TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/25 93/17/0400

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Veröffentlicht am 25.05.1998
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Index

L37161 Kanalabgabe Burgenland;
L82301 Abwasser Kanalisation Burgenland;

Norm

KanalabgabeG Bgld §10;
KanalabgabeG Bgld §11;
KanalabgabeG Bgld §12;
KanalabgabeG Bgld §2 Abs1;
KanalabgabeG Bgld §5;
KanalabgabeG Bgld §6 Abs1;
KanalanschlußG Bgld 1989 §1 Abs4;
KanalanschlußG Bgld 1989 §2 Abs2 Z3;
KanalbenützungsgebührenV Pamhagen 1991 §2;
KanalbenützungsgebührenV Pamhagen 1991 §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Gemeinderat der Gemeinde Pamhagen betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Kanalbenützungsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG iVm § 62 Abs. 2 VwGG und § 213 Burgenländische Landesabgabenordnung wird der Berufung des Beschwerdeführers vom 6. Jänner 1992 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Pamhagen vom 9. Dezember 1991 betreffend die Festsetzung einer Kanalbenützungsgebühr gemäß §§ 10, 11 und 12 Burgenländisches Kanalabgabegesetz 1984, LGBl. Nr. 41/1984 in der Fassung der Kanalabgabegesetz-Novelle LGBl. Nr. 37/1990 in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates vom 23. August 1991 für die Grundstücke 86, 87 Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, daß die Kanalbenützungsgebühr für 1991 für das Grundstück Nr. 86 aufgrund einer Berechnungsfläche von 316,35 m2 und eines Beitragssatzes von S 15,90 mit S 5.030,-- zuzüglich S 503,-- USt, gesamt sohin S 5.533,-- festgesetzt wird; insoweit mit dem genannten Bescheid eine Kanalbenützungsgebühr für das Grundstück Nr. 87 festgesetzt wird, wird der bekämpfte Bescheid, d.i. hinsichtlich der Festsetzung einer Kanalbenützungsgebühr in der Höhe von S 3.238,-- zuzüglich S 323,80 USt, gesamt sohin S 3.561,80, ersatzlos aufgehoben.

Die Gemeinde Pamhagen hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 6.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 9. Dezember 1991 schrieb der Bürgermeister der Gemeinde Pamhagen gemäß §§ 10, 11 und 12 des Burgenländischen Kanalabgabegesetzes 1984, LGBl. Nr. 41/1984 i.d.F. LGBl. Nr. 37/1990, in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates vom 23. August 1991 für die Grundstücke Nr. 86 und Nr. 87 die Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1991 mit S 8.268,00 zuzüglich 10 % MWSt S 826,80, gesamt S 9.094,80, vor. Begründend wird in diesem Bescheid ausgeführt, daß der Gemeinderat der Gemeinde Pamhagen mit der Verordnung vom 23. August 1991 über die Einhebung von Kanalbenützungsgebühren den Beitragssatz mit 25 v.H. des vorläufigen Anschlußbeitrages festgesetzt habe. Die Berechnungsfläche ergebe sich aus der Summe der mit dem Bewertungsfaktor vervielfachten bebauten Flächen und Nutzflächen. Die Berechnungsfläche für das "Grundstück 86, 87" betrage 520 m2. Es wird in der Folge näher dargestellt, wie sich diese Fläche errechnet. Die Benützungsgebühr sei das Produkt aus Berechnungsfläche und Beitragssatz, sodaß sich als Produkt von 520 x 15,90 die Kanalbenützungsgebühr mit S 8.268,--, zuzüglich S 826,80 MWSt, gesamt sohin S 9.094,80 errechne.

Mit Schreiben vom 6. Jänner 1992 erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr vom 9. Dezember 1991, in der ausgeführt wird, daß die Berufung "gegen die im Gegenstand vorgeschriebene Kanalisationsgebühr für das Grundstück Nr. 87" erhoben werde.

Auf diesem Grundstück befinde sich ein Gebäude, bei dem keine Schmutzwässer anfielen und von dem das Niederschlagswasser ohne nachteilige Auswirkungen auf eigenem Grund versickern oder verrieseln könne. Dieses Gebäude stehe frei (sei also nicht mit anderen Bauten in Verbindung) und werde zum Einstellen von Geräten und Maschinen und als Lagerraum genutzt.

