TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/1 W213 2017253-1

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Veröffentlicht am 01.10.2019
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Entscheidungsdatum

01.10.2019

Norm

BDG 1979 §14 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W 213 2017253-1/32E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Felix KOLLMANN und Dieter SMOLKA als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RAe Dr. Johannes DÖRNER und Dr. Alexander SINGER, 8010 Graz, Brockmanngasse 91/I, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Post AG eingerichteten Personalamtes, vom 05.12.2014, GZ. PRB/PEV-650590/13-A06, betreffend Versetzung in den Ruhestand, zu Recht erkannt:

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs.1 und 2 VwGVG aufgehoben und das gegenständliche Ruhestandsversetzungverfahren eingestellt

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die am XXXX geborene Beschwerdeführerin steht als Beamtin der Verwendungsgruppe PT 4 in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie war zuletzt im Contact Center Graz als Referentin im Kundendienst tätig. Mit Schreiben vom 23.04.2013 teilte ihr die belangte Behörde mit, dass sie innerhalb des letzten Jahres überdurchschnittlich häufig im Krankenstand gewesen sei. Es werde daher beabsichtigt, ihre gesundheitliche Verfassung durch Beauftragung der Pensionsversicherungsanstalt zur Befunderhebung und Gutachtenserstellung einer Überprüfung unterziehen zu lassen.

In weiterer Folge wurde das mit Schreiben vom 17.07.2013 die Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Steiermark, mit der Erstellung eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin beauftragt.

Als Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit wurden im zusammenfassenden Gutachten vom 08.08.2013

* eine Erschöpfungsdepression, mäßiger Krankheitswert,

* Chronischer Schulterschmerz rechts, ohne Funktionseinschränkung sowie

* ein Zustand nach Anlage eines Blasenbandes 2010

festgestellt.

Eine leistungskalkülrelevante Besserung wurde für möglich erachtet. Dazu sei es erforderlich die medikamentöse Therapie zu adaptieren sowie die Durchführung begleitender psychotherapeutischer Maßnahmen. Eine Nachuntersuchung nach 12 Monaten wurde empfohlen. Es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass die Beschwerdeführerin dann wieder Tätigkeiten unter durchschnittlichem Zeitdruck sowie Intellektuelle verantwortungsvolle Leistungsvermögen erbringen könnte.

Die belangte Behörde leitete daraufhin ein amtswegiges Ruhestandsversetzungsverfahren ein und forderte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 22.08.2013 auf gemäß § 51 BDG die von der PVA vorgeschlagenen Krankenbehandlungen in Anspruch zu nehmen und Befundberichte bzw. Bestätigungen über die in Anspruch genommenen Therapiemaßnahmen vorzulegen.

Am 25.03.2014 wurde die PVA mit einer aktuellen Nachuntersuchung und neuerlichen Erstellung eines Gutachtens zur Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin beauftragt. Die Beschwerdeführerin daraufhin am 22.05.2014 durch XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin und XXXX , Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie untersucht.

In der zusammenfassenden Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes vom 26.05.2014 wurden als Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit

* eine Erschöpfungsdepression, unter Therapie in Teilremission, geringer Krankheitswert und

* gelegentliche Lendenwirbelsäulenbeschwerden, ohne Funktionseinschränkung

festgestellt.

Eine leistungskalkülrelevante Besserung der oben angeführten Hauptursachen der Minderung der Dienstfähigkeit sei nicht möglich. Im Hinblick auf das Leistungskalkül der Beschwerdeführerin seien ständige Bildschirmarbeiten zumutbar. Bezüglich Arbeitstempo und psychischer Belastbarkeit ergebe sich allerdings keine wesentliche Veränderung.

Mit Schreiben vom 28.07.2014 wurde der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs unter Beweis auf das Gutachten der PVA vom 26.05.2014 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Beschwerdeführerin in den Ruhestand zu versetzen.

