Entscheidungsdatum
17.02.2020Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W240 2223452-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 07.02.2019, Zl. Damaskus-ÖB/KONS/1067/2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Syriens, stellte am 10.10.2018 schriftlich und am 05.11.2018 persönlich bei der österreichischen Botschaft Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005.
Begründend führte sie aus, dass sie die Ehefrau von XXXX , StA. Syrien, sei. Diesem sei mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.05.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden.
Dem behördlichen Vermerk der Anlage A des Befragungsformulars im Einreiseverfahren gem. § 35 AsylG lässt sich entnehmen, dass die Beschwerdeführerin 13 Jahre alt gewesen sei, als sie am XXXX .2015 geheiratet habe.
Dem Antrag wurden folgende Dokumente in Kopie beigelegt:
Die Beschwerdeführerin betreffend:
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relevante Seiten des Reisepasses der Beschwerdeführerin
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"Austrian Embassy Beirut" Bestätigung
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Geburtsurkunde (arabisch und deutsche Übersetzung)
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Familienregisterauszug (arabisch und deutsche Übersetzung)
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Bescheinigung über die Bestätigung einer Eheschließung am XXXX 2015, ausgestellt am XXXX 2018 (arabisch und deutsche Übersetzung)
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Eheschließungsurkunde (arabisch und deutsche Übersetzung)
Die Bezugsperson betreffend:
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Asylbescheid vom 11.05.2016
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Österreichischer Meldezettel
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Österreichischer Reisepass
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Lohn-/Gehaltsabrechnung Oktober 2018
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Sozialversicherungsdatenauszug
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E-card
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Mietvertrag
1.2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 09.01.2019 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass betreffend die Beschwerdeführerin die Gewährung des Status einer Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die vorgebrachte Eheschließung den Grundsätzen der ordre public widersprechen würden. Die Angaben der Beschwerdeführerin zur Angehörigeneigenschaft gem. § 35 AsylG würden in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen. Näheres ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahme.
In der Stellungnahme vom 09.01.2019 führte das BFA näher aus, dass die Einreise der Beschwerdeführerin nicht möglich sei, da die Eheschließung (Kinderehe) den Grundsätzen der ordre public widerspreche. Im Zuge der Prüfung des bestehenden Familienverhältnisses hätten sich bei einer Gegenüberstellung der Angaben (Antrag, Angaben im Bezugsakt der Bezugsperson, etc.) gravierende Widersprüche ergeben. Aufgrund der angeführten Widersprüche sei keineswegs vom Nachweis im Sinn eines vollen Beweises des Familienverhältnisses auszugehen. Aus dem Erstbefragungsprotokoll vom 04.11.2015 gehe überdies unverkennbar hervor, dass die Bezugsperson hierbei angab, traditionell mit einer Frau namens XXXX , verheiratet zu sein. Im Zuge der Einvernahme vor dem BFA am 11.05.2016 habe die Bezugsperson im Gegensatz dazu angegeben, weder verheiratet zu sein, noch Kinder zu haben.
1.3. Mit Schreiben vom 14.01.2019, übernommen am 15.01.2019, wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe nach Prüfung mitgeteilt, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, wobei auf die beiliegende Stellungnahme und Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verwiesen wurde. Es wurde die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb der Frist die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
1.4. In der Stellungnahme vom 21.01.2019 machte die Beschwerdeführerin im Wege ihres Rechtsvertreters geltend, dass die erfolgte Eheschließung im XXXX 2015 dem ordre-public widersprochen haben möge, mittlerweile sei der Mangel aber geheilt, da die Beschwerdeführerin am XXXX .2019 ihren 17. Geburtstag feiere und ihre Eltern der Ehe zugestimmt hätten. Es werde daher ersucht, dem Antrag stattzugeben. Allenfalls ersuche die Beschwerdeführerin ihr eine Frist zu setzen, um die Einverständniserklärung ihrer Eltern in übersetzter, beglaubigter Form vorzulegen.
