde. Angesichts des langjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und der langjährigen Lebensgemeinschaft aus welcher auch drei Kinder entstanden seien, sei die Ausweisung auch aus Gründen des Art. 8 EMRK nicht durchsetzbar gewesen. Da die Erteilung des beantragten humanitären Aufenthaltstitels den Aufenthalt des Antragsstellers in Österreich voraussetze, habe die Abschiebung zur Konsequenz, dass dem Antrag nicht mehr stattgegeben werden könne.
Den Beschwerdeausführungen ist entgegenzuhalten, dass das Bundesamt die vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Abschiebung nach Nigeria sowohl hinsichtlich einer möglichen Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK, als auch bezüglich des Vorliegens eines schützenswerten Privat- und/oder Familienlebens iSd Art. 8 EMR vor der Abschiebung am 23.01.2019 im Zuge eines "Aktenvermerks für die Zulässigkeit der Abschiebung" umfassend geprüft hat. So hat die belangte Behörde nach Durchsicht des LIB zu Nigeria eine Bedrohung des Beschwerdeführers hinsichtlich des Art. 2 und 3 EMRK geprüft und ausgeschlossen. Ebenso stellte die belangte Behörde fest, dass auch keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria entgegenstehe. Zur Prüfung des Art. 8 EMRK führte die belangte Behörde zutreffend aus, dass der Beschwerdeführer sich seit 22.03.2010 (Rechtskraft der Ausweisung) unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wenn der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem Bundesamt (AS 272) angab, die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin bestehe seit dem Winter 2010 so war er sich beim Eingehen dieser Beziehung jedenfalls seines unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet bewusst. Gleiches gilt für die Geburt seiner drei Kinder in den Jahren 2014, 2015 und 2017, wie die belangte Behörde in ihren Aktenvermerkt zutreffend feststellte. Ebenso sei auch das Privatleben des Beschwerdeführers, der in all den Jahren seines Aufenthaltes im Bundesgebiet lediglich einen A1 Deutschkurs besucht hat und aktuell einen A2 Kurs besucht, nicht schützenswert und sei auch im Wissen des unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus eingegangen worden.
Zu dem Vorbringen, wonach die Ausweisung sich auf Liberia und nicht auf Nigeria bezogen habe, der Beschwerdeführer aber nach Nigeria abgeschoben wurde ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0348-7) zu verweisen, wonach selbst bei nachträglicher Herausstellung der wahren Nationalität die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung in einen nunmehr von der Rückehrentscheidung abweichenden Herkunftsstaat, der der belangten Behörde bisher aufgrund unrichtiger Angaben des Beschwerdeführers nicht bekennt gewesen ist, rechtmäßig verhängt werden konnten. Nichts anderes hat daher auch hinsichtlich der gegenständlich erfolgten Festnahme, Anhaltung und Abschiebung zu gelten, da auch im gegenständlichen Fall der Beschwerdeführer der belangte Behörde jahrelang eine falsche Identität genannt hatte, die er erst im Zuge seiner Antragsstellung nach § 55 AsylG 2005 richtig stellte.
Durch die Abschiebung und Effektuierung der Ausweisung wird auch nicht in die den drei Kindern des Beschwerdeführers als Unionsbürger aus Art. 20 AEUV zukommenden Rechte eingegriffen (vgl. EuGH 10.05.2017, C-133/15, Chavez-Vilchez u.a., vgl. auch VfGH 11.06.2012, U 128/12): Der Beschwerdeführer leistet keinen Unterhalt, er ist auch nicht Obsorge berechtigt für die drei Kinder. In den ersten Lebensjahren der 2014 und 2015 geborenen Kinder lebte der Beschwerdeführer auch nicht am gemeinsamen Wohnsitz mit ihnen. Die Kindesmutter als österreichische Staatsbürgerin, bei der beide Kinder von Geburt an aufwachsen, hat das alleinige Obsorgerecht. Die Kinder des Beschwerdeführers sind sohin durch die Effektuierung der Ausweisung gegen diesen nicht gezwungen, das Gebiet der Union als Ganzes zu verlassen. Vielmehr ist die Kindesmutter in der Lage und bereit, die tägliche und tatsächliche Fürsorge für die Kinder - wie bisher - alleine wahrzunehmen.
Zum Beschwerdevorbringen hinsichtlich des Umstandes, dass die Verfahrensführung nach § 55 AsylG 2005 nur bei gleichzeitigem Aufenthalt des Antragsstellers im Bundesgebiet möglich ist, ist auszuführen, dass es dem Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nach Nigeria frei steht, über das NAG seinen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet (auch hinsichtlich der Weiterführung seines Familienlebens im Bundesgebiet) zu beantragen.
Im Verfahren gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG ist die Frage der Rechtmäßigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme keiner Prüfung zu unterziehen (VwGH 27.03.2007, 2007/21/0019; 31.08.2006, 2004/21/0138), ebenso wenig die Rechtmäßigkeit der Abschiebung. Beachtlich ist vielmehr im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit von Festnahme und Anhaltung, ob die belangte Behörde bei Setzung dieser Maßnahme realistischer Weise mit der tatsächlichen Durchführung der Abschiebung rechnen durfte.
