Entscheidungsdatum
19.12.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W119 2145702-1/32E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 5.1.2017, Zahl 1134495307/161602181/BMI-BFA_KNT_AST_01_TEAM_01, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 52 FPG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Volksrepublik China, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 28.11.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Dazu legte sie anlässlich ihrer Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag zunächst ihren chinesischen Reisepass samt Sichtvermerk des österreichischen Generalkonsulsates Shanghai und Grenzkontrollstempelabdruck vom XXXX vor und gab an, der Volksgruppe der Han anzugehören, chinesische Staatsangehörige und ledig zu sein sowie aus XXXX zu stammen, wo sie sechs Jahre die Grundschule und drei Jahre die Hauptschule besucht habe. In der Heimat würden sich noch ihre Eltern sowie ein Bruder befinden. Nach Österreich sei sie direkt von XXXX nach Wien Schwechat geflogen.
Zu ihrem Fluchtgrund brachte sie vor, einen Bekannten kennengelernt zu haben, welcher einen in ihrem Heimatland nicht erlaubten Glauben ausübe. Wie dieser Glaube heiße, wisse sie nicht. Die Polizei habe sie aufgesucht und unter der Behauptung festnehmen wollen, dass auch sie ein Mitglied dieses Glaubens wäre. Zu diesem Zeitpunkt sei die Beschwerdeführerin nicht zu Hause gewesen. Ansonsten sei sie in China unbescholten und werde auch nicht verfolgt.
Am 14.12.2016 wurde die Beschwerdeführerin niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) einvernommen. Dabei gab sie im Wesentlichen zunächst an, der Volksgruppe der Han anzugehören und christlichen Glaubens der Untergruppe der Hu Han Pai zu sein. In der Heimat sei sie als Arbeiterin im Bereich Lagerlogistik in einer Autofabrik tätig gewesen. Vom 17.8.2016 bis 20.11.2016 habe sie im Distrikt XXXX in der Stadt XXXX gelebt, davor im Distrikt XXXX in der Stadt XXXX . Gewohnt habe sie dort mit ihren Eltern, die sich noch immer an dieser Adresse befänden. Den Wohnort habe sie deshalb gewechselt, weil sie oft von der Polizei belästigt worden sei. In der Heimat habe sie zudem noch einige Tanten, in Kontakt stehe sie jedoch mit niemandem. Ihren letzten Wohnsitz hätte sie gemeinsam mit einer anderen Frau gehabt.
Ausgereist sei sie deshalb, weil es in China keine Religionsfreiheit gebe und sie ihren Glauben hätte ausleben wollen. Sie hätten immer zu Hause gepredigt und die Beschwerdeführerin sei immer gestört und von Leuten aufgesucht worden. Die Polizei habe auch andere Leute dazu angehalten, die Beschwerdeführerin zu überwachen. Ansonsten gebe es keine Fluchtgründe.
Aufgefordert, ihre Religion näher zu schildern, erklärte die Beschwerdeführerin, der Name "Schreien" käme davon, dass ihre Gebete damit beginnen würden, den Namen Jesus dreimal laut zu rufen. Es gehe um Erneuerung, Änderung und Disziplin, um Erleuchtung zu erlangen. Die Bedrohung durch die Polizei habe konkret darin bestanden, dass diese die Beschwerdeführerin zu Hause aufgesucht, aber nicht angetroffen hätte. Es habe auch Personen von der Volksadministration gegeben, die der Polizei gemeldet hätten, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Haus gepredigt hätte. Ihre Mutter sei seit 2008, sie selbst seit November 2011 Mitglied dieser Glaubensgemeinschaft. Die Probleme hätten im Dezember 2015 begonnen, im August 2016 sei ein Mann aus ihrem Dorf festgenommen worden.
Nach ihrem Umzug im August 2016 habe die Beschwerdeführerin sich gefürchtet zu arbeiten und von ihren Ersparnissen gelebt. Ihr neuer Wohnsitz seit ca. 7 Stunden mit dem Bus von ihrem Heimatdorf entfernt gewesen.
Als sich die Beschwerdeführerin bei Verwandten aufgehalten hätte, hätte die Polizei einmal zu Hause nach ihr gefragt und ihre Mutter mitgenommen. Ihr Vater habe sie bei diesem Verwandten aufgesucht und gewarnt, nicht mehr nach Hause zurückzukehren. Nach einer Woche hätte sie dies jedoch getan. Ihre Mutter sei drei Tage bei der Polizei gewesen und ihr Vater habe 5000 Yuan für deren Freilassung bezahlt. Danach sei die Beschwerdeführerin wieder zu Verwandten gegangen. Am nächsten Tag habe die Polizei erneut ihren Vater aufgesucht und nach ihr gefragt, woraufhin sie zu einer Frau von ihrer Glaubensvereinigung gezogen wäre. Nachdem ihre Mitbewohnerin auf die Idee gekommen sei, China zu verlassen, sei die Beschwerdeführerin in ihr Dorf zurückgekehrt und habe ihren Reisepass bei der Polizei geholt, sich aber nicht getraut, ihre Eltern zu besuchen. Zudem sei sie am 6.12.2015 mit einer anderen Frau in XXXX gewesen, mit der sie eine Wohnung gemietet habe. Diese Frau sei jedoch vom Predigen nicht zurückgekehrt. Am nächsten Tag habe ein Bekannter der Beschwerdeführerin herausgefunden, dass diese Frau von der Polizei festgenommen worden wäre. Die Beschwerdeführerin habe sich sofort in ihre Wohnung begeben, ihre Sachen gepackt und sei in ihr Dorf zurückgekehrt. Vorgehalten, dass sie angegeben hätte, in ihrem Heimatdorf von den Behörden gesucht zu werden, jedoch sich dort einen Reisepass habe ausstellen lassen, korrigierte sie sich dahingehend, sich den Pass im Bezirk geholt zu haben. Nachgefragt, ob sie nur in ihrem Heimatdorf von der Polizei gesucht würde und sonst nirgendwo, bestätigte sie dies ausdrücklich.
Mit dem gegenständlichen, im Spruch angeführten, Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Volksrepublik China abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 57 Asylgesetz nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 Asylgesetz i.V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Volksrepublik China zulässig sei (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde festgelegt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht und unter Spruchpunkt V. einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Dagegen wurde in vollem Umfang Beschwerde erhoben, in der im Wesentlichen das bisherige Vorbringen der Beschwerdeführerin wiederholt und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde.
Mit Beschluss vom 30.1.2017, GZ W119 2145702-1/2Z, erkannte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung zu.