1.5. Nach Übermittlung der von der Beschwerdeführerin eingebrachten Stellungnahme erstattete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 06.02.2019 erneut eine Mitteilung gem. § 35. Abs. 4 AslyG und eine Stellungnahme und teilte abermals mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Nochmals wurde begründet, dass die vorgebrachte Eheschließung den Grundsätzen des ordre public widerspreche und die Angaben der Beschwerdeführerin denen der Bezugsperson widersprochen hätten. Der Bescheinigung über die Bestätigung der Eheschließung und gleichfalls der Eheschließungsurkunde sei zu entnehmen, dass die Richtigkeit der Unterschrift bzw. des Stempels beglaubigt werde, jedoch für den Inhalt beider Urkunden keine Haftung übernommen werde. Ebenso verhalte es sich mit dem Auszug aus dem Personenstandsregister, dem in Bezug auf die Beschwerdeführerin der Vermerk "verh." angeführt sei. Auch diesbezüglich sei lediglich die Richtigkeit des Stempels, jedoch ausdrücklich nicht jene des Inhalts beglaubigt worden. Die Eheschließung sei entgegen den geltenden österreichischen Normen erfolgt und es sei keinesfalls als zweckmäßig zu erachten, wenn diese gesetzliche Bestimmung unter Berufung auf ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK umgangen werden würde.
1.6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.02.2019 verweigerte die ÖB Damaskus die Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG 2005 iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung, dass das Stattgeben des Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, zumal die Voraussetzungen nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 nicht vorlägen.
1.7. Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 05.03.2019, in welcher im Wesentlichen neuerlich betont wurde, dass eine gültige Ehe vorliege. Fehle es einem der beiden Partner bei der Eheschließung an der von § 2 EheG geforderten Geschäftsfähigkeit, so führe dies zur Nichtigkeit der Ehe (§ 22 EheG). Gebe dieser Ehegatte nach dem Wegfall der Geschäftsunfähigkeit zu erkennen, dass er die Ehe fortsetzen wolle, so sei die Ehe als von Anfang an gültig anzusehen. Sei der Bestätigende beschränkt geschäftsfähig, so benötige er die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Die Eltern der Beschwerdeführerin hätten der Ehe zugestimmt, eine Zustimmungserklärung liege der Beschwerde bei, somit sei der Mangel geheilt und die Ehe als gültig anzusehen. Zur Anerkennung der Ehe sei weiters auszuführen, dass es aufgrund der Ehedauer und der Intensität des Familienlebens nicht unbedingt erforderlich sei, dass die Ehe ursprünglich korrekt geschlossen worden sei und sie in diesem Zusammenhang Art. 11 Abs. 2 Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22.09.2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung hingewiesen. Aufgrund des Alters der Beschwerdeführerin im Zuge der Eheschließung werde von der belangten Behörde von einem Verstoß gegen ordre public wegen einer Kinderehe ausgegangen, entgegen zu halten sei, dass dieser Mangel durch die Zustimmung der Eltern der derzeit 17-jährigen Beschwerdeführerin geheilt worden sei.
Zu den Behauptungen des BFA, die Bezugsperson habe bei ihrer Erstbefragung angegeben mit einer namentlich anderslautenden Frau traditionell verheiratet zu sein, sei auszuführen, dass die Bezugsperson zum Zeitpunkt ihrer Ausreise aus Syrien Probleme mit den Eltern seiner Ehefrau gehabt habe. Weil seine Ehefrau zu jung gewesen sei, hätten die Eltern seiner Ehefrau einer Ausreise ihrer Tochter nicht zustimmen wollen. So habe die Bezugsperson alleine aus Syrien ausreisen müssen und keine Hoffnung mehr gehabt irgendwann mit seiner Ehefrau zusammen zu kommen. Dazwischen habe die Bezugsperson die namentlich genannte Frau kennengelernt und diese bei ihrer Erstbefragung als zukünftige Frau angegeben. Später sei es der Bezugsperson gelungen den Kontakt mit seiner Ehefrau wiederherzustellen. Auch habe er nachträglich die Zustimmung der Eltern der Ehefrau zur Ausreise aus Syrien einholen können. Wäre das BFA seiner Ermittlungspflicht ausreichend nachgekommen, hätte es feststellen müssen, dass zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson ein nach § 35 AsylG berücksichtigungswürdiges Familienleben vorliege.
