TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/7 W151 2227932-1

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Veröffentlicht am 07.02.2020
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Entscheidungsdatum

07.02.2020

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
ASVG §4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W151 2227932-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , XXXX gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (vormals Wiener Gebietskrankenkasse) vom 23.12.2019, Zl. XXXX , wegen § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (vormals Wiener Gebietskrankenkasse) (in Folge: ÖGK-W oder belangte Behörde) vom 23.12.2019 wurde der Beschwerdeführerin gem. § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ein Beitragszuschlag in der Höhe von € 300,-- vorgeschrieben, weil die Anmeldung für die Dienstnehmerin XXXX , VSNR: XXXX zur Pflichtversicherung als Dienstnehmer gem. § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte begründend aus, es sei ihr zu keinem Zeitpunkt klar gewesen, dass sie für diese Tätigkeit eine Anmeldung und Abmeldung brauche.

3. Die Beschwerdesache wurde mit Schreiben der ÖGK-W dem Bundesverwaltungsgericht am 24.01.2020 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 05.03.2019 erfolgte eine Betretung durch Prüforgane der Finanzpolizei Team 24 für das Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln, in XXXX. Im Zuge dieser Kontrolle wurde XXXX , VSNR: XXXX , beim Verkauf von Schaumrollen am Verkaufsstand der Beschwerdeführerin angetroffen. Es erfolgte keine Anmeldung der Dienstnehmerin zur Sozialversicherung vor Arbeitsantritt.

Die Dienstnehmerin war als Hilfskraft bei der Beschwerdeführerin beschäftigt. Vereinbart war eine befristete Tätigkeit der Dienstnehmerin am 05.03.2019 im Ausmaß von sechs Stunden (von 09:00 bis 15:00). Die Dienstnehmerin erhielt Entgelt in Form von Essen und Trinken.

Die Dienstnehmerin war in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit für die Beschwerdeführerin tätig. Sie erbrachte (einfache) manuelle Tätigkeiten bzw. Hilfsarbeiten für die Beschwerdeführerin wodurch nach allgemeiner Lebenserfahrung auf das Vorliegen eines Dienstverhältnisses geschlossen werden kann.

Die Dienstnehmerin ist die Schwester der Freundin des Sohnes der Beschwerdeführerin. Eine besondere spezifische Bindung zwischen der Beschwerdeführerin und der Dienstnehmerin wurde nicht substantiiert dargelegt. Es liegt kein unentgeltlicher Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vor.

Die Dienstnehmerin wurde von der Beschwerdeführerin nachträglich für die Tätigkeit der Dienstnehmerin am 05.03.2019 zur Sozialversicherung an- und abgemeldet.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Akt der Kasse und des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts ergab sich aufgrund der sich im Akt befindlichen umfassenden Ermittlungsunterlagen in freier Beweiswürdigung. In der Beschwerde wurde das Vorliegen eines sozialversicherungsrechtlichen Dienstverhältnisses nicht bestritten, sondern als Beschwerdegrund die Unkenntnis der Beschwerdeführerin von der Anmeldepflicht zur Sozialversicherung eingewandt.

Es ist unstrittig, dass die Betretene am 05.03.2019 Hilfstätigkeiten (Verkauf von Schaumrollen) für die Beschwerdeführerin an deren Verkaufsstand verrichtete, und zu diesem Zeitpunkt nicht zur Sozialversicherung angemeldet war. Ebenso unstrittig sind Dauer und Zeitraum der vereinbarten Tätigkeit.

Die Feststellung, dass es sich bei der Dienstnehmerin um die Schwester der Freundin des Sohnes der Beschwerdeführerin handelt, ergibt sich aus dem Erhebungsbericht der ÖGK-W sowie dem Strafantrag der Finanzpolizei Team 24 vom 11.03.2019. Eine besondere spezifische Bindung zwischen der Beschwerdeführerin und der Dienstnehmerin wurde jedoch nicht substantiiert dargelegt. Aus dem seitens der Dienstnehmerin im Zuge der Kontrolle am 05.03.2019 ausgefüllten Personalblatt ergibt sich zudem, dass sie Entgelt in Form von Essen und Trinken erhielt.

Die nachträgliche An- bzw. Abmeldung der Dienstnehmerin zur Sozialversicherung ergibt sich aus dem Akt der Verwaltungsbehörde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin die ÖGK-W.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Da über eine Sache nach § 410 Abs. 1 Z 5 entschieden wird, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 33 Abs. 1a ASVG kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, daß die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Gemäß § 113 Absatz 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde.

Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben] aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf € 400,00 je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf € 600,00. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann gemäß § 113 Abs. 3 der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 300,00 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Im Beschwerdeverfahren betreffend die Vorschreibung eines Beitragszuschlags gemäß § 113 Abs. 1 Abs. 2 ASVG ist als Vorfrage ist zu klären, ob eine gemäß § 33 ASVG meldepflichtige Beschäftigung der Betretenen vorlag und die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin daher verpflichtet gewesen wäre, diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist (VwGH 19.02.2014, 2013/08/0267; vgl. verstärkter Senat 10.12.1986, 83/08/0200).

Fallbezogen folgt daher:

1. Zur Dienstnehmereigenschaft:

Persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit:

Im gegenständlichen Fall ist hinsichtlich der Feststellung der Umstände der Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Nach dieser gilt, dass die Behörde berechtigt ist, von einem Dienstverhältnis auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 21.04.2004, Zl. 2003/08/0182; VwGH 08.08.2008, Zl. 2008/09/0119). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (vgl. auch VwGH 26.05.2014, Zl. 2013/08/0165). Weiters kann bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfsarbeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitere Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. VwGH 20.09.2006, Zl. 2003/08/0274).

Verfahrensgegenständlich steht fest, dass die betretene Person beim Verkauf von Schaumrollen am Verkaufsstand der Beschwerdeführerin angetroffen wurde und zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht bei der Sozialversicherung angemeldet waren. Bei dieser Arbeit handelt es sich um solche einfachen manuellen Tätigkeiten, bei denen kein ins Gewicht fallender Gestaltungspielraum des Dienstnehmers vorhanden ist und die nach der Lebenserfahrung üblicherweise im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG erbracht werden. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes handelt es sich somit gerade um solche Tätigkeiten im Sinne der genannten Rechtsprechung, die in organisatorischer Einbindung in den Betrieb der Beschwerdeführerin erbracht worden sind. Demnach war ohne weiteres vom Vorliegen einer Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Einvernahme durch die Behörde, wonach es sich bei der Betretenen um eine gute Bekannte, somit um einen unentgeltlichen Freundschaftsdienst gehandelt habe, ist festzuhalten:

Als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste sind der ständigen Rechtsprechung des VwGH zufolge kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (VwGH vom 19.12.2012, Zl. 2012/08/0165 unter Hinweis auf die Entscheidungen des VwGH vom 6.3.2008, Zl. 2007/09/0285, vom 14.1.2010, Zl. 2009/09/0276 und vom 19.1.2011, Zl. 2009/08/0062).

Für die Abgrenzung zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer Beschäftigung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei trifft die Partei - unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes und über die oben erwähnte Darlegungspflicht hinaus - eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, maßgeblichen Umständen und Motiven um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist in diesen Fällen daher Sache der Partei, entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (VwGH vom 19.12.2012, Zl. 2012/08/0165 mwN).

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, ergibt sich deutlich aus dem im Rahmen der Betretung erstellten Personenblatt der Dienstnehmerin, dass diese ein Entgelt in Form von Essen/Trinken erhielt. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin auch nicht entsprechend substantiiert dargelegt, dass eine besondere, spezifische Bindung zwischen ihr und der Dienstnehmerin bestehen würde, sondern ist dem Erhebungsbericht der Behörde zu entnehmen, dass es sich bei der Dienstnehmerin um die Schwester der Freundin des Sohnes handelt. Auch der Beschwerde ist kein substantiiertes Vorbringen zu entnehmen, woraus ein Freundschaftsverhältnis in ausreichender Intensität abzuleiten wäre. Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin nachträglich die An- bzw. Abmeldung der Dienstnehmerin zur Sozialversicherung vornahm, spricht im Ergebnis dafür, dass es sich bei der erbrachten Dienstleistung jedenfalls nicht um einen Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienst gehandelt hat.

Die Behörde ist im gegenständlichen Fall daher zutreffend vom Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses iSd § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG von XXXX zur Beschwerdeführerin ausgegangen.

2. Zum Beitragszuschlag:

Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung ("Bearbeitungskosten") auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten auch verursacht hat ("Verursacherprinzip") und damit als Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. VwGH 07.08.2002, 99/08/0074).

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach ihr zu keinem Zeitpunkt klar gewesen sei, dass eine Anmeldung oder Abmeldung erforderlich gewesen sei, ist auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 10.07.2013, Zl. 2013/08/0117) hinzuweisen, wonach die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nicht als Verwaltungsstrafe, sondern als eine wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten ist. Für die Vorschreibung ist daher nicht das subjektive Verschulden des Dienstgebers maßgeblich, sondern nur der Umstand, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. VwGH 29.4.2015, 2013/08/0141; 3.4.2017, Ra 2016/08/0098).

Die Frage des subjektiven Verschuldens der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ein allfälliges Vorliegen besonderes berücksichtigungswürdigender Gründe ist aus diesem Grunde auch nicht näher zu untersuchen.

Die belangte Behörde hat daher den Beitragszuschlag in der Beschwerdevorentscheidung zu Recht vorgeschrieben. Die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin hat es unterlassen, XXXX vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung anzumelden. Sie hat daher gegen die ihr obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten verstoßen und den Tatbestand des § 113 Abs. 1 ASVG erfüllt. Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag dem Grunde nach berechtigt.

Gemäß § 113 Abs. 3 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 300,00 € herabgesetzt werden. Unbedeutende Folgen liegen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht vor, wenn sich der Meldeverstoß auf mehr als zwei Arbeiter gleichzeitig ausgewirkt hat und im Zeitpunkt der Kontrolle auch noch andauerte (vgl. VwGH 18.11.2009, Zl. 2008/08/0246).

Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde vom Vorliegen unbedeutender Folgen im Sinne der genannten Judikatur ausgegangen und setzte den Beitragszuschlag herab. Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Partei zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall liegt dem Bundesverwaltungsgericht die zur Klärung der Rechtsfrage nötige Aktenlage vor, die von der belangten Behörde ausreichend ermittelt wurde. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes hätte eine mündliche Verhandlung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lassen und war der Sachverhalt iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif. Insgesamt daher konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das hg. Erkenntnis hält sich an die darin zitierte Judikatur des VwGH.

Schlagworte

Beitragszuschlag, Dienstnehmereigenschaft, Meldeverstoß

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W151.2227932.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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