Entscheidungsdatum
10.02.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W165 2221569-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Abuja vom 10.07.2017, ZI. Abuja-ÖB/KONS/4457/2017, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige Nigerias, und deren Bruder hatten erstmals am 14.11.2016 bei der Österreichischen Botschaft Abuja (im Folgenden: ÖB Abuja), Anträge auf Erteilung von Visa C gestellt. Es wurde angegeben, dass deren Vater in Österreich lebe.
Am 06.12.2016 brachte die BF eine Stellungnahme ein. Darin wurde erstmals auf die österreichische Staatsbürgerschaft des Vaters hingewiesen und geltend gemacht, dass dieser von seinem unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht habe.
Am 19.12.2016 teilte die Bezirkshauptmannschaft XXXX der ÖB Abuja mit, dass der Vater der BF Österreicher sei und seit 2010 im Fürstentum Liechtenstein arbeite. Daher habe er als EWR-Bürger von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht und seine Kinder hätten Anspruch auf eine Aufenthaltskarte gemäß § 54 NAG. Die Aufenthaltskarte könne nur im Inland beantragt werden. Daher werde ersucht, für die BF und deren Bruder Einreisevisa auszustellen, um im Inland einen Antrag gemäß § 54 NAG stellen zu können.
Das Verfahren betreffend das Visum C wurde daraufhin mit Einverständnis der BF durch die ÖB Abuja eingestellt und dem Vater der BF Unterlagen zur Stellung eines Antrages auf Erteilung eines Visums der Kategorie D übermittelt.
Am 16.02.2017 wurden eine Flugreservierung Lagos-Wien, eine Gehalts- und Arbeitsbestätigung des Vaters aus dem Fürstentum Liechtenstein, diverse Lohnbestätigungen des Vaters sowie eine Reisekrankenversicherung für die BF vorgelegt.
Am 20.02.2017 brachte die BF bei der ÖB Abuja auf einem Formular "Antrag auf Erteilung eines Visums für einen Aufenthalt von mehr als 3 Monaten (Visum D)", einen Antrag auf Erteilung eines zur einmaligen Einreise berechtigenden Visums ein. Als Zweck der Reise führte die BF "permanent stay" an, in der Rubrik "Dauer des geplanten Aufenthalts oder der Durchreise" wurde "stay" vermerkt.
Dem Antrag waren Kopien der Reisepässe der BF und ihres Vaters und ein persönliches Anschreiben der BF beigefügt, demzufolge die BF zu ihrem Vater nach Österreich reisen wolle, um hier einen Aufenthaltstitel zu erwirken. Weiters wurde eine elektronische Verpflichtungserklärung (EVE) des Vaters der BF vom 17.02.2017 beigebracht.
Am 20.03.2017 teilte die ÖB Abuja nach einer Anfrage des Rechtsvertreters des Vaters der BF mit, dass sich die Bearbeitung des Antrages aufgrund von technischen Problemen verzögert habe. Nunmehr werde der Antrag ohne unnötigen Aufschub bearbeitet werden. Die Familienangehörigkeit sei nachgewiesen. Da die BF und deren Bruder jedoch bereits das 21. Lebensjahr vollendet hätten, sei der nachweisliche Unterhalt zu belegen.
Am 31.03.2017 wurde eine Stellungnahme zum Schreiben der ÖB Abuja vom 20.03.2017 eingebracht. Es sei nicht verständlich, weshalb weitere Nachweise gefordert würden und welche Unterhaltsnachweise zu erbringen seien. Die Kinder seien volljährig. Betreffend die Bestreitung des Lebensunterhaltes während des Aufenthaltes in Österreich seien bereits Unterlagen vorgelegt worden. Die der nunmehrigen Stellungnahme angeschlossenen Zahlungsbelege könnten belegen, dass der Vater der BF dieser und ihrem Bruder regelmäßig Geld nach Nigeria überweise.
Dem Schreiben vom 31.03.2017 waren in Kopie Überweisungsbelege des Vaters der BF angeschlossen, die teilweise unleserlich und mit keinem Datum versehen waren und teilweise auf einen unbekannten Empfänger (mit österreichischem IBAN, "AT") ausgestellt waren, bei dem es sich weder um die BF noch um ihren ebenso antragstellenden Bruder handelt. Bezüglich der BF wurde ein (einziger) auf deren Namen lautender Überweisungsbeleg aus dem Jahr 2014 vorgelegt.
Am 31.03.2017 und 10.04.2017 teilte die ÖB Abuja der BF mit, dass die Überweisungsbestätigungen teilweise nicht lesbar seien und darauf teilweise ein nicht bekannter Empfänger aufscheine. Es könnten daher derzeit lediglich die Unterhaltsnachweise aus dem Jahr 2014 für die BF und deren Bruder anerkannt werden. Es werde daher erneut um Übermittlung der Belege hinsichtlich des nachweislichen Unterhaltes ersucht.
Am 19.04.2017 brachte die Rechtsvertretung eine Stellungnahme zum Schreiben der ÖB Abuja vom 10.04.2017 ein. Darin wurde ausgeführt, dass die verlangten Nachweise nicht gesetzmäßig seien. Es sei nur die Bestreitung des Unterhaltes während des Aufenthaltes in Österreich nachzuweisen. Diesbezüglich seien ausreichende Einkommensnachweise des Vaters der BF vorgelegt worden. Auch die Rückreise der BF sei gesichert.
Mit Schreiben der ÖB Abuja vom 28.06.2017 wurde die BF zur Stellungnahme aufgefordert. Zweck und Bedingungen des geplanten Aufenthaltes seien nicht ausreichend begründet worden. Die Belege würden dem angegebenen Zweck nicht entsprechen. Die BF sei dem Ersuchen vom 31.03.2017, Nachweise über an sie geleistete Unterhaltszahlungen vorzulegen, nicht nachgekommen.
Mit Stellungnahme des Rechtsvertreters vom 03.07.2017 wurde ausgeführt, dass die Ausstellung eines Visums der Kategorie D beantragt worden sei. Nach der Einreise nach Österreich sei eine Inlandsantragstellung bezüglich eines möglichen dauernden Aufenthaltes in Österreich geplant. Der Antrag werde jedoch offenbar als Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung behandelt. Gerade für eine geplante Inlandsantragstellung sei die Ausstellung eines Visums D möglich und gesetzlich vorgesehen. Es werde ersucht, den Antrag auf die Ausstellung eines Visums der Kategorie D zu beschränken und entsprechend zu behandeln.
Mit Bescheid der ÖB Abuja vom 10.07.2017 wurde die Erteilung des beantragten Visums gemäß § 21 FPG versagt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die vorgelegten Zahlungsanweisungen betreffend die angeblichen Unterhaltszahlungen nicht ausreichen würden. Die BF sei aufgefordert worden, nachweisliche und lesbare Belege über die Unterhaltsgewährung durch ihren Vater vorzulegen, sei dem jedoch nicht nachgekommen. Zweck und Bedingungen des geplanten Aufenthaltes seien nicht ausreichend begründet worden. Die Wiederausreise erscheine nicht gesichert. Es bestünden begründete Zweifel am Wahrheitsgehalt des Inhalts der vorgelegten Belege und an der Glaubwürdigkeit der Angaben der BF.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben vom 31.07.2017 fristgerecht Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die BF lediglich die Ausstellung eines Visums der Kategorie D beantragt habe. Die Behörde behandle den Antrag jedoch dahingehend, dass ein Antrag auf Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung gestellt worden wäre. Die Behörde fordere laufend Nachweise, die nur dann erforderlich seien, wenn tatsächlich ein aufenthaltsbegründender Antrag gestellt werde. Es sei klargestellt worden, dass eine Inlandsantragstellung in Österreich beabsichtigt sei. Die Behörde habe Kenntnis gehabt, dass eine Inlandsantragstellung beabsichtigt sei. Die BF habe keinen Antrag auf Aufenthaltstitel gestellt, sondern einen Antrag auf Erteilung eines Visums D. Der angefochtene Bescheid erschöpfe sich zudem in leeren Floskeln und sei unbegründet. Es liege auch inhaltliche Rechtswidrigkeit vor, da sämtliche Voraussetzungen eines Visums des Kategorie D vorlägen. Es seien Nachweise hinsichtlich des Unterhaltes des BF gefordert worden. Solche Nachweise seien für die Ausstellung eines Visums der Kategorie D nicht erforderlich. Ein- und Ausreise der BF seien gesichert. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass der Aufenthalt für die beantragte Dauer finanziell gesichert sei.