Der Beschwerde beigelegt waren
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Zustimmungserklärung der Eltern der Beschwerdeführerin über die Eheschließung am XXXX 2015 (arabisch und deutsche Übersetzung)
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Auszug aus dem Familienregister (bereits vorgelegt)
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Bescheinigung über die Bestätigung einer Eheschließung am XXXX .2015 (bereits vorgelegt)
1.8. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 23.07.2019, am 16.09.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsakt ohne Beschwerdevorentscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin, eine am XXXX geborene syrische Staatsangehörige, stellte am 10.10.2018 schriftlich und am 05.11.2018 persönlich bei der ÖB Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005.
Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, genannt, welcher der Ehemann der Beschwerdeführerin sei.
Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.05.2016 der Asylstatus zuerkannt.
Der Beweis des Vorliegens einer bereits vor Einreise in Österreich bestehenden Ehe konnte bereits aufgrund der widersprüchlichen Angaben der Bezugsperson im Vergleich zu den Angaben der Beschwerdeführerin nicht erbracht werden, weshalb auch durch die Vorlage der angeführten und im Akt einliegenden Unterlagen über die behauptete Eheschließung und behauptete nachträgliche Registrierung kein Nachweis des Bestehens einer Ehe vor der Einreise in Österreich erbracht werden konnte.
Die Beschwerdeführerin hatte im Rahmen der Antragstellung behauptet, dass sie die Bezugsperson am XXXX .2015 in Afghanistan geheiratet habe. Dazu wurden Unterlagen seitens der Beschwerdeführerin vorgelegt. Die Beschwerdeführerin war zu diesem Zeitpunkt erst 13 Jahre alt und zum Zeitpunkt der vorgelegten Bestätigung der Ehe vom Scharia Gericht Damaskus am XXXX .2018 erst 16 Jahre alt.
Eine in Syrien rechtsgültig geschlossene Ehe, welche nicht gegen den ordre public-Grundsatz verstößt, kann zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin in Zusammenhalt mit den von ihr vorgelegten Urkunden und dem Akt der Österreichischen Botschaft Damaskus.
Bereits aufgrund der widersprüchlichen Angaben konnte das Bestehen einer gültigen Ehe nicht festgestellt werden. Die Bezugsperson hat bei ihrer Erstbefragung am 04.11.2015 vor allem angegeben, mit einer anderen - namentlich genannten - Frau verheiratet zu sein. Der angebliche Ehemann hatte zudem in seiner weiteren Einvernahme am 11.05.2016 wiederum im Widerspruch dazu erklärte, gar nicht verheiratet zu sein. In der Beschwerde wurde schließlich dazu ausgeführt, dass die Bezugsperson zum Zeitpunkt ihrer Ausreise aus Syrien angeblich Probleme mit den Eltern der Beschwerdeführerin gehabt hätte und daher ohne die Beschwerdeführerin ausreisen habe müssen. Die Bezugsperson behauptete weiters, in der Zwischenzeit eine andere Frau kennen gelernt zu haben und deren Namen bei der Erstbefragung angegeben zu haben. Später habe die Bezugsperson jedoch angeblich wieder Kontakt zu der Beschwerdeführerin gehabt und darüber hinaus die Zustimmung der Eltern der Ehefrau über die Ausreise aus Syrien einholen können. Der Rechtfertigungsversuch der Bezugsperson vermochte die festgestellten Widersprüche zur behaupteten Eheschließung jedoch nicht glaubhaft aufzuklären.
