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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der T in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 3. November 1997, Zl. UVS-04/G/21/00354/97, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 3. November 1997 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 7. Dezember 1996 in W, A-Gasse 1, selbstgefertigte Waren, und zwar ca. 30 Stück Teddy-Bären ("Original-T-Teddy"), zum Verkauf bereit gehalten (Preise zwischen S 1.800,-- und S 2.300,--) und somit das Gewerbe: "Erzeugung von Spielwaren" ausgeübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 begangen, weshalb über sie gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt wurde. Zur Begründung führte der Unabhängige Verwaltungssenat im wesentlichen aus, die in der Herstellung der Teddybären bestehende Tätigkeit sei keine künstlerische, da Art und Weise der Gestaltung dieser Gegenstände keinen eigenschöpferischen Gestaltungsprinzipien entsprächen, die eine künstlerische Ausbildung und Begabung der Beschwerdeführerin voraussetzten. Die photographisch wiedergegebenen Bären wiesen zwar unterschiedliche Größen auf und seien verschieden angezogen, sie entsprächen aber alle dem "klassischen Teddybärentypus". Seien auch alle Bären Unikate, so könne der Beschwerdeführerin nicht beigepflichtet werden, daß sie "kleine Persönlichkeiten mit jeweils unterschiedlichen Charaktereigenschaften" und einer "Seele" geschaffen habe. Insbesondere reiche die individuelle Gestaltung der Bären alleine nicht aus, den Tatbestand "Ausübung der schönen Künste" zu erfüllen. Zudem bringe die Beschwerdeführerin selbst vor, sie hätte Weihnachten 1995 einen alten, abgeliebten Steiffteddybären geschenkt bekommen und die Idee gehabt, "solch einen Teddybär wieder zu kreieren". Die Beschwerdeführerin greife also bei der Gestaltung auf (zu Recht bewährte und beliebte) Muster von alten, klassischen Teddys zurück, welche insbesondere von der von der Beschwerdeführerin erwähnten Firma Steiff schon seit Jahrzehnten hergestellt würden. Weder der Entwurf der Teddybärenmodelle noch deren Ausführung weise eine eigenschöpferische, künstlerische Leistung auf, würden doch keine neuen, besonderen oder für Teddybären ungewöhnlichen Materialien verwendet, sondern die für die Erzeugung der "klassischen" Teddybären seit jeher gebrauchten geblasenen Glasaugen und vor allem Holzwolle. Auch Kleidung und Typen der dargestellten Teddybären seien nicht neuartig oder gar künstlerisch, sei doch bekannt, daß Teddys schon immer beim Spielen - ähnlich wie Puppen - mit verschiedensten Kleidern an- bzw. und umgezogen worden seien. Da somit weder der Entwurf (äußere Form) noch die Herstellung der Bären als eigenständige, schöpferische Leistung gewertet werden könne, die nur von der Beschwerdeführerin und von niemandem sonst erbracht werden könne, komme ihr die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 7 GewO 1994 nicht zugute.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtete sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt sie vor, bei Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 7 GewO 1994 komme es nicht darauf an, ob es sich um "klassische Teddybären-Typen" oder um Unikate handle, sondern ausschließlich darauf, ob das einzelne Werkstück aus dem Wesen des Künstlers fließende Eigentümlichkeiten aufweise. Diese könnten sowohl einem "klassischen Teddybären-Typ" immanent sein als auch - nicht notwendigerweise - sich in einem Unikat äußern (vgl. Druckgrafik). Im vorliegenden Fall weise jedoch jeder einzelne Teddybär eine über das Kunsthandwerk hinausgehende künstlerische Gestaltung auf, welche es gestatte, den Teddybären der Künstlerin zuzuordnen. Beim Kunsthandwerk sei dies anders, da die einzelne Ausgestaltung so unspezifisch sei, daß diese nicht nur vom tatsächlichen Hersteller, sondern auch von anderen Personen wiederholbar sei; möge auch die künstlerische Ausgestaltung jeweils ein Unikat darstellen und von anderen Werkstücken unterscheidbar sein. Im Hinblick auf die aus dem Wesen der Künstlerin erfließenden Eigentümlichkeiten der einzelnen Teddybären sei aber eine solche Wiederholbarkeit durch Dritte ausgeschlossen, deren Herstellung daher künstlerisches Schaffen und vom Ausnahmebestand des § 2 Abs. 1 Z. 7 GewO erfaßt. Weiters hätte der Unabhängige Verwaltungssenat zur umfassenden Feststellung des Sachverhaltes ein Sachverständigengutachten über die Rechtsfrage einholen müssen, ob künstlerisches Schaffen vorliege und ob den Teddybären Eigentümlichkeit aus einer künstlerischen Tätigkeit zukomme.
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung zu besitzen.
