TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/12 LVwG-AV-61/001-2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

12.02.2020

Norm

GdwasserleitungsG NÖ 1954 §13 Abs1
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §15 Abs1
BAO §4 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde der A, ***, ***, vom 6. Jänner 2020 gegen den Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 3. Dezember 2019, Zl. ***, mit dem eine Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** betreffend Vorschreibung einer Wasseranschlussabgabe als unbegründet abgewiesen worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) stattgegeben und der angefochtene Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** dahingehend abgeändert, dass in Stattgebung der gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** erhobenen Berufung dieser ersatzlos behoben wird

2.   Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Sachverhalt:

1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.1.1.

Um 1975 wurde in der *** die Ortswasserleitung verlegt.

Mit rechtskräftigem Teilungsplan des B vom 26. April 1982, GZ. ***, wurden die Grundstücke Nr. *** und *** KG *** in ihrer heutigen Form geschaffen. Dabei wurden die vorhandenen Punktparzellen *** (auf Grundstück *** gelegen) und *** (auf beiden Grundstücken gelegen) aufgelöst. Auf der Punktparzelle *** war ein Wohnhaus situiert, welches damals von der Urgroßmutter der Beschwerdeführerin bewohnt wurde:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

(Quelle: Bauakt der belangten Behörde)

Das Wohnhaus (situiert auf dem Grundstück Nr. ***) wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet und 1982 abgetragen:

[Abweichend vom Original – Bilder nicht wiedergegeben]

„…

…“

(Quelle: von der Beschwerdeführerin vorgelegte Unterlagen)

1.1.2.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 10. Juli 2018, Zl. ***, wurde der Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses samt Lichtschacht und Einfriedung auf dem Grundstück Nr. ***, EZ *** KG *** (topographische Anschrift ***, ***) erteilt.

1.2. Abgabenbehördliches Verfahren:

1.2.1.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 28. Mai 2019, Zl. ***, wurde der Beschwerdeführerin für die Liegenschaft *** in *** unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 402,57 m² und eines Einheitssatzes von € 7,00 eine Wasseranschlussabgabe im Betrag von € 3.099,78 (inkl. USt.) vorgeschrieben. Begründend wurde unter Wiedergabe von § 6 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 ausgeführt, dass die Berechnungsfläche wie folgt ermittelt worden sei:

Gebäude  Bebaute Fläche  Flächenhälfte angeschl. Geschoße Fläche

Wohnhaus  218,38 m²   109,19 m²  2 + 1         327,57 m²

Anteil der unbebauten Fläche: 15 % von 500,00 m²      75,00 m²

                                                                                                   402,57 m²

Unter Multiplikation mit dem Einheitssatz von € 7,00 wurde sohin eine vorzuschreibende Wasseranschlussabgabe von € 3.099,78 (inkl. USt.) errechnet.

1.2.2.

Gegen diesen Abgabenbescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. Juni 2019 fristgerecht das ordentliche Rechtsmittel der Berufung und begründete diese im Wesentlichen damit, dass für die Liegenschaft Grundstück Nr. *** KG *** bereits in deen 1980er Jahren mit Wasser versorgt worden sei. Zwischenzeitig sei die Wasserversorgung ruhend gestellt worden und bis zum Sommer 2018 nicht benötigt worden. Das Grundstück sei somit als versorgt anzusehen.

1.2.3.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Gemeindevorstandes des Marktgemeinde *** vom 3. Dezember 2019, Zl. ***, wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften ausgeführt, dass mit Bescheid vom 10. Juli 2018, Zl. ***, die Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses erteilt worden sei. Somit sei der Anschlusszwang gemäß § 1 Abs. 1 NÖ Wasserleitungsgesetz gegeben. Aufgrund dieser erstmaligen Bebauung sowie des Anschlusses an die Gemeindewasserleitung der Liegenschaft, Gst. Nr. ***, sei die einmalige Abgabe betreffend die Wasseranschlussabgabe vorgeschrieben worden.

1.3. Beschwerdevorbringen:

Mit einem Schreiben vom 6. Jänner 2020 erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ein und begründeten diese im Wesentlichen wie ihre Berufungsschrift vom 24. Juni 2019 und legte einen Teilungsplan aus dem Jahre 1982 bei, aus dem ersichtlich ist, dass damals ein mit Wasser versorgtes Gebäude (***) über die Grundstücke Nr. *** und *** errichtet gewesen sei.

