TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/5 W175 2220379-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.12.2019
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Entscheidungsdatum

05.12.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W175 2220376-1/9E

W175 2220380-1/9E

W175 2220379-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Eva Neumann als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) des XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , 2.) der XXXX , geboren am XXXX , und

3.) der XXXX , geboren am XXXX , afghanische Staatsangehörige, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.05.2019, Zahlen 1.) 1115036901/ 160697273, 2.) 710942107/160697290 sowie 3.) 1152276504/170567628 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Den Beschwerden wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005, sowie XXXX gemäß § 3 Abs 1 in Verbindung mit § 34 Abs 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

I.1. Verfahrensgang 1. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind verheiratet, die Drittbeschwerdeführerin (BF3) ist das gemeinsame Kind des BF1 und der BF2.

Der BF1 und die BF2 stellten nach unrechtmäßiger und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 17.05.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (AsylG).

Am 18.05.2016 fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung des BF1 und der BF2 statt.

Hierbei gab der BF1 an, er sei volljährig, afghanischer Staatsangehöriger, seine Familie stamme aus der Provinz Ghazni und er sei mit der BF2 verheiratet. Er gehöre der Volksgruppe der Hazara an und sei Schiit. Ein Reisedokument habe er nie besessen.

Kurz zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der BF1 an, dass er Probleme mit seiner Familie habe. So sei er vom Vater immer geschlagen worden, weil er nicht ausreichend gebetet habe. Nach dem Kennenlernen der BF2 habe er diese gegen den Willen des Vaters geheiratet und sei mit ihr geflohen. Er könne mit ihr jetzt nicht mehr ohne Gefahr im Iran leben, da der Schwiegervater sie verfolge und bedrohe. Aus diesem Grund fürchte er um sein Leben.

Die BF2 gab an, volljährig, afghanische Staatsangehörige und Schiitin zu sein. Sie sei mit dem BF1 verheiratet und gehöre - so wie ihr Mann - der Volksgruppe der Hazara an. Ein Reisedokument habe sie nie besessen.

Zu ihren Fluchtgründen befragt, gab die BF2 an, dass vor ungefähr zweieinhalb Jahren ihr Cousin versucht habe, sie gegen ihren Willen zu heiraten. Nach dem Tod der Mutter habe der Vater sie gedrängt, diese Verbindung einzugehen. Aus Angst vor dem reichen und mächtigen Vater habe sie das Land verlassen müssen.

Zwischenzeitig wurde die gemeinsame Tochter (BF3) der BF2 und des BF1 geboren.

2. In weiterer Folge wurden am 14.11.2018 sowohl der BF1 als auch die BF2 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen.

Der BF1 gab bei der Einvernahme vor dem BFA im Wesentlichen an, er sei im Iran geboren und habe nie in Afghanistan gelebt. Er sei bereits als Kind von seinem Vater gezwungen worden, religiöse Pflichten wie z.B. tägliches Beten zu erfüllen. Sein Vater sei sehr religiös und schon damals habe der BF deshalb Probleme mit diesem gehabt. Auch habe er im Fastenmonat Ramadan bereits als Kind wegen Einnahme von Nahrung in der Öffentlichkeit Probleme mit der Sittenpolizei bzw. den iranischen Sicherheitskräften gehabt. Er sei aber dann jeweils nur verwarnt worden. Darüber hinaus sei er aufgrund seiner afghanischen Herkunft bzw. seiner Volksgruppenzugehörigkeit des Öfteren festgenommen worden. Trotz eingeschränkter Redefreiheit bzw. Diskriminierung habe er im Rahmen seiner studentischen Tätigkeit mit seinem Professor über diese Missstände diskutiert.

Befragt zu seinem Alter gab der BF1 ein anderes Geburtsdatum an, da bei der Erstbefragung seinen Angaben nach das Geburtsdatum nach iranischer Zeitrechnung falsch umgerechnet worden wäre. Er sei seit 2016 mit der BF2 verheiratet und habe mit dieser eine Tochter.

Auf seine Religionszugehörigkeit angesprochen gab der BF1 an, Christ zu sein. Er habe bereits in Griechenland angefangen, sich mit dem Christentum auseinanderzusetzen. Danach habe er sich mit Hilfe einer Bibel auf Farsi immer weiter mit dem Glauben beschäftigen können. Nach seiner Ankunft in Österreich sei er nach erfolgreicher Absolvierung des Taufunterrichts getauft worden. Die Fragen betreffend das Christentum konnte der BF1 korrekt beantworten.

Nach seinen Fluchtgründen befragt gab der BF1 an, er habe nie in Afghanistan gelebt. Den Iran habe er gemeinsam mit seiner Frau, der BF2, verlassen müssen, da diese bereits ihrem Cousin versprochen gewesen sei. Nach Aussprache mit ihrem Vater habe sie dieser geschlagen und ihr mit dem Tode gedroht, sodass sie beschlossen hätten, gemeinsam zu flüchten. Nach zweiwöchigem Untertauchen und nach Verwerfung einer möglichen Rückkehr nach Afghanistan habe der BF1 mit der BF2 beschlossen den Weg nach Europa zu wagen. Durch vorehelichen Geschlechtsverkehr sei es zum Verlust der Jungfräulichkeit der BF2 gekommen. Der zukünftige Ehemann könne dies als Verrat an ihm ansehen, und die BF2 würde daraufhin möglicherweise getötet werden.