Für dieses Gebäude im Ausmaß von 203,70 m2 sei von der Gemeinde entgegen den aufgrund dieser Umstände bestehenden Gründen für eine Befreiung mit dem genannten Bescheid vom 9. Dezember 1991 eine Benützungsgebühr vorgeschrieben worden.

Da über diese Berufung keine Entscheidung erging, erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Säumnisbeschwerde. Diese betrifft die Verletzung der Entscheidungspflicht über die Berufung gegen den Bescheid vom 9. Dezember 1991 hinsichtlich der Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1991 (nach dem von der Gemeinde vorgelegten Akt erging mit dem Datum 25. März 1992 auch eine Abgabenvorschreibung in gleicher Höhe für das Jahr 1992; dieses Verfahren ist nicht Gegenstand des vorliegenden Säumnisbeschwerdeverfahrens).

Die Gemeinde Pamhagen hat im Verfahren mitgeteilt, daß das vorliegende Berufungsverfahren mehrmals im Gemeinderat Gegenstand der Beratungen war, sich jedoch jeweils keine Mehrheit für den eingebrachten Antrag auf Erledigung der Berufung gefunden habe. Es wurde daher von der Gemeinde Pamhagen nur der Verwaltungsakt vorgelegt, der ausständige Bescheid wurde nicht nachgeholt.

Der Verwaltungsgerichtshof ist daher gemäß § 36 Abs. 2 VwGG zuständig, in der Sache über die Berufung des Beschwerdeführers vom 6. Jänner 1992 zu entscheiden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Gesetz vom 25. Juni 1984 über die Einhebung von Kanalabgaben (Kanalabgabegesetz - KAbG), LGBl. für das Burgenland Nr. 41/1984, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 37/1990, lautet auszugsweise:

"Kanalisationsbeiträge

§ 2

Allgemeines

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates Kanalisationsbeiträge (Erschließungsbeitrag, vorläufiger Anschlußbeitrag, Anschlußbeitrag, Ergänzungsbeitrag, vorläufiger Nachtragsbeitrag, Nachtragsbeitrag) zur Deckung der Errichtungskosten der Kanalisationsanlage nach den Bestimmungen dieses Abschnittes zu erheben. An Kanalisationsbeiträgen darf jedoch jeweils insgesamt nicht mehr erhoben werden, als den von der Gemeinde geleisteten oder voranschlagsmäßig zu leistenden Aufwendungen für die Kanalisationsanlage entspricht.

...

§ 5

Anschlußbeitrag

(1) Für jene Anschlußgrundfläche bzw. Teile der Anschlußgrundfläche, für die eine Anschlußverpflichtung oder eine Anschlußbewilligung rechtskräftig ausgesprochen wurde, ist ein Anschlußbeitrag zu erheben.

(2) Die Berechnungsfläche ergibt sich aus der Summe der in Z 1 und Z 2 genannten, mit dem Bewertungsfaktor vervielfachten Flächen.

                                                   Bewertungs-

    1. Bebaute Fläche:                                  faktor

       Als bebaute Fläche gilt die von Gebäuden ...

       Ausmaß der bebauten Flächen                         0,5

    2. Nutzfläche:

       a) Wohnungen                                        1

       ...

       j) Weinbaubetrieb                                   1,5

       ...

§ 6

Vorläufiger Anschlußbeitrag

(1) Für jene Anschlußgrundfläche bzw. Teile der Anschlußgrundfläche, für die im Falle der Fertigstellung des wasserrechtlich bewilligten Projektes über die Errichtung oder Änderung der Kanalisationsanlage Anschlußpflicht bestehen würde, kann ein vorläufiger Anschlußbeitrag erhoben werden.

Kanalbenützungsgebühren

§ 10

Allgemeines

(1) Soferne Gemeinden aufgrund bundesgesetzlicher Ermächtigung durch Verordnung des Gemeinderates Gebühren für die Benützung der Kanalisationsanlage vorschreiben, gelten hiefür die Bestimmungen dieses Abschnittes.

(2) Dem Gemeinderat steht es frei, innerhalb der bundesgesetzlichen Ermächtigung hinsichtlich des Abgabengegenstandes, der Entstehung der Abgabenschuld, des Abgabenschuldners und der Fälligkeit von diesem Gesetz abweichende Bestimmungen zu treffen.