1.4. Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich:

1.4.1.

Mit Schreiben vom 10. Jänner 2020 legte die Marktgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Plänen, Gutachten sowie Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Gemeindevorstandes) vor.

1.4.2.

Vom erkennenden Gericht wurde für den 10. Februar 2020 eine mündliche Verhandlung anberaumt, in deren Verlauf übereinstimmend zwischen belangter Behörde und Beschwerdeführerin festgehalten wurde, dass der Teilungsplan aus 1982 beweise, dass damals ein Gebäude (Grundstück Nr. ***) existiert habe, welches im Zuge der Grundteilung (Grundstücke Nr. *** und ***) dann abgetragen worden ist. Über dieses Gebäude selber gebe es keinerlei Unterlagen in der Gemeinde, so sei auch nicht bekannt, ob dieses Objekt an die Wasserleitung angeschlossen gewesen ist. Eine Wasserleitung habe es damals – 1982 – in der *** schon gegeben. Der Abbruch des Objektes *** sei vor allem deswegen erfolgt, da dieses Objekt dann Probleme bei der Errichtung seines Wohngebäudes auf dem Grundstück Nr. *** gemacht hätte. Darüber hinaus wären damals eine Scheune und ein weiteres Nebengebäude abgetragen worden. Die Größe des Objektes *** habe 6 x 22 m betragen. Auf Grund vorgelegter planlicher Darstellungen sei festzuhalten, dass für das verfahrensgegenständliche Grundstück *** und das benachbarte Grundstück *** ein Abzweiger von der Wasserleitung zu den jeweiligen Grundstücken gelegt worden sei bzw. seit den 80er Jahren vorhanden sei. Vom Rechtsbeistand der Beschwerdeführerin (deren Vater) wurde ausgeführt, dass das Objekt *** bereits in den 80er Jahren an die Ortswasserleitung angeschlossen gewesen sei und die Zuleitung sich nicht verändert habe. Seiner Erinnerung nach sei die Wasserleitung in der *** 1974 – 1975 verlegt worden. Damals sei er Eigentümer des Grundstückes Nr. *** und sein Bruder Eigentümer des Grundstückes Nr. *** gewesen. Das Grundstück Nr. *** sei damals schon an die Wasserleitung angeschlossen gewesen, zumal der Wassermesserschacht damals errichtet worden sei und heute noch existiere. Der Abzweiger zur Grundstücksgrenze sei auch in den 70er bis 80er Jahren gelegt worden. Im Objekt *** habe seine Großmutter gewohnt, die damals schon Wasser aus der Wasserleitung bezogen habe. Damals habe es auch einen Wasserzähler im noch heute existierenden Schacht gegeben. Nachdem der Bruder nach Abtragung des Gebäudes *** kein neues Gebäude auf dem Grundstück Nr. *** errichten habe wollen, sei die Liegenschaft von der Wasserleitung abgeschlossen worden (Wassermesser ausgebaut und Wasserbezug eingestellt). Von Seiten der Beschwerdeführerin wurde in Aussicht gestellt, die bei ihrer Großmutter vorhandenen Unterlagen zu durchforsten, ob sich Hinweise auf die Zahlung von Wassergebühren durch die Urgroßmutter fänden. Diese würden umgehend dem erkennenden Gericht vorgelegt werden.

1.4.3.

Mit Schreiben vom 11. Februar 2020 legte die Beschwerdeführerin Fotos des 1982 abgetragenen Wohnhauses und unterschriebene schriftliche Stellungnahmen von Herrn C (Großonkel der Beschwerdeführerin) und von Frau D (Großmutter der Beschwerdeführerin) und Herrn E (Vater der Beschwerdeführerin, Eigentümer des Grundstückes Nr. ***) vor, aus denen hervorgeht, dass das auf dem damaligen Grundstück Nr. *** situierte Wohngebäude im Zeitraum zwischen 1975 und 1982 an die Ortswasserleitung angeschlossen war.