Im Zuge der Einvernahme gab die BF2 im Wesentlichen an, dass ihre Familie zwar aus Afghanistan stamme, aber sie selbst in Teheran/Iran aufgewachsen sei. Auf ihre Religionszugehörigkeit angesprochen, führte sie an, dass sie sich dem Christentum zugewendet habe und nun Christin sei. Aus innerer Überzeugung sei sie aus dem Islam ausgetreten. Vor allem die bessere Stellung der Frau in der christlichen Gemeinde habe sie davon überzeugt, Christin zu werden. Sie habe seit ihrer Konversion zu innerer Ruhe gefunden und sei davon überzeugt, dass dies auf die bessere Stellung der Frau in der evangelischen Gemeinschaft zurückzuführen sei. Die Fragen betreffend das Christentum konnte die BF2 im Großen und Ganzen richtig beantworten. Sie habe in Österreich das Kopftuch abgelegt und trage dieses nur noch manchmal im Flüchtlingsheim aus Rücksicht auf ihre Nachbarn.

Nach dem Grund für das Verlassen des Irans befragt gab die BF2 an, bereits mit dem BF1 ein Jahr in einer Beziehung gelebt zu haben. Der Vater habe sie jedoch schon als Kind dem Sohn seines Bruders versprochen. Nur ihre Mutter habe sie vor dieser Zwangsehe bewahren können, doch nach deren Tod habe der Vater sie dann zwingen wollen, den Cousin zu heiraten. Sie habe ihn dann doch noch überredet, bis zum Ende ihres Studiums zuzuwarten. Nachdem ihr Vater von der Verbindung zum BF1 von ihrer Schwester in Kenntnis gesetzt worden sei, habe er sowohl die BF2 als auch den BF1 mit dem Tode bedroht. Der Vater habe sie in weiterer Folge geschlagen und ihr verboten, die Universität weiter zu besuchen. Da sie bereits Im Zuge ihrer Beziehung ihre Jungfräulichkeit verloren habe, seien sie zunächst bei einem Freund untergetaucht und hätten keinen anderen Ausweg gesehen als zu fliehen. Ausschlaggebend für das Verlassen des Irans sei die Verfolgung des Paares seitens des Vaters und des Cousins gewesen. Sie habe nach der Flucht aus dem väterlichen Haus den BF1 geheiratet. Kurz nach der Flucht habe der Vater sie und ihren Mann bei der Polizei angezeigt. Dies habe sie über ihre Schwester erfahren.

3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit den gegenständlichen Bescheiden vom 16.05.2019, zugestellt am 21.05.2019, den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm. § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs 1 iVm. § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.). Den BF wurde gemäß § 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) erlassen (Spruchpunkt IV.). Des Weiteren gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Abschließend wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF1 und der BF2 und zur Lage in ihrem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, das Vorbringen der BF sei unglaubhaft. Sie hätten keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung der BF nach Afghanistan. Im Falle der Rückkehr drohe ihnen keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.

Die BF würden nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG erfüllen, der Erlassung von Rückkehrentscheidungen stehe ihr Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidungen über die Anträge auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit der Abschiebung der BF nach Afghanistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die die BF bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätten, nicht gegeben seien.

Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass die BF bezüglich ihrer behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund ihrer Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu ihrem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wären.

Zum Fluchtvorbringen führte das BFA aus, dass es zwar unbestritten sei, dass der BF1 sich mit dem christlichen Glauben auseinandersetze bzw. beschäftige, nicht glaubhaft sei hingegen die Zuwendung zu dieser Glaubensrichtung aus tiefster, innerster Überzeugung. Aus den allgemeinen und oberflächlichen Angaben habe die erkennende Behörde keinen plausiblen Grund für die behauptete Hinwendung zum Christentum erkennen können.

Bei der BF2 habe eine tiefe innere Zuwendung zum christlichen Glauben nicht erkannt werden können. So seien, wie auch beim BF1, die allgemeinen und oberflächlichen Angaben kein plausibler Grund für die behauptete Hinwendung zum Christentum. Eine konkrete, individuell gegen die BF2 gerichtete Bedrohung oder Verfolgung könne sie nicht glaubhaft vorbringen. Auf eine eventuelle "westliche Orientierung" der BF2 wurde im Bescheid nicht eingegangen.

Subsidiärer Schutz wurde ihnen nicht zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr der BF in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur GFK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes nicht gegeben sei.

4. Gegen die oben angeführte Bescheide richtet sich die beim BFA am 17.06.2019 fristgerecht eingelangte Beschwerde vom 13.06.2019 an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde beantragt, der Beschwerde stattzugeben und den Bescheid im angefochtenen Umfang aufzuheben oder abzuändern.

Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 24.06.2019 vom Bundesamt vorgelegt.

5. Mit Eingabe vom 11.09.2019 wurde eine Stellungnahme zur allgemeinen Lage in Afghanistan und im Speziellen zur Lage der Konvertiten des bevollmächtigten Vertreters der BF vorgelegt.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 13.09.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der die BF im Beisein ihrer rechtsfreundlichen Vertreterin persönlich teilnahmen. Auch ein Vertreter des Bundesamtes nahm an der Verhandlung teil.