§ 11

Höhe der Gebühr

(1) Die Kanalbenützungsgebühren dürfen das jährliche Erfordernis für

a)

den Betrieb und die Instandhaltung der Kanalisationsanlage,

b)

die Zinsen für Darlehen, die für die Errichtung oder Änderung der Kanalisationsanlage aufgenommen worden sind,

c)

die Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Kanalisationsanlage entsprechenden Lebensdauer und

d)

die Bildung einer Erneuerungsrücklage von höchstens 3 v.H. der Errichtungskosten (§ 2 Abs. 1 und 2)

nicht übersteigen.

(2) Zu den Errichtungskosten im Sinne des Abs. 1 lit. c zählen nicht

...

(3) Der Abgabenanspruch entsteht mit Beginn des Monats, in dem erstmalig die Benützung der Kanalisationsanlage möglich ist.

(4) Die Kanalbenützungsgebühr ist mit ihrem Jahresbetrag festzusetzen."

Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Pamhagen vom 23. August 1991 über die Einhebung einer Kanalbenützungsgebühr lautet auszugsweise wie folgt:

"Aufgrund der §§ 10, 11 und 12 des Kanalabgabegesetzes, LGBl. Nr. 41/1984 in der Fassung des Gesetzes vom 5. März 1990, LGBl. Nr. 37/1990, sowie des § 15 Abs. 3 Z 5 des Finanzausgleichsgesetzes 1989, BGBl. Nr. 687/1988, wird verordnet:

§ 1

Zur Deckung der Betriebs- und Instandhaltungskosten der Kanalisationsanlage und zur teilweisen Deckung der Errichtungskosten werden nach den Bestimmungen des dritten Abschnittes des Kanalabgabegesetzes Kanalbenützungsgebühren erhoben.

§ 2

Die Höhe der jährlichen Kanalbenützungsgebühr wird mit 25 v.H. des vorläufigen Anschlußbeitrages (Verordnung des Gemeinderates vom 30. Dezember 1989) festgelegt. Die gesetzliche Umsatzsteuer ist gesondert hinzuzurechnen.

..."

Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Pamhagen vom 24. März 1989 über die Einhebung eines vorläufigen Anschlußbeitrages nach dem Kanalabgabegesetz lautet wie folgt:

"Aufgrund der §§ 2, 3 und 6 des Kanalabgabegesetzes, LGBl. Nr. 41/1984, wird verordnet:

§ 1

Für jene Grundstücke, für die nach Fertigstellung des wasserrechtlich bewilligten Projektes über die Errichtung (Änderung) der Kanalisationsanlage Anschlußpflicht besteht, ist ein vorläufiger Anschlußbeitrag zu erheben.

§ 2

(1) Die veranschlagten Errichtungskosten der Kanalisationsanlage betragen 70 Millionen S. Die um 10 v.H. erhöhte Summe aller Berechnungsflächen beträgt 329.772,03 m2.

(2) Der Beitragssatz wird mit S 63,60 festgesetzt. Die gesetzliche Umsatzsteuer ist gesondert hinzuzurechnen.

§ 3

Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 1989 in Kraft."

Das Gesetz vom 22. Jänner 1990 über den Anschluß an öffentliche Kanalisationsanlagen und deren Benützung sowie über die Aufhebung einer Bestimmung der Burgenländischen Bauordnung (Bgld Kanalanschlußgesetz 1989), LGBl. Nr. 27/1990, lautet auszugsweise:

"§ 1

Begriffsbestimmungen

(1) Abwasser ist Schmutzwasser oder Niederschlagswasser aus dem Bereich von Anschlußgrundflächen.

(2) Schmutzwasser ist durch Nutzung in seiner Beschaffenheit nachteilig verändertes Wasser. Zum Schmutzwasser gehören auch Fäkalien.

(3) Niederschlagswasser ist Wasser, das von atmosphärischen Niederschlägen stammt und in seiner natürlichen Beschaffenheit nicht wesentlich nachteilig verändert ist.

(4) Anschlußgrundflächen im Sinne dieses Gesetzes sind bebaute oder unbebaute Grundflächen, die aus einem oder mehreren benachbarten Grundstücken bestehen, welche eine funktionelle oder wirtschaftliche Einheit bilden.