Das Vorbringen der Bezugsperson lässt - abgesehen von den Widersprüchen - auch erkennen, dass insbesondere nicht von einer wirklichen, ernsthaften Verbindung im Sinne einer Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson auszugehen ist, andernfalls hätte die Bezugsperson nicht sogleich bei ihrer ersten Befragung in Österreich einen anderen weiblichen Namen als Ehefrau angegeben und diese Angaben in weiterer Folge mehrmals umgeändert. Auch lassen diese widersprüchlichen Angaben die Bereitschaft der Bezugsperson erkennen, unwahre Angaben - zumindest über seine angebliche Eheschließung und Ehefrau - vor Behörden zu tätigen. Bereits aus diesen Gründen kann die behauptete Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und der genannten Bezugsperson nicht festgestellt werden.
Wie vorgebracht und der vorgelegten Geburtsurkunde zu entnehmen, wurde die Beschwerdeführerin am XXXX geboren. Laut Bescheinigung über die Bestätigung einer Eheschließung und sowohl von der Beschwerdeführerin als auch von der Bezugsperson wiederholt vorgebracht, hätte die Eheschließung am XXXX .2015 stattgefunden. Somit wäre die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt erst 13 Jahre alt und zum Zeitpunkt der vorgelegten Bestätigung der Ehe vom Scharia Gericht Damaskus am XXXX .2018 erst 16 Jahre alt. Das Alter der Beschwerdeführerin wurde in keinem Zeitpunkt bestritten.
Unabhängig von der Frage, ob bzw. ab welchem Zeitpunkt diese Eheschließung nach syrischem Recht Gültigkeit erlangen konnte, ist nach österreichischem Recht eine Ehe, die von einer 13-Jährigen geschlossen wird und drei Jahre später registriert wurde, keinesfalls gültig, da es sich hierbei um eine Kinderehe handelt, die den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung widerspricht.
Die Beschwerdeführerin hat somit nicht unter Beweis gestellt, dass sie vor der Ausreise der Bezugsperson aus dem Herkunftsstaat Syrien sowie vor der Einreise nach Österreich eine Ehe geschlossen hat, insbesondere nicht nach staatlichem Recht, dh einschließlich Ehe-Registrierung. Insbesondere wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der behaupteten Eheschließung erst 13 Jahre alt gewesen wäre. Die Registrierung der Eheschließung erfolgte drei Jahre später und erst nach Einreise der Bezugsperson nach Österreich. Es konnte somit eine gültige Ehe vor Einreise der Bezugsperson in Österreich nicht dargelegt werden. Der Behauptung, dass die Eltern der Beschwerdeführerin der Ehe zugestimmt hätten und der Mangel nunmehr geheilt sei sowie die Ehe als gültig anzusehen sei, kann im gegenständlichen Fall nicht gefolgt werden.
Da nämlich im gegenständlichen Fall eine Eheschließung einer erst 13jährigen unmündigen Minderjährigen durch widersprüchliche Angaben behauptet wird und durch die Vorlage von Unterlagen bewiesen werden soll, liegt im gegenständlichen Fall nicht nur ein bloßer Widerspruch zu den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung vor, sondern liegt zweifellos auch die geforderte "Unerträglichkeit des konkreten Ergebnisses im Einzelfall" im gegenständlichen Fall vor, weshalb eine ordre public-Widrigkeit vorliegt (vgl. VfGH 10.10.2018, E 1805/2018 ua., VwGH 25.04.2019, Ra 2019/22/0043).
Auch die Behauptung, dass es aufgrund der Ehedauer und der Intensität des Familienlebens im gegenständlichen Fall nicht unbedingt erforderlich sei, dass die Ehe ursprünglich korrekt geschlossen worden sei, kann im gegenständlichen Fall keine Veränderung der Feststellung darlegen und ist diesbezüglich erneut auch auf die eben offensichtlich nicht dargelegte Intensität eines Familienlebens zu verweisen.
Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall die behauptete Eheschließung zu Recht nicht festgestellt. Würde man den vorgelegten Unterlagen Glauben schenken, ist von einer Kinderehe auszugehen. Selbst wenn man dem Vorbringen und der vorgelegten Erklärung der Eltern folgen und davon ausgehen würde, dass die Eltern der Beschwerdeführerin der Ehe zugestimmt hätten, liegt nach syrischem Recht dennoch keine gültige Ehe vor, da gem. § 6 IPRG eine Bestimmung des fremden Rechts jedoch nicht anzuwenden ist, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
§§ 11, 11a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 4 Z 13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
§ 35 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:
"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."
Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:
Form der Eheschließung:
§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.
(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.
Vorbehaltsklausel (ordre public)
§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.
Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:
§ 1 Ehefähigkeit
(1) Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind ehemündig.
(2) Das Gericht hat eine Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, auf ihren Antrag für ehemündig zu erklären, wenn der künftige Ehegatte volljährig ist und sie für diese Ehe reif erscheint.
§ 17 Form der Eheschließung
(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.
(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.
§ 21 Mangel der Form
(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch
§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.
(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).
Allerdings steht es dem Bundesverwaltungsgericht innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems nunmehr offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002). Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes im Ergebnis zutreffend ist:
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht in seiner bisherigen Rechtsprechung vom traditionellen Bild der Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts aus (vgl. EGMR 24.01.1986. Rees, Serie A 106, Z 49 f.; EGMR 27.09.1990, Cossey, Serie A 184, Z 43; EGMR 11.07.2002 [GK], Christine Goodwin, RJD 2002-VI, Z 98). Es entspricht damit dem Ehebegriff aller europäischen Rechtsordnungen, in denen übereinstimmend unter "Ehe" eine auf Dauer angelegte, unter Beachtung bestimmter staatlicher Formvorschriften geschlossene Bindung eines Mannes und einer Frau verstanden wird. Die Regelung der Ausübung der Eheschließungsfreiheit muss durch Gesetz erfolgen. Anerkannte Ehehindernisse sind beispielsweise Blutsverwandtschaft, Geschäftsfähigkeit und auch die fehlende freie Zustimmung.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) BFA über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des BFA noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige BFA die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des BFA nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:
Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und die in Österreich asylberechtigte Bezugsperson als Ehemann der Beschwerdeführerin genannt.
Es bestehen jedoch gravierende Zweifel am Vorliegen einer in Österreich gültigen Ehe.
Wie beweiswürdigend ausgeführt, hat die Bezugsperson insbesondere widersprüchlichen Angaben hinsichtlich seiner Ehefrau getätigt, weshalb die behauptete Eheschließung mit der Beschwerdeführerin bereits im höchsten Maße angezweifelt wird. Die Bezugsperson hat bei ihrer Erstbefragung am 04.11.2015 vor allem angegeben, mit einer anderen - namentlich genannten - Frau verheiratet zu sein. Der angebliche Ehemann hatte dann sogar in seiner weiteren Einvernahme am 11.05.2016 wiederum im Widerspruch dazu erklärte, gar nicht verheiratet zu sein. Die Rechtfertigungsversuche für diese widersprüchlichen Angaben der Bezugsperson über seine Ehefrau vermochten nicht zu überzeugen.
Wie festgestellt und unbestritten, wäre die Beschwerdeführerin bei der behaupteten Eheschließung mit der Bezugsperson erst 13 Jahre alt gewesen. Die Registrierung der Eheschließung erfolgte drei Jahre später und erst nach Einreise der Bezugsperson nach Österreich. Es lag im gegenständlichen Fall nie eine gültige Ehe vor Einreise der Bezugsperson in Österreich vor.
Unabhängig von der Frage, ob bzw. ab welchem Zeitpunkt diese Eheschließung nach syrischem Recht Gültigkeit erlangen konnte, ist nach österreichischem Recht eine Ehe, die von einer 13-Jährigen geschlossen wird, keinesfalls gültig, da es sich hierbei um eine Kinderehe handelt, die den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung widerspricht.