Am 02.08.2017 wurde der BF ein Verbesserungsauftrag erteilt, da der Beschwerde nicht alle Unterlagen in deutscher Übersetzung angeschlossen waren.
Mit Eingabe vom 09.08.2017 wurde der Verbesserungsauftrag fristgerecht erfüllt.
Am 15.07.2019 langte ein Fristsetzungsantrag der BF gemäß § 38 VwGG beim Verwaltungsgerichtshof ein. Darin wurde ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung über die Beschwerde des BF vom 31.07.2017 zuständig sei und nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden habe.
Mit verfahrensleitender Anordnung des VwGH, ZI. Fr 2019/22/0013-2 vom 16.07.2019, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 22.07.2019, wurde der Fristsetzungsantrag zuständigkeitshalber dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt.
Mit Schreiben der ÖB Abuja vom 01.08.2019 wurde das Bundesverwaltungsgericht darüber informiert, dass der Originalakt bei der Botschaft in Verstoß geraten sei, sich noch bei der Botschaft befinde und umgehend an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt werde.
Mit am 16.08.2019 eingelangter Note des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsakt übermittelt. Der Akt sei bei der ÖB in Verstoß geraten, daher sei eine Vorlage erst jetzt möglich.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes, ZI. W165 2221569-1/2E vom 29.08.2019, wurde der Fristsetzungsantrag der BF gemäß § 30a Abs. 1 iVm § 30 a Ab. 8 iVm § 38 VwGG als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht erst dann zur Behandlung einer Beschwerde zuständig sei, wenn die Beschwerdevorlage durch die Behörde erfolgt sei. Eine Vorlage der Beschwerde sei gegenständlich jedoch niemals erfolgt. Daher habe auch eine Säumnis des Bundesverwaltungsgerichtes nicht eintreten können.
Gegen den zurückweisenden Beschluss des BVwG vom 29.08.2019 brachte die BF in der Folge einen Antrag auf Vorlage des Fristsetzungsantrages an den VwGH gemäß § 30b Abs. 1 VwGG ein.
Mit Beschluss vom 14.11.2019, Fr 2019/22/0013-10, wies der VwGH den Fristsetzungsantrag mangels Ablaufs der Entscheidungsfrist zurück.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt werden zunächst der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt.
Die BF, eine nigerianische Staatsangehörige, stellte am 20.02.2017 bei der Österreichischen Botschaft Abuja den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Visums, um künftig mit ihrem Vater in Österreich leben zu können.
Der Vater der BF ist österreichischer Staatsangehöriger und seit dem Jahr 2010 im Fürstentum Liechtenstein erwerbstätig. Er hat demnach als EWR-Bürger sein Recht auf Freizügigkeit in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch genommen. Der Vater der BF ist aktuell in Österreich behördlich gemeldet.
Die BF hatte bereits im Zeitpunkt der Antragstellung das 21. Lebensjahr vollendet. Kinder eines EWR-Bürgers, der sein Recht auf Freizügigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt hat, müssen nach Vollendung des 21. Lebensjahres nachweisen, dass ihnen tatsächlich Unterhalt gewährt wird, um begünstigte Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zu sein.
Die BF wurde mit Schreiben der ÖB Abuja vom 20.03.2017 aufgefordert, die tatsächliche Unterhaltsgewährung durch ihren Vater nachzuweisen, da sie das 21. Lebensjahr bereits vollendet habe. Auch wurde diese mit Schreiben der ÖB Abuja vom 31.03.2017 und 10.04.2017 darauf hingewiesen, dass die am 31.03.2017 vorgelegten Nachweise nicht leserlich beziehungsweise nicht nachvollziehbar seien. Weiters wurde der BF auch in der Aufforderung zur Stellungnahme der Botschaft vom 28.06.2017 mitgeteilt, dass sie dem Ersuchen, Nachweise über an sie geleistete Unterhaltszahlungen durch ihren Vater vorzulegen, nicht nachgekommen sei.