Im Zuge der Verhandlung gab der BF1 an, dass er bereits gemeinsam mit seiner Ehefrau getauft worden sei. Seine Tochter sei dazu jedoch noch zu klein, sie solle sich erst später entscheiden, wenn sie groß genug sei. Sie gehe aber jetzt bereits regelmäßig in die Kirche mit. Er sei seit zwei Jahren ehrenamtlich in der Kirche tätig. Im Iran habe er sich bereits mit seinem Dozenten an der Universität über Fragen des Islam auseinandergesetzt. Auf seiner Flucht habe er jedoch in Griechenland ein einschneidendes Erlebnis gehabt. Eine Frau habe Essen verteilt und als er sich daraufhin bedankt habe, habe die Frau nur geantwortet, dass er nicht ihr danken solle, sondern Gott. Nach dieser Begegnung habe er sich mit dem Christentum auseinandergesetzt und habe angefangen die Kirche zu besuchen. In weiterer Folge habe er sich entschlossen Christ zu werden, weil die christliche Glaubensrichtung zu ihm passe. Nach intensiver Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben sei er schließlich konvertiert. Im Christentum sei das Fundament Jesus Christus, der für die Menschen gestorben sei, damit ihre Sünden verziehen werden. Die inhaltlichen Fragen des Behördenvertreters konnte der BF1 mit eigenen Worten beantworten.

Die BF2 gab an, derzeit einen Deutschkurs zu besuchen und sich mit Freunden zu treffen. Habe aber vor, nach Abschluss des B2 Kurses die Ausbildung zur Krankenschwester zu machen. Ihre Tochter sei bereits jetzt in einer Spielgruppe. Sie gehe gerne mit ihrer Freundin, einer österreichischen Lehrerin, spazieren, schwimmen und einkaufen. Ein Leben in Afghanistan könne sie sich aufgrund ihrer Sozialisation nicht vorstellen, dort habe man als Frau nicht viele Chancen.

Festgehalten wurde in der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, dass das BFA aufgrund des Eindrucks im Rahmen der gerichtlichen Einvernahme keine Zweifel an der "Verwestlichung" der BF2 habe.

7. Im Zuge des Verfahrens wurden folgende Dokumente vorgelegt:

-

Bestätigungen über ehrenamtliche Tätigkeiten des BF1

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Schreiben der Pfarrgemeinde der BF

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Zeitungsartikel über ehrenamtliche Tätigkeiten der BF

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Taufschein des BF1 und der BF2 und Fotos von der Taufe

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diverse Fotos von Veranstaltungen in der Kirchengemeinde, an denen die BF teilnahmen

Der BF1 legte Deutschzertifikate B2, Bestätigungen über den Besuch von Kursen und ehrenamtliche Tätigkeiten sowie mehrere Empfehlungsschreiben, Zeugnisse der Universität Teheran, Abschriften der österreichischen Studiendaten und private Fotos vor.

Die BF2 legte Deutschzertifikate B1, Bestätigungen über den Besuch von Kursen und ehrenamtliche Tätigkeiten sowie mehrere Empfehlungsschreiben, Zeugnisse der Universität Teheran, Taufschein und private Fotos vor.

I.2. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Grund des durchgeführten

Ermittlungsverfahrens folgende Feststellungen getroffen:

a) Zur Person der beschwerdeführenden Parteien

1. Der BF1 und seine Familie stammen aus der Provinz Ghazni und zugehörig zur Gruppe der Hazara. Die Muttersprache des BF1 ist Dari. Seine Familie zog vor seiner Geburt in den Iran.

2. Der BF1 befürchtet, im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan auf Grund seiner Zuwendung zum Christentum von anderen Personen getötet zu werden, weil er nach der dort allgemein vorherrschenden Ansicht als Moslem nicht die Religion wechseln hätte dürfen. Der BF1 ist als schiitischer Moslem aufgewachsen, hat sich jedoch dem Druck seiner Eltern, den religiösen Festen, Gebeten und Bräuchen nachzukommen, widersetzt und bekennt sich nun zum Christentum. Der BF1 ist in Griechenland mit einer protestantischen Kirche in Berührung gekommen. Daraufhin hat er sich intensiv mit dem Christentum auseinandergesetzt, ist in die Kirche gegangen und hat begonnen regelmäßig am Sonntagsgottesdienst teilzunehmen. Er arbeitet seit 2016 ehrenamtlich in der lokalen Pfarrgemeinde A. u. H.B. beim Küster- und Kirchendienst, sowie bei der Haus- und Gartenpflege. Die Taufe fand im Vorjahr nach Teilnahme am Taufunterricht in der Evangelischen Heilandskirche statt.

Im Rahmen seiner Einvernahme konnte der BF1 alle wesentlichen Fragen in Bezug auf den christlichen Glauben beantworten.

Auch muss sich der BF1, im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der westlichen Orientierung seiner Ehefrau, der BF2, um deren Sicherheit sorgen.

3. Die BF2 ist Staatsangehörige der Islamischen Republik Afghanistan und zugehörig zur Volksgruppe der Hazara. Die Muttersprache der BF2 ist Dari. Bereits als Kind ist sie mit ihrer Familie in den Iran gezogen.

4. Die BF2 befürchtet, im Fall ihrer Rückkehr nach Afghanistan auf Grund ihrer westlichen Orientierung verfolgt zu werden, Die BF2 hat ihr Verhalten und ihr Auftreten der neuen Kultur entsprechend verändert. Die persönliche Haltung der BF2 über die grundsätzliche Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft steht nunmehr im eindeutigen Widerspruch zu den in Afghanistan bislang vorherrschenden gesellschaftlich-religiösen Zwängen, denen Frauen dort mehrheitlich unterworfen sind Sie ist von ihrer persönlichen Wertehaltung her nunmehr überwiegend an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als "westlich" bezeichneten Frauen- und Gesellschaftsbild (selbstbestimmt leben zu wollen) orientiert. Die BF2 will auch ihre Tochter frei von Zwängen erziehen und weiterhin so leben, wie sie hier in Österreich lebt. Sie lehnt die Umstände und Lebensverhältnisse für Frauen in Afghanistan ab und kann sich nicht vorstellen, nicht zuletzt aufgrund ihrer iranischen Sozialisation, nach der konservativ-afghanischen Tradition zu leben. Sie würde im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan von dem dortigen konservativen Umfeld als am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte Frau angesehen werden.

