TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/4 W102 2204713-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.12.2019
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Entscheidungsdatum

04.12.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W102 2204713-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX (alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten durch Österreichische Caritaszentrale, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark vom 12.07.2018, Zl. XXXX - XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.11.2018 zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG

2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und stellte am 24.12.2015 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am 24.12.2015 gab der Beschwerdeführer zum Fluchtgrund befragt im Wesentlichen an, in Afghanistan herrsche Krieg und Terror wegen der Taliban und dem IS. Die Taliban hätten ihn als Jihad Kämpfer rekrutieren wollen. Dies befürchte er auch im Fall seiner Rückkehr.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 10.07.2018 führte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, er habe als Kind im Herkunftsdorf mehrmals Dinge für die Taliban transportiert. Sein Vater sei dahintergekommen und habe ihm dies verboten. Der Vater sei wegen seiner Tätigkeit selten daheim gewesen und wenn der Vater nicht da gewesen sei, sei der Beschwerdeführer dennoch zu den Taliban gegangen. Einmal, als der Beschwerdeführer neun Jahre alt gewesen sei, hätten er und einige Freunde ein Säckchen mit Munition von den Taliban erhalten, hätten ein Feuer gemacht und Munition hineingelegt. Dabei sei einer der Buben am Bein getroffen worden. Daraufhin habe der Vater den Beschwerdeführer nach Kabul zum Onkel geschickt und ihm dort ein Geschäft und Waren gegeben. Um ihn dort zu halten, hätten sie ihn den Verdienst behalten lassen. Der Beschwerdeführer sei gelegentlich in Logar auf Besuch gewesen, seine Freunde dort hätten dann schon zu den Taliban gehört und auch den Beschwerdeführer eingeladen. Der Beschwerdeführer habe dies aus Angst vor dem Vater, aus Respekt vor der Familie und weil er es seiner Mutter versprochen hatte, nicht getan. Schließlich sei, als der Beschwerdeführer etwa 15 Jahre alt gewesen sei, ein Brief zu den Eltern gekommen, der um die Erlaubnis gebeten habe, dass sich der Beschwerdeführer den Taliban anschließen könne. Die Familie habe das nicht erlaubt und der Beschwerdeführer habe nicht mehr nach Logar kommen dürfen. Es sei ein zweiter Brief gekommen, von dem der Beschwerdeführer erst in Österreich erfahren habe. Sie hätten auch an der Tür gefragt und den Vater zusammengeschlagen und als Abtrünnigen beschimpft, nachdem dieser gesagt habe, der Beschwerdeführer sei nicht da und in den Iran gegangen. Der Beschwerdeführer habe auch Verwandte bei den Taliban, deshalb müssten ihn diese nicht suchen und wüssten, wo er sei. Es sei eine Klausel ausgehandelt worden, dass die Familie in Ruhe gelassen werde, wenn sie die Schwester des Beschwerdeführers hergebe. Der Vater habe gemeint, sie sei noch ein Kind und sie sollten Warten, bis sie älter wäre. 2017 hätte die Familie die Gegend verlassen, weil die Mutter nicht wollen habe, dass die Schwester zu den Taliban gehe. Die Taliban hätten Haus und Grundstück genommen. In Kabul habe die Mutter die Schwester verheiratet. Der Onkel sei beim Militär Unteroffizier und helfe der Familie, der Vater arbeite.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31.07.2018, zugestellt am 09.08.2018, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Begründend führte die belangte Behörde aus, das Fluchtvorbringen sei nicht glaubhaft und dem Beschwerdeführer eine Niederlassung in Kabul zumutbar.

3. Gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.07.2018 richtet sich die am 28.08.2018 bei der belangten Behörde eingelangte vollumfängliche Beschwerde, in der ausgeführt wird, der Beschwerdeführer habe eine glaubhafte Bedrohung vorgebracht. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei schlecht. Kabul sei als innerstaatliche Fluchtalternative unzumutbar. Der Beschwerdeführer sei in Österreich gut integriert.

Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes am 12.11.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin und eine Dolmetscherin für die Sprache Dari teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und hielt sein Vorbringen, er und seine Familie würden von den Taliban bedroht, im Wesentlichen aufrecht.

Am 04.12.2018 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers am Bundesverwaltungsgericht ein, in der ausgeführt wird, dem Beschwerdeführer drohe Verfolgung wegen der verweigerten Zwangsrekrutierung, wegen seiner Rückkehr aus dem westlichen Ausland, wo er sich einen säkularen Lebensstil angeeignet habe. Er würde als Spion und Ungläubiger betrachtet. Das Verfolgungsrisiko bestehe landesweit. Der psychische Zustand des Beschwerdeführers sei bei Würdigung seines Aussageverhaltens zu berücksichtigen. Die Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz sei schlecht, ebenso in Kabul. Auch die Versorgungslage sei schlecht.

Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

* ÖSD-Zertifikat B1 vom 24.07.2017

* Kopie der Tazkira des Vaters

* Freiwilligenpass des Beschwerdeführers

* Teilnahmebestätigung für Werte- und Orientierungskurs

* Bestätigungen über freiwillige und gemeinnützige Tätigkeiten des Beschwerdeführers

* Empfehlungsschreiben des Arbeitgebers

* Pflichtschulabschlusszeugnis des Beschwerdeführers

* Teilnahmebestätigung für einen Pflichtschulabschlusslehrgang

* Lehrvertrag des Beschwerdeführers

* Einige Empfehlungsschreiben

* Unterstützerliste von Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen

* Medizinische Unterlagen

* Diverse Fotos

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, wurde spätestens am XXXX geboren und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse zumindest auf dem Niveau B1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer stammt aus einem Dorf im Distrikt Charkh, Provinz Logar, wo er geboren wurde und etwa bis zu seinem zehnten Lebensjahr aufwuchs und die Schule besuchte. Der Vater des Beschwerdeführers arbeitete als Obst- und Gemüsehändler und war deshalb meist in unterschiedlichen Provinzen unterwegs, außerdem hatte die Familie landwirtschaftliche Grundstücke und ein Haus.

Mit etwa neun oder zehn Jahren zog der Beschwerdeführer zu seinem Onkel mütterlicherseits in Kabul, wo er zunächst in einem kleinen Geschäft und später als Obst- und Gemüsehändler arbeitete. Er besuchte seine Familie regelmäßig im Herkunftsdorf bis er etwa 15 Jahre alt war.

Anfang 2015 ging der Beschwerdeführer in den Iran und wurde nach etwa zweieinhalb Monaten nach Afghanistan abgeschoben. Kurz darauf kehrte der Beschwerdeführer mit einem drei Monate gültigen Visum in den Iran zurück und reiste schließlich nach Europa weiter.

Im Herkunftsdorf lebt noch ein Onkel väterlicherseits des Beschwerdeführers. Seine Söhne arbeiten saisonal im Iran und sind ansonsten für die Taliban aktiv. Auch die Schwiegersöhne des Onkels sind Talibananhänger, einer von ihnen betreibt in Kabul einen Handyshop.

Auch frühere Freunde des Beschwerdeführers aus dem Herkunftsdorf sind bei den Taliban aktiv.

Die Eltern des Beschwerdeführers zogen mit seinen im Herkunftsstaat verbliebenen jüngeren Geschwistern Ende 2017 nach Kabul um, der Vater gab seine Arbeit als Händler für Obst und Gemüse auf.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer erledigte bereits als Kind gelegentlich mit seinen Freunden kleine Aufträge für die Taliban und erhielt dafür Belohnungen. So transportierte er etwa Munition oder Batterien etc. Dabei wurde er einmal von seinem Vater erwischt, der dem Beschwerdeführer verbot, dies auch künftig zu tun. Daran hielt sich der Beschwerdeführer allerdings nur, wenn der Vater gerade nicht beruflich unterwegs war.

Als der Beschwerdeführer etwa neun oder zehn Jahre alt war, bekamen er und seine Freunde für eine dieser Arbeiten einen Sack mit Patronen, die sie in ein Lagerfeuer warfen. Dabei wurde ein Freund des Beschwerdeführers verletzt. Der Beschwerdeführer kam daraufhin verängstigt nachhause, belog aber seine Mutter über den Vorfall.

Am nächsten Tag erfuhr die Mutter trotzdem von dem Vorfall und rief den Vater des Beschwerdeführers an, der nachhause kam. Die Eltern entschieden schließlich, den Beschwerdeführer zum Onkel mütterlicherseits nach Kabul zu schicken, um ihn von den Taliban fernzuhalten.

Wenn der Beschwerdeführer ein bis zwei Mal im Monat zu Besuch ins Heimatdorf kam, traf er auch seine Freunde von damals. Diese schlossen sich, als sie älter wurden, den Taliban an und wollten den Beschwerdeführer auch dabeihaben, erzählten ihm, was sie dabei verdienen würden und dass sie nun Macht hätten und respektiert würden. Der Beschwerdeführer folgte diesem Vorschlag aus Liebe zu seiner Mutter, der er versprochen hatte, nicht zu den Taliban zu gehen, aus Angst vor dem Vater und aus Respekt vor der Familie nicht und sagte auch seinen Freunden, dass sein Vater es nicht erlaube.

Schließlich kam ein Brief ins Haus der Familie, in dem der Beschwerdeführer zur Mitarbeit eingeladen und die Familie aufgefordert wurde, die Erlaubnis dazu zu erteilen. Ab diesem Zeitpunkt durfte der Beschwerdeführer nicht mehr ins Heimatdorf kommen, die Eltern besuchten ihn stattdessen in Kabul.

Nach einer Weile kam ein zweiter Brief, der den Vater aufforderte, seinen Sohn zu den Taliban zu geben.

Als der Beschwerdeführer gerade im Iran war, kamen Taliban in das Haus der Familie, fragten den Vater, warum er seinen Sohn nicht schicke, worauf er antwortete, der Beschwerdeführer sei im Iran. Schließlich verprügelten sie den Vater und beschimpften ihn als Abtrünnigen.

Mithilfe der Dorfältesten handelte der Vater mit den Taliban aus, dass er den Taliban statt des Beschwerdeführers seine damals etwa 14 oder 15-jährige Tochter geben werde, damit sie einen Talib heirate, wenn sie etwas älter sei.

Etwa zwei Jahre später zog die Familie des Beschwerdeführers, um die Schwester des Beschwerdeführers den Taliban zu entziehen, nach Kabul, wo die Schwester heiratete.

Der Beschwerdeführer lehnt die religiöse und politische Ideologie der Taliban inzwischen entschieden ab und möchte sich den Taliban auf keinen Fall anschließen.