Der Oberste Gerichtshof hat jeweils unter Verweis auf Art. 16 Haager Minderjährigenschutzabkommen und § 6 IPRG in seinen Entscheidungen zu den Zahlen 7 Ob 600/86, 9 Ob 34/10f und 6 Ob 138/13g dargelegt, dass außerhalb der verfassungsrechtlich geschützten Grundwertungen etwa die Einehe, das Verbot der Kinderehe und des Ehezwanges, der Schutz des Kindeswohles im Kindschaftsrecht oder das Verbot der Ausbeutung der wirtschaftlichen und sozial schwächeren Partei zum Inhalt der geschützten Grundwertungen des österreichischen Rechts zählen.
Es ist daher im gegenständlichen Verfahren festzustellen, dass keine rechtskonforme Ehe gemäß dem Internationalen Privatrechtsgesetz mit einem Asylberechtigten in Österreich besteht. Nach § 6 IPRG ist eine Bestimmung des fremden Rechtes dann nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist.
Gegenstand der Verletzung der österreichischen Rechtsordnung iSd § 6 IPRG müssen - so die Rechtsprechung der österreichischen Höchstgerichte - Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung sein. Die Frage, ob das anzuwendende Recht gegen österreichischen ordre public verstößt, ist jeweils nach der konkreten Situation zu beurteilen (vgl. OGH 28.2.2011, 9 Ob 34/10f). Bestimmungen fremden Rechts, die die Mehrehe, die Kinderehe oder eine einseitige Verstoßung der Frau durch den Mann vorsehen, widersprechen österreichischen Grundwertungen im Sinn der Vorbehaltsklausel des § 6 IPRG. Dabei kommt es für das Eingreifen der Vorbehaltsklausel des § 6 IPRG darauf an, dass das Ergebnis der Anwendung fremden Sachrechts und nicht bloß dieses selbst anstößig ist. Der bloße Widerspruch mit Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung allein führt nicht zur ordre public-Widrigkeit, sondern es muss die "Unerträglichkeit des konkreten Ergebnisses im Einzelfall" vorliegen. Daher ist auch immer nur die konkrete Bestimmung, aber nicht das gesamte (restliche) fremde Recht im Falle einer ordre public-Widrigkeit nicht anzuwenden (VfGH 10.10.2018, E 1805/2018 ua., VwGH 25.04.2019, Ra 2019/22/0043).
Die Zulässigkeit von Kinderehen werden von der Rechtsprechung durchgehend zu jenen Bestimmungen fremden Rechts gezählt, die österreichischen Grundwertungen in diesem Sinne widersprechen. Auch die österreichische Rechtsordnung sieht in mehreren Gesetzen -teilweise unter Bezugnahme auf europarechtliche Vorgaben - zum Schutz vor erzwungenen Eheschließungen insbesondere von Jugendlichen besondere Regelungen vor: Beispielsweise bestimmt § 2 Abs. 1 Z 9 NAG, dass Ehegatten und eingetragene Partner das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung (auf Erteilung eines Aufenthaltstitels) bereits vollendet haben müssen. In der Regierungsvorlage (952 der Beilagen XXII. GP) heißt es: "Die Normierung des Mindestalters für Ehegatten von 18 Jahren (Rechtslage 2009, Anm.) basiert auf Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2003/86/EG. Damit soll eine präventive Sicherungsmaßnahme gegen die Eingehung von sog. "Zwangsehen" unter Jugendlichen eingeführt werden. Mit Vollendung des 18. Lebensjahres wird gemäß § 1 Abs. 1 des Ehegesetzes die Ehemündigkeit erreicht."