Darüber hinaus läuft sie auch Gefahr durch die Konversion bzw. die sogenannte "Apostasie" ihres Mannes, des BF1, sowie auch durch ihre eigene Hinwendung zum Christentum, der Verfolgung ausgesetzt und in weiterer Folge mit dem Tode bedroht zu werden.

5. Der BF1 und die BF2 sind als Eltern der BF3 im gegenständlichen Beschwerdeverfahren die gesetzlichen Vertreter ihres minderjährigen Kindes, die sich ihrem Vorbringen als Familienangehörige im Verfahren anschließt.

6. Es liegen keine Gründe vor, nach denen die BF von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten auszuschließen sind oder nach denen ein Ausschluss der BF hinsichtlich der Asylgewährung zu erfolgen hat. Solche Gründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die BF sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Das Vorliegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen ist nicht bekannt.

b) Zur Lage im Herkunftsstaat

Das Bundesverwaltungsgericht trifft folgende entscheidungsrelevanten Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat (Quelle:

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Stand 29.06.2018, KI 26.03.2019 und 04.06.2019):

Christen und Konvertiten

Nichtmuslimische Gruppierungen wie Sikhs, Baha'i, Hindus und Christen machen ca. 0.3% der Bevölkerung aus. Genaue Angaben zur Größe der christlichen und Bahai-Gemeinschaften sind nicht vorhanden (USDOS 15.8.2017; vgl. USCIRF 2017). Die einzige im Land bekannte christliche Kirche hat ihren Sitz in der italienischen Botschaft (USCIRF 2017) und wird von der katholischen Mission betrieben (FT 27.10.2017; vgl. AIK o.D.). Die afghanischen Behörden erlaubten die Errichtung einer katholischen Kapelle unter den strengen Bedingungen, dass sie ausschließlich. BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 308 von 376 ausländischen Christen diene und jegliche Form des Proselytismus vermieden werde (vertrauliche Quelle 8.11.2017). Öffentlich zugängliche Kirchen existieren in Afghanistan nicht (USDOS 15.8.2017). Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens, da es in Afghanistan keine Kirchen gibt (abgesehen von einer katholischen Kapelle auf dem Gelände der italienischen Botschaft). Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen (AA 5.2018). Ausländische Christen dürfen ihren Glauben diskret ausüben (FT 27.10.2017).

Berichten zufolge gibt es im Land weiterhin keine christlichen Schulen (USDOS 15.8.2017); ein christliches Krankenhaus ist in Kabul aktiv (NYP 24.4.2014; vgl. CNN 24.4.2014, CURE o.D.). Auch gibt es in Kabul den Verein "Pro Bambini di Kabul", der aus Mitgliedern verschiedener christlicher Orden besteht, und eine Schule für Kinder mit Behinderung betreibt (PBK o.D.; vgl. FT 27.10.2017). Des Weiteren sind je zwei jesuitische und evangelische Missionare in Afghanistan aktiv (FT 27.10.2017). Neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung werden Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen (AA 5.2018). Christen berichteten von einer feindseligen Haltung gegenüber christlichen Konvertiten und der vermeintlichen christlichen Proselytenmacherei (USDOS 15.8.2017). Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel nur deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen. In städtischen Gebieten sind Repressionen gegen Konvertiten aufgrund der größeren Anonymität weniger zu befürchten als in Dorfgemeinschaften (AA 9.2016). Beobachtern zufolge hegen muslimische Ortsansässige den Verdacht, Entwicklungsprojekte würden das Christentum verbreiten und Proselytismus betreiben (USDOS 15.8.2017).

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 5.2018). Quellen zufolge müssen Christen ihren Glauben unbedingt geheim halten. Konvertiten werden oft als geisteskrank bezeichnet, da man davon ausgeht, dass sich niemand bei klarem Verstand vom Islam abwenden würde; im Falle einer Verweigerung, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, können Christen in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen, von Nachbarn oder Fremden angegriffen und ihr Eigentum oder Betrieb zerstört werden; es kann auch zu Tötungen innerhalb der Familie kommen. Andererseits wird auch von Fällen berichtet, wo die gesamte Familie den christlichen Glauben annahm; dies muss jedoch absolut geheim gehalten werden (OD 2018).

Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die oft während ihres Aufenthalts im Ausland konvertierten, üben aus Angst vor Diskriminierung und Verfolgung ihre Religion alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern aus (USDOS 15.8.2017). Zwischen 2014 und 2016 gab es keine Berichte zu staatlicher Verfolgung wegen Apostasie oder Blasphemie (USDOS 15.8.2017). Der Druck durch die Nachbarschaft oder der Einfluss des IS und der Taliban stellen Gefahren für Christen dar (OD 2018).