Im Fall der Rückkehr ins Herkunftsdorf ist zu erwarten, dass die Taliban den Beschwerdeführer erneut auffordern, sich ihnen anzuschließen, mitzuarbeiten oder an ihrer Seite zu kämpfen. Wenn der Beschwerdeführer dies verweigert, gibt er sich als politischer Gegner zu erkennen und hat mit Bedrohungs- und Gewalthandlungen bis hin zur Tötung von Seiten der Taliban zu rechnen.

Die Sicherheitslage in Logar verschlechtert sich bereits seit dem Jahr 2011, der Distrikt Charkh wird von den Taliban kontrolliert.

Dass der Beschwerdeführer in Kabul oder einer anderen Großstadt vor der Aufforderung der Taliban, sich ihnen anzuschließen, oder vor ihren Übergriffen sicher wäre, ist nicht zu erwarten.

Dass der afghanische Staat den Beschwerdeführer vor dieser Bedrohung durch die Taliban schützen kann, ist nicht zu erwarten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit und Herkunft, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie seinen Lebensumständen und seinem Lebenswandel im Herkunftsstaat ergeben sich aus seinen gleichbleibenden und plausiblen Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Feststellung zu den Deutschkenntnissen ergibt sich aus dem vorgelegten Zertifikat für das Niveau B1 nach dem gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen. Zum Lebenswandel ist zu ergänzen, dass dieser auch in Zusammenschau mit den vom Beschwerdeführer geschilderten Ausreisegründen (siehe dazu sogleich) plausibel erscheint.

Die Feststellung zum spätestmöglichen Geburtsdatum des Beschwerdeführers beruht auf dem im Akt einliegenden schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachten vom 16.04.2016 (AS 85 ff.), dem der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.

Die Feststellungen zu den im Herkunftsstaat verbliebenen Verwandten ergeben sich aus den gleichbleibenden und plausiblen Angaben des Beschwerdeführers. Hinsichtlich der Talibanaktivitäten seiner Verwandten ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer aus einem Gebiet unter Talibankontrolle mit starker Talibanpräsenz stammt (siehe EASO COI Report. Afghanistan. Securitiy Situation von Juni 2019, Kapitel 2.22 Logar, S. 206 ff., insbesondere Tabelle S. 207-208, dazu auch noch weiter unten). Gleiches gilt für die Mitgliedschaft der früheren Freunde des Beschwerdeführers bei den Taliban (siehe dazu auch unter 2.1. die Ausführungen zu den Anreizen, sich den Taliban anzuschließen). Dass die dort verbliebenen Verwandten und (ehemaligen) Freunde Talibanmitglieder oder Sympathisanten sind, ist sohin plausibel. Ebenso plausibel ist angesichts der räumlichen Nähe zur Hauptstadt, dass etwa einer der Schwiegersöhne einen Handyshop in Kabul betreibt.

Zum Verbleib der Kernfamilie des Beschwerdeführers siehe die Beweiswürdigung hinsichtlich des Fluchtvorbringens.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 10.07.2018 sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.11.2018, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass der Beschwerdeführer bereits in seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.12.2015 zum Fluchtgrund befragt angab, die Taliban hätten versucht, ihn zu rekrutieren.

Der Beschwerdeführer schilderte durchgehend, weitgehend stringent und im Kern gleichbleibend den festgestellten Ereignisablauf. Insbesondere erzählt er seine Fluchtgeschichte in selbstgeleiteter flüssiger Erzählung und nennt umfangreiche Details, die sich zu einem konsistenten und umfassenden Bild der Gesamtsituation zusammenfügen und antwortet auf Nachfragen stets ausführlich und plausibel. Auch war die Schilderung des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 12.11.2018 sehr lebendig, was beim erkennenden Einzelrichter einen Eindruck persönlicher Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers hinterließ. Weiter steht die vom Beschwerdeführer geschilderte Situation im Einklang mit den Länderberichten.

Zunächst ist den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (in der Folge UNHCR-Richtlinien) zu entnehmen, dass regierungsfeindliche Kräfte in Gebieten, in denen sie die tatsächliche Kontrolle über das Territorium und die Bevölkerung ausüben, verschiedene Methoden zur Rekrutierung von Kämpfern, einschließlich Maßnahmen unter Einsatz von Zwang anwenden (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 3. Männer im wehrfähigen Alter und Kinder im Kontext der Minderjährigen- und Zwangsrekrutierung, insbesondere Buchstabe

a) Zwangsrekrutierung durch regierungsfeindliche Kräfte (AGEs), S. 59 f.).

Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten EASO COI Report. Afghanistan. Security Situation von Juni 2019 (Kapitel 2.22 Logar, S. 206 ff) lässt sich zur Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers entnehmen, dass sich die Sicherheitslage in Logar seit dem Jahr 2011 zunehmend destabilisiert hat. Hinsichtlich des Herkunftsdistriktes des Beschwerdeführers ist dem Bericht zu entnehmen, dass Charkh unter der Kontrolle der Taliban steht und die Taliban dort offen agieren und präsent sind (insbesondere Tabelle S. 208), wobei es sich hierbei nicht um eine neuere Entwicklung handelt. Damit kommt der Beschwerdeführer aus einem Gebiet unter tatsächlicher Kontrolle der Taliban, was seine Betroffenheit von Rekrutierungsmaßnahmen wahrscheinlich macht.