Der BF hielt sich seit rechtskräftigem Abschlusses seines zweiten Asylverfahrens, somit seit März 2010 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er unternahm auch keine Schritte, um seine Ausreise vorzubereiten.
Auch die Stellung seines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels am 11.05.2018 (per-Email durch den rechtsfreundlichen Vertreter bzw. im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt am 20.07.2018) änderte nichts an der Tatsache, dass der Beschwerdeführer sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt:
§ 58 Abs. 13 AsylG 2005 normiert, dass Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegenstehen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.
Ebenso sieht § 16 Abs. 5 BFA-VG mit Verweis auf § 58 Abs. 13 AsylG vor, dass einer Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 oder ein diesbezüglicher Vorlageantrag kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen.
Der Beschwerdeführer kam daher zum Zeitpunkt der Erlassung des Festnahmeauftrages, der Organisation der Abschiebung, sowie beim dem Vollzug der Festnahme und der Abschiebung seiner Ausreisverpflichtung nicht nach und verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.
Sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels begründete kein Aufenthalts- oder Bleiberecht und stand dieser Antrag der Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen nicht entgegen. Insbesondere entfaltete der Antrag keine aufschiebende Wirkung (vgl. § 58 Abs. 13 AsylG 2005). Zum Zeitpunkt der Festnahme bestand gegen den Beschwerdeführer daher eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.
Der gültige Reisepass des Beschwerdeführers lag der belangten Behörde vor und diese organisierte diese bereits am 23.01.2019 die Abschiebung auf dem Luftweg nach Nigeria für den 31.01.2019.
Es ist daher - auch vor dem Hintergrund der tatsächlich erfolgten Abschiebung innerhalb der für die Anhaltung im Rahmen der Festnahme vorgesehenen Höchstfrist - der belangten Behörde nicht vorzuwerfen, wenn sie davon ausging, dass die Abschiebung tatsächlich in Frage kam und innerhalb der vorgesehenen Frist bewerkstelligt werden konnte (vgl. zur Schubhaft VwGH 26.09.2007, 2007/21/0253; 23.10.2008, 2006/21/0128; 11.06.2013, 2013/21/0024).
3.2.4. Die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers waren auch notwendig:
Der Beschwerdeführer hielt sich jahrelang unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach. Er war zwar bis auf wenige Ausnahmen stets behördlich gemeldet, doch blieben Versuche der belangten Behörde den Beschwerdeführer an seiner Meldeadresse anzufinden mehrmals über Jahre hinweg erfolglos. Der Beschwerdeführer war für die belangte Behörde daher nicht greifbar und gab erst im Zuge seiner Antragstellung nach § 55 AsylG 2005 seine wahre Identität, seinen Reisepass, sein Familienleben im Bundesgebiet, sowie seine korrekte Meldeadresse der belangten Behörde bekannt.
Die Festnahme des Beschwerdeführers zur Effektuierung der geplanten Abschiebung war daher vor dem Hintergrund des soeben geschilderten Vorverhaltens des Beschwerdeführers notwendig und auch verhältnismäßig.
Der Beschwerdeführer wurde knapp 67h in Verwaltungsverwahrungshaft angehalten: gemäß § 40 Abs. 4 BFA-VG kann ist die Anhaltung eines Fremden in den Fällen des Abs. 1 Z 1 (Vorliegen eines Festnahmeauftrages) bis zu 72 Stunden zulässig. Gegen den Beschwerdeführer bestand ein aufrechter Festnahmeauftrag. Seine knapp 67 Stunden dauernde Anhaltung war daher auch innerhalb der gesetzlich normierten Höchstfrist.
Die Beschwerde gegen die Festnahme und die darauf gestützte Anhaltung in Verwaltungsverwahrungshaft ist daher gemäß § gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 und § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Spruchpunkt II. - Beschwerde gegen die Abschiebung
Gemäß § 46 Abs. 1 FPG idgF können Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Abschiebung ist auf den Zeitpunkt ihres Vollzugs abzustellen (VwGH 29.06.2017, Ra 2017/21/0089; vgl. VwGH 20.12.2013, 2012/21/0118).
Gegen den Beschwerdeführer lag zum Zeitpunkt der Abschiebung eine rechtskräftige und aufrechte Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 122/2009 vor. Da der Beschwerdeführer seit der Erlassung der Ausweisung das Bundesgebiet nicht verließ, ist die Ausweisung gemäß § 10 Abs. 6 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 122/2009 iVm § 75 Abs. 23 AsylG 2005 aufrecht und gilt gemäß § 75 Abs. 23 AsylG 2005 als aufenthaltsbeendende Maßnahme iSd 8. Hauptstücks des FPG.
Der von ihm zwischenzeitlich gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 begründeten kein Bleiberecht (vgl. § 58 Abs. 13 AsylG 2005).
