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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, in der Beschwerdesache des 1966 geborenen RR in Wien, vertreten durch Mag. Dr. I, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. November 1997, Zl. 306.086/13-III/11/97, betreffend die Wiederaufnahme eines Verfahrens i.A. des Aufenthaltsgesetzes, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1996 wurde die vom Beschwerdeführer beantragte Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) i.V.m. § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen. Die Behörde begründete dies damit, daß der Beschwerdeführer eine Scheinehe eingegangen sei und auch mehrere Verurteilungen gegen ihn aufschienen. In Einvernahmen vom 6. Februar 1996 im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hatten der Beschwerdeführer und seine Ehegattin angegeben, das Eingehen einer Scheinehe nicht beabsichtigt zu haben; die belangte Behörde gelangte im Rahmen ihrer (nicht näher dargelegten) Beweiswürdigung zur gegenteiligen Annahme. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, die zu hg. Zl. 96/19/2263 protokolliert ist.
Mit Schreiben vom 18. Juni 1997 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens, da seine Ehegattin in der Verhandlung vom 17. Juni 1997 im Verfahren wegen Ehenichtigkeit angegeben habe, daß es sich bei der Ehe um keine Scheinehe gehandelt habe. Dieser Antrag wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. November 1997 gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG abgewiesen. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
§ 113 Abs. 6 Fremdengesetz 1997 hat folgenden Wortlaut:
"Rechtskräftige Bescheide, mit denen die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt wurde oder mit denen der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde, treten mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes außer Kraft, sofern der Betroffene sie beim Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof angefochten und dieser die Entscheidung noch nicht getroffen hat. In diesen Fällen ist die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen. Mit dem Beschluß über die Gegenstandslosigkeit der Bescheide tritt auch der Bescheid erster Instanz außer Kraft."
Der im hg. Beschwerdeverfahren Zl. 96/19/2263 bekämpfte Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1996, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung versagt wurde, ist mit 1. Jänner 1998 außer Kraft getreten. Gemäß § 115 Abs. 2 FrG wird der Beschluß über die Gegenstandslosigkeit dieser Beschwerde erst nach dem 1. Jänner 1999 gefaßt werden. Damit wird gemäß § 113 Abs. 6 letzter Satz FrG 1997 auch der Bescheid erster Instanz außer Kraft treten und über den Verlängerungsantrag vom 25. Jänner 1995 muß neuerlich entschieden werden.
Angesichts dieser Rechtslage richtete der Verwaltungsgerichtshof an den Beschwerdeführer die Anfrage, ob er sich wegen des Außerkrafttretens des das wieder aufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1996 im gegenständlichen (die Versagung der Wiederaufnahme dieses Verfahrens betreffende) Verfahren als im Sinne des § 33 VwGG klaglos gestellt erachte. Mit Schriftsatz vom 8. April 1998 erklärte der Beschwerdeführer, angesichts des Außerkrafttretens des Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1996 als im gegenständlichen Verfahren im Sinne des § 33 VwGG klaglos gestellt.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.
Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. dazu den Beschluß eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluß vom 9. April 1980, darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. unter vielen den hg. Beschluß vom 23. Februar 1996, Zl. 95/17/0026). Ob in letzerem Sinn das rechtliche Interesse eines Beschwerdeführers weggefallen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach objektiven Kriterien zu prüfen; er ist nicht an die Erklärung des Beschwerdeführers gebunden, dieser habe das rechtliche Interesse an seiner Beschwerde verloren. Andernfalls wäre es in die Hand einer beschwerdeführenden Partei gegeben, anstelle einer Zurückziehung der Beschwerde auf eine Gegenstandslosigkeitserklärung auszuweichen und damit die Kostenfolgen einer Zurückziehung zu vermeiden (vgl. hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1991, Zl. 88/07/0061).
Im Hinblick auf das geschilderte Verwaltungsgeschehen besteht für den Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung seiner Erklärung, klaglos gestellt zu sein - kein rechtliches Interesse mehr an einer Sacherledigung des Verwaltungsgerichtshofes in der vorliegenden Beschwerdesache. Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 88/1997 ist bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei einer Beschwerde nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden. Im vorliegenden Fall würde eine Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, weshalb der Verwaltungsgerichtshof nach freier Überzeugung entschieden hat, daß kein Aufwandersatz zugesprochen wird.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998190074.X00Im RIS seit
20.11.2000