TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/22 96/19/2018

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Veröffentlicht am 22.05.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
AVG §13a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1971 geborenen JT in Wien, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Mai 1996, Zl. 119.361/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 27. Dezember 1995 im Wege über die österreichische Botschaft in Preßburg die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Auf dem Antrag findet sich der Vermerk "eingereicht durch Tante; Antragsteller in Österreich".

Der Landeshauptmann von Wien wies mit Bescheid vom 28. Februar 1996 diesen Antrag gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus ab. Der Beschwerdeführer berief.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Mai 1996 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen. Die Behörde stellte fest, der Beschwerdeführer habe das Formular für den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem AufG im Inland unterzeichnet und durch einen Vertreter von Österreich aus bei der österreichischen Botschaft in Preßburg eingereicht. Von dort sei dieser Antrag an die Behörde erster Instanz weitergeleitet worden. Der Beschwerdeführer habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten und dies auch in seiner Berufung bestätigt. Dadurch habe er das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt; diese Vorgangsweise widerspreche eindeutig dem Willen des Gesetzgebers, wonach Fremde die Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten hätten. Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei zu sagen, daß nur die dargestellten familiären Beziehungen zu Österreich bestünden. Auch in der Berufung habe dieser keine Gründe vorbringen können, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeigeführt hätte. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten im Rahmen des Art. 8 MRK sei aufgrund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 7. Juni 1996 persönlich übernommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 6 Abs. 2 AufG lautete:

"(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: Im Falle des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechtes gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszweckes kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."

Da der Beschwerdeführer weder nach seinem Vorbringen, noch nach der Aktenlage jemals über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, wertete die belangte Behörde seinen Antrag zu Recht als Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, für dessen Beurteilung § 6 Abs. 2 erster Satz AufG heranzuziehen war. Der Beschwerdeführer bestreitet seinen Aufenthalt im Inland im Zeitpunkt der Antragstellung, während des Verfahrens und im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht. Das in § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierte Erfordernis, den Antrag vom Ausland aus zu stellen, ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als bloße Formvorschrift zu werten, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010 sowie Zl. 95/19/0895).

Die in der Beschwerde in Zweifel gezogene Auffassung der belangten Behörde, daß die Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus durch einen Vertreter des Fremden bei gleichzeitigem Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet nicht dem Gesetz entspricht, kann nicht als rechtsirrtümlich angesehen werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0585, sowie vom 25. April 1997, Zl. 95/19/1321). Es kommt nicht darauf an, wo sich jene Personen, die den Antrag tatsächlich bei der Behörde einbringt, aufhält, sondern es kommt ausschließlich auf den Aufenthaltsort derjenigen Personen an, für welche die beantragte Aufenthaltsbewilligung erteilt werden soll. Hält sich diese Person bei der Antragstellung im Inland auf, hat sie die Voraussetzung des § 6 Abs. 2 AufG erster Satz, wonach der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen ist, nicht erfüllt, sodaß ihr Antrag zwingend abzuweisen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 1996, 96/19/1737, vom 16. Mai 1997, 95/19/1756).

Vom Erfordernis der Antragstellung vom Ausland aus war nur dann abzusehen, wenn der Beschwerdeführer zu jenem Personenkreis zählte, der aufgrund § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Inlandsantragstellung berechtigt ist. Weder aus den vorgelegten Verwaltungsakten noch aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich jedoch Hinweise darauf, daß der Beschwerdeführer zu diesem Personenkreis zählt. Die belangte Behörde hatte den Antrag des Beschwerdeführers daher an § 6 Abs. 2 erster Satz AufG zu messen. Die Abweisung des Antrages wegen Nichterfüllung dieser Voraussetzung erfolgte somit zu Recht.

Auch die Verfahrensrüge vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Beschwerdeführer meint, in seinem Fall sei die Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verfehlt, weil er (lediglich) zum Erlernen der deutschen Sprache, zum Besuchen entsprechender Kurse und wegen Familienzusammenführung den Aufenthalt im Inland anstrebe. Er habe kein Interesse daran hier zu arbeiten, da er von seiner Familie ausreichend unterstützt würde. Die Behörde hätte ihn dahin belehren müssen, daß er richtigerweise einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes stellen müßte.

Dazu ist vorerst zu bemerken, daß der Beschwerdeführer eindeutig einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung stellte und nach seinem weiteren Vorbringen im Verwaltungsverfahren eine solche für seinen bereits begonnenen Inlandaufenthalt auch benötigte. Wenn der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen meint, bei ihm lägen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Z. 2 AufG nicht vor, wonach bei Fremden, die sich zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten, angenommen wird, daß diese eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG benötigen, so übersieht er, daß unabhängig von einer Erwerbstätigkeit zur Begründung eines Hauptwohnsitzes eine Aufenthaltsbewilligung benötigt wird (vgl. § 1 Abs. 1 erster Satz leg. cit). Daß der Beschwerdeführer beabsichtige, für einen längeren, sechs Monate übersteigenden Zeitraum in Österreich aufhältig zu sein (vgl. § 1 Abs. 2 Z. 1 AufG), geht aus der Berufung des Beschwerdeführers hervor, wonach er um "Verlängerung" ersuche, mindestens solange bis der Sohn seiner Tante, den er beaufsichtige, einen Platz im Kindergarten bekomme. Entgegen dem Beschwerdevorbringen benötigte der Beschwerdeführer für seinen Aufenthalt eine Aufenthaltsbewilligung und reichte ein (bloßer) Sichtvermerk nach § 6 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) nicht aus. Eine Anleitungspflicht der Aufenthaltsbehörden dahin, daß diese dem Beschwerdeführer zu einer entsprechenden Änderung ihres Antrages veranlassen hätten müssen, ist § 13a AVG nicht zu entnehmen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus dieser Bestimmung keine Pflicht, den Parteien Anleitungen oder Belehrungen über ein materielles, erfolgsverheißendes Vorbringen der Partei zu bieten (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren (1998), Seite 362 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996192018.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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