Entscheidungsdatum
13.02.2020Norm
AVG §74Spruch
W262 2221407-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Dr. Christian SCHMEIDL und Mag. Dinah DJALINOUS-GLATZ als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Bernd Trappmaier, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 25.09.2019, OB XXXX , betreffend Entrichtung einer Ausgleichstaxe in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Das Kostenbegehren wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet), vom 16.05.2019 wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft für das Kalenderjahr 2018 gemäß § 9 BEinstG die Entrichtung einer Ausgleichstaxe in der Höhe von €
3.084, -- vorgeschrieben. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.06.2019, mit dem die gegen oa. Bescheid erhobene Vorstellung als verspätet zurückgewiesen wurde, gab das Bundesverwaltungsgericht statt und hob den oa. Bescheid mit Erkenntnis vom 19.08.2019, W217 2221407-1/3E, auf.
2. Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25.09.2019 den Bescheid vom 16.05.2019 vollinhaltlich bestätigt und der beschwerdeführenden Gesellschaft für das Kalenderjahr 2018 gemäß § 9 BEinstG die Entrichtung einer Ausgleichstaxe in der Höhe von € 3.084, -- vorgeschrieben. Begründend führte die belangte Behörde auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass mit Blick auf die zwingende Bestimmung des § 9 BEinstG freiwillig geleisteten Spenden an Einrichtungen der Behindertenhilfe nicht als Ersatzleistung für die Ausgleichstaxe anerkannt werden können.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft fristgerecht eine Beschwerde und stellte zunächst fest, dass weder die Anzahl der beschäftigten Dienstnehmer, noch der Umstand, dass im Kalenderjahr 2018 keine begünstigten Behinderten iSd BEinstG beschäftigt worden seien, noch die Höhe der vorgeschriebenen Ausgleichstaxe bestritten werde. Durch die Leistung freiwilliger Spenden in etwa dreifacher Höhe der vorgeschriebenen Ausgleichstaxe sei jedoch der Zweck der Bestimmung, einen Ausgleich für den Entfall jener wirtschaftlichen Belastungen zu schaffen, welche mit der Einstellung behinderter Personen regelmäßig verbunden seien, erfüllt. Abschließend stellte die beschwerdeführende Gesellschaft den Antrag, den Bescheid ersatzlos zu beheben und dem Rechtsträger der belangten Behörde aufzutragen, den Schriftsatzaufwand zu ersetzen.
4. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 25.11.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die beschwerdeführende Gesellschaft beschäftigte im Kalenderjahr 2018 zwischen 27 und 30 Dienstnehmer im Bundesgebiet.
Die beschwerdeführende Gesellschaft kam im Kalenderjahr 2018 ihrer Beschäftigungspflicht nach dem BEinstG nicht nach.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden unbestrittenen und unbedenklichen Akteninhalt.
Insbesondere wurde weder die Anzahl der beschäftigten Dienstnehmer, noch der Umstand, dass im Kalenderjahr 2018 keine begünstigten Behinderten iSd BEinstG beschäftigt wurden, noch die Höhe der vorgeschriebenen Ausgleichstaxe bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten der §§ 8, 9, 9a und 14 Abs. 2 leg.cit. durch den Senat. Im § 9 BEinstG sind die Regelungen zur Ausgleichstaxe normiert, es liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu A) I. Abweisung der Beschwerde:
3.1. Die maßgebenden Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) lauten:
"Beschäftigungspflicht
§ 1. (1) Alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet 25 oder mehr Dienstnehmer (§ 4 Abs. 1) beschäftigen, sind verpflichtet, auf je 25 Dienstnehmer mindestens einen begünstigten Behinderten (§ 2) einzustellen. Dieses Bundesgesetz ist nicht anzuwenden auf internationale Organisationen im Sinne des 1 Abs. 7 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1977 über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen, BGBl. Nr. 677/1977.
...
Berechnung der Pflichtzahl
§ 4. (1) Dienstnehmer im Sinne der Berechnung der Pflichtzahl sind:
a) Personen, die in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt werden (ausgenommen Lehrlinge);
b) Personen, die zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulbildung erfordernden Beruf nach Abschluß dieser Hochschulbildung beschäftigt sind;
c) Heimarbeiter.
(2) Für die Feststellung der Gesamtzahl der Dienstnehmer (Abs. 1), von der die Pflichtzahl zu berechnen ist (§ 1), sind alle Dienstnehmer, die ein Dienstgeber im Bundesgebiet beschäftigt, zusammenzufassen.
(3) Für die Berechnung der Pflichtzahl sind von der gemäß Abs. 2 festgestellten Gesamtzahl der Dienstnehmer die beschäftigten begünstigten Behinderten (§ 2) und Inhaber von Amtsbescheinigungen oder Opferausweisen (§ 5 Abs. 3) nicht einzurechnen.
...
Ausgleichstaxe
§ 9. (1) Vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ist die Entrichtung einer Ausgleichstaxe alljährlich für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr mittels Bescheides vorzuschreiben, wenn die Beschäftigungspflicht nicht erfüllt ist.