Am 19.1.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Referenzschreiben einer evangelischen Pfarrgemeinde A. u. H.B. ein, laut dem es sich bei der Beschwerdeführerin um eine aktive, der Huhan-Kirche angehörende, Christin handeln soll. Am 20.11.2018 folgten ein weiteres Empfehlungsschreiben desselben Pfarrgemeinde sowie eine Teilnahmebestätigung einer Volkshochschule Deutsch als Zweitsprache - Einzeltraining.
Am 5.8.2019 hielt das Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Chinesisch eine öffentliche mündliche Verhandlung ab, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei nicht teilnahm.
Dabei legte die Beschwerdeführerin zunächst folgende Unterlagen vor:
Ein Begleitschreiben sowie eine Bestätigung über die Teilnahme an einem Deutschkurs und Fotos von der Teilnahme an Demonstrationen sowie an von der evangelischen Kirche veranstaltenden Aktivitäten.
Geboren sei die Beschwerdeführerin in der Stadt XXXX in der Provinz XXXX . Das von ihr verfasste diesbezügliche Schreiben wurde dem Akt angefügt. Dort habe die Beschwerdeführerin auch gelebt, bis sie im Jahr 2012 ungefähr nach dem Frühlingsfest mit der Arbeit begonnen habe. Gearbeitet hätte sie in der Stadt XXXX sowie in XXXX . Tätig gewesen sei sie in einem näher genannten Bezirk von XXXX als Vorbereiterin für Material, zum Beispiel Elektroplatten für die Produktion von Telefongeräten, Computern und Kartenlesegeräten. Ihre Angaben vor dem Bundesamt vorgehalten, Arbeiterin in einer Autofabrik gewesen zu sein, erklärte sie, beides gemacht zu haben. Die Autofabrik habe sich ebenfalls in XXXX befunden. Gelebt habe sie in dieser Stadt vom Frühlingsfest 2012 bis April 2013 und sei dann nach XXXX gegangen. In ihrem Heimatdorf habe sie nur gejobbt. Dies habe sie nicht angegeben, weil es sehr kurz gewesen sei. Neben ihrem Glauben, habe sie im Mai 2013 in XXXX gearbeitet. Da die Arbeitsverhältnisse zwischen den Kollegen in XXXX nicht gut gewesen seien, hätte sie dort nicht mehr bleiben wollen.
Die Beschwerdeführerin sei im November 2011 mit ihrem Glauben in Berührung gekommen, ihre Mutter habe schon im Jahr 2008 begonnen. Es handle sich um eine neue Religion, eine Familien-Religionsgemeinschaft mit dem Namen Hu Han Pei. Nachgefragt, wie diese Religion ausgelebt würde, erklärte die Beschwerdeführerin, sie würden dreimal den Namen Gottes schreien, bevor sie beten. Ausgelebt hätten sie den Glauben ein- bis dreimal wöchentlich in ihrem Treffpunkt, den Wohnungen der Glaubensgeschwister, konkret in ihrer Heimatstadt. Das erste Treffen habe im Dezember 2011 in ihrer Wohnung stattgefunden. Bei diesem Treffen seien ca. fünf Leute dabei gewesen, einmal wöchentlich seien die Veranstaltungen bei der Beschwerdeführerin gewesen, die restlichen Male in anderen Dörfern. Nachgefragt, ob außer diesem dreimaligen Schreien noch etwas Anderes gemacht worden sei, antwortete die Beschwerdeführerin, dass nach dem Anrufen Gottes gesungen würde.
Ihre Probleme hätten im Dezember 2015 begonnen. Am 6. Dezember sei eine Schwester von ihnen zur Verbreitung der Glaubensgemeinschaft ausgegangen und nicht mehr zurückgekehrt. Die Beschwerdeführerin habe bei der Polizei nachgefragt und Information erhalten, dass sie verhaftet worden sei. Da die Beschwerdeführerin immer mit ihr zusammengearbeitet habe, habe sie ihre Gefahr erkannt und sich gedacht, dort nicht mehr bleiben zu können. Im August 2016 sei die Polizei bei ihr in der Wohnung gewesen. Die Beschwerdeführerin habe sich ca. 40 Autominuten entfernt bei Verwandten versteckt, sei am 14. August nach Hause gegangen, weil sie Sorgen wegen ihrer Mutter gehabt habe und danach zu den Verwandten zurückgekehrt. Am folgenden Tag sei die Polizei wieder bei ihnen gewesen, habe sich nach der Beschwerdeführerin erkundigt und ihre Mutter mitgenommen, die zwei Tage bei der Polizei gewesen sei, bis ihr Vater für ihre Freilassung 5000 Yuan bezahlt habe. Mitgenommen worden sei ihre Mutter deshalb, weil sie jemand wegen ihrer Mitgliedschaft bei der Glaubensgemeinschaft angezeigt hätte. Nach der Strafzahlung sei die Mutter gewarnt worden, diesen Glauben nicht weiterzuverbreiten. Zudem hätte sie die Rückkehr der Beschwerdeführerin melden sollen und ihr Handy nicht ausschalten dürfen. Am 14. August habe ihr Vater ihr davon berichtet. Am 17. August sei sie in eine andere Stadt, XXXX , gegangen, in der sie mit einer ebenfalls im Verhandlungssaal anwesenden Asylwerberin, mit der sie gemeinsam nach Österreich gekommen sei, zusammengelebt habe. Aufgehalten habe sie sich dort ständig bis zu ihrer Ausreise am 20.11.2016. Am 9.9. sei sie in ihr Heimatdorf zurückgekehrt, um sich den Reisepass ausstellen zu lassen. Vor dem Antrag habe sie einen Cousin, der bei einer Behörde arbeite, beauftragt, im System nachzusehen, ob sie sich auf der Liste für Ausreiseverbote befinde. Dann habe die Beschwerdeführerin persönlich die Behörde in ihrem Heimatdorf aufgesucht. Probleme habe es keine gegeben, auch keine Gefahr, dass sie verhaftet würde.
Von November 2011 bis Dezember 2015 habe die Beschwerdeführerin wegen ihrer Religionsausübung keine direkten Probleme bekommen. Aber es gebe eine Verfügung durch die chinesische Regierung, die ständig die Religionen verfolge.
In Österreich gehe die Beschwerdeführerin mit ihren Glaubensgeschwistern singen, in die Kirche, Brot verteilen und Wein trinken. Das Brot werde durch den Pfarrer ausgeteilt. Es handle sich um eine evangelische Kirche. Seit 18.6.2017 würde sie die evangelische Kirche besuchen. In China sei sie getauft worden, es gebe dort jedoch kein Taufzeugnis. Da sie eingeladen worden sei, besuche sie in der evangelischen Kirche den Taufunterricht.
