TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/26 98/04/0046

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Veröffentlicht am 26.05.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §367 Z25;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der S M in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 15. Jänner 1998, Zl. UVS-04/G/33/00010/98, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 15. Jänner 1998 wurde die Beschwerdeführerin im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG schuldig erkannt, es als gewerberechtliche Geschäftsführerin einer namentlich genannten Gesellschaft zu verantworten zu haben, daß diese Gesellschaft in der näher bezeichneten Betriebsanlage die zum Schutz von Nachbarn unter Punkt 60) des rechtskräftigen Bescheides vom 1. Februar 1985 vorgeschriebene Auflage des Inhaltes, "bis zur rohbaumäßigen Fertigstellung der projektierten, die Betriebsanlage west- und nordseitig abschließenden Gebäude, nämlich der Fertigstellung der Gebäudewände - insbesondere zu den Nachbarn ohne Öffnungen (ausgenommen genehmigte, verschlossene Fensteröffnungen im Wohnbereich und je Stiegenhaus eine Zugangstüre zum Grünstreifen) und endgültig verputzt -, des Daches und der Dachhaut sowie der Auffüllung des von der Verbauung freibleibenden Streifens zum Nachbargrundstück mit Erdreich, das mit einer aufgefüllten Humusschicht begrünt und mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt ist, ist für den Hof 3 folgende Regelung einzuhalten:

Der Hof 3 darf von keinen Lastkraftwagen, keinen Sattelschleppern, keinen Laderaupen und keinen mit Diesel- oder Benzinmotoren betriebenen Hubstaplern befahren und zur Abstellung benützt werden. Unter der Voraussetzung, daß der 3 m Grünstreifen laut Plan (zwischen Grundgrenzmauer und neuer Mauer in gleicher Höhe im Hof 3 einschließlich Verfüllung und Bepflanzung im Einvernehmen mit dem Nachbarn Dipl.-Ing. S) bis Juli 1985 fertiggestellt wird, können 5 Lkw mit Auspuffrichtung altes Haus und 1 Sattelschlepper im Hof 3 abgestellt werden. Ebenso dürfen dort keinerlei lärmende Schneidearbeiten verrichtet und keine lärm- oder staubentwickelnden Lagerungen vorgenommen werden", insofern nicht eingehalten habe, als, ohne daß die in Punkt 60) des Bescheides vom 1. Februar 1985 angeführten projektierten Gebäude rohbaumäßig fertiggestellt gewesen seien, am 8. Juni 1997 um 7,30 Uhr im Hof 3 drei Lkw widerrechtlich abgestellt gewesen seien, am 19. Juni 1997 um 7,15 Uhr, am 30. Juli 1997 um 15,00 Uhr, am 7. August 1997 um 7,55 Uhr, um 8,00 Uhr und um 13,30 Uhr, am 8. August 1997 um 7,20 Uhr, am 19. September 1997 um 13,10 Uhr der Hof 3 mit einem Radlader befahren und Ladetätigkeiten durchgeführt worden seien, am 31. Juli 1997 um 15,00 Uhr der Hof 3 mit einem nicht genehmigten Hubstapler befahren und Ladetätigkeit durchgeführt worden sei und am 28. Juli 1997 um 13,15 Uhr im Hof 3 Drainageschotter gelagert und abgekippt worden sei. Sie habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 367 Z. 25 GewO 1994 in Verbindung mit Punkt 60) des Bescheides vom 1. Februar 1985 verletzt, weshalb über sie nach § 367 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe von S 6.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 78 Stunden) verhängt wurde. Zur Begründung führte der Unabhängige Verwaltungssenat aus, die in Rede stehende Betriebsanlage sei mit Bescheid vom 1. Februar 1985 gemäß § 74 GewO 1973 genehmigt worden. In diesem Bescheid sei gemäß § 77 GewO 1973 bezüglich der Errichtung und des Betriebes der Betriebsanlage u.a. die schon im Rahmen des Spruches des angefochtenen Bescheides wiedergegebene Auflage vorgeschrieben worden. Nach dem Wortlaut dieser Auflage sei bis zur rohbaumäßigen Fertigstellung der projektierten, die Betriebsanlage west- und nordseitig abschließenden Gebäude die in der Auflage näher umschriebene Regelung für den Hof 3 einzuhalten. Von der Beschwerdeführerin werde das Vorliegen des angelasteten Sachverhaltes nicht bestritten und es werde eingeräumt, daß die Arbeiten an diesem Projekt noch andauerten. Als Schuldform sei mangels entgegenstehenden Tatsachenvorbringens durch die Beschwerdeführerin Fahrlässigkeit anzunehmen, weshalb auf Grund näher dargelegter Erwägungen die verhängte Strafe als angemessen anzusehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte unter ausdrücklicher Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt sie vor, dem angefochtenen Bescheid könne nicht entnommen werden, auf welches Beweismittel sich der objektive Tatbestand der angeblichen Verwaltungsübertretung stütze. Es wäre aber jedenfalls zu überprüfen gewesen, ob nicht die Arbeiten gerade deshalb verrichtet worden seien, um den in der Auflage angeführten Zustand der rohbaumäßigen Fertigstellung der Gebäude herbeizuführen. Es bedürfe wohl keiner Erörterung, daß in diesem Fall für die Bautätigkeit auch der Hof 3, in dessen Bereich diese Gebäudewände aufgestellt werden sollten, mit Baumaschinen und Lkw befahren werden müsse. Der Hof sei daher nur für Bautätigkeiten benutzt worden, sodaß die Auflage nicht verletzt worden sei. Das ergebe sich schon daraus, daß nur Tatzeitpunkte angegeben seien, nicht aber ein Tatzeitraum, wie er für das Abstellen von Lkw erforderlich gewesen wäre. Aus den angeführten Tageszeiten sei zu entnehmen, daß gerade zu diesen Zeitpunkten Bauarbeiten am Betriebsgelände stattgefunden hätten. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, die fraglichen Tätigkeiten seien während der Betriebszeiten im Zuge des Bauvorhabens durchgeführt worden, könne keineswegs dahin interpretiert werden, daß von der Beschwerdeführerin der angelastete Sachverhalt nicht bestritten werde. Auch die belangte Behörde gehe davon aus, daß die Bauarbeiten noch andauerten, es sei von ihr daraus aber der unrichtige Schluß gezogen worden, daß deshalb der Hof 3 im Sinne der Auflagen nicht benützt werden dürfe. Dem angefochtenen Bescheid könne nicht entnommen werden, aus welchen Gründen die Behörde davon ausgegangen sei, daß die Tätigkeit nicht zur Herstellung des Zustandes, wie er im Bescheid vom 1. Februar 1985 gefordert werde, entfaltet worden sei.

