TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/16 I403 2223233-1

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Veröffentlicht am 16.09.2019
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Entscheidungsdatum

16.09.2019

Norm

BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46a
FPG §46a Abs1 Z1
FPG §46a Abs1 Z2
FPG §46a Abs1 Z3
FPG §46a Abs1 Z4
FPG §46a Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2223233-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Vera WELD, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 01.08.2019, Zl. 535652809/190780954, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 12.11.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen mit einer Verfolgung wegen seiner Homosexualität in seinem Herkunftsstaat Uganda.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.01.2012 wurde ihm der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Im April 2019 wurde aufgrund der fünf strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ein Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus eingeleitet. In einer Einvernahme am 09.04.2019 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen; er wiederholte, aus Uganda zu stammen, gab aber an, Homosexualität nicht mehr zu "praktizieren" und in Ungarn einen etwa sechsjährigen Sohn zu haben. In einer weiteren Einvernahme am 06.06.2019 erklärte er, dass er über einen ungarischen Aufenthaltstitel verfügen würde und dass er nigerianischer Staatsbürger, aber in Uganda aufgewachsen sei.

Mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung, datiert mit 15.07.2019, wurde ein Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gestellt.

Das Bundesamt leitete ein Verfahren zur amtswegigen Wiederaufnahme ein und vernahm den Beschwerdeführer am 19.07.2019 nochmals. Der Beschwerdeführer beharrte darauf, in Uganda aufgewachsen zu sein und erklärte, aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Afrika zurückkehren zu wollen. Außerdem befinde sich sein Sohn in Europa.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 01.08.2019 wurde das Asylverfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 AVG wiederaufgenommen und der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 12.11.2010 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wie auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ihm nicht zuerkannt und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die Abschiebung nach Nigeria wurde gemäß § 46 FPG für zulässig erklärt. Ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot wurde erlassen und eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise gewährt. Der Bescheid wurde der rechtsfreundlichen Vertretung am 05.08.2019 zugestellt.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes vom 01.08.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 4 FPG abgewiesen. Der Bescheid wurde der rechtsfreundlichen Vertretung am 05.08.2019 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid wurde am 30.08.2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 09.09.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias. Er wird in Nigeria weder verfolgt noch bedroht. Er ist in Nigeria auch keiner Folter und unmenschlicher Behandlung ausgesetzt und droht ihm keine existentielle Notlage. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria ist zulässig. Es gibt keine tatsächlichen Gründe, aus denen die Abschiebung nicht möglich wäre.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem unzweifelhaften Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten und insbesondere dem Bescheid des Bundesamtes vom 01.08.2091, mit dem der Antrag auf internationalen Schutz (nach Wiederaufnahme des Verfahrens) abgewiesen worden war.

In der Beschwerde wurde der Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte damit begründet, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in sein Heimatland nicht möglich sei, da ihm dort aufgrund seiner sexuellen Orientierung Verfolgung drohen würde. Aus dem genannten Bescheid ergibt sich aber, dass weder die vom Beschwerdeführer behauptete Staatsbürgerschaft noch die behauptete Verfolgung glaubhaft sind; in dem Bescheid wurde zudem festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Faktische Abschiebungshindernisse wurden nicht vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu den Rechtsgrundlagen:

§ 46a FPG in der derzeit geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017: in Kraft seit 01.11.2017) lautet:

§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;

3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen "Republik Österreich" und "Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn

1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;

2. die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;

3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder

4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.

Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet.

3.2. Zur Anwendung auf den gegenständlichen Beschwerdefall:

Nach dem Gesetzestext des § 46a FPG ist Voraussetzung für die Ausstellung einer "Karte für Geduldete", dass der Aufenthalt des Fremden im Sinne von Abs. 1 dieser Bestimmung geduldet ist, was dann der Fall ist, wenn einer der dort genannten Tatbestände (alternativ) erfüllt ist. Ist einer dieser Tatbestände erfüllt, ist die Karte, aus der sich die Duldung des Aufenthaltes der dort angeführten Person ergibt, auszustellen.

Weder in dem Antrag noch im Beschwerdeschriftsatz findet sich - entgegen der Bestimmung des § 46a Abs. 2 vierter Satz FPG - ein Hinweis darauf, auf welchen Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 leg. cit. sich der Antrag stützt. Gegenständlich ist aber keiner der Tatbestände erfüllt.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 FPG unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 01.08.2019 wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist. Mit dem Beschwerdevorbringen wurde nur das Vorbringen wiederholt, das bereits Gegenstand des abgeschlossenen Asylverfahrens war.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, wenn deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist. Nachdem gegenständlich der Flüchtlingsstatus aber nicht aberkannt bzw. der Antrag nicht aufgrund eines Endigungsgrundes abgewiesen worden war, sondern die inhaltliche Prüfung des Bundesamtes dazu führte festzustellen, dass der Beschwerdeführer in Nigeria weder verfolgt noch in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK bedroht ist, liegt auch keiner dieser Tatbestände vor.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint. Derartige Gründe wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich. Bislang verschleierte der Beschwerdeführer zudem seine Staatsbürgerschaft.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 4 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, wenn die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist; auch hierfür wurden weder im Antrag noch in der Beschwerde Gründe vorgebracht.

Soweit in der Beschwerde erklärt wurde, dass sich der Beschwerdeführer in Besitz eines ungarischen Aufenthaltstitels befinden würde und daher nicht unrechtmäßig in Österreich aufhältig sei, ergibt sich daraus nichts für das gegenständliche Verfahren. Wenn der Beschwerdeführer sich tatsächlich rechtmäßig in Österreich aufhalten würde, dann bestünde kein Anspruch auf Ausstellung einer Duldungskarte. So wird etwa in den Erläuternden Bemerkungen festgehalten: "Schon bisher ergibt sich aus § 31 Abs. la Z 3, dass ein Fremder, dessen Aufenthalt geduldet ist, unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist, und zwar unabhängig davon, auf weIcher Ziffer des § 46a Abs. 1 die Duldung jeweils beruht. Kehrseite eines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet ist jedoch regelmäßig die Ausreiseverpflichtung des Fremden, mag diese aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen auch nicht mittels Abschiebung vollstreckt werden können. (...) Die durch die Duldung unberührt bleibende Ausreiseverpflichtung des Fremden fällt selbstverständlich dann weg, wenn die aufenthaltsbeendende Maßnahme, aus der sich die Ausreiseverpflichtung ergibt, gegenstandslos wird oder außer Kraft tritt. Dies ist nach geltendem Recht etwa der Fall, wenn dem Fremden nachträglich der Status eines Asylberechtigten zuerkannt (§§ 60 Abs. 3 Z I und 69 Abs. 3) oder ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 erteilt wird (§ 60 Abs. 3 Z 2)."

Nach dem Gesagten liegt kein unter § 46a Abs. 1 Z 1, Z 2, Z 3 oder Z 4 FPG zu subsumierender Sachverhalt vor. Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Gegenständlich steht der Sachverhalt fest; insbesondere wurde an dem Tag, an dem der Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte abgewiesen wurde, auch der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht daher fest und konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Duldung, Karte für Geduldete, Tatbestand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I403.2223233.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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