TE Dok 2020/2/10 I-2/29-DK-IV/2019

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Veröffentlicht am 10.02.2020
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Norm

BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §44 Abs1

Schlagworte

Unregelmäßigkeiten bei der Zeiterfassung

Text

D I S Z I P L I N A R E R K E N N T N I S

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Mag. Friedrich Paul als Senatsvorsitzenden sowie MR Mag. Felix Kollmann und ADir Veronika Schmidt als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates IV nach der am 28. Jänner 2020 in Anwesenheit der Disziplinaranwältin MR Mag. Ursula Bachmair, MBA, und des Beschuldigten NN, vertreten durch Zacherl Schallaböck Proksch Manak Kraft Rechtsanwälte GmbH, Teinfaltstraße 8/5.01, 1010 Wien durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

NN

Briefzusteller in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell in der Zustellbasis X

ist

s c h u l d i g.

Er hat als Briefzusteller in der Zustellbasis (im Folgenden ZB) X

entgegen der Dienstanweisung „Zeiterfassung für Beamtinnen und Beamte in der

Briefzustellung/Distribution" vom 12.12.2012 am 20.08.2018 um 16.45 Uhr das

Ende des Dienstgangs gebucht, obwohl er bereits um 16.28 Uhr den

Dienstgang beendet hatte und dies entsprechend hatte buchen müssen und am

21.08.2018 um 18.17 Uhr das Ende des Dienstgangs gebucht habe, obwohl er

bereits um 17.58 Uhr den Dienstgang beendet hatte und dies entsprechend hatte

buchen müssen und somit jeweils die genannte Weisung nicht befolgt habe;

 

NN hat dadurch

nicht nur gegen die Betriebsvereinbarung über die „IST – Zeit in der Briefzustellung“ verstoßen, sondern sich auch gegen Dienstpflichten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG), nämlich

seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus Eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1 leg.cit.),

seine Vorgesetzten zu unterstützen und deren Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 leg.cit.)

schuldhaft verletzt und dadurch schwere Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.

Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 die

Disziplinarstrafe der

G e l d b u ß e

in der Höhe von € 500

verhängt.

Gemäß § 127 Abs. 2 BDG 1979 wird die Abstattung der Geldbuße in 10 Monatsraten bewilligt.

Verfahrenskosten sind keine angefallen.

Hinsichtlich der Vorwürfe, dass er

1. am 20.08.2018 die Indoor-Tatigkeiten in der Zustellbasis X so langsam

durchgeführt habe, dass diese von 06.48 Uhr bis 11.05 Uhr, also 4 Stunden und 17

Minuten gedauert haben, obwohl diese bis spätestens 09.13 Uhr, also binnen 2

Stunden und 25 Minuten, zu erledigen gewesen wären und am 21.08.2018 die

Indoor-Tätigkeiten in der Zustellbasis X so langsam durchgeführt

habe, dass diese von 06.52 Uhr bis 10.29 Uhr, also 3 Stunden und 37 Minuten

gedauert haben, obwohl diese bis spätestens 09.20 Uhr, also binnen 2 Stunden und

28 Minuten, zu erledigen gewesen wären und somit jeweils seine dienstlichen

Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung nicht treu, gewissenhaft

und engagiert mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem besorgt

habe und jeweils nicht in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht genommen

habe, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner

dienstlichen Aufgaben erhalten bleibe;

2. entgegen der Dienstanweisung „Zeiterfassung fur Beamtinnen und Beamte in der

Briefzustellung/Distribution" vom 12.12.2012 am 21.08.2018 eine Pause von 12.36

Uhr bis 13.02 Uhr, also in der Länge von 26 Minuten gebucht habe, obwohl er in

Wirklichkeit 33 Minuten Pause konsumiert habe und dies entsprechend hatte

buchen müssen und somit die oben angeführte Weisung nicht befolgt habe,

wird NN in dubio pro reo bzw. zu Punkt 2) aufgrund der Einordnung des Punktes unter der disziplinären Erheblichkeitsschwelle freigesprochen.