Frauen

Die Lage afghanischer Frauen hat sich in den letzten 15 Jahren zwar insgesamt ein wenig verbessert, jedoch nicht so sehr wie erhofft (BFA Staatendokumentation 4.2018). Wenngleich es in den unterschiedlichen Bereichen viele Fortschritte gab, bedarf die Lage afghanischer Frauen spezieller Beachtung (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 23.3.2016). Die afghanische Regierung ist bemüht, die Errungenschaften der letzten eineinhalb Jahrzehnte zu verfestigen - eine Institutionalisierung der Gleichberechtigung von Frauen in Afghanistan wird als wichtig für Stabilität und Entwicklung betrachtet (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. UNAMA/OHCHR 5.2018). Trotzdem gilt Afghanistan weiterhin als eines der gefährlichsten Länder für Frauen weltweit (AF 13.12.2017). In einigen Bereichen hat der Fortschritt für Frauen stagniert, was großteils aus der Talibanzeit stammenden unnachgiebigen konservativen Einstellungen ihnen gegenüber geschuldet ist (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AF 13.12.2017). Viel hat sich dennoch seit dem Ende des Talibanregimes geändert: Frauen haben das verfassungsmäßige Recht an politischen Vorgängen teilzunehmen, sie streben nach Bildung und viele gehen einer Erwerbstätigkeit nach (TET 15.3.2018). Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistans verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (MPI 27.1.2004). In der Praxis mangelt es jedoch oftmals an der Umsetzung dieser Rechte (AA 5.2018; vgl. UNAMA/OHCHR 5.2018). Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 9.2016; vgl. USDOS 20.4.2018). Traditionell diskriminierende Praktiken gegen Frauen existieren insbesondere in ländlichen und abgelegenen Regionen weiter (AA 5.2018).

Bildung

Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt (BFA Staatendokumentation 3.7.2014). Laut Verfassung haben alle afghanischen Staatsbürger/innen das Recht auf Bildung (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. MPI 27.1.2004). Öffentliche Kindergärten und Schulen sind bis zur Hochschulebene kostenlos. Private Bildungseinrichtungen und Universitäten sind kostenpflichtig (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. IOM 2017). Aufgeschlossene und gebildete Afghanen, welche die finanziellen Mittel haben, schicken ihre Familien ins Ausland, damit sie dort leben und eine Ausbildung genießen können (z.B. in die Türkei); während die Familienväter oftmals in Afghanistan zurückbleiben (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Eine der Herausforderungen für alle in Afghanistan tätigen Organisationen ist der Zugang zu jenen Gegenden, die außerhalb der Reichweite öffentlicher Bildung liegen. Der Bildungsstand der Kinder in solchen Gegenden ist unbekannt und Regierungsprogramme sind für sie unzugänglich; speziell, wenn die einzigen verfügbaren Bildungsstätten Madrassen sind (BFA Staatendokumentation 4.2018).

In den Jahren 2016 und 2017 wurden durch den United Nations Children's Fund (UNICEF) mit Unterstützung der United States Agency for International Development (USAID) landesweit 4.055 Dorfschulen errichtet - damit kann die Bildung von mehr als 119.000 Kindern in ländlichen Gebieten sichergestellt werden, darunter mehr als 58.000 Mädchen. Weitere 2.437 Ausbildungszentren in Afghanistan wurden mit Unterstützung von USAID errichtet, etwa für Personen, die ihre Ausbildung in frühen Bildungsjahren unterbrechen mussten. Mehr als 49.000 Student/innen sind in diesen Ausbildungszentren eingeschrieben (davon mehr als 23.000 Mädchen). USAID hat mehr als 154.000 Lehrer ausgebildet (davon mehr als 54.000 Lehrerinnen) sowie 17.000 Schuldirektoren bzw. Schulverwalter (mehr als 3.000 davon Frauen) (USAID 10.10.2017).

Sowohl Männer als auch Frauen schließen Hochschulstudien ab - derzeit sind etwa 300.000 Student/innen an afghanischen Hochschulen eingeschrieben - darunter 100.000 Frauen (USAID 10.10.2017).

Dem afghanischen Statistikbüro (CSO) zufolge gab es im Zeitraum 2016-2017 in den landesweit 16.049 Schulen, insgesamt 8.868.122 Schüler, davon waren 3.418.877 weiblich. Diese Zahlen beziehen sich auf Schüler/innen der Volks- und Mittelschulen, Abendschulen, Berufsschulen, Lehrerausbildungszentren sowie Religionsschulen. Im Vergleich mit den Zahlen aus dem Zeitraum 2015-2016 hat sich die Anzahl der Studentinnen um 5,8% verringert (CSO 2017). Die Gesamtzahl der Lehrer für den Zeitraum 2016-2017 betrug 197.160, davon waren 64.271 Frauen. Insgesamt existieren neun medizinische Fakultäten, an diesen sind 342.043 Studierende eingeschrieben, davon

77.909 weiblich. Verglichen mit dem Zeitraum 2015-2016 hat sich die Anzahl der Frauen um 18.7% erhöht (CSO 2017).

Im Mai 2016 eröffnete in Kabul die erste Privatuniversität für Frauen im Moraa Educational Complex, mit dazugehörendem Kindergarten und Schule für Kinder der Studentinnen. Die Universität bietet unter anderem Lehrveranstaltungen für Medizin, Geburtshilfe etc. an. (TE 13.8.2016; vgl. MORAA 31.5.2016). Im Jahr 2017 wurde ein Programm ins Leben gerufen, bei dem 70 Mädchen aus Waisenhäusern in Afghanistan, die Gelegenheit bekommen ihre höhere Bildung an der Moraa Universität genießen zu können (Tolonews 17.8.2017).