Durch die im Verhandlungssaal anwesende Dame sei die Beschwerdeführerin inspiriert worden, in Wien an Demonstrationen teilzunehmen. Nach Durchsicht der vorgelegten Fotos stellt die erkennende Richterin fest, dass es sich um Christen in Not handelt. Weiters erklärte die Beschwerdeführerin, jeden Tag in der Bibel zu lesen. In der evangelischen Kirche habe sie Weihnachten gefeiert. Ihr Schlüsselerlebnis, zu Gott zu finden, sei 2013 gewesen.
Seitens der Rechtsberatung wurden Berichte über die Verfolgung von Christen in China vorgelegt.
Am 6.11.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht die angeforderte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation über die Glaubensgemeinschaft Hu Han Pei in China, eine allfällige Verfolgung von Personen, die dort den evangelischen Glauben annehmen und überdies an Demonstrationen für die Rechte von Christen teilnehmen sowie über die Verfolgung von Personen, die in China den christlichen Glauben praktizieren, ein.
Am 25.11.2019 wurde die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht fortgesetzt.
Nachgefragt, ob Hu Han Pai in China erlaubt sei, antwortete die Beschwerdeführerin zunächst, es gebe kein Gesetz, welches dagegenspräche, aber es sei verboten. Nochmals nachgefragt, ob es legal oder nicht sei, erwiderte sie, ihre Glaubensgemeinschaft habe kein Gesetz in China verletzt, trotzdem sei sie verboten, weil die kommunistische Partei gegen die Religionsausübung sei. Zum Ziel der Hu Han Pai erklärte sie, diese folge der katholischen Bibel, wenn jemand aufrufe, werde er gerettet und Gott sei bei ihm. Zur Frage, ob ihre Religion dem chinesischen Staat schaden wolle, verneinte die Beschwerdeführerin dies, sie würden keine politischen Veranstaltungen betreiben, sondern die Bibel lesen und sich versammeln. Die chinesische Regierung sei grundsätzlich gegen alle Religionen und habe Angst, dass es eine Gefahr für die Regierung bedeuten würde, wenn es viele Gläubige gebe. Aufgefordert, konkret zu beschreiben, wie ihr Gebet erfolge, rief die Beschwerdeführerin dreimal in chinesischer Sprache folgendes: "Oh Herr Gott, Oh Herr Gott, Oh Herr Gott, wir danken dir, wir loben dich und jeder kann Gott etwas mitteilen." Dabei streckte sie die Arme angewinkelt von sich. Auf Vorhalt der erkennenden Richterin hin, sie hätte bei der letzten Verhandlung gesagt, dass sie dreimal den Namen Gottes schreien und dann singen würden, erwiderte die Beschwerdeführerin folgendes: "Singen kommt auch vor, aber nicht jedes Mal. Nach den drei Aufrufen kommt entweder das Singen oder die Mitteilung an Gott. Diese Zeremonie ist nicht so beschränkt, man könnte nach drei Aufrufen auch gleich singen." Nochmals nachgefragt, was sie dabei singen würden, gab die Beschwerdeführerin an, es handle sich um jene Lieder, welche in der Bibel ihrer Glaubensgemeinschaft stünden. Weiters gab die Beschwerdeführerin zunächst an, dass dreimal Aufrufen das Minimum sei, auf Nachfragen der erkennenden Richterin hin räumte sie ein, man könne natürlich auch weiter aufrufen, wenn man wolle. Dies hänge von individuellen Umständen ab.
Sie habe in China auch alleine diesen Glauben ausgelebt, sie mache es oft in der Früh, vor dem Essen, nach dem Essen, am Abend und auch wenn sie Probleme habe. In China habe sie es in der Gruppe gemacht, laut Bibel müssten sie sich treffen und dieses Ausrufen ausüben. Als evangelische Gläubige müssten sie sich immer versammeln. Nachgefragt, warum sie dann in Österreich ihren Glauben alleine durchführe, erwiderte sie, sie rufe alleine und treffe sich mit ihren hiesigen gläubigen Freunden im Internet via Skype. Es handle sich um jene chinesische Staatsangehörige, die gleichzeitig mit der Beschwerdeführerin nach Österreich gekommen sei.
Da es in Österreich die Glaubensgemeinschaft nicht gebe und sie gläubige Protestantin sei, den gleichen Gott habe und die gleiche Bibel lese, besuche sie in Österreich die evangelische Kirche. Nachgefragt, warum sie in China keine evangelische Kirche besucht habe, erklärte die Beschwerdeführerin, ihre Glaubensgemeinschaft würde zur protestantischen Kirche gehören. In China seien die anderen Religionen auch verboten und die Kirchen zuerst von der Regierung gegründet und geführt worden. Es würde nicht nach der Bibel gesungen. Dies habe die Beschwerdeführerin in den Nachrichten gesehen. In China sei die protestantische Kirche verboten.
Konkret sei die Beschwerdeführerin im Oktober 2015 von der Polizei belästigt worden. Sie hätte mit einer Schwester ihrer Glaubensgemeinschaft eine Wohnung gemietet und das Sicherheitspersonal des Gebäudes habe sie gewarnt, dass ihr Glaube nicht erlaubt sei. Das Sicherheitspersonal führe eine Statistik, wer was glaube. Dies sei eine Maßnahme der chinesischen Regierung. Im August 2016 sei die Polizei zu ihnen in die Wohnung gekommen, die Beschwerdeführerin jedoch nicht zu Hause gewesen. Nachdem sie vom Sicherheitspersonal des Gebäudes gewarnt worden seien, hätten sie eine Wohnung in einem anderen Ort gemietet. Am 6.12.2015 sei eine Schwester zur Predigt gegangen und verhaftet worden. Nachgefragt, warum das Sicherheitspersonal sie gewarnt hätte, erklärte die Beschwerdeführerin, es gebe eine Strafe, wenn in diesem Wohngebäude jemand an eine Religion glaube. Nachgefragt, ob sie dem Sicherheitspersonal erklärt hätten, warum sie diese Wohnung gemietet hätten, erwiderte die Beschwerdeführerin, sich gefürchtet zu haben. Nachgefragt, woher das Sicherheitspersonal von ihren Religionspraktiken gewusst hätte, erwiderte die Beschwerdeführerin, sie hätten es sehr vorsichtig in der Wohnung praktiziert, und wüssten nicht, wie sie es erfahren hätten. Es gebe Videokameras und die Handys würden geortet.
Das erste Mal sei die Beschwerdeführerin im August 2016 ins Blickfeld der chinesischen Regierung gelangt, als ihre Mutter und sie angezeigt worden seien. Wegen ihres Glaubens sei ihre Mutter von der Polizei festgenommen worden und habe eine Strafe in Höhe von 5.000 Yuan bezahlen müssen. Sie sei gewarnt worden, nicht weiter an ihre Religion zu glauben und habe auch ihr Handy ausschalten müssen. Zudem hätte sie mitteilen müssen, wenn die Beschwerdeführerin nach Hause komme.
Letztere habe sich deshalb gerade dieser Religion und nicht dem protestantischen Glauben zugewandt, weil sie andere Bedeutungen hätten. Aufrufen würde nur in ihrer Glaubensgemeinschaft ausgeübt. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass Gott ihr sehr geholfen und sie unterstützt habe.
Bezüglich Ihrer Beteiligung in der evangelischen Kirche in Österreich brachte die Beschwerdeführerin vor, sie würden sonntags in die Kirche gehen, sich begrüßen, singen und beten und der Pfarrer predige. Die Themen verstünde sie nicht vollständig, aber sie habe ein Übersetzungsprogramm auf ihrem Handy. Zudem gehe sie freitagabends zu einer Versammlung, in der jeder einen Absatz der Bibel lese und erkläre, was darunter zu verstehen sei. Diese Leute seien Evangelikale. Früher sei die Beschwerdeführerin in die evangelische Kirche gegangen, seit Dezember 2018 besuche sie die Evangelikalen. Nachgefragt, wann sie den Taufunterricht besucht habe, gab die Beschwerdeführerin an, sich an das Datum nicht erinnern zu können. Der Kurs sei aber nicht für sie gewesen, sie sei in den Taufunterricht der anderen gegangen.
Ihre Taufzeremonie sei Freitagabend am 23.3.2012 gewesen.
In Wien habe die Beschwerdeführerin dreimal an Demonstrationen teilgenommen, im Dezember 2017, Mai 2018 und Mai 2019. Als Unterdrückte habe sie sich an einer Demonstration gegen die Unterdrückung beteiligen wollen. Dabei gewesen seien Muslime und es habe sich um unterschiedliche Religionen gehandelt, sie hätte nicht alle erkennen können.
In China sei die Beschwerdeführerin berufstätig gewesen, in Österreich habe sie in einem Asylheim ausgeholfen, manchmal abgewaschen und den Boden geputzt. Zudem habe sie manchmal beim Wäschewaschen geholfen. Familienleben führe sie hier keines, außer ihrer Glaubensgemeinschaft habe sie niemanden, auch keine Verwandten. Abgesehen von ihren Deutschkursen nehme sie freitags in der Kirche an Bibelstunden teil, weitere Ausbildungen habe sie nicht gemacht. In anderen Vereinen - außer den kirchlichen Aktivitäten - sei sie nicht tätig. Oft sende sie Bibeltexte über Facebook.
Die Beschwerdeführerin sei immer beim Kirchenkaffee dabei und habe danach auch oft das Geschirr gewaschen. Sie helfe beim Kirchenbasar aus und backe Kekse für die Kirche. Sie sei sehr aktiv in der Kirchengemeinschaft und gerne mit den Brüdern und Schwestern zusammen.
Im Rahmen der Verhandlung wurde der Kurator einer evangelischen Pfarrgemeinde als Zeuge einvernommen. Die Beschwerdeführerin habe er ungefähr Ende 2016 kennengelernt, als sie eines Tages im Gottesdienst erschienen sei. Schwerpunktmäßig habe sie die Kirche 2017 und 2018 aufgesucht. Der Beschwerdeführerin sei die Gemeinschaft wichtig gewesen. Sie habe kein Deutsch gekonnt und jeden Gottesdienst besucht, nach dem Gottesdienst immer aktiv beim Kirchencafé mitgearbeitet und er glaube, sie habe auch am Adventbasar teilgenommen, was mit viel Arbeit verbunden sei, wie zum Beispiel Kekse backen und aufräumen. Nachgefragt, ob sie auch am Taufunterricht teilgenommen hätte, verneinte der Zeuge dies. Sie sei bei ihnen auch nicht getauft worden, habe aber über sehr gute Bibelkenntnisse verfügt.
Nach der Verlegung der Beschwerdeführerin an einen anderen Ort Ende 2018 habe sie seine Kirche wegen der großen Entfernung nicht mehr besuchen können. Einmal im Jahr gebe es ein von der Pfarre organisiertes Gemeindewochenende, bei dem sie dabei gewesen sei. Der Zeuge habe mit der Beschwerdeführerin via WhatsApp religiöse Gespräche geführt, sie habe alles über das Handy übersetzen müssen. Seiner Meinung nach stehe die Beschwerdeführerin im Glauben und kenne sich aus. Er würde sich wünschen, dass alle ihre Gemeindemitglieder eine solche innere Überzeugung hätten.
In ihrer abschließenden Stellungnahme legte die Rechtsberatung eine ACCORD-Anfrage vom 04.11.2019 vor, die bestätigen soll, dass die Religionsgemeinschaft der Beschwerdeführerin in China verfolgt werde, es dort keine Religionsfreiheit gebe und auch eine Überwachung in Europa existiere. Zudem wurde der Vollständigkeit halber auf die in der Beschwerde angeführten Berichte zum Thema Christenverfolgung verwiesen.
Seitens der erkennenden Richterin wurde die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation in das Verfahren eingeführt und der Beschwerdeführerin auszugsweise übersetzt. Der Rechtsberatung wurden die in das Verfahren eingeführten Länderberichte (LIB vom 14.11.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 10. 7. 2019 und VR China, Asylbericht 2018 der österreichischen Botschaft Peking) übergeben und ihr eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.
Am 4.12.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht die Stellungnahme der Rechtsberaterin der Beschwerdeführerin zu den im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2019 eingebrachten Länderberichten ein. Diese würden kohärent ausführen, dass in China keine Religionsfreiheit herrsche. Die Vereinigung der Hu Han Pai finde sich demnach auf der Liste der verbotenen Gruppen, gelte als illegale Kultorganisation und würde strafrechtlich geahndet. 1995 sei sie zum bösen Kult erklärt worden. Klar ersichtlich sei auch, dass die protestantische Kirche in Österreich und deren Werte nicht mit den registrierten, zensurierten Kirchen in China einhergehen würden und die Beschwerdeführerin dort jedenfalls in ihrem Recht auf Religionsfreiheit verletzt sei. Sie könne ihren Glauben in der Heimat nicht ausüben und es sei ihr auch nicht zumutbar, diesen zu unterdrücken. Ebenso habe sie in Österreich an Demonstrationen gegen Christenverfolgung teilgenommen, lebe ihren christlichen Glauben auf sozialen Medien aus und praktiziere ihn mit Freundinnen über Skype Konferenzen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die chinesische Regierung durch Cyberspionage oder andere Quellen Informationen über sie erlangt habe, sodass der Beschwerdeführerin auch dadurch eine Verfolgung durch die chinesische Regierung drohe. Angeschlossen wurde eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin mit Links zu Videos und Dokumenten über die fehlende Religionsfreiheit in China.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Volksrepublik China, stammt aus der Stadt XXXX in der Provinz XXXX , ist ledig, kinderlos und gehört der Volksgruppe der Han an. Ihre Identität steht fest.
Nach legaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte sie am 28.11.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
In der Heimat besuchte die Beschwerdeführerin sechs Jahre die Grundschule und drei Jahre die Hauptschule. Anschließend war sie als Arbeiterin in Fabriken tätig.
Die Beschwerdeführerin ist gesund und arbeitsfähig. Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin in der Lage ist, durch eigene Erwerbstätigkeit in China ihren Unterhalt zu sichern.
In der Heimat befinden sich noch die Eltern der Beschwerdeführerin.
Die Beschwerdeführerin konnte nicht glaubhaft machen, in der Heimat ernsthaft von Verfolgung bedroht zu sein.
Die Beschwerdeführerin hat in Österreich weder Verwandte oder Familienangehörige noch führt sie hier ein Familienleben.
Die Beschwerdeführerin besuchte Deutschkurse und konnte ein ÖSD-Zertifikat A2 vorlegen. Ansonsten absolvierte sie keine weiteren Ausbildungen im Bundesgebiet.
Die Beschwerdeführerin war in Österreich nicht erwerbstätig und erwirtschaftete kein eigenes Einkommen. Im Asylheim half sie nach eigenen Angaben bei Putztätigkeiten mit.
Die Beschwerdeführerin war vor ihrer Verlegung sehr aktiv in einer evangelischen Kirche, besuchte dort regelmäßig die Gottesdienste, half beim wöchentlichen Kirchencafé und auch am Adventsbasar mit und konnte diesbezügliche Unterstützungserklärungen vorlegen. Abgesehen von ihrem kirchlichen Engagement ist die Beschwerdeführerin nicht Mitglied in Vereinen.
Feststellungen zur Situation in der Volksrepublik China:
(Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 14.11.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 10. 7. 2019)
Politische Lage
Die Volksrepublik China ist mit geschätzten 1,374 Milliarden Einwohnern (Stand Juli 2016) und einer Fläche von 9.596.960 km² der bevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 26.7.2017).
China ist in 22 Provinzen, die fünf Autonomen Regionen der nationalen Minderheiten Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi, sowie vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, Shanghai, Tianjin, Chongqing) und zwei Sonderverwaltungsregionen (Hongkong, Macau) unterteilt. Nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme", welcher der chinesisch-britischen "Gemeinsamen Erklärung" von 1984 über den Souveränitätsübergang im Jahr 1997 zugrunde liegt, kann Hongkong für 50 Jahre sein bisheriges Gesellschaftssystem aufrecht erhalten und einen hohen Grad an Autonomie genießen. Trotz starker öffentlicher Kritik in Hongkong hält die chinesische Regierung bezüglich einer möglichen Wahlrechtsreform für eine allgemeine Wahl des Hongkonger Regierungschefs (Chief Executive) an den Vorgaben fest, die der Ständige Ausschuss des Pekinger Nationalen Volkskongresses 2014 zur Vorabauswahl von Kandidaten gemacht hat. Dies hat in Hongkong zur Blockade der vorgesehenen Reform geführt und zu einem Erstarken von Bestrebungen nach größerer Autonomie, vereinzelt sogar zu Rufen nach Unabhängigkeit, auf die Peking scharf reagiert. Nach einem ähnlichen Abkommen wurde Macau am 20. Dezember 1999 von Portugal an die Volksrepublik China zurückgegeben. Die Lösung der Taiwanfrage durch friedliche Wiedervereinigung bleibt eines der Hauptziele chinesischer Politik (AA 4.2017a).
Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik China ein "sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht" (AA 4.2017a). China ist ein autoritärer Staat, in dem die Kommunistische Partei (KP) verfassungsmäßig die höchste Autorität ist. Beinahe alle hohen Positionen in der Regierung sowie im Sicherheitsapparat werden von Mitgliedern der KP gehalten (USDOS 3.3.2017). Die KP ist der entscheidende Machtträger. Nach dem Parteistatut wählt der alle fünf Jahre zusammentretende Parteitag das Zentralkomitee (376 Mitglieder, davon 205 mit Stimmrecht), das wiederum das Politbüro (25 Mitglieder) wählt. Ranghöchstes Parteiorgan und engster Führungskern ist der zurzeit siebenköpfige "Ständige Ausschuss" des Politbüros. Dieser gibt die Leitlinien der Politik vor. Die Personalvorschläge für alle diese Gremien werden zuvor im Konsens der Parteiführung erarbeitet (AA 4.2017a; vgl. USDOS 3.3.2017).
An der Spitze der Volksrepublik China steht der Staatspräsident, der gleichzeitig Generalsekretär der KP und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission ist und somit alle entscheidenden Machtpositionen auf sich vereinigt. Der Ministerpräsident (seit März 2013 Li Keqiang) leitet den Staatsrat, die eigentliche Regierung. Er wird von einem "inneren Kabinett" aus vier stellvertretenden Ministerpräsidenten und fünf Staatsräten unterstützt. Der Staatsrat fungiert als Exekutive und höchstes Organ der staatlichen Verwaltung. Alle Mitglieder der Exekutive sind gleichzeitig führende Mitglieder der streng hierarchisch gegliederten Parteiführung (Ständiger Ausschuss, Politbüro, Zentralkomitee), wo die eigentliche Strategiebildung und Entscheidungsfindung erfolgt (AA 4.2017a).
Der 3.000 Mitglieder zählende Nationale Volkskongress (NVK) wird durch subnationale Kongresse für fünf Jahre gewählt. Er wählt formell den Staatspräsidenten für fünf Jahre und bestätigt den Premierminister, der vom Präsidenten nominiert wird (FH 1.2017a). Der NVK ist formal das höchste Organ der Staatsmacht. NVK-Vorsitzender ist seit März 2013 Zhang Dejiang (AA 4.2017a). Der NVK ist jedoch vor allem eine symbolische Einrichtung. Nur der Ständige Ausschuss trifft sich regelmäßig, der NVK kommt einmal pro Jahr für zwei Wochen zusammen, um die vorgeschlagene Gesetzgebung anzunehmen (FH 1.2017a). Eine parlamentarische oder sonstige organisierte Opposition gibt es nicht. Die in der sogenannten Politischen Konsultativkonferenz organisierten acht "demokratischen Parteien" sind unter Führung der KP Chinas zusammengeschlossen; das Gremium hat lediglich eine beratende Funktion (AA 4.2017a).
Beim 18. Kongress der KP China im November 2012 wurde, nach einem Jahrzehnt, ein Führungswechsel vollzogen (AI 23.5.2013). Bei diesem Parteitag wurden die Weichen für einen Generationswechsel gestellt und für die nächsten fünf Jahre ein neues Zentralkomitee, Politbüro und ein neuer Ständiger Ausschuss bestimmt (AA 4.2017a). Xi Jinping wurde zum Generalsekretär der KP und zum Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission gekürt. Seit dem 12. Nationalen Volkskongress im März 2013 ist Xi Jinping auch Präsident Chinas (AA 4.2017a; vgl. FH 1.2017a). Er hält damit die drei einflussreichsten Positionen (USDOS 3.3.2017). Die neue Staatsführung soll - wenngleich die Amtszeit offiziell zunächst fünf Jahre beträgt - mit der Möglichkeit einer Verlängerung durch eine zweite, ebenfalls fünfjährige, Amtsperiode bis 2022 (und möglicherweise auch darüber hinaus) an der Macht bleiben (HRW 12.1.2017). Vorrangige Ziele der Regierung sind eine weitere Entwicklung Chinas und Wahrung der politischen und sozialen Stabilität durch Machterhalt der KP. Politische Stabilität gilt als Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Reformen. Äußere (u.a. nachlassende Exportkonjunktur) und innere (u.a. alternde Gesellschaft, Umweltschäden, Wohlfahrtsgefälle) Faktoren machen weitere Reformen besonders dringlich. Die Rolle der Partei in allen Bereichen der Gesellschaft soll gestärkt werden. Gleichzeitig laufen Kampagnen zur inneren Reformierung und Stärkung der Partei. Prioritäten sind Kampf gegen die Korruption und Verschwendung, Abbau des zunehmenden Wohlstandsgefälles, Schaffung nachhaltigeren Wachstums, verstärkte Förderung der Landbevölkerung, Ausbau des Bildungs- und des Gesundheitswesens, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und insbesondere Umweltschutz und Nahrungsmittelsicherheit. Urbanisierung ist und bleibt Wachstumsmotor, bringt aber gleichzeitig neue soziale Anforderungen und Problemlagen mit sich. Erste Ansätze für die zukünftige Lösung dieser grundlegenden sozialen und ökologischen Entwicklungsprobleme sind sichtbar geworden, haben deren Dimension aber zugleich deutlich aufgezeigt (AA 4.2017a).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html#doc334570bodyText5, Zugriff 2.8.2017
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AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Annual Report 2013 - China,
http://www.refworld.org/docid/519f51a96b.html, Zugriff 2.8.2017
-
CIA - Central Intelligence Agency (26.7.2017): The World Factbook
-
China,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ch.html, Zugriff 2.8.2017
-
FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, http://www.ecoi.net/local_link/339947/483077_de.html, Zugriff 2.8.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - China, http://www.ecoi.net/local_link/334766/476520_de.html, Zugriff 28.8.2017
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/337277/480051_de.html, Zugriff 2.8.2017
Sicherheitslage
Proteste auf lokaler Ebene haben in ganz China stark zugenommen. Sie richten sich vor allem gegen steigende Arbeitslosigkeit und Vorenthaltung von Löhnen, hauptsächlich von Wanderarbeitern. Bei den bäuerlichen Protesten auf dem Land geht es meistens um die (entschädigungslose oder unzureichend entschädigte) Enteignung von Land und fehlende Rechtsmittel. Auch stellen die chemische Verseuchung der Felder durch Industriebetriebe oder Umweltkatastrophen Gründe für Proteste dar. Nachdem die Anzahl sogenannter. "Massenzwischenfälle" über Jahre hinweg rasch zunahm, werden hierzu seit 2008 (mehr als 200.000 Proteste) keine Statistiken mehr veröffentlicht. Zwei Aktivisten, die seit 2013 durch eigene, über Twitter veröffentlichte Statistiken diese Lücke zu schließen versuchten, wurden im Juni 2016 verhaftet. Die lokalen Behörden verfolgen in Reaktion zumeist eine Mischstrategie aus engmaschiger Kontrolle, die ein Übergreifen nach außen verhindern soll, gepaart mit einem zumindest partiellen Eingehen auf die Anliegen (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 15.12.2016)
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/337277/480051_de.html, Zugriff 31.8.2017
Rechtsschutz/Justizwesen
Die Führung unternimmt Anstrengungen, das Rechtssystem auszubauen. Dem steht jedoch der Anspruch der Kommunistischen Partei (KP) auf ungeteilte Macht gegenüber. Gewaltenteilung und Mehrparteiendemokratie werden ausdrücklich abgelehnt. Von der Verwirklichung rechtsstaatlicher Normen und einem Verfassungsstaat ist China noch weit entfernt. Im Alltag sind viele Chinesen weiterhin mit Willkür und Rechtlosigkeit konfrontiert (AA 4.2017a). Eine unabhängige Strafjustiz existiert in China folglich nicht. Strafrichter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien (AA 15.12.2016). Die Kontrolle der Gerichte durch politische Institutionen ist ein verfassungsrechtlich verankertes Prinzip (ÖB 11.2016). Die KP dominiert das Rechtssystem auf allen Ebenen und erlaubt Parteifunktionären, Urteile und Verurteilungen zu beeinflussen. Die Aufsicht der KP zeigt sich besonders in politisch heiklen Fällen durch die Anwendung sog. "Leitlinien". Während Bürger in nicht-politischen Fällen ein gewisses Maß an fairer Entscheidung erwarten können, unterliegen diejenigen, die politisch sensible Fragen oder die Interessen mächtiger Gruppen berühren, diesen "Leitlinien" der politisch-juristischen Ausschüsse (FH 1.2017a). Seit dem vierten Jahresplenum des 18. Zentralkomitees 2014 betont die Führung die Rolle des Rechts und ergriff Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität gerichtlicher Verfahren und zum Aufbau eines "sozialistisches Rechtssystem chinesischer Prägung" unter dem Motto "yi fa zhi guo", wörtlich "den Gesetzen entsprechend das Land regieren". Echte Rechtsstaatlichkeit im Sinne der Achtung des Legalitätsprinzips in der Verwaltung und der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit wird dabei aber dezidiert abgelehnt. Das in den Beschlüssen reflektierte Verständnis von Recht soll die Macht des Staates, dh. der Partei, keinesfalls einschränken, sondern vielmehr stärken (ÖB 11.2016).
Die wichtigste Einrichtung der KP zur Kontrolle des Rechtssystems ist die Kommission des Zentralkomitees für Politik und Recht (ZKPR). Das ZKPR ist in unterschiedlichen Unter-Formaten auf jeder gerichtlichen Ebene verankert, wobei die jeweiligen Ebenen der übergeordneten Ebene verantwortlich sind. Die Macht des Komitees, das auf allen Ebenen auf Verfahren Einfluss nimmt, wurde auch seit den Beschlüssen des Vierten Plenums der KP im Oktober 2014 bewusst nicht angetastet (ÖB 11.2016).
Die Richter-Ernennung erfolgt auf Provinzebene durch Rechtskomitees, welchen hochrangige Partei-Funktionäre angehören und welche von einem KP-Inspektorat überwacht werden. Richter sind verpflichtet, über Einflussnahmen seitens lokaler Politiker auf Verfahren Bericht zu erstatten. Es ist für Richter schwierig, zwischen "Unabhängigkeit" von lokalen politischen Einflüssen, und Loyalität zur KP-Linie (welche regelmäßig miteinander und mit einflussreichen Wirtschafts- und Privatinteressen verbunden sind) zu navigieren. Trotz laufender Reformbemühungen gibt es - vor allem auf unterer Gerichtsebene - noch immer einen Mangel an gut ausgebildeten Richtern (ÖB 11.2016).
Ein umfassender Regelungsrahmen unterhalb der gesetzlichen Ebene soll "Fehlverhalten" von Justizbeamten und Staatsanwälten in juristischen Prozessen unterbinden. Das Oberste Volksgericht (OVG) unter seinem als besonders "linientreu" geltenden Präsidenten und die Oberste Staatsanwaltschaft haben in ihren Berichten an den Nationalen Volkskongress im März 2014 in erster Linie gefordert, "Falschurteile" der Gerichte zu verhindern, die Richterschaft an das Verfassungsverbot von Folter und anderen Zwangsmaßnahmen bei Vernehmungen zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass Verurteilungen sich nicht allein auf Geständnisse stützen dürfen. Die Regierung widmet sowohl der juristischen Ausbildung als auch der institutionellen Stärkung von Gerichten und Staatsanwaltschaften seit mehreren Jahren große Aufmerksamkeit (AA 15.12.2016).
Das umstrittene System der "Umerziehung durch Arbeit" ("laojiao") wurde aufgrund entsprechender Beschlüsse des 3. Plenums des ZK im November 2013 offiziell am 28.12.2013 abgeschafft. Es liegen Erkenntnisse vor, wonach diese Haftanstalten lediglich umbenannt wurden, etwa in Lager für Drogenrehabilitation, rechtliche Erziehungszentren oder diese als schwarze Gefängnisse weiter genutzt werden (AA 15.12.2016).
Mit der letzten großen Novellierung 2013 sieht die Strafprozessordnung genaue Regeln für Festnahmen vor, führt den "Schutz der Menschenrechte" an und verbietet Folter und Bedrohung bzw. Anwendung anderer illegaler Methoden zur Beweisermittlung. Es besteht jedoch eine teilweise erhebliche Divergenz zwischen den Rechtsvorschriften und deren Umsetzung, und werden diese zum Zwecke der Unterdrückung von politisch unliebsamen Personen instrumentalisiert. Laut Strafprozessordnung müssen auch im Falle einer Festnahme wegen Terrorismus, der Gefährdung der Staatssicherheit oder der schwerwiegenden Korruption die Angehörigen von in Untersuchungshaft sitzenden Personen innerhalb von 24 Stunden über die Festnahme informiert werden, nicht jedoch über den Grund der Festnahme oder über den Aufenthaltsort. Zudem besteht diese Informationspflicht nicht, wenn durch diese Information die Ermittlungen behindert würden - in diesen Fällen müssen Angehörige erst nach 37 Tagen informiert werden. Was eine "Behinderung der Ermittlung" bedeutet, liegt im Ermessen der Polizei, es gibt kein Rechtsmittel dagegen. Da Verdächtige sich formell in Untersuchungshaft befindet, muss der Ort der Festhaltung laut Gesetz auch in diesen Fällen eine offizielle Einrichtung sein. Der Aufenthaltsort kann auch außerhalb offizieller Einrichtungen liegen. Diese Möglichkeit wurde mit der Strafprozessnovelle 2012 eingeführt und von Rechtsexperten wie dem Rapporteur der UN-Working Group on Enforced or Involuntary Disappearances wegen des inhärenten Folterrisikos als völkerrechtswidrig kritisiert (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).
Willkürliche Verhaftungen oder Hausarrest ("soft detention") ohne gerichtliche Verfahren kommen häufig vor. Die Staatsorgane griffen verstärkt auf den "Hausarrest an einem festgelegten Ort" zurück - eine Form der geheimen Inhaftierung ohne Kontakt zur Außenwelt, die es der Polizei erlaubt, eine Person für die Dauer von bis zu sechs Monaten außerhalb des formellen Systems, das die Inhaftierung von Personen regelt, und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand der eigenen Wahl, zu Familienangehörigen oder anderen Personen der Außenwelt festzuhalten. Dadurch wurden diese Personen der Gefahr ausgesetzt, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Diese Inhaftierungspraxis dient dazu, die Tätigkeit von Menschenrechtsverteidigern - einschließlich der von Rechtsanwälten, politisch engagierten Bürgern und Angehörigen von Religionsgemeinschaften - zu unterbinden (ÖB 11.2016; vgl. AA 15.12.2016, AI 22.2.2017).
Im Zusammenhang mit verwaltungsstrafrechtlich bewehrten rechtswidrigen Handlungen kann die Polizei zudem "Verwaltungsstrafen" verhängen. Diese Strafen reichen von Ermahnungen über Geldbußen bis hin zu einer "Verwaltungshaft" (ohne richterliche Entscheidung) von bis zu 15 Tagen. Der Aufenthalt in den offiziell nicht existenten "black jails" kann zwischen wenigen Tagen und in einigen Fällen langjährigen Haftaufenthalten variieren (AA 15.12.2016).
Das 2013 in Kraft getretene revidierte Strafverfahrensgesetz verbessert v.a. die Stellung des Verdächtigen/Angeklagten und der Verteidigung im Strafprozess; die Umsetzung steht aber in der Praxis in weiten Teilen noch aus. Auch der Zeugenschutz wird gestärkt. Chinesische Experten gehen davon aus, dass die Durchsetzung dieser Regeln viele Jahre erfordern wird (AA 15.12.2016). Der Schutz jugendlicher Straftäter wurde erhöht (ÖB 11.2014).