Die Beschwerdeführerin brachte dagegen durch ihren anwaltlichen Vertreter mit Schreiben vom 18.08.2014 vor, dass mit diesem Restleistungskalkül die Beschwerdeführerin noch für zahlreiche Verwendungen im Bereich der österreichischen Post AG und auch im "Back Office" ihrer Dienststelle, dem Post Kundenservice, voll geeignet sei. Gemäß § 14 Abs. 2 BDG liege eine dauernde Dienstunfähigkeit nur dann vor, wenn ihr im Wirkungsbereich ihrer Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden könne, dessen Aufgaben sie nach ihrer gesundheitlichen Verfassung erfüllen könne und der ihr mit Rücksicht auf ihre persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden könne. Ob solche Ersatzarbeitsplätze vorhanden seien, sei ihr nicht bekannt. Sie beantrage daher ihr solche Verwendungsmöglichkeiten mit einer nachvollziehbaren Begründung mitzuteilen. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 14 Abs. 5 BDG beantrage sie auch die Möglichkeit einer ressortübergreifenden Verwendung zu überprüfen und ihr eine solche Verwendungsmöglichkeit vor einer Ruhestandsversetzung mitzuteilen.

Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr bekämpften Bescheid, dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hatte:

"Sie werden gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), Bundesgesetzblatt Nr. 333 i.d.g.F., von Amts wegen in den Ruhestand versetzt."

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde und bekämpfte diesen wegen unvollständiger Sachverhaltsfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

In der Begründung führte sie unter anderem aus, dass die Beschwerdeführerin mit Wirkung vom 01.12.2009 zur Unternehmenszentrale, Division Filialnetz, Postkundenservice, Callcenter, Postkundenservice Steiermark und Oberösterreich versetzt und mit Wirkung vom 16.11.2010 auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe PT 4 ernannt worden sei. Der Arbeitsplatz 0401 Sachbearbeiter/administrativer Dienst im Callcenter erfasse sowohl den Backoffice-Bereich (mit schriftlichen Eingaben und Erledigungen) wie auch die Auskunftserteilung und Beschwerdeannahme per Telefon.

Das Postkundenservice im Backoffice-Bereich umfasse 3 Mitarbeiter (darunter auch die Beschwerdeführerin) rechtlich die auf Firmenkunden spezialisiert sein, mit der Aufgabe der schriftlichen Beantwortung schriftlicher Beschwerden, wie z.B. über nicht zugestellte oder nur teilweise zugestellte Werbesendungen und Zeitungen. Mit diesen Aufgaben seien alle 3 Bediensteten voll ausgelastet gewesen, weshalb ab dem Jahr 2011 eine 4. voll beschäftigten Mitarbeiter hinzugezogen wurde.

Das gelte auch heute noch. Die Beschwerdeführerin sei nach wie vor Inhaberin des ihr im Backoffice-Bereich zugewiesenen so genannten "Redimensionierungs-Arbeitsplatzes" (PT 4-Arbeitsplätze, die für die Dauer der aktuellen Besetzung der Verwendungsgruppe PT 4 und im Falle einer Nachbesetzung der in der Verwendungsgruppe PT 6 bewertet sind).

Sollte tatsächlich ein Mehrbedarf in der telefonischen Bearbeitung von Auskunftsersuchen bestehen, könne dieser durch arbeitsplatzverlustige Mitarbeiter des inzwischen aufgelassenen Jobcenters abgedeckt werden. Soweit bekannt würden dort 21 Mitarbeiter der Verwendungsgruppe PT 2 bis PT 8, davon 3 Mitarbeiter der Verwendungsgruppe PT 4, verwendet werden. Darunter befinde sich auch der Kollege XXXX (PT 4), der für den Telefondienst im Post Kundenservice besten geeignet sei, während sie dort nur aushilfsweise eingesetzt worden sei. Dies allerdings so lange, bis sie den Anforderungen der telefonischen Auskunftserteilung aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gewachsen gewesen sei und in weiterer Folge das Ruhestandsversetzungverfahren eingeleitet worden sei.

Der Dienstfähigkeit sei daher nach den Anforderungen auf den ihr im Post Kundenservice (" Backoffice-Bereich" und damit ohne ständigen Telefondienst) verliehene PT 4-Arbeitsplatz zu beurteilen. Für diese Verwendung besitze sie nach wie vor die volle gesundheitliche Eignung und sei daher auch nicht dauernd dienstunfähig.

Unter Hinweis auf einschlägige Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs wird ferner ausgeführt, dass bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin zu prüfen sei, ob sie die Aufgaben des ihr zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesenen Arbeitsplatzes zu erfüllen vermöge. Der angefochtene Bescheid führe an keiner Stelle aus, welcher konkrete Arbeitsplatz der zuletzt zugewiesen gewesen sei. Feststellungen über die ihr auf diesem Arbeitsplatz konkret zugewiesenen Tätigkeiten sowie über ihre Fähigkeit, diese die Tätigkeiten zu verrichten, seien nicht getroffen worden. Die sachverhaltsmäßige Feststellung der dienstlichen Aufgaben des aktuellen Arbeitsplatzes sei unterblieben, weshalb ein ergänzungsbedürftiger Sachverhalt vorliege.

Es werde daher der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 22.07.2015, GZ. W213 2017253-1/4E, diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen und in der Begründung unter anderem wie folgt ausgeführt:

"Soweit die Beschwerdeführerin einwendet, dass die belangte Behörde bei der Prüfung der Dienstfähigkeit ihre Tätigkeit im Backoffice-Bereich hätte betrachten müssen, ist dem entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin selbst in der Beschwerde vorgebracht hat, dass ihr Arbeitsplatz Code 0401 Sachbearbeiter/administrativer Dienst sowohl im Backoffice-Bereich, wo nur schriftliche Beschwerden behandelt werden, als auch die Auskunftserteilung und Beschwerdenannahme per Telefon umfasse. Damit ist aber bei der Prüfung der Dienstfähigkeit die von der Beschwerdeführerin geforderte ausschließliche Zugrundelegung der Backoffice-Tätigkeit ausgeschlossen. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin selbst eingeräumt, dass sie den Anforderungen der telefonischen Auskunftserteilung aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gewachsen sei. Wenn die Beschwerdeführerin das Attest ihrer Psychotherapeutin vom 15.05.2014 ins Treffen führt, ist zu bemerken, dass darin zwar in Aussicht gestellt wird, dass die Beschwerdeführerin ab Oktober 2014 wieder ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen könne, ein direkter Kundenkontakt aber nicht befürwortet werde. Da aber laut Anforderungsprofil Code 0401 der Arbeitsplatz der Beschwerdeführerin viel Kundenverkehr erfordert, ist damit für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts gewonnen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie dauernd dienstunfähig ist.

Die Ausführungen der belangten Behörde hinsichtlich eines fehlenden Verweisungsarbeitsplatzes im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG bzw. eines Vorgehens nach § 14 Abs. 5 BDG blieben in der Beschwerde unwidersprochen."

Aufgrund einer dagegen erhobenen außerordentlichen Revision hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19.10.2016, GZ. Ra 2015/12/0041, dieses Erkenntnis infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und das im Wesentlichen wie folgt begründet:

"Wie das Bundesverwaltungsgericht zutreffend erkannte, ist die Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten zunächst in Ansehung des aktuellen bzw. des zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes zu prüfen. Darunter ist jener Arbeitsplatz zu verstehen, welcher ihm zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2003, 2003/12/0068). In diesem Zusammenhang vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass es für die Feststellung der Wertigkeit eines Arbeitsplatzes nicht auf einen nach Organisationsnormen gesollten Zustand ankommt; entscheidend sind vielmehr die nach Maßgabe der herrschenden Weisungslage wirksam zugewiesenen Arbeitsplatzaufgaben (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2016, 2013/12/0245, mit weiteren Hinweisen). Dies gilt auch für die Beurteilung der Frage, von welcher aktuellen Verwendung (von welchem Arbeitsplatz) als Maßstab für weitere zu setzende Personalmaßnahmen auszugehen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. April 2014, 2013/12/0149). Diese für Personalmaßnahmen getroffene Aussage ist auch auf die hier maßgebliche Frage zu übertragen, von welchem Arbeitsplatz für die im Ruhestandsversetzungsverfahren gebotene Primärprüfung auszugehen ist.