Die EASO Country Guidance: Afghanistan von Juni 2019 (in der Folge EASO Country Guidance) berichten, dass die Taliban nicht immer auf Gewalt zurückgreifen, sondern Druck über die Familie, den Stamm oder religiöse Netzwerke aufbauen und sich dabei an den lokalen Umständen orientierten (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 6. Individuals at risk of forced recruitment by armed groups, S. 53-54).

Im Detail berichtet der vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachte EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan - Rekrutierung durch bewaffnete Gruppen von September 2016 im Wesentlichen vom durch den Beschwerdeführer beschriebenen Vorgehen. So lässt sich dem Bericht entnehmen, dass die Taliban Kinder zur "Zwangsarbeit" etwa als Träger, für Botendienste, als Kundschafter, oder zum Transport von Sprengfallen benützen, wobei speziell ein Fall Erwähnung findet, in dessen Zuge zwei Jungen im Alter von sechs und zehn Jahren ums Leben kamen (Kapitel 5.2 Rekrutierung von Kindern durch bewaffnete oppositionelle Gruppen, S. 44-45 unten). Auch die UNHCR-Richtlinien berichten, dass Kinder unter anderem für den Schmuggel von Waffen und Uniformen eingesetzt werden (S. 60). Damit erscheint zunächst plausibel, dass der Beschwerdeführer schon als kleiner Bub derartige Transporte für die Taliban erledigte, ohne jedoch wirklich zu begreifen, was er tat. Dazu, dass ernsthafte Rekrutierungsbestrebungen von Seiten der Taliban jedoch erst später auftraten, als der Beschwerdeführer älter wurde, lässt sich dem Bericht entnehmen, dass die Taliban zwar die Rekrutierung von Kindern verboten hätten. Allerdings würden junge Männer im Wesentlichen als rekrutierungsfähig gelten, sobald ihnen ein Bart wachse oder sie Gesichtsbehaarung hätten und wäre die Rekrutierung von Kindern kein Randphänomen, sondern verbreitet (S. 44). Auch die beim Beschwerdeführer angewandten Rekrutierungsmethoden finden Bestätigung im Bericht. So findet insbesondere Erwähnung, dass Kinder eingesetzt würden, um andere Kinder zum Anschluss an die Taliban zu bewegen (Kapitel 5.2.1.1 Wirtschaftliche Gründe und Chancenlosigkeit, S. 47), was sich mit der Schilderung des Beschwerdeführers deckt, der zufolge er zunächst von seinen Freunden aufgefordert worden sei, sich den Taliban ebenso anzuschließen.

Auch die Motivationen für den Schritt, sich den Taliban anzuschließen, stellt der Beschwerdeführer dem Bericht zufolge der afghanischen Lebensrealität entsprechend dar. So schilderte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, die Leute würden mit dieser Ideologie aufwachsen, diese Arbeit als heilig ansehen und gebe es auch Geld dafür, es gebe auf dem Land in Afghanistan keine Arbeit. Auch würden Leute, die für die Taliban arbeiten, automatisch auch Macht haben, seien bewaffnet und würden von anderen Leuten aus Angst respektiert (Verhandlungsprotokoll S.7). Im Wesentlichen legt der Beschwerdeführer damit - in einfachen, eigenen und insbesondere lebendig vorgetragenen Worten - die im Bericht von EASO umfassend beleuchteten Rekrutierungsanreize dar (Kapitel 1.4 Anreize für die Rekrutierung, S. 21 ff.). Insbesondere lässt sich auch dem Bericht entnehmen, dass für die Jugendlichen in verschiedenen Regionen Afghanistans die Taliban auf der Gewinnerseite stünden und dass es als "cool" gelte, sich ihnen anzuschließen (Kapitel 1.4.5 Abenteuer, Ehre und Stolz, S. 22). Zwar relativiert der Beschwerdeführer seine eigene damalige Einstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.11.2018 (Verhandlungsprotokoll S. 6), indem er behauptet, er habe gewusst, welche Konsequenzen ihn erwarten würden und die Taliban hätten den Eindruck gehabt, er habe nichts dagegen gehabt, für sie zu arbeiten. Dagegen hatte er vor der Behörde noch angegeben, er selbst habe in Wahrheit mitmachen wollen und dies aus Angst vor dem Vater, Respekt vor der Familie und wegen eines Versprechens seiner Mutter gegenüber unterlassen (Einvernahmeprotokoll S. 8, AS 198). Dass der Beschwerdeführer diesen Aspekt seines Fluchtvorbringens später anders sieht und seine eigene Motivation abzuschwächen versucht, erscheint allerdings angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer sich einerseits in einem inneren Reifungsprozess seit seiner Einvernahme vor der belangten Behörde noch stärker von den Ideologie der Taliban distanziert hat - dazu noch unten - und andererseits im Bundesgebiet gewiss nicht als Taliban-Sympathisant auffallen möchte, nachvollziehbar.