1.4.4.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die bezughabenden Akten der Marktgemeinde *** sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch und die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 11. Februar 2020 sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2020.

1.5. Feststellungen:

1.5.1. Grundsätzliches:

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. ***, EZ *** KG ***, mit der topographischen Anschrift *** ***. Im Jahre 2018 wurde auf dem Grundstück Nr. *** ein rechtskräftig bewilligtes Einfamilienwohnhaus errichtet, welches mit zwei Geschoßen an die Ortswasserleitung angeschlossen ist.

1.5.2. Zur Historie des Wasseranschlusses:

Im Jahre 1975 wurde die Ortswasserleitung in der *** verlegt.

Mit Teilungsplan des B vom 26. April 1982, GZ. ***, wurden die Grundstücke Nr. *** und *** KG *** in ihrer heutigen Form geschaffen. Dabei wurden die vorhandenen Punktparzellen *** (auf Grundstück Nr. *** gelegen) und *** (auf beiden Grundstücken gelegen) aufgelöst. Dieser Teilungsplan wurde mit Bescheid vom 5. November 1982 baubehördlich genehmigt.

Auf der Liegenschaft befand sich ein Anfang des 20. Jahrhunderts errichtetes, eingeschoßiges Wohnhaus (ehemalige Punktparzelle ***), welches im Zeitraum zwischen 1975 und 1982 an die Ortswasserleitung angeschlossen war. Im Zuge der Herstellung des Wasseranschlusses im Jahre 1975 wurde ein Wasserzählerschacht errichtet, der noch heute existiert (und auch jetzt wieder einen Wasserzähler beherbergt). Im Zuge der 1982 erfolgten Grundteilung wurde das auf der ehemaligen Punktparzelle *** situierte Wohnhaus abgetragen.

1.6. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, soweit dieses den Feststellungen (vgl. Punkt 1.5.) nicht entgegentritt.

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. ( 1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.2. NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1954 LGBl. 90/1954, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 2/1958:

§ 1. (1) In Gemeinden, die eine öffentliche Wasserversorgungsanlage schon errichtet haben oder in Zukunft errichten werden, können die Eigentümer aller Gebäude, Betriebe oder Anlagen im Gemeindegebiete, die aus der Wasserversorgungsanlage mit Wasser versorgt werden können, verpflichtet werden, das für den Bedarf der Bewohner erforderliche Trink- und Nutzwasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage zu beziehen und zu diesem Zwecke den Anschluss ihrer Liegenschaften an die Gemeindewasserleitung herstellen zu lassen. ...

(6) Liegenschaftseigentümern (Bauwerbern), die nicht zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage verpflichtet sind, kann vom Gemeinderat und in Städten mit eigenem Statut vom Stadtrat (Stadtsenat) auf schriftlichen Antrag durch Bescheid der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage bewilligt werden. Der Widerruf einer erteilten Bewilligung ist unzulässig.

§ 2. Die Verpflichtung zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage (§ 1 Abs. 1) wird durch einen Gemeinderatsbeschluss festgesetzt, der durch zwei Wochen öffentlich kundzumachen ist und der Genehmigung der Landesregierung bedarf. Der genehmigte Beschluss ist entweder in seinem vollen Wortlaut oder mit dem Hinweis, dass er im Gemeindeamt 30 Tage während der Amtsstunden zur allgemeinen Einsicht aufliegt, unter Angabe seines Wirksamkeitsbeginnes öffentlich kundzumachen; er wird mit dem Monatsersten rechtswirksam, der dem Tage dieser Kundmachung zunächst folgt. Von der Verpflichtung zum Anschlusse ist der Eigentümer der Liegenschaft gleichzeitig mit der Aufforderung zur Anmeldung des Wasserbezuges schriftlich zu verständigen. Innerhalb von zwei Wochen, vom Tage der Verständigung an gerechnet, kann er Einwendungen oder Befreiungsgründe (§ 1, Abs. (2) bis (4)) beim Bürgermeister (Magistrat) vorbringen. Über diese Einwendungen sowie über die Befreiung entscheidet der Gemeinderat (Stadtrat, Stadtsenat); gegen seine Entscheidung ist die Berufung an die Landesregierung zulässig. ...