§ 46 Abs 1 Z 3 FPG sieht keine unbedingte Abschiebeverpflichtung vor (VwGH 28.01.2016; Ra 2015/21/0232; 29.06.2017, Ra 2017/21/0089), sondern stellt die Abschiebung in behördliches Ermessen (VwGH 23.10.2008, 2007/21/0335; 20.10.2011, 2010/21/0056).
Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Abschiebung kommt es nach § 46 Abs. 1 FPG nicht nur auf das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Entscheidung, sondern auch auf die Erfüllung einer der in den § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Tatbestandsvoraussetzungen an (VwGH 20.10.2011, 2010/21/0056).
Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und war auch nicht dazu bereit. Das Bundesamt ging sohin zutreffend davon aus, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht zeitgerecht nachgekommen sind (§ 46 Abs. 1 Z 2 FPG) und zu befürchten ist, er würde seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen (§ 46 Abs. 1 Z 3 FPG). Die Voraussetzungen für die Abschiebung des Beschwerdeführers lagen daher vor (vgl. VwGH 28.05.2008, 2007/21/0240; 20.11.2008, 2006/21/0071; 30.04.2005, 2007/21/0541; 23.09.2010, 2009/21/0280).
Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die belangte Behörde von ihrem Ermessen nicht rechtskonform Gebrauch gemacht hätte.
Zudem ist anzumerken, dass sich aufgrund der vor der Abschiebung und in einem Aktenvermerk festgehaltenen Prüfung der Art. 2, 3, und 8 EMRK auch kein Abschiebehindernis ergeben hat.
Die belangte Behörde konnte darüber hinaus mit der erfolgreichen Durchführung der Abschiebung rechnen, da der Beschwerdeführer im Zuge seiner Antragsstellung nach § 55 AsylG 2005 seinen Reisepass vorgelegt hat.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Spruchteil III. - Kostenersatz:
3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
Der mit "Kosten" betitelte § 35 VwGVG lautet:
"§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.
(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:
1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,
2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie
3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.
(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."
Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:
"1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro
2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro
3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro
4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro
5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro
6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro
7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro."
3.2.2. Im gegenständlichen Verfahren wurde gegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG (Abschiebung) bzw. § 22a BFA-VG (Festnahme und Anhaltung) und § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG (Abschiebung) Beschwerde erhoben. Lediglich der Beschwerdeführer stellte jeweils einen Antrag auf Kostenersatz gemäß § 35 VwGVG.
Richtet sich die Beschwerde gegen mehre, trennbare Verwaltungsakte, so steht für jeden dieser Verwaltungsakte Kostenersatz zu.
Hierzu führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 31.08.2017, Ro 2016/21/0014 aus, dass ein Anspruch auf Kostenersatz im Verfahren vor dem VwG unter anderem dann besteht, wenn sich eine Maßnahmenbeschwerde gegen mehrere Verwaltungsakte richtet und mit der Bekämpfung eines davon erfolgreich ist. Nach der - zu § 79a Abs. 7 AVG iVm § 52 Abs. 1 (und § 53 Abs. 1) VwGG idF vor Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 33/2013 ergangenen - hg. Judikatur (vgl. E 12. April 2005, 2004/01/0277) kommt es für den Ersatzanspruch des Beschwerdeführers darauf an, wie viele Verwaltungsakte er mit einer Maßnahmenbeschwerde erfolgreich angefochten hat. Bei der Ermittlung der Anzahl der Verwaltungsakte kann allerdings nicht allein darauf abgestellt werden, wie die zu Grunde liegende Beschwerde strukturiert ist und wie viele Einzelakte sie im Rahmen des bekämpften Amtshandelns zu erkennen vermeint. Wesentlich sind vielmehr die behördlichen Feststellungen über das angefochtene Verwaltungsgeschehen, anhand derer zu beurteilen ist, wie viele sachlich und zeitlich trenn- und unterscheidbare Akte, die einer isolierten Betrachtung zugänglich sind, vorliegen, wobei für diese Beurteilung auch der jeweils verfolgte Zweck der Amtshandlung(en) und die in Frage kommenden Rechtsverletzungen eine Rolle spielen. Diese Judikatur wurde auf den Anwendungsbereich des § 35 VwGVG 2014 übertragen (vgl. B 4. Mai 2015, Ra 2015/02/0070; E 16. März 2016, Ra 2015/05/0090).
Folglich ist zwischen den Verwaltungsakt Festnahme und Anhaltung auf der einen Seite, sowie der Abschiebung auf der anderen Seite als jeweils eigene Verwaltungsakte zu unterscheiden, da einer Abschiebung nicht zwangsweise eine Festnahme zur Verhängung der Verwaltungsverwahrungshaft in der Dauer von knapp 72 Stunden voran geht.
Da der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde sowohl gegen die Festnahme und Anhaltung, als auch gegen die Abschiebung jeweils unterlag, steht ihm hierfür kein Kostenersatz zu.
Die belangte Behörde stellte keinen Anspruch auf Kostenersatz. Da ein Kostenzuspruch jedoch nur aufgrund eines dementsprechenden Antrags erfolgen kann (vgl. § 35 Abs. 7 VwGVG), war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualit