TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/26 98/04/0089

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Veröffentlicht am 26.05.1998
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. März 1998, Zl. MA 63-N 63/97, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde der Beschwerdeführerin mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landshauptmannes von Wien vom 10. März 1998 eine näher beschriebene Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 30. Mai 1996, GZ. 6 Se 1680/95s, sei der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Weitere Anträge auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin seien mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 1. Juli 1996, GZ. 6 Se 325/96b, und vom 31. Juli 1997, GZ. 6 Se 178/97m, mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Zur Frage, ob die weitere Gewerbeausübung im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen wäre, habe das Bezirksgericht Josefstadt mitgeteilt, daß ab dem Jahre 1994 - mit Ausnahme der von der Wiener Gebietskrankenkasse und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft betriebenen Exekutionen - drei näher beschriebene Exekutionen in das Vermögen der Beschwerdeführerin bewilligt und noch nicht eingestellt worden seien. Von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sei mit Schreiben vom 4. April 1997 mitgeteilt worden, es bestehe auf dem Beitragskonto der Beschwerdeführerin ein Rückstand in der Höhe von S 243.750,44. Dieser Rückstand beziehe sich auf den Zeitraum 1. August 1994 bis 31. März 1997; eine Ratenvereinbarung sei nicht abgeschlossen worden. Die Wiener Gebietskrankenkasse habe mit Schreiben vom 25. März 1997 bekanntgegeben, daß auf dem Beitragskonto der Beschwerdeführerin ein Betragsrückstand von S 100.062,67 aushafte. Der Rückstand erstrecke sich über den Zeitraum August 1995 bis Februar 1997, wobei insgesamt 242 Zwangsmaßnahmen gegen die Beschwerdeführerin unternommen worden seien. Dieses Ermittlungsergebnis sei der Beschwerdeführerin mit Schreiben der Berufungsbehörde vom 23. April 1997 zur Kenntnis gebracht und sie sei aufgefordert worden, zum einen Stellung zu nehmen, ob Exekutionen bereits eingestellt bzw. ob Ratenvereinbarungen mit den Gläubigern abgeschlossen worden seien, und zum anderen darzulegen, wie es ihr konkret möglich sein werde, die Schulden aus den Einkünften der weiteren Gewerbeausübung zu begleichen bzw. zu vermindern und die weiteren anfallenden Verbindlichkeiten (u.a. Betriebskosten, Beiträge zur Sozialversicherung, Steuern, Lieferantenforderungen) zu erfüllen. Die Beschwerdeführerin habe hiezu ausgeführt, es seien die einzelnen Gläubiger zwar durchaus vergleichsbereit, sie würden dies aber verschiedentlich von Zahlungen abhängig machen. Die Beschwerdeführerin versuche, eine Regelung zur Befriedigung der bisherigen wie auch der zukünftigen Gläubiger zu schaffen, aus der ersichtlich werde, daß eine günstige Zukunftsprogonose gegeben sei und damit gerechnet werden könne, daß aus den erwirtschafteten Mitteln sowohl die laufenden Kosten als auch die Rückzahlungen problemlos bestritten werden könnten. Zu diesem Zweck lege sie schon jetzt ein Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 21. Mai 1997 vor und teile mit, daß sie den Anzahlungsbetrag in den letzten Juni- bzw. ersten Julitagen bezahlen werde. Sohin werde diesbezüglich eine Ratenvereinbarung zu treffen sein. Zu den Außenständen des Finanzamtes werde mitgeteilt, daß derzeit ein wöchentlicher Rückzahlungsbetrag von ca. S 2.000,-- bis S 3.000,-- geleistet werde. Auch dem Magistrat der Stadt Wien (Stadtkasse) werde ein Betrag von wöchentlich S 500,-- zur Abtragung der aushaftenden Getränkesteuer entrichtet. Sie benötige im übrigen noch etwas Zeit, wobei es durch gute Einnahmen im Spätfrühling und Sommer möglich sein werde, das gesteckte Ziel noch schneller zu erreichen. Am 30. September 1997 habe die Beschwerdeführerin zu Protokoll gegeben, daß sie von den im Schreiben des Bezirksgerichtes Josefstadt genannten Exekutionen in zwei Fällen die Forderungen bezahlt und in einem Fall eine Ratenvereinbarung abgeschlossen habe. Auch mit dem Finanzamt bestehe eine Ratenvereinbarung; die Raten würden termingerecht bezahlt. Der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe sie eine Zahlung von S 47.000,-- geleistet. Sie sei mit der Sozialversicherungsanstalt außerdem überein gekommen, daß sie in der letzten Oktoberwoche S 63.000,-- bezahle und anschließend eine schriftliche Ratenvereinbarung abgeschlossen werde. Noch im Oktober werde sie sich auch mit der Wiener Gebietskrankenkasse in Verbindung setzen, um eine Zahlungsvereinbarung zu erreichen. Sie werde der Behörde Mitte bis Ende November den Erfolg ihrer Bemühungen und die weitere Bezahlung ihrer Verbindlichkeiten nachweisen. Entgegen diesem Vorbringen habe die Beschwerdeführerin jedoch kein weiteres Vorbringen erstattet und sie habe auch keine Nachweise vorgelegt. Aufgrund dieses Ermittlungsergebnisses (Bestehen von fälligen Forderungen ohne Abschluß von Zahlungsvereinbarungen, kein Nachweis liquider Mittel) seien die Voraussetzungen für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich - ihrem gesamten Vorbringen zufolge - durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Unterbleiben der Gewerberechtsentziehung verletzt. Sie bringt hiezu im wesentlichen vor, sie habe alles in ihrer Macht stehende getan, um die Voraussetzungen für eine Weiterführung des Gewerbes darzutun. Sie habe hinreichende Umstände angeführt, die eine Anwendung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 rechtfertigen würden. Dabei habe sie nicht nur Urkunden vorgelegt, sondern auch die Einvernahme einer - namentlich genannten - Zeugin beantragt. Diese sei von der belangten Behörde jedoch nicht einvernommen worden, obwohl sie - eine Mitarbeiterin der Beschwerdeführerin - bestätigen hätte können, daß die Beschwerdeführerin ihre alten Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt, der Krankenkasse sowie der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft kontinuierlich abzahle und auch die neuen Verbindlichkeiten befriedige. Die Zeugin hätte weiters bestätigen können, daß das Geschäft im Jahre 1996 sowie im ersten Halbjahr 1997 einen positiven Aufschwung genommen habe, sodaß die - zur vorliegenden Situation führenden - schlechten Jahre hinter der Beschwerdeführerin lägen und daß eine Möglichkeit der Schuldenreduktion nur durch die Weiterführung des Geschäfts gewährleistet werden könne, was den Bestand einer aufrechten Gewerbeberechtigung erforderlich mache. Die belangte Behörde habe es darüber hinaus unterlassen, die von der Beschwerdeführerin getätigten Äußerungen und Angaben hinsichtlich der anhängigen Exekutionen zu überprüfen; sie habe sich vielmehr auf eine alte Anfrage beim Bezirksgericht Josefstadt gestützt. Hätte die belangte Behörde die aktuelle Sachlage erhoben, wäre sie wegen der speziellen Umstände des vorliegenden Falles ("extrem niedrige Zahl von Gläubigern, die noch dazu durch die mitgeteilte Befriedigung weiter herabgesetzt würde") zum Ergebnis gelangt, daß § 87 Abs. 2 GewO 1994 angewendet hätte werden müssen. Im übrigen seien der Beschwerdeführerin zwar die Verfahrensergebnisse mitgeteilt worden und sie habe auch Gelegenheit gehabt, sich zu äußeren, doch habe die belangte Behörde aufgrund der Äußerungen der Beschwerdeführerin keine weitere Ermittlungstätigkeit vorgenommen. Eine pflichtgemäße Sachverhaltsfeststellung hätte eine entgegengesetzte Entscheidung durch die belangte Behörde zur Folge gehabt.