Auch die Schilderung des Beschwerdeführers, dass die letztendliche Aufforderung, er möge sich den Taliban anschließen, nicht an den Beschwerdeführer direkt, sondern an seinen Vater bzw. seine Familie gerichtet war, ist vor dem Hintergrund des bereits zitierten Berichtes plausibel. So ist dem Bericht zu entnehmen, dass die Mobilisierung durch die Taliban sich an den Grundeinheiten der gesellschaftlichen Struktur in Afghanistan ausrichten würde, in der Entscheidungen für die Familie etwa ein an der Spitze stehendes Familienoberhaupt, die Gemeinde, der Stamm etc. trifft. Jede Familie müsse einen Kämpfer beitragen, wobei sich Familien von dieser Pflicht etwa durch Zahlung einer Steuer befreien könnten. Zwar bezieht sich dieser Abschnitt primär auf die paschtunischen Gemeinschaften, allerdings findet Erwähnung, dass dies auch teilweise für tadschikische Gemeinschaften gelte, wobei insbesondere die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers als Beispiel dafür Erwähnung findet (Kapitel 1.2.1 Lokale Taliban-Fronten, S. 14-15). Damit ist nachvollziehbar, dass die letztendliche Aufforderung über den Vater als Familienoberhaupt erfolgte und der Beschwerdeführer die Entscheidung des Vaters gegen seine eigenen Wünsche respektierte und befolgte (siehe dazu auch Landinfo report Afghanistan:

Rekrutierung durch die Taliban von 29.06.2017, Kapitel 5.2 Strukturelle Gegebenheiten, S. 19). Weiter ist auch die vom Beschwerdeführer geschilderte Einschaltung der Dorfältesten afghanisches gesellschaftliches Strukturelement im Sinne des oben zitierten Berichtes zur Konfliktlösung plausibel. Der Beschwerdeführer erwähnt auch diese "Steuer" in seiner Fluchterzählung etwa hinsichtlich seiner Cousins, die für den Zeitraum, in dem sie nicht für die Taliban arbeiten würden, weil sie im Iran seien, Geld bezahlen würden (Verhandlungsprotokoll S. 6-7). Zwar findet im Bericht die Alternative, eine Tochter zu versprechen, keine gesonderte Erwähnung. Andererseits war der Beschwerdeführer in diesem Zeitpunkt das einzige "waffenfähige" Mitglied der Familie (seine Brüder waren im Antragszeitpunkt etwa zwölf und drei Jahre alt, während sein Vater mit Mitte 50 wohl nicht mehr als Kämpfer in Frage kommt) und wird in der EASO Country Guidance von schädlichen traditionellen Ehegebräuchen berichtet und findet in diesem Zusammenhang insbesondere "baad" Erwähnung, demzufolge Mädchen getauscht würden, um Schulden zu tilgen oder Konflikte beizulegen (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 11. Women, Buchstabe b. Harmful traditional marriage practices, S. 61 f.). Damit erscheint auch die vom Beschwerdeführer erwähnte Einigung grundsätzlich plausibel. Dass diese Vereinbarung letztlich nicht erfüllt wurde, sondern die Eltern die Tochter durch Flucht und Verheiratung an einen anderen Mann entzogen haben, erweist sich dagegen als gefahrerhöhend.

Weiter findet auch der "Nachtbrief" als wichtiges Kommunikationsmittel der Taliban Erwähnung (Kapitel 1.2.4 Ideologie, Kommunikations- und Propagandakanäle, S. 17, insbesondere Fn. 49). Sohin entspricht auch die Kontaktaufnahme mittels "Drohbrief" (wie es der Beschwerdeführer bezeichnet) grundsätzlich dem Bericht.

Hinsichtlich möglicher Konsequenzen einer verweigerten Rekrutierung ist den UNHCR-Richtlinien zu entnehmen, dass die Betroffenen und ihre Familienmitglieder gefährdet sind, getötet oder bestraft zu werden (S. 59-60). Im vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten Landinfo report Afghanistan: Rekrutierung durch die Taliban von 29.06.2017 wird berichtet, dass es in von den Taliban kontrollierten Gebieten de facto unmöglich ist, offenen Widerstand gegen die Bewegung zu leisten. Auch an dieser Stelle wird im Übrigen erwähnt, es sei möglich, sich der Rekrutierung durch Geldzahlungen zu entziehen (5.1 Ausmass unmittelbaren Zwangs, S. 18 f.). Dem EASO Bericht lässt sich zu den Folgen einer Weigerung (bzw. "Desertion") entnehmen, dass es für Familien, deren Söhne sich "freiwillig" den Taliban angeschlossen hatten, praktisch unmöglich war, ihre Söhne nach der Anwerbung wiederzufinden. Das Schicksal eines Deserteurs hänge auch von dem Grund ab, aus dem er die Aufständischen verlasse und sollte nicht als Verrat betrachtet werden. Familien würden ihre Söhne häufig zu beruflichen oder geschäftlichen Zwecken ins Ausland schicken, um sie den Taliban zu entreißen. So werde der Kämpfer völlig aus seinem Umfeld genommen und könne der Verdacht, er habe sich den Regierungstruppen angeschlossen, vermieden werden (5.2.1.4 Die Möglichkeit, sich zu weigern oder zu gehen, S. 49). Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die Lösung des Vaters des Beschwerdeführers, seinen Sohn zunächst nach Kabul zu schicken, um zu arbeiten und schließlich in den Iran und weiter nach Europa ebenso plausibel, wobei es vor dem Hintergrund der oben bereits zitierten Informationen ohne diese "Ausweichmanöver" des Vaters wohl nicht gelungen wäre, den damals minderjährigen "freiwilligen" Beschwerdeführer den Taliban zu entziehen, ohne sofort als "Verräter" entlarvt zu sein. Insbesondere sind diese Bemühungen angesichts dessen, dass der Vater seine Tochter der Vereinbarung schließlich entzogen hat und mit seiner Familie geflüchtet ist, letztlich wohl fruchtlos gewesen. Zum festgestellten Angriff auf den Vater des Beschwerdeführers ist an dieser Stelle zu ergänzen, dass dieser vor dem Hintergrund der Länderberichte in Zusammenschau mit der Angabe des Beschwerdeführers, er habe seinen Freunden gesagt, dass sein Vater ihm nicht erlaube, sich den Taliban anzuschließen, plausibel erscheint.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer die religiöse und politische Ideologie der Taliban inzwischen entschieden ablehnt und sich den Taliban auf keinen Fall anschließen möchte, beruht auf den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.11.2018, wo er mit Überzeugungskraft darlegte, seine Sichtweise habe sich in den letzten Jahren stark verändert und vertrete er mittlerweile eine mit der Taliban-Ideologie nicht vereinbare Einstellung von Religion und Menschlichkeit (Verhandlungsprotokoll S. 8). Dies erscheint auch vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitig um einige Jahre älter geworden ist und damit an Lebenserfahrung und Reflexionsvermögen gewonnen hat und seine Berührung mit ihm bis dahin in persönlicher Erfahrung unbekannten Gesellschaftskonzepten und Werten in Europa seinen Blickwinkel zweifellos erweitert hat, auch plausibel. Auch erscheint ein nachhaltiger Gesinnungswandel des Beschwerdeführers angesichts der Konsequenzen für ihn und insbesondere für seine Familie - für die der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ein klares Bewusstsein zeigte - besonders nachvollziehbar.