...

§ 2

Anschlußpflicht

(1) Die Eigentümer von Anschlußgrundflächen sind verpflichtet, die Abwässer (Schmutzwässer oder Niederschlagswässer) in die bewilligte öffentliche Kanalisationsanlage (§ 32 des Wasserrechtsgesetzes 1959) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes einzuleiten. Sind Eigentümer der Anschlußgrundfläche und Eigentümer eines auf dieser Grundfläche befindlichen Baues oder sonstigen Anlage verschiedene Personen, trifft diese Verpflichtung den Eigentümer des Baues oder der sonstigen Anlage.

(2) Diese Verpflichtung besteht nicht

1.

für Grundflächen, die dem öffentlichen Verkehr dienen,

2.

für unbebaute Anschlußgrundflächen, wenn darauf keine Schmutzwässer anfallen und die Niederschlagswässer ohne nachteilige Auswirkungen und ohne Anlagen auf eigenem Grund versickern oder verrieseln können,

3.

für Bauten, bei denen nur Niederschlagswässer anfallen, die ohne nachteilige Auswirkungen zur Gänze versickern oder verrieseln können. Bauten im Sinne dieser Bestimmung sind solche, die mit Bauten, bei denen auch Schmutzwässer anfallen, nicht in Verbindung stehen oder im Falle des Abbruches der anderen Bauten für sich allein bestehen könnten,

4.

..."

§ 13 Bgld Kanalanschlußgesetz 1989 lautet:

"§ 13

Übergangsbestimmungen

(1) Anhängige Verfahren sind nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu Ende zu führen.

(2) § 2 Abs. 2 und 3 sowie § 4 Abs. 1 Z 2 sind auch auf jene Fälle anzuwenden, in denen im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits mit rechtskräftigem Bescheid über die Anschlußverpflichtung (Anschlußfrist) entschieden, die Anschlußbewilligung erteilt, der Anschluß bereits durchgeführt wurde oder die Anschlußfrist abgelaufen ist.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 2 sowie für bereits bestehende Anschlußgrundflächen, Bauten oder sonstige Anlagen hat der Eigentümer derselben der Behörde in den Fällen des § 2 Abs. 2 die Inanspruchnahme der Ausnahme von der Anschlußverpflichtung anzuzeigen, im Fall des § 2 Abs. 3 sowie des § 4 Abs. 1 Z 2 einen entsprechenden Antrag zu stellen.

(4) Anzeigen und Anträge nach Abs. 3 sind bei sonstigem Anspruchsverlust innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bei der Behörde einzubringen."

Die oben bei der Wiedergabe des Textes des Kanalabgabegesetzes berücksichtigte Novelle LGBl. Nr. 37/1990 enthält in Art. II Abs. 4 folgende Übergangsbestimmung:

(4) Soferne die Kanalbenützungsgebühr in einem Hundertsatz des vorläufigen bzw. des endgültigen Anschlußbeitrages oder mit einem bestimmten Betrag pro Quadratmeter Berechnungsfläche festgelegt wird, sind die gemäß § 2 Abs. 2

Bgld Kanalanschlußgesetz 1989 von der Anschlußpflicht ausgenommenen Bauten ... mit Beginn des dem Inkrafttreten dieses Gesetzes folgenden Kalenderjahres bei der Bemessung der Gebühr zu berücksichtigen. Wird die Anzeige gemäß § 13 Abs. 3 und 4 Bgld Kanalanschlußgesetz 1989 nach Ablauf des Kalenderjahres 1990 erstattet, haben diese Flächen erst mit Beginn des der Anzeige folgenden Kalenderjahres Berücksichtigung zu finden."

Vor dem Inkrafttreten des oben auszugsweise wiedergegebenen Kanalanschlußgesetzes 1989 ergab sich die Anschlußverpflichtung an das öffentliche Kanalnetz aus dem Bgld. Kanalanschlußgesetz LGBl. Nr. 8/1967. Die Anschlußverpflichtung nach diesem Gesetz bezog sich auf sämtliche Grundstücke, auf denen Bauwerke bestanden oder errichtet wurden (Häuser und andere Objekte), deren Bestanddauer voraussichtlich die Zeit von 6 Monaten überschritt (§ 1 Abs. 1 des genannten Gesetzes). Erfaßt waren nach § 1 Abs. 1 "die Niederschlagswässer und Abwässer". Im Hinblick auf die sich daraus gegenüber der früheren Rechtslage ergebenden Änderungen wurde die zuletzt zitierte Übergangsbestimmung in der Novelle zum Kanalabgabegesetz geschaffen.