§ 2a. (3) Bei Neubauten sind nach Maßgabe der Wasserleitungsordnung die näheren Anordnungen über die Ausführung und die Erhaltung des vom Liegenschaftseigentümer (Bauwerber) herzustellenden Teiles der Hausleitung sowie die Frist, innerhalb welcher der vom Liegenschaftseigentümer herzustellende Teil der Hausleitung fertig zu stellen ist, im Baubewilligungsbescheid festzusetzen. ...

§ 8. (1) In jenen Gemeinden, die in der Wassergebührenordnung eine Wasseranschlussgebühr festgesetzt haben, ist für den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage eine Wasseranschlussgebühr zu entrichten.

§ 13. (1) Ist die Wasseranschlussgebühr, ... anlässlich einer Bauführung zu entrichten, so entsteht die Gebührenschuld mit Eintritt der Rechtskraft der Benützungsbewilligung, wenn aber eine solche nicht erforderlich ist, mit Ablauf des Tages, an dem die Bauführung tatsächlich beendet wurde; in allen anderen Fällen mit Eintritt der Rechtskraft der Verpflichtung zum Anschluss (§ 2), bzw. bei der Ergänzungsgebühr mit dem Eintritt der Änderung. ...

2.3. NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 idF LGBl. Nr. 101/2015:

Wasseranschlußabgabe

§ 6 (1) Die Wasseranschlußabgabe ist für den Anschluß an die Gemeindewasserleitung zu entrichten.

(2) Die Höhe der Wasseranschlußabgabe ist derart zu berechnen, daß die Berechnungsfläche (Abs. 3 und 4) für das angeschlossene Grundstück mit dem Einheitssatz (Abs. 5) vervielfacht wird.

(3) Die Berechnungsfläche jeder angeschlossenen Liegenschaft ist so zu ermitteln, daß die Hälfte der bebauten Fläche

         a)       bei Wohngebäuden mit der um eins erhöhten Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse vervielfacht,

         b)       in allen anderen Fällen verdoppelt

und das Produkt um 15 % der unbebauten Fläche vermehrt wird.

(4) Bei Ermittlung der Berechnungsfläche gelten folgende Grundsätze:

         1.       Bebaute Fläche ist jeder Teil einer Liegenschaft, der von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden Baulichkeit verdeckt wird;

         2.       als Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse gilt die jeweils höchste Anzahl von Geschossen auch dann, wenn die angeschlossene Liegenschaft nicht zur Gänze gleich hoch verbaut ist;

         3.       die unbebaute Fläche ist nur bis zu einem Ausmaß von höchstens 500 m² zu berücksichtigen;

         4.       zur bebauten Fläche gehören nicht land- und forstwirtschaftliche Nebengebäude oder Teile von Gebäuden, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, es sei denn, daß sie an die Gemeindewasserleitung angeschlossen sind.

Entstehung des Abgabenanspruches; Abgabenschuldner

§ 15. (1) Der Anspruch auf die Wasseranschlußabgabe und die Sonderabgabe entsteht mit Erlassung des Bescheides, mit dem der Anschluss bewilligt wurde, oder ab dem Zeitpunkt, mit dem der Anschlußzwang feststeht. …

(6) Abgabenschuldner ist der Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaft, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nicht anderes ergibt.

2.4. Wasserabgabenordnung der Marktgemeinde *** idF vom 15. März 2016:

Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren

§ 1. In der Marktgemeinde *** werden folgende Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren erhoben:

a)   Wasseranschlussabgaben

b)   Ergänzungsabgaben

c)   Sonderabgaben

d)   Wasserbezugsgebühren

e)   Bereitstellungsgebühren

Wasseranschlussabgabe

§ 2. (1) Der Einheitssatz zur Berechnung der Wasseranschlussabgabe für den Anschluss an die öffentliche Gemeindewasserleitung wird gemäß § 6 Abs. 5 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 mit € 7.- festgesetzt.

(2) Gemäß § 6 Abs. 5 und 6 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 wird für die Ermittlung des Einheitssatzes eine Baukostensumme von € 7.552.046.- und eine Gesamtlänge des Rohrnetzes von 49.960 Laufmeter zu Grunde gelegt.

2.5. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist begründet.

3.1.1.