Im Herbst 2015 eröffnete an der Universität Kabul der Masterlehrgang für "Frauen- und Genderstudies" (KP 18.10.2015; vgl. UNDP 10.7.2016). Im Jahr 2017 haben die ersten Absolvent/innen des Masterprogramms den Lehrgang abgeschlossen: 15 Frauen und sieben Männer, haben sich in ihrem Studium zu Aspekten der Geschlechtergleichstellung und Frauenrechte ausbilden lassen; dazu zählen Bereiche wie der Rechtsschutz, die Rolle von Frauen bei der Armutsbekämpfung, Konfliktschlichtung etc. (UNDP 7.11.2017).

Berufstätigkeit

Berufstätige Frauen sind oft Ziel von sexueller Belästigung durch ihre männlichen Kollegen. Die Akzeptanz der Berufstätigkeit von Frauen variiert je nach Region und ethnischer bzw. Stammeszugehörigkeit (AA 5.2018). Aus einer Umfrage der Asia Foundation (AF) aus dem Jahr 2017 geht hervor, dass die Akzeptanz der Berufstätigkeit von Frauen außerhalb des Hauses unter den Hazara 82,5% beträgt und am höchsten ist. Es folgen die Usbeken (77,2%), die Tadschiken (75,5%) und die Paschtunen (63,4%). In der zentralen Region bzw. Hazarajat tragen 52,6% der Frauen zum Haushaltseinkommen bei, während es im Südwesten nur 12% sind. Insgesamt sind 72,4% der befragten Afghanen und Afghaninnen der Meinung, dass Frauen außerhalb ihres Hauses arbeiten sollen (AF 11.2017). Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich seit dem Jahr 2001 stetig erhöht und betrug im Jahr 2016 19%. Frauen sind dennoch einer Vielzahl von Hindernissen ausgesetzt; dazu zählen Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, aber auch praktische Hürden, wie z.B. fehlende Arbeitserfahrung, Fachkenntnisse und (Aus)Bildung (UNW o. D.).

Nichtsdestotrotz arbeiten viele afghanische Frauen grundlegend an der Veränderung patriarchaler Einstellungen mit. Viele von ihnen partizipieren an der afghanischen Zivilgesellschaft oder arbeiten im Dienstleistungssektor (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. LobeLog 15.11.2017). Aber noch immer halten soziale und wirtschaftliche Hindernisse (Unsicherheit, hartnäckige soziale Normen, Analphabetismus, fehlende Arbeitsmöglichkeiten und mangelnder Zugang zu Märkten) viele afghanische Frauen davon ab, ihr volles Potential auszuschöpfen (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. MENA FN 19.12.2017).

Die Einstellung gegenüber der Berufstätigkeit von Frauen hat sich in Afghanistan in den letzten Jahren geändert; dies hängt auch mit den NGOs und den privaten Firmen zusammen, die in Afghanistan aktiv sind. Die städtische Bevölkerung hat kaum ein Problem mit der Berufstätigkeit ihrer Ehefrauen oder Töchter. Davor war der Widerstand gegen arbeitende Frauen groß und wurde damit begründet, dass ein Arbeitsplatz ein schlechtes Umfeld für Frauen darstelle, etc. In den meisten ländlichen Gemeinschaften sind konservative Einstellungen nach wie vor präsent (BFA Staatendokumentation 4.2018) und afghanische Frauen sehen sich immer noch Hindernissen ausgesetzt, wenn es um Arbeit außerhalb ihres Heimes geht (BFA Staatendokumentation; vgl. IWPR 18.4.2017). Im ländlichen Afghanistan gehen viele Frauen, aus Furcht vor sozialer Ächtung, keiner Arbeit außerhalb des Hauses nach (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. WB 28.8.2017).

Das Gesetz sieht zwar die Gleichstellung von Mann und Frau im Beruf vor, jedoch beinhaltet es keine egalitären Zahlungsvorschriften bei gleicher Arbeit. Das Gesetz kriminalisiert Eingriffe in das Recht auf Arbeit der Frauen; dennoch werden diese beim Zugang zu Beschäftigung und Anstellungsbedingungen diskriminiert (USDOS 20.4.2018).

Dennoch hat in Afghanistan aufgrund vieler Sensibilisierungsprogramme sowie Projekte zu Kapazitätsaufbau und Geschlechtergleichheit ein landesweiter Wandel stattgefunden, wie Frauen ihre Rolle in- und außerhalb des Hauses sehen. Immer mehr Frauen werden sich ihrer Möglichkeiten und Chancen bewusst. Sie beginnen auch wirtschaftliche Macht zu erlangen, indem eine wachsende Zahl Teil der Erwerbsbevölkerung wird - in den Städten mehr als in den ländlichen Gebieten (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. WD 21.12.2017). Frauen als Ernährerinnen mit Verantwortung für die gesamte Familie während ihr Mann arbeitslos ist, sind keine Seltenheit mehr. Mittlerweile existieren in Afghanistan oft mehr Arbeitsmöglichkeiten für Frauen als für Männer, da Arbeitsstellen für letztere oftmals schon besetzt sind (BFA Staatendokumentation 4.2018). In und um Kabul eröffnen laufend neue Restaurants, die entweder von Frauen geführt werden oder in ihrem Besitz sind. Der Dienstleistungssektor ist zwar von Männern dominiert, dennoch arbeitet eine kleine, aber nicht unwesentliche Anzahl afghanischer Frauen in diesem Sektor und erledigt damit Arbeiten, die bis vor zehn Jahren für Frauen noch als unangebracht angesehen wurden (und teilweise heute noch werden) (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. YM 11.12.2017). Auch soll die Anzahl der Mitarbeiterinnen im Finanzsektor erhöht werden (BFA Staatendokumentation; vgl. USAID 26.9.2017). In Kabul zum Beispiel eröffnete im Sommer 2017 eine Filiale der First MicroFinance Bank, Afghanistan (FMFB-A), die nur für Frauen gedacht ist und nur von diesen betrieben wird. Diese Initiative soll es Frauen ermöglichen, ihre Finanzen in einer sicheren und fördernden Umgebung zu verwalten, um soziale und kulturelle Hindernisse, die ihrem wirtschaftlichen Empowerment im Wege stehen, zu überwinden. Geplant sind zwei weitere Filialen in Mazar-e Sharif bis 2019 (BFA Staatendokumentation; vgl. AKDN 26.7.2017). In Kabul gibt es eine weitere Bank, die - ausschließlich von Frauen betrieben - hauptsächlich für Frauen da ist und in deren Filiale sogar ein eigener Spielbereich für Kinder eingerichtet wurde (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. GABV 26.7.2017).