Vorweg ist festzuhalten, daß es keine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darstellt, daß die belangte Behörde von der Regelung des § 348 Abs. 1 GewO 1994, wonach für den Fall, daß in einem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 366 Zweifel bestehen, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anwendbar sind, der Landeshauptmann über diese Frage zu entscheiden hat, keinen Gebrauch gemacht hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Juni 1991, Zl. 91/04/0093, zu dem diesbezüglich vergleichbaren Verfahren nach § 358 Abs. 1 GewO 1973 ausgesprochen hat, wird ungeachtet der Verpflichtung zur Unterbrechung des zugrunde liegenden Verwaltungsverfahrens und Einleitung eines Verfahrens nach § 348 GewO 1994 die zur Durchführung des zugrunde liegenden Verfahrens zuständige Behörde auch dann nicht zur Bescheiderlassung unzuständig, wenn sie - sei es auch auf Grund einer unrichtigen Rechtsansicht - bei ihrer Beurteilung zur Annahme gelangte, daß keine Zweifel im Sinne der angeführten gesetzlichen Tatbestandsmerkmale bestehen.
Gemäß § 1 Abs. 1 GewO 1994 gilt dieses Bundesgesetz, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten. Nach § 2 Abs. 1 Z. 7 GewO 1994 ist dieses Bundesgesetz auf die literarische Tätigkeit, die Ausübung der schönen Künste (Abs. 11) sowie die Ausübung des Selbstverlages der Urheber nicht anzuwenden.
Gemäß § 2 Abs. 11 erster Satz GewO 1994 ist unter Ausübung der schönen Künste im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs. 1 Z. 7) die eigenschöpferische Tätigkeit in einem Kunstzweig zu verstehen.
Der Begriff der schönen Künste bzw. der eigenschöpferischen Tätigkeit in einem Kunstzweig ist jenem der in den Einkommensteuergesetzen verwendeten Begriff der künstlerischen Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1953 und § 22 Z. 1 lit. a EStG 1988) vergleichbar. Nach der zu diesen Gesetzesstellen entwickelten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist das Tatbestandsmerkmal der künstlerischen Tätigkeit an die Art der Gestaltung des Gegenstandes in der Weise geknüpft, daß diese Gestaltung nach den für ein umfassendes Kunstfach charakteristischen oder solchen gleichzustellenden Gestaltungsprinzipien erfolgt. Die Abgrenzung zum Kunsthandwerk hat im Einzelfall nach Maßgabe des Überwiegens der künstlerischen oder der handwerklichen Komponente zu erfolgen. Auf den künstlerischen Ruf, die Beteiligung an Wettbewerben und den Ankauf von Werken durch öffentliche Sammlungen kommt es dabei ebensowenig entscheidend an wie auf die für das Werk erzielten Preise (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 15. September 1993, Zl. 91/13/0237).
Von dieser Rechtslage ausgehend vermag der Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage der anhand der vorgelegten Fotos auch für den Verwaltungsgerichtshof als zutreffend erkennbaren Beschreibung der in Rede stehenden Teddybären im angefochtenen Bescheid die Rechtsansicht der belangten Behörde, es handle sich bei der Herstellung derselben nicht um eine eigenschöpferische Tätigkeit in einem Kunstzweig im Sinne des § 2 Abs. 11 GewO 1994 und damit nicht um die Ausübung der schönen Künste im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 7 leg. cit., nicht als rechtswidrig zu erkennen. Auch wenn es zutreffen sollte, wie in der Beschwerde behauptet wird, daß die Gestaltung der einzelnen Teddybären eine Zuordnung zur Beschwerdeführerin als deren Herstellerin zuläßt, so wird diese Besonderheit nicht etwa durch die grundsätzliche Konzeption und die besondere künstlerische Ausgestaltung des Werkes, sondern, wie die Beschwerdeführerin auch in ihrer Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid hervorhebt, durch die dem einzelnen Stofftier zugeordnete Mimik und die Art seiner Bekleidung bewirkt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 26. März 1965, Zl. 2127/64, dargelegt hat, stellt die Herstellung von Stofftieren auch dann keine Tätigkeit in einem Kunstzweig dar, wenn sie sich zum Unterschied von einer reinen Massenproduktion durch den eigenen Entwurf und durch die eigenhändige Anbringung gefälliger Accessoires individuell voneinander unterscheiden.
Die Beurteilung, ob es sich bei einer Tätigkeit um eine solche im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 7 handelt, ist grundsätzlich eine Rechtsfrage. Zwar ist nicht auszuschließen, daß es im Einzelfall zur Klärung des für diese Beurteilung erforderlichen Sachverhaltes der Beiziehung eines Sachverständigen bedarf. Im konkreten Fall vermag der Verwaltungsgerichtshof aber nicht zu erkennen, welche weitere Sachverhaltselemente durch die Beiziehung eines Sachverständigen seitens der belangten Behörde hätten gewonnen werden können, zumal auch in der Beschwerde derartiges nicht vorgebracht wird. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher entgegen dem Beschwerdevorbringen in der Unterlassung der Beiziehung eines Sachverständigen durch die belangte Behörde eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.
Auf das von der Beschwerdeführerin im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgelegte Beweismittel einer in einer Zeitschrift enthaltenen Bemerkung über die Werke der Beschwerdeführerin konnte im gegebenen Zusammenhang schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbotes nicht eingegangen werden.
Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenAuslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997040251.X00Im RIS seit
18.02.2002Zuletzt aktualisiert am
09.08.2011