Die BF legte keine ausreichenden Belege über eine tatsächliche Unterhaltsgewährung vor. Die vorgelegten Überweisungsbelege waren zum Teil unleserlich beziehungsweise wiesen diese teilweise kein Datum und einen unbekannten Empfänger auf, bei dem es sich weder um die BF noch um ihren ebenso antragstellenden Bruder handelt. Ein auf den Namen der BF lautender Überweisungsbeleg ihres Vaters stammt aus dem Jahr 2014. Die BF ist somit keine Angehörige eines EWR-Bürgers iSd §§ 2 Abs. 4 Z 11, 15b FPG bzw. Art. 2 lit. 2 der Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen und die persönlichen Verhältnisse ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, den vorgelegten Unterlagen und der Abfrage des Zentralen Melderegisters.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:
Gemäß § 9 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.
Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG ist
begünstigter Drittstaatsangehöriger: der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht;
Der mit "Begünstigte Drittstaatsangehörige" übertitelte § 15b FPG lautet:
§ 15b. (1) Begünstigte Drittstaatsangehörige (§ 2 Abs. 4 Z 11) haben das Recht auf Aufenthalt für einen Zeitraum von drei Monaten, unterliegen aber der Visumpflicht, sofern Anhang I zur Visumpflichtverordnung (§ 2 Abs. 4 Z 20) auf sie Anwendung findet. Sie haben Anspruch auf Erteilung eines Visums.
(2) Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Visa an begünstigte Drittstaatsangehörige sind prioritär zu führen und von Verwaltungsabgaben befreit.
(3) Über den dreimonatigen Zeitraum nach Abs. 1 hinaus besteht ein Aufenthaltsrecht nach Maßgabe des 4. Hauptstückes des 2. Teiles des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes. Inhaber von Aufenthaltskarten und Daueraufenthaltskarten (§§ 54 und 54a NAG) oder von Aufenthaltskarten und Daueraufenthaltskarten anderer Mitgliedstaaten sind zur visumfreien Einreise berechtigt.
Die weiteren die RL 2004/38/EG umsetzenden Bestimmungen des NAG (4. Hauptstück) lauten wie folgt:
Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht
Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate
§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
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1.-in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2.-für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3.-als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.
(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
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1.-wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2.-sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3.-sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4.-eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.
Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern
§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
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1.-Ehegatte oder eingetragener Partner sind;
2.-Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
3.-Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
4.-Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder
5.-sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,
a)-die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,
b)-die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder
c)-bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.
(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1.
Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers
§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.
(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:
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1.-nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;
2.-nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.
(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.
(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.
(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und
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1.-die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;
2.-die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;
3.-ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;
4.-es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder
5.-ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang - solange er für nötig erachtet wird - ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.
(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.
(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.
(...)
Die Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (...), wurde durch den österreichischen Gesetzgeber in § 15b FPG und §§ 51 - 56 NAG umgesetzt. Sofern begünstigte Drittstaatsangehörige nicht ohnehin von der Visumspflicht befreit sind, kommen besondere Bestimmungen für den Visumsantrag zu Anwendung. Ein Einreisevisum ist diesfalls in Form eines Visums C zu erteilen.
Um zu beurteilen, ob der BF entsprechend dieser Richtlinie ein Einreisevisum (vgl. § 15b FPG - Aufenthaltsrecht von 3 Monaten, über 3 Monate siehe NAG-Bestimmungen) zu erteilen ist, ist zunächst zu klären, ob sich deren Vater, ein in Österreich wohnender und im Fürstentum Liechtenstein arbeitender österreichischer Staatsbürger, selbst in einer unter die Freizügigkeitsrichtlinie fallenden Situation befindet.
Grundsätzlich gilt die Richtlinie ausschließlich für EWR-Bürger, die in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, reisen oder sich bereits dort aufhalten. EWR-Bürger, die sich in jenem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, aufhalten, kommen im Normalfall nicht in den Genuss der durch die Richtlinie eingeräumten Rechte, da diesfalls kein Freizügigkeitssachverhalt vorliegt. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann das Recht auf Freizügigkeit von einem Österreicher in einem anderen Mitgliedstaat grenzüberschreitend aber auch ausgeübt werden, ohne sich in diesem aufzuhalten (vgl EuGH 10.5.1995, Rs C-384/93, Alpine Investments; 11.7.2002, Rs C-60/00, Carpenter). Auch die nachgewiesene, grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedsstaat kann einen Freizügigkeitssachverhalt darstellen. Nach der Judikatur des EuGH (11.7.2002 Rs C-60/00, Carpenter) kann die nachgewiesene grenzüberschreitende Dienstleistung in einem anderen Mitgliedsstaat (EWR) einen Freizügigkeitssachverhalt verwirklichen, wenn die erbrachten Dienstleistungen nachhaltig sind und über einen längeren Zeitraum erfolgten. Die Verwirklichung des Freizügigkeitssachverhaltes muss auch aktuell sein (vgl. in diesem Zusammenhang VwGH 2.7.2010, 2007/09/0194).
