TE OGH 2020/2/27 12Os40/19b

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Veröffentlicht am 27.02.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Februar 2020 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Maurer in der Strafsache gegen Alexander J***** wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 8. Jänner 2019, GZ 23 Hv 29/18y-28, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexander J***** des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 31. Jänner 2018 in I***** mit Gewalt gegen eine Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen (richtig: abzunötigen; vgl US 3) versucht, indem er Emily G***** am linken Oberarm festhielt, wodurch sie am Weitergehen gehindert wurde, und aufforderte, ihm Geld zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Die Konstatierung, wonach der Nichtigkeitswerber Emily G***** während der Gewaltanwendung wiederholt aufforderte, ihm Geld zu geben (US 3), hat das Erstgericht dem der Sache nach erhobenen Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider unter Berücksichtigung der Verantwortung des Beschwerdeführers und der Angaben des Zeugen Tobias K***** aus den Aussagen des Tatopfers vor der Polizei (ON 2 S 27) und in der Hauptverhandlung (ON 27 S 5) erschlossen. Welches genauen Wortlauts er sich dabei bediente und ob dies in Form eines Bettelns oder des Hinweises auf seine Armut geschah, betrifft angesichts des nicht unerheblichen Gewalteinsatzes (US 3) und des nachdrücklichen Verlangens nach Bargeld (US 5) keine entscheidende Tatsache (zum Begriff: Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399 ff), sodass die Erörtung von in diese Richtung weisenden Angaben der Emily G***** sanktionslos unterbleiben konnte.

Eine in diesem Zusammenhang behauptete Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) liegt hingegen nur bei unrichtiger oder unvollständiger Wiedergabe einer Aussage oder Urkunde im Urteil vor, sodass die – lediglich die tatrichterlichen Schlussfolgerungen aus den Aussagen des Opfers kritisierende – Rüge bereits vom Ansatz her fehl geht (RIS-Justiz RS0099431 [T2]).

Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) konnten die Tatrichter den festgestellten Bereicherungsvorsatz (US 3) aus einer lebensnahen Betrachtung des äußeren Geschehnisablaufs und aus der vom Angeklagten zugestandenen Gewaltanwendung erschließen (US 6 f), weil die Ableitung der subjektiven Tatseite aus dem äußeren Tatgeschehen

einerseits rechtsstaatlich vertretbar und gerade bei einem – wie hier teilweise – leugnenden Angeklagten in der Regel methodisch nicht zu ersetzen ist (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882).

Eine Begründung dafür, „weshalb der Angeklagte überhaupt Bargeld abnötigen wollen sollte“, war schon deshalb nicht geboten, weil das Tatmotiv keine entscheidende Tatsache darstellt (RIS-Justiz RS0088761).

Soweit die Rüge aus der Aufgabe seines Vorhabens durch den Beschwerdeführer dessen mangelnden Abnötigungsvorsatz zu erschließen sucht, verlässt sie den Anfechtungsbereich einer Mängelrüge.

Indem die Beschwerde die Konstatierung einer solchen Tendenz bestreitet (Z 9 lit a), lässt sie die entsprechenden Feststellungen außer Acht, dass es dem Angeklagten geradezu darauf ankam, sich durch die Abnötigung des Geldes unrechtmäßig zu bereichern, und

verfehlt damit den im Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz

RS0099810).

Dass das Referat im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) abweichend vom unmissverständlich festgestellten versuchten Abnötigen (US 3) – wie bereits einleitend klargestellt – irrig eine im Übrigen infolge alternativen Mischtatbestands rechtlich gleichwertige (vgl Eder-Rieder in WK2 StGB § 142 Rz 1; RIS-Justiz RS0099885) versuchte Wegnahme angenommen hat, ist der weiteren Rechtsrüge (Z 9 lit a) zuwider unbeachtlich, weil eine solche auf einen Vergleich des im § 260 Abs 1 Z 2 StPO genannten Erkenntnisteils mit den Feststellungen der Entscheidungsgründe abstellt (vgl Ratz in WK-StPO § 281 Rz 269 f, 581 ff).

Die wiederum den festgestellten Vorsatz, der Emily G***** Bargeld abzunötigen, bestreitenden und eine Beurteilung des Tatgeschehens als Nötigung anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) orientiert sich prozessordnungswidrig erneut nicht an dem vom Erstgericht angenommenen Sachverhalt.

Ausführungen zu einer begehrten Reduktion der Dauer der im Rahmen des Ausspruchs nach § 13 JGG bestimmten Probezeit von drei Jahren stellen ein Berufungsvorbringen dar.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Der Kostenausspruch gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E127659

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00040.19B.0227.000

Im RIS seit

27.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.03.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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