In diesem Zusammenhang vertrat das Bundesverwaltungsgericht offenkundig die Auffassung, der im Rahmen der Primärprüfung relevante Arbeitsplatz der Revisionswerberin umfasse sämtliche Aufgaben des in den Organisationsnormen unter "Code 0401" umschriebenen Arbeitsplatzes einer Sachbearbeiterin/Administrativer Dienst. Dass der Revisionswerberin ein solcherart strukturierter Arbeitsplatz dienstrechtlich zuletzt wirksam zugewiesen sei, erachtete das Bundesverwaltungsgericht offenkundig auf Grund der Ausführungen in der Beschwerde zu dem "von der PVA festgestellten Leistungskalkül" als außer Streit gestellt.

16 Davon kann freilich angesichts des weiteren Vorbringens der Revisionswerberin in der Beschwerde "zu ihrem beruflichen Werdegang" offenkundig keine Rede sein. Dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen ist nämlich unzweifelhaft zu entnehmen, dass die Revisionswerberin auf Grund der dort enthaltenen Tatsachenbehauptungen (wonach sie zumindest seit dem Jahr 2011 im Rahmen ihrer Regelverwendung ausschließlich im Backoffice-Bereich tätig gewesen und der Einsatz im Telefondienst bloß "aushilfsweise" erfolgt sei) die diesbezügliche Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes nicht teilte und die Rechtsauffassung vertrat, dass für die Primärprüfung ausschließlich die im Backoffice-Bereich anfallenden Tätigkeiten maßgeblich seien."

Der Verwaltungsgerichtshof führt weiter aus, dass zuerst zu überprüfen ist, ob der Beschwerdeführerin tatsächlich aufgrund der herrschenden Weisungslage lediglich eine Tätigkeit im Backoffice-Bereich als reguläre Tätigkeit übertragen war und sie nur vertretungsweise im Wege ad hoc verfügter vorübergehender Verwendungsänderungen für den Telefondienst herangezogen wurde. Gegebenenfalls wäre der Primärprüfung als Dauer Verwendung lediglich der Arbeitsplatz im Backoffice- Bereich zugrundezulegen gewesen.

Am 15.01.2019 und 05.03.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht mündliche Verhandlungen statt, wobei die Beschwerdeführerin sowie mehrere Zeugen hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Arbeitsplatzes der Beschwerdeführerin einvernommen wurden.

Auf Grundlage der Verhandlungsergebnisse wurde die PVA mit hg. Schreiben vom 27.03.2019 zur Erstellung eines neuerlichen Gutachtens hinsichtlich der Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin aufgefordert. Dieses wurde mit Schreiben vom 02.05.2019 vorgelegt.

Im Rahmen des Parteiengehörs wurde dieses Gutachten seitens der Beschwerdeführerin zustimmend zur Kenntnis genommen und beantragt das gegenständliche Ruhestandsversetzungverfahren einzustellen. Die belangte Behörde hat keine Stellungnahme abgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur österreichischen Post AG und ist in die Verwendungsgruppe PT 4 ernannt. Ihr letzter dienstrechtlich zugewiesen Arbeitsplatz "Code 0401 Sachbearbeiterin/administrativer Dienst" befand sich der Unternehmenszentrale 8020 Graz, Bahnhofgürtel 48-50. die Beschwerdeführerin wurde im Post Kundenservice verwendet. Der Arbeitsplatz Code 0401 Sachbearbeiter/administrativer Dienst im Callcenter umfasst laut Anforderungsprofil sowohl den Backoffice-Bereich (mit schriftlichen Eingaben und Erledigungen) als auch die Auskunftserteilung und Beschwerdeannahme per Telefon.

Das Anforderungsprofil lautet wie folgt:

* Arbeitshaltung: Überwiegend sitzen, fallweise stehen und gehen.

* Intellektuelle Ansprüche/geistiges Leistungsvermögen:

Verantwortungsvoll.

* Auffassungsgabe: Sehr gute.

* Konzentrationsfähigkeit: Sehr gute.

* Hebe-und Trageleistungen: Fallweise leicht, nicht schwer oder mittelschwer.

* Arbeitsauslastung/Arbeitsrhythmus/Zeitdruck: Unter überdurchschnittlichem Zeitdruck

* Tätigkeit wird ausgeübt: Nur in geschlossenen Räumen.

* Diensteinteilung: Nur Tagdienst.