Dies ist hier der Fall: Beim Vater der BF handelt es sich um einen seit Jahren in Österreich lebenden österreichischen Staatsangehörigen, der nachweislich grenzüberschreitende Dienstleistungen im Fürstentum Liechtenstein erbringt.
Da der Vater der BF sein Recht auf Freizügigkeit ausübt, ist weiters zu prüfen, ob die BF von ihrem Vater Rechte nach der Freizügigkeitsrichtlinie ableiten kann:
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG sind begünstigter Drittstaatsangehöriger eigene Verwandte (...) eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird (...) insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder diesem nachzieht.
Um das Recht auf Erteilung eines Einreisevisums gemäß der Richtlinie in Anspruch nehmen zu können, muss der Antragteller nachweisen, dass er unter die Richtlinie fällt. Dies erfolgt durch Vorlage diverser Dokumente. Unter anderem ist bei Kindern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, ein Unterhaltsverhältnis nachzuweisen. Die Beweislast zur Erbringung des Nachweises, dass der Drittstaatsangehörige die Vorrechte aus der Richtlinie im Rahmen des Visumsverfahrens für sich in Anspruch nehmen kann, liegt beim Antragsteller. Legt der Antragsteller diese Nachweise nicht vor, kann schlussgefolgert werden, dass er keinen Anspruch auf die Sonderbehandlung im Rahmen der Richtlinie hat.
Wie ausgeführt, handelt es sich beim Vater der BF um einen österreichischen Staatsbürger, der sein unionsrechtliches Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat.
Da die BF, die ihrem Vater nachzuziehen beabsichtigt, bereits das 21. Lebensjahr vollendet hat, hat diese nachzuweisen, dass ihr von ihrem Vater tatsächlich Unterhalt gewährt wird. Die BF legte im Laufe des Verfahrens Unterhaltsnachweise vor. Da die vorgelegten Unterlagen teilweise nicht leserlich beziehungsweise nicht nachvollziehbar waren bzw der einzige unzweifelhaft auf die BF ausgestellte Überweisungsbeleg bereits aus dem Jahr 2014 stammt, (siehe hiezu oben), wurde die BF von der ÖB Abuja ersucht, weitere Unterhaltsnachweise vorzulegen. Dieser Aufforderung ist die BF jedoch nicht nachgekommen. Ein tatsächliches Unterhaltsverhältnis wurde daher nicht nachgewiesen.
Aufgrund des Fehlens von ausreichenden Nachweisen einer tatsächlichen Unterhaltsgewährung ist die BF keine Angehörige eines EWR-Bürgers iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG beziehungsweise Art. 2 lit. 2 der Richtlinie und hat daher gemäß § 15b FPG keinen Anspruch auf Erteilung eines entsprechenden Visums.
Im gegenständlichen Fall versagte die belangte Behörde die Erteilung des Visums mit der Begründung, dass die BF die Gewährung eines tatsächlichen Unterhaltes durch ihren Vater nicht nachgewiesen habe, somit zu Recht.
Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass im Hinblick auf die unmissverständlich zum Ausdruck gebrachte Absicht der BF, ihrem freizügigkeitsberechtigten Vater nachzuziehen und in Österreich einen Antrag nach dem NAG stellen zu wollen, auch der Umstand, dass zur Antragstellung in formaler Hinsicht ein Formular für ein Visum D (anstelle eines solchen für ein Visum C) benutzt wurde, am gegenständlichen Ergebnis nichts zu ändern vermag.
Der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung steht der klare Wortlaut des § 11a Abs. 2 FPG entgegen.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
begünstigte Drittstaatsangehörige, Einreisetitel, Nachweismangel,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W165.2221569.2.00Zuletzt aktualisiert am
24.03.2020