Hinsichtlich der Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr ins Herkunftsdorf zu erwarten hat, dass die Taliban ihn erneut auffordern, sich ihnen anzuschließen, mitzuarbeiten oder an ihrer Seite zu kämpfen, ist zunächst auszuführen, dass sich der Beschwerdeführer mit nunmehr 22 Jahren noch immer in "bestem Kampfalter" befindet. Weiter berichten die UNHCR-Richtlinien, dass die Taliban Bevölkerungsverschiebungen kontrollieren (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel

1. Personen die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regirung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vemeintlich unterstützen, Buchstabe c) Zivilisten, die mit den afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräften/regierungsnahen Kräften verbunden sind oder diese vermeintlich unterstützen, S. 48 insbesondere Fn. 279). Sohin würde die Rückkehr des Beschwerdeführers sofort auffallen, wobei die Taliban entweder davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer - wie auch sein Vater - ein Verräter ist, oder ihn unverändert für einen Sympathisanten halten und zur Mitarbeit auffordern. In diesem Fall müsste der Beschwerdeführer sich entweder dem Willen der Taliban beugen (eine wohl nicht zumutbare Option) oder seine oppositionelle politische und religiöse Gesinnung offenbaren und die Mitarbeit verweigern. In beiden Fällen droht dem Beschwerdeführer den UNHCR-Richtlinien zufolge allerdings, dass er als Gegner der Taliban bestraft wird (siehe dazu das bereits oben zitierte UNHCR-Risikoprofil). Auch die EASO Country Guidance berichtet, dass die Konsequenzen, wenn eine Aufforderung der Taliban nicht befolgt wird, gravierend sind und bis hin zu einer Bedrohung für die Familie, schweren Körperverletzungen und Tötung führen können (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 6. Individuals at risk of forced recruitment by armed groups, Buchstabe a. Forced recruitment by the Taliban, S. 54), wobei der Beschwerdeführer einige der nach der Einschätzung von EASO relevanten individuellen Faktoren erfüllt (Unterabschnitt Risk analysis, S. 54). So ist der Beschwerdeführer noch immer ein junger Mann und stammt aus einem Gebiet unter Talibankontrolle. Weiter ist die Konfliktintensität in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers (wie auch in den meisten benachbarten Provinzen) relativ hoch (EASO COI Report. Afghanistan. Security Situation von Juni 2019, Übersichtskarte S. 57 und Kapitel

2.22 Logar, S. 206 ff. sowie EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, Abschnitt Logar, S. 108). Folglich wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer in diesem Fall mit Übergriffen bis hin zur Tötung von Seiten der Taliban zu rechnen hat.

Die Feststellungen zu Sicherheitslage und Talibankontrolle in der Herkunftsprovinz beruhen auf dem bereits oben hinsichtlich des Herkunftsdistriktes zitierten EASO COI Report. Afghanistan. Security situation von Juni 2019 (Kapitel 2.22 Logar, S. 206 ff.).