In der Sache selbst ist eingangs festzuhalten, dass die von den Abgabenbehörden der mitbeteiligten Marktgemeinde der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegten Berechnungsflächen dem Grunde nach außer Streit stehen. Genauso unstrittig ist der Umstand, dass das auf der streitgegenständlichen Liegenschaft errichtete Objekt mit zwei Geschoßen an die Ortswasserleitung angeschlossen ist.

Das Beschwerdevorbringen lässt sich vielmehr auf die Frage reduzieren, ob dem Grunde nach für die gegenständliche Liegenschaft eine Wasseranschlußabgabe vorgeschrieben werden durfte.

3.1.2.

Im Zeitpunkt des von der belangten Behörde angenommenen Entstehens des Abgabentatbestandes im Jahre 2018 stand das NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 in der Fassung LGBl. Nr. 101/2015 in Geltung.

In diesem Zusammenhang verweisen die Beschwerdeführer auf ihr Vorbringen, es sei bereits zwischen 1975 und 1982 das auf der Punktparzelle Nr. *** situierte Wohngebäude an die Ortswasserleitung angeschlossen gewesen. Auch habe sich ein Wassermesser im damals errichteten und heute noch existenten Schacht befunden, der 1982 nach Abtragung des Gebäudes abgebaut worden sei.

Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, welche zu seiner Aufhebung zu führen hat, auf.

Die Verwaltungsbehörden gründeten die in Rede stehende Vorschreibung einer Wasseranschlussabgabe auf die Verwirklichung des in § 15 Abs. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 umschriebenen Abgabentatbestandes. Nach dieser Bestimmung entsteht der Anspruch auf die Wasseranschlussabgabe "mit Rechtskraft des Bescheides, mit dem der Anschluss bewilligt wurde". Zutreffend ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der so umschriebene Abgabentatbestand anordnet, dass der Abgabenanspruch in jenem Zeitpunkt entsteht, in dem erstmalig ein Wasseranschlusszwang der in Rede stehenden Liegenschaft feststeht wird.

Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabepflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.

3.1.4.

Die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Marktgemeinde haben die Auffassung vertreten, der in Rede stehende Abgabentatbestand sei (erst) mit Errichtung des im Jahre 2018 baubehördlich bewilligten Wohnhauses entstanden.

Diese Annahme hätte die Abgabenbehörde aber nicht treffen dürfen, ohne sich näher mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer, dass die gegenständliche Liegenschaft unstrittig zwischen 1975 und 1982 faktisch an die Wasserleitung angeschlossene war.

Zu diesem Zeitpunkt (1975 zum Zeitpunkt des faktischen Anschlusses des Wohngebäudes *** an die Wasserleitung) stand das - mit dem NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 nicht idente, sondern nur namensgleiche - Niederösterreichische Gemeindewasserleitungsgesetz in der Fassung der Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. Nr. 90/1954 in Geltung. Dieses sah in seinem § 13 Abs. 1 als Abgabentatbestände für die Wasseranschlussgebühr zum einen den Eintritt der Rechtskraft einer Benützungsbewilligung oder die Beendigung einer Bauführung, zum anderen den Eintritt der Rechtskraft einer Verpflichtung zum Anschluss gemäß § 2 dieses Gesetzes vor.

Da somit eine Verpflichtung zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage im Verständnis des § 2 des Niederösterreichischen Gemeindewasserleitungsgesetzes, LGBl. Nr. 90/1954, an den damaligen Eigentümer der Liegenschaft hätte ergehen müssen, ist davon auszugehen, dass schon zu diesem Zeitpunkt (im Jahre 1975) in Ansehung dieser Liegenschaft erstmals das Bestehen eines Anschlusszwanges festgestanden ist.

Der mit dem erstmaligen Feststehen eines solchen Anschlusszwanges umschriebene Tatbestand des § 15 Abs. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 ist daher in Ansehung der hier gegenständlichen Liegenschaft nicht im Geltungsbereich des zuletzt genannten Gesetzes eingetreten (im Jahre 2018).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Wasseranschlussabgabe; Abgabenbescheid; Abgabenschuld; Entstehung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.61.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten
A-S-O Rechtsrecherche?
JUSLINE Werbung