* Dienstabschnitte: Bis höchstens 9 Stunden.

* Computerarbeit: Über 50 %.

* Erforderliche Arm-und Handbeweglichkeit: In normalem Ausmaß.

* Anforderungen an die Feinmotorik der Finger: In normalem Ausmaß.

* Bücken, Strecken: Nicht erforderlich.

* Treppensteigen: Nicht erforderlich.

* Besteigen von Leitern/Masten: Nicht erforderlich.

* Erforderliche Sehleistung: Normal.

* erforderliche Gehörleistung: normal.

* Erforderliche Sprechkontakte. Häufig.

* Soziale Anforderungen: Viel Kundenverkehr (Mitarbeiter) Tätigkeit in Arbeitsgruppe.

Die Beschwerdeführerin befindet sich seit 01.07.2013 durchgehend im Krankenstand.

Der Beschwerdeführer wurde in den 2008 und 2009 im Backoffice-Bereich eingesetzt, ab 2010 bzw. 2011 wurde sie auch für telefonische Anfragebeantwortungen eingesetzt. Nicht festgestellt werden konnte, ob es eine dezidierte Anweisung gegeben hat, die Beschwerdeführerin ausschließlich im Backoffice-Bereich oder zu telefonischen Anfragebeantwortungen einzusetzen.

Der gesundheitliche Zustand der Beschwerdeführerin stellt sich wie folgt dar:

Diagnosen:

1.) Hauptursache/n der Minderung der Dienstfähigkeit: ICD-IO: F43.2

Erschöpfungsdepression, unter niedrigdosierter Therapie remittiert, kein Krankheitswert.

2.) Weitere Leiden: Leichtes Übergewicht (BMI 29,8) - E-66.9

Zustand nach Operation am rechten Großzehengrundgelenk 2014 mit derzeitiger Beschwerdefreiheit.

Im Vergleich zum Vorgutachten 05/2014 konnte eine deutliche Befundverbesserung bzw. Stabilisierung des psychischen Zustandsbildes objektiviert werden.

Hinsichtlich des Leistungskalküls sind der Untersuchten wieder Tätigkeiten mit sehr guter Auffassungsgabe, sehr guter Konzentrationsfähigkeit und unter überdurchschnittlichem Zeitdruck sowie schwierigem geistigen Leistungsvermögen, möglich. Außerdem ist die Belastbarkeit in ausreichendem Ausmaß für die telefonische Entgegennahme von Beschwerden bzw. deren telefonische Erledigung/Beantwortung gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem schlüssigen und unbestrittenen Gutachten der PVA vom 30.04.2019.

Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin auf ihrem Arbeitsplatz konkret auszuführenden Tätigkeiten ist festzuhalten, dass im Post Kundenservice sowohl telefonische Kundenanfragen als auch solche, die schriftlich oder per E-Mail eingebracht wurden, zu bearbeiten waren. Weder die Beschwerdeführerin noch die als Zeugen einvernommen Vorgesetzten bzw. Mitarbeiter konnten konkrete Aussagen darüber treffen, ob es eine ausdrückliche Anweisung gegeben hat, dass die Beschwerdeführerin nur im Backoffice-Bereich einzusetzen gewesen sei.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Hingegen hat gemäß § 135a Abs. 2 BDG 1979 idf 2013/210, das Bundesverwaltungsgericht unter anderem in Angelegenheiten des § 14 BDG durch einen Senat zu entscheiden, wenn die Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen erfolgt ist. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor. Gemäß § 135b Abs. 4 leg.cit. wirken bei Senatsentscheidungen betreffend Beamte aus dem PTA-Bereich an der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts je ein vom Bundeskanzler als Dienstgebervertreter bzw. ein von der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten als Dienstnehmervertreter nominierter fachkundiger Laienrichter mit. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

§ 14 BDG lautet:

"Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

§ 14. (1) Die Beamtin oder der Beamte ist von Amts wegen oder auf ihren oder seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.

(2) Die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihr oder ihm im Wirkungsbereich ihrer oder seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

(3) Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 2 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, ist von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter - ausgenommen für die gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996, den dort angeführten Unternehmen zugewiesenen Beamtinnen und Beamten - Befund und Gutachten einzuholen. Für die gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamtinnen und Beamten ist dafür die Pensionsversicherungsanstalt zuständig.