Hinsichtlich der Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Kabul oder einer anderen Großstadt vor der Aufforderung der Taliban, sich ihnen anzuschließen, oder vor ihren Übergriffen nicht sicher wäre, ist auszuführen, dass sich zunächst aus dem vom Beschwerdeführer in das Verfahren eingebrachten Landinfo report Afghanistan: Der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne von 23.08.2017 ergibt, dass die Taliban über ein landesweites Informationsnetzwerk verfügen. Auch die UNHCR-Richtlinien gehen von einem geografisch großen Wirkungsradius insbesondere der Taliban und davon aus, dass es innerhalb das Landes keine Möglichkeit gibt, sich ihnen zu entziehen (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedelungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 1. Analyse der Relevanz, S.120-121). Auch ist der Beschwerdeführer den Taliban durch seine ehemaligen Freunde und Familienmitglieder persönlich bekannt und ihnen durch seinen ursprünglichen Wunsch, ihr Mitglied zu werden, bereits aufgefallen, wobei sich aus den bereits zitierten Berichten auch entnehmen lässt, dass die Taliban in Afghanistan an Einfluss gewinnen und bereits einige Gebiete - zu denen wie bereits ausgeführt auch der Herkunftsdistrikt des Beschwerdeführers zählt - unter ihre Kontrolle gebracht haben. Auch lässt sich dem EASO COI Report. Afghanistan. Security situation von Juni 2019 entnehmen, dass es in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers wiederholt zu Vertreibungen kommt, wodurch auch Personen aus der Herkunftsregion des Beschwerdeführers in andere Provinzen und die Städte geflüchtet sind (Kapitel 2.22 Logar, insbesondere Tabelle, S. 209-210). Dass der Beschwerdeführer angesichts dessen vor den Taliban sicher wäre, wenn er sich in einer Großstadt niederlässt, ist damit nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Insbesondere musste auch der Vater des Beschwerdeführers seinen Beruf aufgeben, um sich nicht zu exponieren, weil er dabei durch die Provinzen reiste und ist auch plausibel, dass die Verwandten und ehemaligen Freunde des Beschwerdeführers über kurz oder lang erfahren würden, dass der Beschwerdeführer ins Land zurückgekehrt ist.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer vor dieser Bedrohung durch die Taliban Schutz des afghanischen Staates nicht zu erwarten hat, beruht etwa auf den UNHCR-Richtlinien, wo berichtet wird, dass die Umsetzung der Menschenrechte mangelhaft bleibt und die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit als besonders schwach wahrgenommen wird. Die Fähigkeit der Regierung, Menschenrechte zu schützen, werde untergraben, das förmliche Justizsystem sei schwach und unfähig, Zivil- und Strafverfahren effektiv und zuverlässig zu entscheiden. Die Korruption sei groß und es herrsche ein Klima der Straflosigkeit. Täter von Menschenrechtsverletzungen würden selten zur Rechenschaft gezogen (Abschnitt II. Überblick über die Situation in Afghanistan, Kapitel C. Die Menschenrechtssituation, Unterkapitel

2. Die Fähigkeit und Bereitschaft des Staates, Zivilisten vor Menschenrechtsverletzungen zu schützen, S. 34 f.). Im Wesentlichen inhaltsgleich berichtet auch das Länderinformationsblatt von der Lage hinsichtlich Menschenrechte, Justiz etc. (siehe insbesondere Kapitel 3. Rechtsschutz/Justizwesen und Kapitel 10. Allgemeine Menschenrechtslage).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers

Zum festgestellten längerfristigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Kabul (Stadt) vor seiner letztendlichen Ausreise ist auszuführen, dass die Verlagerung des Lebensmittelpunktes des Beschwerdeführers nach Kabul erfolgte, um ihn der Rekrutierung durch die Taliban zu entziehen. Der Beschwerdeführer selbst mag als minderjähriger dieser Entscheidung seiner Eltern nicht freiwillig gefolgt sein. Dennoch erweist sich die Ortswechsel als erzwungenes Ergebnis der Flucht, mag der minderjährige Beschwerdeführer deren Notwendigkeit auch selbst nicht erkannt haben. Die Entscheidung seiner Eltern ist ihm dennoch zuzurechnen und überlagert die zu Kabul (Stadt) entstandene Nahebeziehung des Beschwerdeführers sohin trotz Verlagerung seines Lebensmittelpunktes dorthin vor seiner Ausreise nach Europa die ursprüngliche Nahebeziehung des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsdistrikt nicht, weil eine Rückkehr an den Herkunftsort nicht möglich war. Daher ist weiterhin das Herkunftsdorf als für die Rückkehr maßgeblicher Herkunftsort, während Kabul (Stadt) im Fall der Rückkehr bereits als innerstaatliche Fluchtalternative zu behandeln wäre (Vgl. VwGH 26.01.2006, 2005/01/0057 sowie Nedwed, Interner Schutz (innerstaatliche Fluchtalternative) am Beispiel Afghanistan in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Jahrbuch Asylrecht und Fremdenrecht 2018 [2018] 287 [294-195]).

3.2. Zum Fluchtvorbringen einer asylrechtlich relevanten Verfolgung wegen Zwangsrekrutierung

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

"Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 MRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 MRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 MRK niedergelegte Verbot der Folter (zuletzt VwGH 31.07.2018 mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person als "Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl. Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes). Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung darzulegen (zuletzt VwGH 14.02.2019, Ra 2018/18/0442).

Der Verwaltungsgerichtshof differenziert in ständiger Judikatur zwischen der per se nicht asylrelevanten Zwangsrekrutierung durch eine Bürgerkriegspartei von der Verfolgung, die an die tatsächliche oder unterstellte politische Gesinnung anknüpft, die in der Weigerung, sich den Rekrutierenden anzuschließen, gesehen wird. Auf das Auswahlkriterium für die Zwangsrekrutierung kommt es dabei nicht an. Entscheidend ist daher, mit welcher Reaktion durch die Milizen aufgrund einer Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, gerechten werden muss und ob in ihrem Verhalten eine (unterstellte) politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird (19.04.2016, VwGH Ra 2015/01/0079 mwN).

