TE OGH 2020/3/4 15Os147/19k

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Veröffentlicht am 04.03.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. März 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Rechtspraktikanten Dr. Schöll als Schriftführer in der Strafsache gegen Thomas H***** wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. August 2019, GZ 52 Hv 38/17p-94, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Thomas H***** im zweiten Rechtsgang (zu den im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldsprüchen vgl 15 Os 117/18x) der Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger (richtig:) nach § 207a Abs 3 zweiter Satz StGB (1./) und nach § 207a Abs 3 erster Satz StGB (2./) schuldig erkannt.

Danach hat er vom 23. März 2007 bis 18. Juli 2008 sich pornographische Darstellungen verschafft und bis Juli 2016 besessen, und zwar

1./ unmündiger Personen, nämlich

a./ sechsundvierzig Dateien mit jeweils wirklichkeitsnahen Abbildungen einer geschlechtlichen Handlung an einer unmündigen Person oder einer unmündigen Person an einer anderen Person, nämlich Vaginal- und Analverkehr an unter 14jährigen Mädchen, vaginale und anale Penetration mit einem Finger oder einem Gegenstand von unter 14jährigen Mädchen sowie Oralverkehr von unter 14jährigen Mädchen an Erwachsenen;

b./ elf Dateien mit wirklichkeitsnahen, reißerisch verzerrten, auf sich selbst reduzierten und von anderen Lebensäußerungen losgelösten Abbildungen, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen, nämlich der Schamgegend von unter 14jährigen Mädchen;

2./ mündiger minderjähriger Personen, nämlich

a./ drei Dateien mit wirklichkeitsnahen, reißerisch verzerrten, auf sich selbst reduzierten und von anderen Lebensäußerungen losgelösten Abbildungen einer geschlechtlichen Handlung an einer mündigen minderjährigen Person, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen (US 6), nämlich vaginale Penetration mit einem Finger von Mädchen über 14 Jahren;

b./ vier Dateien mit wirklichkeitsnahen, reißerisch verzerrten, auf sich selbst reduzierten und von anderen Lebensäußerungen losgelösten Abbildungen, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen, nämlich der Schamgegend von Mädchen über 14 Jahren.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.

Die Mängelrüge (Z 5 erster Fall) spricht mit ihrer Kritik an der – im Übrigen unmissverständlichen (US 5: „im Zeitraum zwischen dem 23. März 2007 bis 18. Juli 2008“) – erstgerichtlichen Feststellung zum Zeitpunkt der Speicherung der inkriminierten Dateien („Verschaffen“) mit Blick auf den gleichfalls konstatierten Besitz dieser Dateien bis Juli 2016 (US 5) keine für die Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache an (zum gegenständlichen alternativen Mischdelikt vgl Hinterhofer, SbgK § 207a Rz 13).

Das weitere Vorbringen der Rüge, es wäre denkbar, dass die inkriminierten Dateien von einer dritten Person gespeichert wurden und lediglich durch das Ansehen durch den Angeklagten im Jahr 2007 einen neuen „Zeitstempel“ erhalten hätten, zeigt keinen Begründungsmangel auf, sondern bekämpft die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld.

Entgegen der weiteren Kritik (Z 5 vierter Fall) begegnet die von den Tatrichtern vorgenommene Ableitung der subjektiven Tatseite aus dem – konkret beschriebenen – objektiven Tatgeschehen (US 11) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882).

Die Konstatierungen zur Täterschaft des Angeklagten gründeten die Tatrichter – im Einklang mit den Kriterien logischen Denkens und allgemeinen Erfahrungssätzen – auf die als glaubwürdig und nachvollziehbar erachtete Aussage der Zeugin Susanna H*****, wogegen sie die Verantwortung des Angeklagten als lebensfremd verwarfen (US 6 ff und 9 ff).

Indem die Beschwerde die Annahme der Glaubwürdigkeit dieser Zeugin als „logisch nicht nachvollziehbar“ bezeichnet, weil „sehr häufig“ […] von den Parteien eines Scheidungsverfahrens […] strafrechtliche Vorwürfe gegen die gegnerische Partei erhoben“ würden, weshalb es einer „eingehenden Auseinandersetzung mit dem Motiv“ hinter den erhobenen Anschuldigungen bedurft hätte, versucht sie bloß neuerlich mittels in diesem Rahmen nicht zulässiger beweiswürdigender Erwägungen der Verantwortung des Angeklagten zum Durchbruch zu verhelfen, ohne dass damit ein Begründungsdefizit im Sinn des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes aufgezeigt würde.

Dem Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) zuwider stellt die Wertung des geringen Alters des Opfers, das bei Beginn der sexuellen Übergriffe (Schuldsprüche A./ und B./I./ des Ersturteils ON 63) erst sechs Jahre alt war (vgl ON 63 S 2, 7 f), als erschwerend (US 13) keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot dar (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB), weil bei § 206 Abs 1 StGB und § 207a Abs 1 StGB (in den Fassungen BGBl 1996/762 und BGBl I 2002/134) bereits die Unmündigkeit, also die Nichtvollendung des 14. Lebensjahres (§ 74 Abs 1 Z 1 StGB) den Strafsatz bestimmt und jedes (noch) weitere Zurückbleiben des Lebensalters des Opfers unter dieser Altersgrenze gemäß § 32 Abs 3 StGB strafschärfend wirkt (RIS-Justiz RS0090958).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E127633

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0150OS00147.19K.0304.000

Im RIS seit

26.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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