Die Beschwerdeführerin bestreitet mit diesem Vorbringen nicht das Vorliegen des Entziehungsgrundes gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 13 Abs. 3 GewO 1994. Sie meint vielmehr, es seien die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. gegeben, wonach von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgesehen werden kann, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn aufgrund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, daß der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das den Gegenstand der Entziehung bildende Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Es muß ferner die pünktliche Erfüllung aller Zahlungspflichten erwartet werden können. Eine bloße Verbesserung der wirtschaftlichen Situation verbunden mit einer lediglich teilweisen Abzahlung von Rückständen ist nicht ausreichend. Es muß nämlich sichergestellt sein, daß die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1998, Zl. 98/04/0032, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Von dieser Rechtslage ausgehend vermag die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Zunächst trifft nämlich der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe den angefochtenen Bescheid auf bereits eingestellte Exekutionsverfahren gestützt, nicht zu. Vielmehr ging die belangte Behörde in der - oben wiedergegebenen - Begründung des angefochtenen Bescheides und von der Beschwerdeführerin unwidersprochen davon aus, es bestünden offene und durch keine Zahlungsvereinbarung abgedeckte Verbindlichkeiten gegenüber der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Wiener Gebietskrankenkasse, denen liquide Mittel der Beschwerdeführerin nicht gegenüberstünden. Schon im Hinblick darauf ist die Auffassung der belangten Behörde, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 seien nicht erfüllt, nicht zu beanstanden.

Daß die finanziellen Mittel der Beschwerdeführerin ausreichend wären, um sämtliche gegen sie unbestrittenermaßen bestehenden fälligen Forderungen zu erfüllen, behauptet sie selbst nicht; der Umstand einer "extrem niedrigen Zahl von Gläubigern" ist freilich unerheblich.

Bei ihrer Rüge, die belangte Behörde habe die Einvernahme der von der Beschwerdeführerin beantragten Zeugin unterlassen, verkennt die Beschwerde, daß es nach der - oben dargestellten - Rechtslage nicht genügt, wenn der Gewebetreibende trotz Vorhandenseins älterer fälliger Zahlungsverpflichtungen seinen aus der laufenden Gewerbeausübung entstehenden neuen Zahlungsverpflichtungen nachkommt und gleichzeitig Beiträge zur Verringerung der bereits vorhandenen Forderungen leistet (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1998, Zl. 97/04/0181, und die hier zitierte Vorjudikatur). Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes war die Einvernahme der beantragten Zeugin daher entbehrlich.

Soweit die Beschwerdeführerin der belangten Behörde aber vorwirft, sie habe aufgrund der von der Beschwerdeführerin im Verfahren erstatteten Angaben keine "weiteren Ermittlungstätigkeiten" vorgenommen, hat sie es unterlassen, die Relevanz eines allfälligen derartigen Verfahrensverstoßes im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG darzutun.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998040089.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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