Im Fall des Beschwerdeführers ist dem festgestellten Sachverhalt zu entnehmen, dass er sich der Zwangsrekrutierung entzogen hat und aufgrund dessen einerseits bereits in der Vergangenheit Übergriffe der Taliban gegen den Vater des Beschwerdeführers erfolgt sind, weil die Taliban darin eine oppositionelle politische Gesinnung erblickt haben. Hinsichtlich des Beschwerdeführers wurde weiter festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, dass er im Fall der Rückkehr mit der erneuten Aufforderung, sich den Taliban anzuschließen, zu rechnen hat bzw. ihm ebenso wegen seiner oppositionellen politischen Gesinnung, aus der heraus er sich einer Rekrutierung durch die Taliban verweigert, Übergriffe durch die Taliban bis hin zur Tötung drohen. Folglich konnte der Beschwerdeführer für den Fall der Rückkehr in sein Herkunftsdorf glaubhaft machen, dass ihm im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes asylrelevante Verfolgung unter dem GFK-Anknüpfungspunkt der politischen Gesinnung (bzw. Religion) droht.

3.3. Zum Nichtvorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative

Nach § 3 Abs. 3 Z 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht.

Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann.

Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind nach dem klaren Wortlaut des § 11 AsylG zwei getrennte und selbstständig zu prüfende Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative zu unterscheiden, nämlich die Frage, ob Schutz gewährleistet ist, sowie die Frage, ob dem Asylwerber der Aufenthalt in diesem Gebiet zugemutet werden kann (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001 mwN). Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt ist nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer in Kabul oder einer anderen Großstadt vor der Aufforderung der Taliban, sich ihnen anzuschließen, oder vor ihren Übergriffen sicher wäre.

Damit steht dem Beschwerdeführer mangels Verfügbarkeit von Schutz iSd § 11 Abs. 1 AsylG in einem Teil des Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung. Eine Auseinandersetzung mit der Zumutbarkeit des Aufenthaltes in einem möglichen Neuansiedelungsgebiet erübrigt sich sohin, wobei auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen ist, der in der Vergangenheit der Annahme fehlenden Schutzes iSd § 11 AsylG vor Talibanverfolgung in Afghanistan nicht entgegentrat, sofern er diese Schlussfolgerung auf solide beweiswürdigende Grundlage gestellt sah (Vgl. etwa VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0330).

3.4. Zum Nichtvorliegen eines Asylausschlussgrundes

Nach § 3 Abs. 2 Z 2 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn der Fremde einen Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG gesetzt hat. Dass der Beschwerdeführer einen Asylausschlussgrund gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 bis 4 AsylG gesetzt hat, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich verurteilt worden wäre (§ 6 Abs. 1 Z 4 AsylG).

Hinsichtlich einer möglichen vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich iSd § 3 Abs. 1 Z 3 AsylG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im jeweiligen Einzelfall eine Gefährdungsprognose erforderlich. Bei dieser Einzelfallprüfung ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellung eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und in Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, der Fremde stelle eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar (zuletzt VwGH 04.04.2019, Ro 2018/01/0014 m.w.N.). Der Beschwerdeführer hat lediglich als unmündiger Minderjähriger mit etwa neun oder zehn Jahren für die Taliban gelegentlich Aufträge ausgeführt und war seither nicht mehr für sie tätig. Weiter wurde festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die religiöse und politische Ideologie der Taliban inzwischen entschieden ablehnt. Sohin - und weil gegenteilige Hinweise im Lauf des Verfahrens nicht hervorgekommen sind - ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich iSd § 3 Abs. 1 Z 3 AsylG darstellt.

3.5. Zur Anwendbarkeit des § 3 Abs. 4 AsylG

Zu Anwendbarkeit des § 3 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 ist anzumerken, dass die Bestimmung nach § 75 Abs. 24 AsylG auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt haben, nicht anzuwenden ist. Nachdem der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz am 24.12.2015 gestellt hat, kommt daher § 3 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 zur Anwendung.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird das Einreise- und Aufenthaltsrecht des Asylberechtigten unmittelbar kraft Gesetzes bestimmt. Die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter hat somit nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht zu erfolgen. Auch gemäß § 3 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 kommt dem Asylberechtigten eine entsprechende Aufenthaltsberechtigung zu, ohne dass eine darüberhinausgehende Erteilung dieser Berechtigung vorzunehmen wäre (VwGH 03.05.2018, Ra 2017/19/0373).

Dem Beschwerdeführer war daher spruchgemäß nach § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Ihm kommt damit unmittelbar kraft Gesetzes (VwGH 03.05.2018, Ra 2017/19/0373) eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu, die (vorerst) für drei Jahre gilt.

4. Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt. Hinsichtlich des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers folgt das Bundesverwaltungsgericht der unter 3.2. zitierten Judikatur zum Themenkomplex der Zwangsrekrutierung (19.04.2016, VwGH Ra 2015/01/0079 mwN). Auch zur Unterscheidung der beiden getrennt zu prüfenden Voraussetzungen dafür, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative anzunehmen ist, folgt das Bundesverwaltungsgericht der klaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001 mwN). Zur Feststellung des dafür notwendigen Sachverhaltes waren dagegen beweiswürdigende Erwägungen maßgeblich, wobei anzumerken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof der Annahme fehlenden Schutzes iSd § 11 AsylG vor Talibanverfolgung in Afghanistan nicht entgegentritt, sofern er diese Schlussfolgerung auf solide beweiswürdigende Grundlage gestellt sieht.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung, befristete
Aufenthaltsberechtigung, unterstellte politische Gesinnung,
wohlbegründete Furcht, Zwangsrekrutierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W102.2204713.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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