Aus diesen Vorschriften ergibt sich zunächst grundsätzlich, daß die Einhebung einer Kanalbenützungsgebühr gemäß §§ 10, 11 und 12 des Kanalabgabegesetzes in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates vom 23. August 1991 von der Möglichkeit der Einhebung eines vorläufigen Anschlußbeitrages abhängt. Da gemäß § 5 des Kanalabgabegesetzes der Anschlußbeitrag für Anschlußgrundflächen, für die eine Anschlußverpflichtung oder eine Anschlußbewilligung rechtskräftig ausgesprochen wurde, einzuheben ist und gemäß § 6 Abs. 1 der vorläufige Anschlußbeitrag für jene Anschlußgrundflächen vorzuschreiben ist, für die im Falle der Fertigstellung des Projektes Anschlußpflicht bestehen würde, setzt die Vorschreibung einer Kanalbenützungsgebühr das Bestehen der Anschlußpflicht voraus.

§ 11 Abs. 3 Kanalabgabegesetz und § 4 der Verordnung des Gemeinderates vom 23. August 1991 betreffend die Entstehung des Abgabenanspruches regeln nur den Zeitpunkt der Entstehung, enthalten jedoch keine abschließende Regelung des Abgabentatbestandes selbst; es kommt daher nicht nur auf die Anschlußmöglichkeit, sondern auch auf die Anschlußmöglichkeit an; daneben ist grundsätzliche Voraussetzung für das Bestehen der Abgabepflicht auch das Bestehen der Anschlußpflicht.

Wie sich aus § 13 Abs. 3 und 4

Bgld Kanalanschlußgesetz 1989 in Verbindung mit der oben wiedergegebenen Übergangsbestimmung des Art. II Abs. 4 der Novelle zum Kanalabgabegesetz, LGBl. Nr. 37/1990, ergibt, setzte die Berücksichtigung von Bauten, die bei der Berechnung der Berechnungsfläche nicht mehr miteinzubeziehen gewesen wären, in den Fällen des § 2 Abs. 2 eine Anzeige der Inanspruchnahme der Ausnahme, im Fall des § 2 Abs. 3 sowie des § 4 Abs. 1 Z 2 jedoch einen entsprechenden Antrag des Abgabepflichtigen voraus.

Da gemäß § 1 des Kanalanschlußgesetzes 1989 Anschlußgrundflächen im Sinne dieses Gesetzes solche bebaute oder unbebaute Grundflächen sind, die aus einem oder mehreren benachbarten Grundstücken bestehen, welche eine funktionelle oder wirtschaftliche Einheit bilden, ist im Beschwerdefall von Bedeutung, ob die im vorstehenden skizzierten Grundsätze auf die Grundstücke Nr. 86 und Nr. 87 getrennt, oder aber im Sinne des § 1 Abs. 4 Kanalanschlußgesetz 1989 für beide Grundstücke zusammen als einheitliche Anschlußgrundfläche im Sinne des Gesetzes anzuwenden sind.

Wie sich in diesem Zusammenhang aus dem vorgelegten Akt der Gemeinde ergibt, wurde mit Bescheid vom 10. August 1989 dem Beschwerdeführer der vorläufige Anschlußbeitrag für beide Grundstücke gemeinsam vorgeschrieben. Die Grundstücke wurden somit für Zwecke der Abgabenvorschreibung nach dem Kanalabgabegesetz als einheitliche Anschlußgrundfläche behandelt. Der Beschwerdeführer hat gegen diese Vorschreibung eines vorläufigen Anschlußbeitrages offenbar kein Rechtsmittel erhoben.