Eine Position in der Öffentlichkeit ist für Frauen in Afghanistan noch immer keine Selbstverständlichkeit (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. NZZ 23.4.2017). Dass etwa der afghanische Präsident dies seiner Ehefrau zugesteht, ist Zeichen des Fortschritts (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. WD 21.12.2017). Frauen in öffentlichen bzw. semi-öffentlichen Positionen sehen sich deshalb durchaus in einer gewissen Vorbildfunktion. So polarisiert die Talent-Show "Afghan Star" zwar einerseits das Land wegen ihrer weiblichen Teilnehmer und für viele Familien ist es inakzeptabel, ihre Töchter vor den Augen der Öffentlichkeit singen oder tanzen zu lassen. Dennoch gehört die Sendung zu den populärsten des Landes (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. NZZ 23.4.2017).

Bezugnehmend auf das am 13.11.2019 neuerschienene Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan wird festgestellt, dass sich bezüglich der Lage der Konvertiten sowie der Frauen in Afghanistan fallspezifisch keine neuen Informationen ergeben haben.

II. Beweiswürdigung

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:

II.1. Zum Verfahrensgang

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Gerichtsakts des Bundesverwaltungsgerichts.

II.2. Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei

1. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft, insbesondere zu ihrer Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu den Lebensumständen der BF, stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der BF im gesamten Verfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Identität der BF steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.

2. Die Feststellungen hinsichtlich der Hinwendung zum Christentum, konkret des BF1 zur protestantischen Religionsgemeinschaft, stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, den zeugenschaftlichen Angaben der Vertrauensperson, das Schreiben des in der Evangelischen Pfarrgemeinde tätigen Pfarrers, sowie die in Kopie vorgelegte Taufurkunde.

Wie in der Beschwerde vom 13.06.2019 zutreffend ausgeführt wird, hat der BF1 bereits in seiner Einvernahme vor dem BFA am 14.11.2018 geschildert, dass er sich dem Vater in Bezug auf islamische Rituale widersetzt hatte und ihm auch in der Öffentlichkeit unislamisches Verhalten vorgeworfen wurde. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Aspekt ihn der angefochtenen Entscheidung nicht konkret auseinandergesetzt. Im Lichte dieser Angaben erachtet das erkennende Gericht die Angaben des BF1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht als glaubhaft, dass seine bereits vor seiner Ausreise bestehende kritische Haltung gegenüber dem Islam dazu geführt hat, sich nach Beschäftigung mit dem Christentum in Griechenland und zeitnah nach seiner Einreise ins Bundesgebiet an eine christliche Kirche zu wenden, um Antworten auf jene Fragen, die ihn beschäftigten, zu erhalten. Schlüssig konnte dargelegt werden, dass diese Entwicklung dazu führte, sich nach entsprechender Taufvorbereitung zur Taufe und damit zur Aufnahme in die evangelische Kirchengemeinschaft zu entschließen. Der Beschwerdeführer hat glaubhaft dargelegt, mit der Zuwendung zum Christentum einen Weg gesucht und für sich gefunden zu haben. Der BF1 hat in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, warum er nicht einfach ohne Religionsbekenntnis geblieben ist. Dafür, dass sich der BF1 aus innerer Überzeugung dem Christentum zugewandt hat, spricht auch der Umstand, dass sich der BF1 - nach entsprechender Vorbereitung - bereits im Frühjahr 2018 taufen ließ.

Der BF1 konnte durch seine Aussagen und die vorgelegten Dokumente glaubhaft machen, dass er sich nunmehr hier in Österreich aus freier persönlicher Überzeugung dem protestantischen Christentum zugewandt hat. Es sind im Verfahren auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die den Schluss zulassen würden, dass die Konversion des BF1 zum christlichen Glauben bloß zum Schein erfolgt wäre. Vielmehr hat der BF1 durch seine Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG und durch die Vorlage seiner Taufurkunde glaubhaft dargelegt, dass er sich auf Grund einer persönlichen Entscheidung vom Islam abgewandt und aus innerer religiöser Überzeugung dem Christentum zugewendet hat.

Es kann auch der belangten Behörde nicht gefolgt werden, wenn diese ausführt, der BF1 weise kein überwiegendes Interesse am Christentum auf und sei aufgrund seiner religiösen Praxis in Österreich eine innere Überzeugung nicht erkennbar.