Der Gesetzgeber macht damit deutlich, dass die Festlegung eines Mindestalters für die Anerkennung von Eheschließungen eine Maßnahme gegen erzwungene Eheschließungen darstellt. Es entspricht den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung, dass Jugendliche vor den Folgen von Entscheidungen, deren Tragweite sie aufgrund ihres Alters noch nicht abschätzen könne, geschützt werden sollen. Darüber hinaus sind Jugendliche aufgrund ihrer Abhängigkeit und engen Bindung an Eltern oder andere Erziehungsberechtigte häufiger psychischem Druck oder Zwang ausgesetzt.
Es ist bekannt, dass die Verheiratung von jungen Mädchen in Syrien seit Beginn des Krieges stark zugenommen hat (u.a. Syria 2015 Human Rights Report, US Department of State). Finanzielle Notlagen oder die Annahme, dass verheiratete Mädchen besser vor sexuellen Übergriffen geschützt seien, werden häufig als Ursachen dafür genannt. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass Maßnahmen der österreichischen Rechtsordnung gegen Zwangs- und Kinderehen nicht aufgeweicht werden.
Im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der behaupteten Eheschließung erst 13 Jahre alt gewesen wäre, eine solche Eheschließung nach dem oben Gesagten mit der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar und die Ehe daher in Österreich als nicht gültig anzusehen ist, trifft die Prognose des BFA, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, nach Auffassung des BVwG zu.
Eine Kinderehe widerspricht eindeutig den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung, und folgt aus § 6 IPRG, dass die von der Beschwerdeführerin angegebene, in Syrien geschlossene Ehe, als sie erst 13 Jahre alt gewesen sei - selbst wenn sie nach syrischem Recht durch die nachträgliche Registrierung und Einwilligung der Eltern der Beschwerdeführerin Bestand haben sollte - hier keinen Rechtsbestand hat.
Da nämlich im gegenständlichen Fall eine Eheschließung einer erst 13jährigen unmündigen Minderjährigen durch widersprüchliche Angaben behauptet wird und durch die Vorlage von Unterlagen bewiesen werden soll, liegt im gegenständlichen Fall nicht nur ein bloßer Widerspruch zu den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung vor, sondern liegt zweifellos auch die geforderte "Unerträglichkeit des konkreten Ergebnisses im Einzelfall" im gegenständlichen Fall vor, weshalb eine ordre public-Widrigkeit vorliegt (vgl. VfGH 10.10.2018, E 1805/2018 ua., VwGH 25.04.2019, Ra 2019/22/0043).
Auch die Behauptung, dass es aufgrund der Ehedauer und der Intensität des Familienlebens im gegenständlichen Fall nicht unbedingt erforderlich sei, dass die Ehe ursprünglich korrekt geschlossen worden sei, kann im gegenständlichen Fall keine Veränderung der Feststellung darlegen und ist diesbezüglich erneut auch auf die - wie im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - eben offensichtlich nicht dargelegte Intensität eines Familienlebens zu verweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt bei einem ähnlichen Sachverhalt in Bezug auf eine traditionell nach islamischem Recht geschlossene Ehe in seiner Entscheidung vom 11.10.2016, RA 2016/01/0025 bis 0026-11 die Revision gegen eine Entscheidung, in welcher eine "Ehe auf Zeit" als dem ordre public im Sinne des § 6 IPRG widersprechend angesehen wurde, zurückgewiesen.
Auch aus der Entscheidung des EGMR vom 08.12.2009 (Case of Munoz Diaz vs. Spain, No. 49.151/07) geht hervor, dass keine Verpflichtung besteht, Eheschließungen auf Grundlage fremder Rechtsordnungen anzuerkennen, die den Grundwerten der nationalen Rechtsordnung widersprechen.
Da die belangte Behörde über den gegenständlichen Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des BFA, wonach die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten an die Beschwerdeführerin in Bezug auf den in Österreich befindlichen Ehemann nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Einreisetitel, Kinderehe, ordre publicEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W240.2223452.1.00Zuletzt aktualisiert am
30.03.2020