Ob die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr nach dem Kanalabgabegesetz iVm der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Pamhagen vom 23. August 1991 solcherart an die Höhe des vorläufigen Anschlußbeitrages anknüpft, daß ein rechtskräftiger Bescheid über die Vorschreibung des vorläufigen Anschlußbeitrages Bindungswirkung für die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr entfaltet, kann dahinstehen. In der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Pamhagen vom 23. August 1991 wird hinsichtlich der Höhe der Kanalbenützungsgebühr auf den vorläufigen Anschlußbeitrag gemäß der Verordnung des Gemeinderates vom 30. Dezember 1989 verwiesen. Daraus folgt, daß eine Bindungswirkung an Bescheide betreffend den vorläufigen Anschlußbeitrag jedenfalls dann nicht gegeben ist, wenn der entsprechende Bescheid auf der Grundlage von früheren Verordnungen hinsichtlich die Einhebung des vorläufigen Anschlußbeitrages erging.

Daraus ergibt sich im Beschwerdefall, daß es dahingestellt sein kann, ob der genannte Bescheid vom 10. August 1989 betreffend die Vorschreibung eines vorläufigen Anschlußbeitrages rechtskräftig wurde oder nicht. Aufgrund des Abstellens auf den vorläufigen Anschlußbeitrag gemäß der Verordnung des Gemeinderates vom 30. Dezember 1989 könnte jedenfalls nur ein Bescheid aufgrund dieser Verordnung Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren entfalten. Ein solcher Bescheid liegt jedoch nicht vor.

Die dargestellte Rechtslage bedeutet, daß die Höhe der jährlichen Kanalbenützungsgebühr aufgrund der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Pamhagen vom 23. August 1991 anhand eines fiktiven, sich aus der Verordnung des Gemeinderates vom 30. Dezember 1989 ergebenden, vorläufigen Anschlußbeitrages zu errechnen ist.

Daraus folgt im Beschwerdefall weiters, daß die oben angeschnittene Frage, ob die Grundstücke Nr. 86 und Nr. 87 eine einheitliche Anschlußgrundfläche im Sinne des § 1 Abs. 4 Bgld Kanalanschlußgesetz 1989 bilden, nicht als in einem rechtskräftigen Bescheid entschieden angesehen werden kann.

Die Gemeindeorgane haben nach den vorliegenden Verwaltungsakten keine Feststellungen über das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 4 Bgld Kanalanschlußgesetz 1989 getroffen. Auch die über Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes vom Bezirksgericht Neusiedl am See am 9. Jänner 1995 durchgeführte ergänzende Beweisaufnahme hat nichts ergeben, was die Annahme nahelegen würde, daß eine derartige wirtschaftliche Einheit vorliegt.

Es ist daher davon auszugehen, daß die Abgabenvorschreibung für die Grundstücke Nr. 86 und Nr. 87 als einheitliche Anschlußgrundfläche rechtswidrig war.

Somit ist im Beschwerdefall nicht von Bedeutung, ob der Beschwerdeführer im Laufe des Jahres 1990 Anzeige oder Anträge im Sinne des § 13 Abs. 3 und 4 Bgld Kanalanschlußgesetz 1989 iVm Art. II Abs. 4 der Novelle zum Kanalabgabegesetz LGBl. Nr. 37/1990 eingebracht hat. Eine Einbeziehung der Grundfläche der verfahrensgegenständlichen Scheune bei der Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr aufgrund des Umstandes, daß die entsprechende Fläche auch schon früher in die Berechnung miteinbezogen war und der Beschwerdeführer keine diesbezüglichen Anträge gestellt habe, käme nur in Betracht, wenn die beiden Grundstücke Nr. 86 und Nr. 87 - wie dies die Behörde erster Instanz angenommen hat - als einheitliche Anschlußgrundfläche im Sinne des § 1 Abs. 4 Kanalanschlußgesetz 1989 gelten könnten. Dies ist jedoch nach dem Vorgesagten nicht der Fall.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen, das sich nur auf die Einbeziehung der Scheune auf dem Grundstück Nr. 87 bezog, ist die erstinstanzliche Entscheidung lediglich hinsichtlich der Berücksichtigung dieser Scheune vom Rechtsmittelwerber bekämpft. Hinsichtlich der Abgabenvorschreibung für die Gebäude auf dem Grundstück Nr. 86 wird in der Berufung nichts vorgebracht. Da sich der erstinstanzliche Bescheid auf beide Grundstücke bezog, ist Gegenstand der Berufungsentscheidung die Abgabenvorschreibung hinsichtlich der Kanalbenützungsgebühren für 1991 für beide Grundstücke.