(4) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, wirksam.

(5) Die Ruhestandsversetzung tritt nicht ein, wenn der Beamtin oder dem Beamten spätestens mit dem Tag vor ihrer Wirksamkeit mit ihrer oder seiner Zustimmung für die Dauer von längstens zwölf Monaten vorübergehend ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen wird, dessen Anforderungen sie oder er zu erfüllen imstande ist. Mehrere aufeinander folgende Zuweisungen sind zulässig, sofern sie insgesamt die Dauer von zwölf Monaten nicht überschreiten. Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesem Fall wirksam, wenn

1. die Beamtin oder der Beamte nach einer vorübergehenden Zuweisung einer weiteren Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes nicht zustimmt oder

2. die vorübergehende Verwendung auf einem neuen Arbeitsplatz ohne weitere Zuweisung oder vorzeitig beendet wird oder

3. die Beamtin oder der Beamte der dauernden Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes spätestens nach Ablauf des zwölften Monats nach der erstmaligen Zuweisung nicht zustimmt.

Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesen Fällen mit dem Monatsletzten nach Ablauf der jeweiligen vorübergehenden Verwendung wirksam.

(6) Die Verpflichtung zur Leistung eines Dienstgeberbeitrages gemäß § 22b des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54, entfällt ab der erstmaligen Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes gemäß Abs. 5.

(7) Solange über eine zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen eine Versetzung in den Ruhestand nicht entschieden ist, gilt der Beamte als beurlaubt. Die Beurlaubung endet mit dem Antritt einer neuen Verwendung gemäß Abs. 5.

(8) Die Versetzung in den Ruhestand nach Abs. 4 oder 5 tritt während einer (vorläufigen) Suspendierung gemäß § 112 oder einer Dienstenthebung gemäß § 39 des Heeresdisziplinargesetzes 2002 (HDG 2002), BGBl. I Nr. 167, nicht ein."

Voraussetzung für eine amtswegige Ruhestandsvoraussetzung ist gemäß § 14 Abs.1 BDG die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist unter der bleibenden Unfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, demnach alles zu verstehen, was seine Eignung, diese Aufgaben zu versehen, dauernd aufhebt. Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht ist nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe der ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, in dem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten trifft und die Auswirkungen bestimmt, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Dabei ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung des Kriteriums "dauernd" zu ermöglichen, auch eine Prognose zu stellen. Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zu Grunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (VwGH, 29.3.2012, GZ. 2008/12/018).

Diem Dienstfähigkeit des Beamten ist unter Ansehung des aktuellen bzw. zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes des Beamten zu prüfen. Maßgebend ist daher primär jener Arbeitsplatz der dem Beamten zuletzt dienstrechtlich zugewiesen war. Maßgeblich ist daher die Klärung der Dienstfähigkeit unter konkreter Bezugnahmen auf die dienstlichen Aufgaben auf diesem Arbeitsplatz (VwGH, 30.6.2010, GZ. 2009/12/0154).

Angesichts des auch von der belangten Behörde unbestrittenen Gutachtens der PVA vom 30.04.2019 ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin das Anforderungsprofil des ihr zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesenen Arbeitsplatzes "Code 0401 Sachbearbeiterin/administrativer Dienst" im Post Kundenservice in der Unternehmenszentrale 8020 Graz, Bahnhofgürtel 48-50 erfüllt. Die Beschwerdeführerin kann auf diesem Arbeitsplatz ohne gesundheitsbedingten Einschränkungen eingesetzt werden. Eine dauernde Dienstunfähigkeit im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG liegt daher nicht vor.

In Stattgebung der Beschwerde war daher der bekämpfte Bescheid gemäß § 14 Abs. 2 BDG i.V.m. § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos aufzuheben.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Arbeitsplatz, ärztlicher Sachverständiger, dauernde
Dienstunfähigkeit, dienstliche Aufgaben, ersatzlose Behebung,
gesundheitliche Eignung, Gesundheitszustand, Österreichische Post
AG, Postbeamter, Ruhestandsversetzung, Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W213.2017253.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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