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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde 1. der G Gesellschaft m.b.H., 2. des JF, Rechtsanwalt in W, und 3. der GF in W, die Erstbeschwerdeführerin und die Drittbeschwerdeführerin vertreten durch den Zweitbeschwerdeführer, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 27. November 1992, Zl. 6/3-3446/92-04, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1981 bis 1985, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin ist eine GmbH, der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin sind deren unechte stille Gesellschafter.
Die solcherart gebildete Mitunternehmerschaft (in der Folge als Gesellschaft bezeichnet) führte ab dem Jahr 1981 (dem Jahr ihrer Gründung) einen als "Galerie" bezeichneten Kunsthandel. Aus dieser Tätigkeit wurden für die Streitjahre - im Jahr 1985 wurde der Betrieb verkauft - folgende Verluste erklärt:
1981 1982 1983 1984 1985
S 604.021,-- S 404.961,-- S 282.491,-- S 435.611,-- S 493.955,--
Die Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO für die Jahre 1981 bis 1984 ergingen zunächst erklärungsgemäß; für das Jahr 1985 erfolgte wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen eine Gewinnermittlung im Schätzungsweg. Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 18. April 1989 wurde mit Berufungsvorentscheidung insofern stattgegeben, als der nunmehr in der Berufung erklärte Verlust anerkannt wurde; zusätzlich wurde ein Veräußerungsgewinn ermittelt, der von der Gesellschaft mit dem Argument bekämpft wurde, er sei bereits im erklärten Verlust berücksichtigt. Unter anderem aus diesem Grund wurde beantragt, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.
Mit Vorhalt vom 15. Jänner 1990 ersuchte das Finanzamt unter anderem um Beantwortung folgender Fragen:
Da bisher aus der betrieblichen Tätigkeit ausschließlich Verluste erwachsen seien und die Tätigkeit im Jahr 1985 beendet worden sei, stelle sich die Frage, ob Liebhaberei vorliege.
Dafür spreche, daß die Erlöse rückläufig gewesen seien (1981:
S 514.889,--, 1982: S 254.039,--, 1983: S 81.857,-- und 1984:
S 77.924,--). Eine Gegenüberstellung der Rohgewinne und der Aufwendungen (ohne Wareneinsatz) ergebe nachstehendes Bild:
Rohgewinne Aufwendungen
1981 S 234.994,-- S 840.015,--
1982 S 217.315,-- S 623.275,--
1983 S 41.029,-- S 329.541,--
1984 S 46.945,-- S 539.555,--
S 540.283,-- S 2.332.386,--
Die Diskrepanz zwischen Rohgewinnen und Aufwendungen deute auf Liebhaberei hin. Dazu komme, daß auch die Veräußerung des Geschäftslokales im Jahr 1985 zu einem Verlust geführt habe: Das Lokal sei Ende 1980 um S 700.000,-- erworben und nach Investitionen im Ausmaß von rund S 130.000,--, im Jahr 1985 um S 290.000,-- veräußert worden. Es möge mitgeteilt werden, welche Gründe für diesen Wertverlust maßgebend gewesen seien, warum vom Kaufpreis überdies nur S 200.000,-- bezahlt worden seien, welche Maßnahmen ergriffen worden seien, um den Rest der Kaufpreisforderung einzubringen, welche Qualifikation zur Führung des Betriebes nachgewiesen werden könne, welche Maßnahmen gesetzt worden seien, um das Kaufinteresse von Kunden zu wecken, welche Art von Kunstgegenständen verkauft worden seien, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten die Galerie geöffnet gewesen sei, wann die Tätigkeit eingestellt worden sei und von wem das Unternehmen geführt worden sei.