Gestützt werden die Angaben des BF1 durch das vorgelegte Taufzeugnis und die das vorgelegte Schreiben des Pfarrers der Gemeinde, der auch die Taufvorbereitung durchführte. Der BF1 ist in der Glaubensgemeinschaft gut integriert und nimmt auch mit seiner Familie an Veranstaltungen teil. Der BF1 hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft seinen Weg zum Christentum, seine Entwicklung und die Art wie er seinen Glauben lebt geschildert. Es sind im Verfahren auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die den Schluss zulassen würden, dass die Konversion des BF zum christlichen Glauben bloß zum Schein asylzweckbezogen erfolgt wäre. Hinweise darauf, dass der BF1 die von ihm in der Verhandlung wiedergegebenen Glaubensinhalte auswendig gelernt haben könnte, ohne sie zu verinnerlichen, ergaben sich nicht, sondern es entstand der Eindruck, dass sich der BF1 tatsächlich und aus eigenem Antrieb für das protestantische Christentum und dessen Lehren interessiert.

Das Vorbringen des BF1 hinsichtlich seiner Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr nach Afghanistan auf Grund seiner in Österreich erfolgten Konversion vom Islam zum christlichen Glauben war in ganzheitlicher Würdigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere unter Berücksichtigung der diesbezüglich vorliegenden herkunftsstaats-bezogenen Erkenntnisquellen zur allgemeinen Lage von Christen und Konvertiten in Afghanistan, insgesamt als glaubhaft zu beurteilen.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass seitens der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht die Glaubhaftigkeit einer asylrelevanten Verfolgung nicht in Zweifel gezogen wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass dem BF1 im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus asylrelevanten Gründen drohen würde und die staatlichen Einrichtungen Afghanistans nicht in der Lage sein würden, dem BF1 vor dieser Verfolgung im ausreichenden Maß Schutz zu bieten. So war das Vorbringen des BF1 zur möglichen Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr nach Afghanistan ausreichend substantiiert, umfassend, in sich schlüssig und im Hinblick auf die besonderen Umstände des BF1 und die allgemeine Situation in Afghanistan plausibel. Auch die Länderinformationen legen dar, dass es für christliche Afghanen keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens gibt und neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung die Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen werden. Weiters werden Konvertiten oft als geisteskrank bezeichnet und im Fall einer Verweigerung zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen.

In einer Gesamtschau der Angaben des BF1 im Verlauf des Verfahrens und aus den dargelegten Erwägungen erscheint das Vorbringen des BF1 zu seiner Furcht vor Verfolgung in Afghanistan aus Gründen der Konversion vom Islam zum Christentum letztlich glaubhaft. Es ist daher davon auszugehen, dass dem BF1 im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohen würde und die staatlichen Einrichtungen nicht in der Lage sein werden, dem BF1 vor dieser Verfolgung im ausreichendem Maß Schutz zu bieten.

3. Das Vorbringen der BF2 zu ihrer Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr nach Afghanistan war in ganzheitlicher Würdigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere auch im Hinblick auf die vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen, insgesamt als glaubhaft zu beurteilen.

Die BF2 hat im Wesentlichen übereinstimmend, plausibel und schlüssig dargelegt, dass sie ihr bisheriges Leben im Iran verbracht hat und dort auch ihren Ehepartner nicht frei wählen konnte, die Ehe mit dem BF1 konnte sie erst nach ihrer Flucht schließen.

Die BF2 könnte in Afghanistan kein ausreichend frei bestimmtes Leben führen und in der Öffentlichkeit ohne Erfüllung bestimmter Bekleidungsvorschriften nicht verkehren. Es steht nunmehr die nach außen hin auch erkennbare persönliche Wertehaltung zu der in der afghanischen Gesellschaft vorherrschenden konservativ-restriktiven Wertehaltung hinsichtlich der Rolle und Stellung von Frauen im Widerspruch. Die persönliche und nach außen offen dargelegte Wertehaltung der BF2 an ein würdiges Leben als Frau steht zu der in Afghanistan weiterhin vorherrschenden Situation für Frauen im Gegensatz. Auch das äußere Erscheinungsbild der BF2 in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG war ein dahingehendes Indiz.

In einer Gesamtschau der Angaben der BF2 im gesamten Verlauf des Verfahrens und aus den dargelegten Erwägungen erscheint das Vorbringen der BF2 zu ihrer Furcht vor Verfolgung in Afghanistan insgesamt als glaubhaft. Es ist daher davon auszugehen, dass der BF2 im Fall der Abschiebung nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus asylrelevanten Gründen drohen würde und die staatlichen Einrichtungen Afghanistans nicht in der Lage sein würden, der BF2 vor dieser Verfolgung im ausreichenden Maß Schutz zu bieten.

4. Für die BF3 wurden keine eigenen asylrelevanten Fluchtgründe geltend gemacht.

II.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

1. Die oben getroffenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Afghanistan, Stand 29.06.2018 KI 26.03.2019 und 04.06.2019

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt wurden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung von anderen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichten aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

2. Die in der mündlichen Verhandlung erörterten Feststellungen und Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden dem Parteien zur Einsicht angeboten und ihnen die Möglichkeit eingeräumt, zu den getroffenen Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben.

3. Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

III. Rechtliche Beurteilung:

III.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

1. Anzuwendendes Recht:

Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

2. Gemäß § 1 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung (VwGVG) ist das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes durch das VwGVG geregelt.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Im gegenständlichen Verfahren sind daher gemäß § 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung (BFA-VG), dieses sowie weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung (FPG) anzuwenden.

3. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes, BGBl. I Nr. 10/2003 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 15 AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.

Gemäß § 18 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

Familienverfahren:

Gemäß § 34 Abs 1 Z 3 AsylG gilt der Antrag eines Familienangehörigen eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Die Behörde hat gemäß § 34 Abs 4 AsylG Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

Wird gegen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung im Familienverfahren auch nur von einem betroffenen Familienmi

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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