2014 wurden schrittweise weitere Reformen eingeleitet, darunter die Anordnung an Richter, Entscheidungen über ein öffentliches Onlineportal zugänglich zu machen sowie ein Pilotprojekt in sechs Provinzen um die Aufsicht über Bestellungen und Gehälter auf eine höhere bürokratische Ebene zu verlagern. Beim vierten Parteiplenum im Oktober 2014 standen Rechtsreformen im Mittelpunkt. Die Betonung der Vorherrschaft der Partei über das Rechtssystem und die Ablehnung von Aktionen, die die Unabhängigkeit der Justiz erhöhen würden, wurde jedoch beibehalten. Dies führte zu Skepsis hinsichtlich der tatsächlichen Bedeutung der Reform (FH 1.2015a).
Das chinesische Strafgesetz hat die früher festgeschriebenen "konterrevolutionären Straftaten" abgeschafft und im Wesentlichen durch Tatbestände der "Straftaten, welche die Sicherheit des Staates gefährden" (Art. 102-114 chin. StG) ersetzt. Danach können vor allem Personen bestraft werden, die einen politischen Umsturz/Separatismus anstreben oder das Ansehen der VR China beeinträchtigen. Gerade dieser Teil des Strafgesetzes fällt durch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe auf (AA 15.12.2016). Die Regierung hat weitere Gesetze zur nationalen Sicherheit ausgearbeitet und verabschieden lassen, die eine ernste Gefahr für den Schutz der Menschenrechte darstellen. Das massive landesweite Vorgehen gegen Menschenrechtsanwälte und politisch engagierte Bürger hielt das ganze Jahr über an (AI 22.2.2017). Prozesse, bei denen die Anklage auf Terrorismus oder "Verrat von Staatsgeheimnissen" lautet, werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Was ein Staatsgeheimnis ist, kann nach chinesischer Gesetzeslage auch rückwirkend festgelegt werden. Angeklagte werden in diesen Prozessen weiterhin in erheblichem Umfang bei der Wahrnehmung ihrer Rechte beschränkt. U.a. wird dem Beschuldigten meist nicht erlaubt, Verteidiger seiner Wahl zu beauftragen; nur in seltenen Ausnahmefällen wird vom Gericht überhaupt eine Verteidigung bestellt (AA 15.12.2016).
Auch 2016 setzten sich die Übergriffe der Behörden auf Menschenrechtsanwälte das ganze Jahr hindurch mit Verhaftungen und strafrechtlichen Verfolgungen fort (FH 1.2017a). Rechtsanwälte, die in kontroversen Fällen tätig wurden, mussten mit Drangsalierungen und Drohungen seitens der Behörden rechnen, und in einigen Fällen wurde ihnen die weitere berufliche Tätigkeit verboten. Dies hatte zur Konsequenz, dass der Zugang der Bürger zu einem gerechten Gerichtsverfahren sehr stark eingeschränkt war. Mangelhafte nationale Gesetze und systemische Probleme im Strafrechtssystem hatten weitverbreitete Folter und anderweitige Misshandlungen sowie unfaire Gerichtsverfahren zur Folge (AI 22.2.2017).
Seit der offiziellen Abschaffung der administrativen "Umerziehung durch Arbeit" im Jänner 2014 werden Menschenrechtsaktivisten vermehrt auf Basis der Strafrechtstatbestände der Unruhestiftung oder des Separatismus verurteilt und somit in Strafhaft gesperrt, wobei aufgrund der vagen Tatbestände ein strafrechtsrelevanter Sachverhalt relativ leicht kreiert werden kann (ÖB 11.2016). Häufig wurden Anklagen wegen "Untergrabung der staatlichen Ordnung", "Untergrabung der Staatsmacht", "Anstiftung zum Separatismus" "Anstiftung zu Subversion" oder "Weitergabe von Staatsgeheimnissen", sowie "Weitergabe nachrichtendienstlicher Informationen an das Ausland" erhoben und langjährige Gefängnisstrafen verhängt (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).
Wegen der mangelnden Unabhängigkeit der Justiz wählen viele Betroffene von Behördenwillkür den Weg der Petition bei einer übergeordneten Behörde (z.B. Provinz- oder Zentralregierung). Petitionen von Bürgern gegen Rechtsbrüche lokaler Kader in den Provinzen nehmen zu. Allein in Peking versammeln sich täglich Hunderte von Petenten vor den Toren des staatlichen Petitionsamts, um ihre Beschwerde vorzutragen. Chinesischen Zeitungsberichten zufolge werden pro Jahr landesweit ca. 10 Mio. Eingaben eingereicht. Petenten aus den verschiedenen Provinzen werden häufig von Schlägertrupps im Auftrag der Provinzregierungen aufgespürt und in ihre Heimatregionen zurückgebracht. Zwischen Februar und April 2014 wurden verschiedene Reformen des Petitionssystems verabschiedet, die eine schnellere Bearbeitung und Umstellung auf mehr Online-Plattformen beinhaltet. Das4. Plenum des Zentralkomitees der KP hat im Oktober 2014 weitere Schritte zur Regelung des Petitionswesens getroffen, deren Umsetzung aber noch aussteht. Diese Reformen werden von Beobachtern dafür kritisiert, dass sie die Effektivität der Bearbeitung der Petitionen kaum steigern, sondern vor allem dazu dienen, Petitionäre von den Straßen Pekings fernzuhalten (AA 15.12.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html#doc334570bodyText5, Zugriff 2.8.2017
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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - China, http://www.ecoi.net/local_link/336465/479116_de.html, Zugriff am 18.8.2017
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FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/china, Zugriff 17.8.2017
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FH - Freedom House (1.2015a): Freedom in the World 2015 - China, http://www.ecoi.net/local_link/295269/430276_de.html, Zugriff 20.8.2015
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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht Volksrepublik China
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ÖB Peking (11.2014): Asylländerbericht Volksrepublik China
Sicherheitsbehörden
Sicherheitsbehörden sind das Ministerium für Staatssicherheit, das Ministerium für Öffentliche Sicherheit, und die Bewaffnete Volkspolizei (BVP) der Volksbefreiungsarmee. Das Ministerium für Staatssicherheit soll vor Staatsfeinden, Spionen und konterrevolutionären Aktivitäten zur Sabotage oder dem Sturz des chinesischen sozialistischen Systems schützen. In die Zuständigkeit dieses Ministeriums fallen auch der Inlands- und Auslandsgeheimdienst. Die BVP ist in 45 Divisionen unterteilt, bestehend aus Innensicherheitspolizei, Grenzüberwachung, Regierungs- und Botschaftsbewachung, sowie Funk- und Kommunikationsspezialisten. Ein wesentlicher Anteil der in den letzten Jahren vorgenommenen Truppenreduktionen in der Volksbefreiungsarmee war in Wahrheit eine Umschichtung von den Linientruppen zur BVP. Da