Mit Schreiben vom 2. Februar 1990 beantwortete der steuerliche Vertreter der Gesellschaft den Vorhalt. Der Betrieb sei bereits im Jahr 1982 stark eingeschränkt worden, weil die Arbeitskraft der Drittbeschwerdeführerin durch eine Erkrankung der Rückenwirbel erheblich beeinträchtigt gewesen sei. In den Jahren 1983 und 1984 habe sich der Gesundheitszustand der Drittbeschwerdeführerin weiter verschlechtert, sodaß ein Spitalsaufenthalt geboten gewesen sei. Durch Reduktion der Lohnkosten seien Maßnahmen gesetzt worden, um eine wirtschaftliche Verbesserung herbeizuführen. 1983 sei ein Wasserschaden eingetreten, dessen Beseitigung die Hausverwaltung nicht veranlaßt habe. Eine aus diesem Grund angestrebte Mietenherabsetzung sei am Widerstand der Hausverwaltung gescheitert. 1984 sei es erforderlich gewesen, eine größere Abschlagszahlung für die Mieten zu leisten (S 96.816,--), um "den Zahlungswillen unter Beweis zu stellen". Auch der Versicherungsaufwand sei in diesem Jahr gestiegen, weil die Drittbeschwerdeführerin auf Grund ihres Leidens die Transporte der einzelnen Bilder nicht mehr selbst habe bewerkstelligen können. Der Betrieb sei trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten weitergeführt worden, weil ein aufrechter Betrieb nach den allgemeinen Erfahrungen leichter verkaufbar sei als ein geschlossener. Der seinerzeitige Kaufpreis für das Lokal habe auch "den ideellen Wert einer Kundenkartei beinhaltet". Später habe sich herausgestellt, daß es sich dabei um keinen sehr interessierten Kundenkreis gehandelt habe. Auch seien die Kunden von jener Person weiterbetreut worden, die die Galerie der Erstbeschwerdeführerin verkauft habe. Ein weiterer Grund für den Unterschied zwischen Erwerbspreis und Veräußerungserlös des Lokales sei darin zu erblicken, daß der Erwerber der Mietrechte branchenfremd gewesen sei und der erwähnte Wasserschaden das Mietlokal entwertet habe. Der restliche Teil des Kaufpreises werde derzeit vom Käufer in Monatsraten von S 4.500,-- entrichtet. Zur fachlichen Qualifikation der Drittbeschwerdeführerin sei zu sagen, daß diese verschiedene Techniken der Malerei selbst erlernt habe, daß sie Kunstvorträge im Rahmen ihrer Fremdenführertätigkeit gehalten und Zutritt zur Akademie der bildenden Künste gehabt habe. Auch habe sie im Juwelierbetrieb ihres Vaters, der mit modernem und antikem Schmuck gehandelt habe, eine Ausbildung absolviert. Das Kaufinteresse der Kunden sei durch Vernissagen, Aussendungen und Messen angesprochen worden. In der Galerie seien moderne Bilder und antiker Schmuck angeboten worden. Die Galerie sei grundsätzlich von Montag bis Freitag in der Zeit von 11.00 bis 18.00 Uhr und Samstag in der Zeit von 10.00 bis 13.00 Uhr geöffnet gewesen. Erst ab 1983 seien längere Sommer- und Winterpausen eingeführt worden. 1985 habe nur mehr der Verkauf des Unternehmens stattgefunden. Um die Attraktivität der Ausstellungen zu erhöhen, seien diese von bedeutenden Politikern (Ministern und Bürgermeistern) eröffnet worden.
In der Folge fand bei der Gesellschaft eine Betriebsprüfung statt, bei der neben verschiedenen - zum Teil gravierenden - Buchhaltungsmängeln festgestellt wurde, daß die Tätigkeit der Gesellschaft als sogenannte Liebhaberei zu beurteilen sei. Es seien keine Maßnahmen gesetzt worden, um im Laufe der Jahre die Ertragslage des Betriebes zu verbessern. Die Aufwendungen für Messen und Vernissagen stünden in auffallendem Mißverhältnis zu den dadurch erzielten Erlösen. Das hohe Ausmaß der im Vergleich zu anderen einschlägigen Betrieben untypischen Verluste und ihre Entwicklung, das krasse Mißverhältnis zwischen Erlösen und Verlusten sowie unverhältnismäßig hohe Aufwendungen sprächen für das Vorliegen von Liebhaberei.
Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ einen Bescheid, mit dem ausgesprochen wurde, daß für die Jahre 1981 bis 1985 die Voraussetzungen für eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 Abs. 1 lit. b BAO nicht gegeben seien. Weiters erließ das Finanzamt für die Streitjahre Gewerbesteuerbescheide, mit denen sowohl die Gewerbeerträge als auch die Gewerbesteuer mit jeweils S 0,-- festgesetzt wurden.
Mit Schriftsatz vom 20. September 1990 erhob die Gesellschaft Berufung. Die "Anfangsverluste" seien auf unvorhergesehene und unabwendbare Mehraufwendungen und Mindereinnahmen zurückzuführen. So seien die Kunden der Vormieterin des Lokales nicht, wie erwartet, zur Gesellschaft gewechselt, sondern weiterhin von der Vormieterin betreut worden. Um Kosten zu sparen, habe man das Dienstverhältnis mit der einzigen Angestellten gelöst und mit einer stundenweise Beschäftigten das Auslangen gefunden. Durch den bereits erwähnten Wasserschaden sei die Nutzbarkeit der Räumlichkeiten für Zwecke des Galeriebetriebes in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Versuch, eine Herabsetzung der Miete zu erreichen, sei erfolglos geblieben. Das Bandscheibenleiden der Drittbeschwerdeführerin habe deren betriebliche Einsatzfähigkeit beeinträchtigt. Alle diese Umstände seien für den Entschluß maßgebend gewesen, das Unternehmen zu verkaufen. Es sei aber darauf hinzuweisen, daß der negative Cash-flow in den Jahren 1981 bis 1983 habe reduziert werden können. In den Jahren 1984 und 1985 sei der Betrieb nur mehr im Hinblick auf den beabsichtigten Verkauf aufrechterhalten worden.