Es ist daher zu klären, ob für das Grundstück Nr. 87 als eigene Anschlußgrundfläche die Vorschreibung einer Kanalbenützungsgebühr in Betracht kommt.

Dies ist jedoch zu verneinen. Wie sich aus der über Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes durchgeführten Beweisaufnahme durch das Bezirksgericht Neusiedl am See am 9. Jänner 1995 ergibt, fallen auf dem Grundstück Nr. 87 (insbesondere in der in Rede stehenden Scheune) keine Schmutzwässer im Sinne des Kanalanschlußgesetzes 1989 an.

Aus den von der Gemeinde vorgelegten Unterlagen ergibt sich weiter, daß dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 18. März 1987 gemäß § 1 des Gesetzes vom 18. Oktober 1966, LGBl. Nr. 8/1967, über die Verpflichtung zum Anschluß an öffentliche Kanalisationsanlagen und die Art ihrer Benützung (Burgenländisches Kanalanschlußgesetz) der Anschluß des Grundstückes Nr. 86 an die mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 10. Dezember 1979 genehmigte Kanalisationsanlage der Gemeinde aufgetragen wurde.

Für das Grundstück Nr. 87 wurde eine derartige Anschlußverpflichtung nach den vorgelegten Akten nicht ausgesprochen.

Nach den Feststellungen des Bezirksgerichtes Neusiedl am See in der Augenscheinsverhandlung vom 9. Jänner 1994, der auch der Beschwerdeführer und der Bürgermeister der Gemeinde beigezogen waren, fallen auf dem Grundstück Nr. 87 keine Schmutzwässer an. Die Verrieselung der Niederschlagswässer ohne nachteilige Auswirkungen wird in der Niederschrift über diese Verhandlung als gegeben festgestellt. Darauf allein, daß die Scheune, wie der Vertreter der Gemeinde in der Augenscheinsverhandlung vorbrachte, gewerblich als Gemüseübernahmestelle genutzt wird, kommt es für die Entstehung des Gebührenanspruches nicht an, weil damit nicht notwendigerweise das Anfallen von Schmutzwässern verbunden ist.

Über Befragen durch den die Amtshandlung leitenden Richter gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, daß die am 9. Jänner 1995 getroffenen Feststellungen auch für das Jahr 1991 zugetroffen hätten.

Daraus ergibt sich, daß für das Grundstück Nr. 87 keine rechtskräftige Anschlußverpflichtung besteht und überdies auch im Rahmen einer Beurteilung der Frage der Anschlußverpflichtung als Vorfrage bei der gegenständlichen Abgabenvorschreibung hinsichtlich der Kanalbenützungsgebühr die Frage der Anschlußpflicht zu verneinen ist.

Damit ergibt sich für die Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers, daß lediglich die Abgabenfestsetzung für das Grundstück Nr. 86 vorzunehmen war. Der Berufung wird damit insoweit Folge gegeben, als die Vorschreibung einer Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1991 für das Grundstück Nr. 87 ersatzlos aufgehoben wird. Es war daher die Abgabe auf der Grundlage der Angaben auf dem im Akt erliegenden Erhebungsblatt neu zu berechnen. Dabei war die von der Behörde erster Instanz vorgenommene Einbeziehung der Fläche der Scheune auf Grundstück Nr. 87 zu berücksichtigen. Aufgrund der sich solcherart ergebenden Reduktion der bebauten Fläche im Sinn des § 5 Abs. 2 Z 1 KAbG und des Entfalls der Nutzfläche der Scheune im Sinn des § 5 Abs. 2 Z 2 KAbG ergibt sich der im Spruch genannte Betrag der Abgabenschuld für Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1991.

Die Wirkung dieser Entscheidung auf die Folgejahre im Sinne des § 11 Abs. 5 Kanalabgabegesetz ist nur insoweit gegeben, als nicht nachfolgend Abgabenbescheide über die Kanalbenützungsgebühr ergingen und rechtskräftig wurden (vgl. den im Akt erliegenden Bescheid vom 25. März 1992).

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Antrags auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 55 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1993170400.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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