(2) Die Ausgleichstaxe beträgt für jede einzelne Person, die zu beschäftigen wäre, ab 1. Jänner 2011 monatlich 226 Euro. Abweichend davon beträgt die Ausgleichstaxe für Dienstgeber, die 100 oder mehr Dienstnehmer beschäftigen, für jede Person, die zu beschäftigen wäre, ab 1. Jänner 2011 monatlich 316 Euro und für Dienstgeber, die 400 oder mehr Dienstnehmer beschäftigen, für jede Person, die zu beschäftigen wäre, ab 1. Jänner 2011 monatlich 336 Euro. Diese Beträge sind ab 1. Jänner 2012 und in der Folge mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit dem für den Bereich des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes festgesetzten Anpassungsfaktor zu vervielfachen. Die vervielfachten Beträge sind auf den nächsten vollen Eurobetrag zu runden, dabei sind Beträge unter 50 Cent zu vernachlässigen und Beträge von 50 Cent an auf einen vollen Euro zu ergänzen. Die gerundeten Beträge sind der folgenden Anpassung zugrunde zu legen. Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat die jeweilige Höhe der Ausgleichstaxe mit Verordnung festzustellen. Diese Verordnung kann auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.
(3) Die Entrichtung der Ausgleichstaxe kann nur binnen zwei Jahren, gerechnet vom Einlangen der Abschrift des Verzeichnisses (§ 16 Abs. 2) an, falls der Dienstgeber von der Vorlage des Verzeichnisses gemäß § 16 Abs. 5 und 6 befreit war, binnen drei Jahren nach Ablauf des Jahres, für das die Ausgleichstaxe zu zahlen ist, vorgeschrieben werden. Hat der Dienstgeber der Auskunfts- und Meldepflicht (§ 16) nicht entsprochen bzw. unwahre oder unvollständige Angaben gemacht, kann die Entrichtung der Ausgleichstaxe binnen sieben Jahren, gerechnet vom Ende des Kalenderjahres an, für das keine bzw. unvollständige oder unrichtige Meldungen erstattet wurden, vorgeschrieben werden. Diese Frist beginnt durch jede Maßnahme des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, die auf Einholung der Verzeichnisabschrift oder einer wahrheitsgetreuen Meldung gerichtet ist, neu zu laufen.
(4) Die Ausgleichstaxe wird nach Ablauf von vier Wochen, gerechnet vom Eintritt der Rechtskraft des Bescheides, mit dem die Ausgleichstaxe vorgeschrieben wurde, fällig. Sie ist spätestens bis zum Fälligkeitstag unaufgefordert an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzuzahlen.
...
3.2. Die beschwerdeführende Gesellschaft hat weder die Anzahl der von ihr im Kalenderjahr 2018 beschäftigten Dienstnehmer, noch den Umstand, dass sie im Kalenderjahr 2018 keine begünstigten Behinderten iSd BEinstG beschäftigt hat, noch die Höhe der vorgeschriebenen Ausgleichstaxe bestritten.
Das Vorbringen, der Zweck der Bestimmung, nämlich einen Ausgleich für den Entfall jener wirtschaftlichen Belastungen zu schaffen, welche mit der Einstellung behinderter Personen regelmäßig verbunden seien, sei durch Leistung freiwilliger Zuwendungen in mehr als dreifacher Höhe der vorgeschriebenen Ausgleichstaxe an entsprechende Einrichtungen (Behindertenhilfe XXXX / XXXX , Kolpingwohnhaus und Werkstätte XXXX ) erfüllt, geht vor dem Hintergrund des klaren Wortlautes des Gesetzes ins Leere.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu A) II. Zurückweisung des Antrages auf Kostenersatz:
3.3. Den Ersatz von Verfahrenskosten sieht das VwGVG nur in den besonderen Fällen der Maßnahme- oder Verhaltensbeschwerde vor (§§ 35, 53 VwGVG). Das - in Ermangelung sonstiger Regelungen des VwGVG zum Kostenersatz anzuwendende - AVG (§ 17 VwGVG) normiert als Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (§ 74 Abs. 1 AVG). Dieser Grundsatz gilt für sämtliche Parteienkosten, also etwa Anwaltskosten, Kosten für Privatgutachten etc. (VwSlg. 16.636 A/2005 mwN). Von diesem Grundsatz abweichende Regelungen können in den Verwaltungsvorschriften zwar vorgesehen sein (§ 74 Abs. 2 AVG); eine derartige Regelung besteht im BEinstG aber nicht.
Das Kostenersatzbegehren war daher als unzulässig zurückzuweisen.
3.4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren geklärt ist, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen. Wurde - wie im vorliegenden Fall - auch kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße und zu begründende Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 VwGVG normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH).
Dem angefochtenen Bescheid ist ein ausreichendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüberhinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet. Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Rechtslage ist aufgrund der zwingenden Bestimmungen zur Ausgleichstaxe im BEinstG als klar anzusehen.
Schlagworte
Ausgleichstaxe, begünstigter Behinderter, Beschäftigung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W262.2221407.2.00Zuletzt aktualisiert am
30.03.2020