Die belangte Behörde wies die Berufung vom 20. September 1990 unter Einbeziehung der Berufung vom 18. April 1989 ab und stützte sich dabei auf die Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 322/1990.
Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof führte zur Aufhebung von Teilen der genannten Verordnung durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1991, V 53/91 u.a., und weiters zur Aufhebung des damals angefochtenen Bescheides durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 1992, B 621/91, wegen Nichtanwendbarkeit der Liebhabereiverordnung auf den Beschwerdefall.
In der Folge erließ die belangte Behörde als neuerliche Berufungsentscheidung den nunmehr angefochtenen Bescheid, in dem sie nicht mehr die Liebhabereiverordnung als Rechtsgrundlage heranzog, sondern ihre Rechtsansicht, es handle sich bei der Tätigkeit der Gesellschaft um steuerlich unbeachtliche Liebhaberei, unmittelbar aus dem Einkommensteuergesetz ableitete.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird, ist aus der Umschreibung der Begriffe "Einkommen" und "Einkünfte" in § 2 Abs. 2 bis 4 EStG 1972 abzuleiten, daß nur Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen Gewinne bzw. Einnahmenüberschüsse erwarten lassen, als Einkunftsquelle in Betracht kommen. Nach der Art der ausgeübten Betätigung muß objektive Ertragsfähigkeit vorliegen. Entscheidend ist die konkrete Art der Wirtschaftsführung. Sie muß innerhalb eines absehbaren Zeitraumes ein positives steuerliches Gesamtergebnis erwarten lassen. Die bloße Behauptung, ein solches Ergebnis erzielen zu wollen, reicht nicht aus, selbst wenn der Behauptung Glauben geschenkt wird. Vielmehr muß das betreffende Handeln von Wirtschaftlichkeitsprinzipien gekennzeichnet sein (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Juli 1996, 93/13/0171). Stellen sich dem Bemühen des Abgabepflichtigen um wirtschaftlichen Erfolg Umstände entgegen, die dieses Bemühen vergeblich machen, so liegt es an ihm, durch geeignete Maßnahmen die Wirtschaftsführung dergestalt zu ändern, daß eine objektive Ertragsfähigkeit erreicht wird. Werden solche Maßnahmen nicht gesetzt - sei es, daß der Wille, sei es, daß die Möglichkeit hiezu fehlt -, so ist eine Tätigkeit, die auf Dauer keine positiven wirtschaftlichen Ergebnisse erwarten läßt, nicht als Einkunftsquelle anzusehen, auch wenn (ursprünglich) der ernsthafte Wille des Abgabepflichtigen bestanden haben sollte, eine Einkunftsquelle zu schaffen.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde im wesentlichen die Diskrepanz zwischen Rohgewinnen und Betriebsausgaben (ohne Wareneinsatz) zum Anlaß genommen, das Vorliegen einer Einkunftsquelle zu verneinen. Der Gerichtshof kann angesichts der oben dargestellten Daten nicht finden, daß diese rechtliche Beurteilung rechtswidrig wäre. Die Beschwerdeführer haben im Verwaltungsverfahren zwar Umstände vorgebracht, die sich ihrer Ansicht nach dem Bemühen um Erzielung von Einkünften aus dem Galeriebetrieb entgegengestellt hätten (schlechter Gesundheitszustand der Drittbeschwerdeführerin, Wasserschaden, Fehlschlagen der Erwartung eines zu übernehmenden Kundenstockes); es wurden aber keine Maßnahmen gesetzt oder konkrete Absichten hiezu dargetan, um eine Änderung dieser Umstände herbeizuführen und den Betrieb der Galerie ertragbringend zu gestalten. Der einzige Hinweis in diese Richtung, nämlich der Versuch den ursprünglich vereinbarten Mietzins für das Lokal herabzusetzen, kann für sich allein nicht als Maßnahme im oben erwähnten Sinn gewertet werden. Denn abgesehen davon, daß der Versuch erfolglos geblieben ist, hätte er auch im Falle seines Gelingens zu keinem positiven wirtschaftlichen Ergebnis des Galeriebetriebes geführt.
Die Rüge der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich nach Aufhebung ihrer ersten Berufungsentscheidung durch den Verfassungsgerichtshof "neuerlich mit der Causa zu beschäftigen", ist unberechtigt. Der bereits festgestellte Sachverhalt reichte nämlich aus, um auf dem Boden des Gesetzes, ohne Heranziehung der Liebhabereiverordnung eine Entscheidung treffen zu können. Im übrigen bringen die Beschwerdeführer nicht vor, welche konkreten Ermittlungen die belangte Behörde ihrer Meinung nach noch vorzunehmen gehabt hätte.
Zum Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe ihr Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes geübt, genügt der Hinweis, daß die belangte Behörde keine Ermessensentscheidung zu treffen hatte, weil das Gesetz bei der rechtlichen Beurteilung einer Tätigkeit als Einkunftsquelle keinen Ermessensspielraum einräumt.
Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1993130273.X00Im RIS seit
20.11.2000