Die Beschwerde erweist sich schon deshalb als berechtigt, weil die belangte Behörde, die die einzelnen im Spruch des angefochtenen Bescheides näher umschriebenen Tathandlungen als einheitliche Tat bestrafte, sie also als Einzeltathandlungen eines fortgesetzten Deliktes wertete, der Beschwerdeführerin überwiegend solche Tathandlungen zur Last legte, die in keinem Widerspruch zu der als Übertretungsnorm im Sinne des § 44 a Z. 2 VStG herangezogenen Auflage Punkt 60) des Bescheides vom 1. Februar 1985 stehen. Nach dieser Norm ist weder das Befahren des fraglichen Hofes 3 mit Radladern noch die Vornahme von Ladetätigkeiten noch die Lagerung und das Abkippen von Drainageschotter schlechthin untersagt. Daß es sich aber bei den im angefochtenen Bescheid genannten Radladern um "Laderampen" im Sinn der in Rede stehenden Auflage handelt, wurde ebensowenig festgestellt und zum Inhalt des Tatvorwurfes erhoben, wie die Frage, ob mit der Lagerung und dem Abkippen von Drainageschotter Lärm- und/oder Staubentwicklung verbunden war. Soweit die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Befahren dieses Hofes mit einem nicht genehmigten Hubstapler zur Last legte, mangelt es diesem Vorwurf insofern an der erforderlichen Konkretisierung, als ihm nicht entnommen werden kann, ob dieser Hubstapler, wie dies in der in Rede stehenden Auflage als Ausschlußgrund vorgesehen ist, mit Diesel- oder Benzinmotor betrieben wurde.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, sodaß sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998040046.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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