B e g r ü n d u n g

NN wurde im Einleitungsbeschluss (im Folgenden EB) I 2/8-DK-IV/19 der Disziplinarkommission vom 30.4.2019 beschuldigt,

1.) regelmäßig betrieblich nicht gerechtfertigte Dienstzeiten durch vorschriftswidrige Zeiterfassungen verrechnet zu haben, wodurch allein im Zeitraum Jänner 2018 bis Jänner 2019 eine weit überdurchschnittliche Überstundenanzahl im Ausmaß von 345 Stunden, die zumindest teilweise nicht gerechtfertigt war, zur Auszahlung gelangte, so

a.) am 20. August 2018 für die Indoor-Tätigkeit 4 Stunden und 17 Minuten aufgewendet und verrechnet zu haben, obwohl sich der tatsächliche Zeitaufwand auf rund 2 Stunden und 25 Minuten hätte belaufen müssen, die Buchung „Dienstgang Ende“ erst um 16:45 Uhr auf seinem Handheld vorgenommen zu haben, obwohl er bereits um 16:28 Uhr mit Betreten der Zustellbasis seinen Dienst beendet hat, dadurch an diesem Tag ungerechtfertigterweise ein Zeitguthaben von insgesamt ca. 129 Minuten für sein Gleitzeitguthaben lukriert zu haben, welches in Form von Überstunden ausbezahlt wurde,

,

b.) am 21. August 2018 die Indoor-Tätigkeit erst um 10:29 Uhr beendet zu haben, obwohl die Beendigung der Indoor-Tätigkeit dem Materialaufwand nach schon zwischen 09:15 Uhr und 09:20 Uhr möglich gewesen wäre, eine Pausenbuchung in x mit 26 Minuten angegeben zu haben, obwohl die Pause 33 Minuten gedauert hat, die Buchung „Dienstgang Ende“ erst um 18:17 Uhr auf seinem Handheld vorgenommen zu haben, obwohl er bereits um 17:58 Uhr mit Betreten der Zustellbasis seinen Dienst beendet hat und dadurch an diesem Tag ungerechtfertigterweise ein Zeitguthaben von insgesamt ca. 95 Minuten für sein Gleitzeitguthaben lukriert zu haben, welches in Form von Überstunden ausbezahlt wurde sowie

c.) die Aktualisierung der Abgabestellen seines Rayons nicht regelmäßig durchgeführt zu haben und so in seiner Gangordnung x um 29 Abgabestellen zu viel verzeichnet zu haben.

Aufgrund der Beschwerde des NN wurde der Spruch des EB vom BVwG,

GZ W 170 2220017-1/11E, wie folgt abgeändert:

„Gegen NN wird gemäß § 123 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz

1979, BGBl. Nr. 333/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2019, ein Disziplinarverfahren

eingeleitet, weil er im Verdacht steht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, weil er

I. am 20.08.2018 die Indoor-Tätigkeiten in der Zustellbasis X so langsam

durchgeführt habe, dass diese von 06.48 Uhr bis 11.05 Uhr, also 4 Stunden und 17

Minuten gedauert haben, obwohl diese bis spätestens 09.13 Uhr, also binnen 2

Stunden und 25 Minuten, zu erledigen gewesen wären und am 21.08.2018 die

Indoor-Tätigkeiten in der Zustellbasis X so langsam durchgeführt

habe, dass diese von 06.52 Uhr bis 10.29 Uhr, also 3 Stunden und 37 Minuten

gedauert haben, obwohl diese bis spätestens 09.20 Uhr, also binnen 2 Stunden und

28 Minuten, zu erledigen gewesen wären und somit jeweils seine dienstlichen

Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung nicht treu, gewissenhaft

und engagiert mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem besorgt

habe und jeweils nicht in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht genommen

habe, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner

dienstlichen Aufgaben erhalten bleibe;

II. entgegen der Dienstanweisung „Zeiterfassung für Beamtinnen und Beamte in der

Briefzustellung/Distribution" vom 12.12.2012 am 20.08.2018 um 16.45 Uhr das

Ende des Dienstgangs gebucht habe, obwohl er bereits um 16.28 Uhr den

Dienstgang beendet habe und dies entsprechend hätte buchen müssen und am

21.08.2018 um 18.17 Uhr das Ende des Dienstgangs gebucht habe, obwohl er

bereits um 17.58 Uhr den Dienstgang beendet habe und dies entsprechend hätte

buchen müssen und somit jeweils die oben genannte Weisung nicht befolgt habe;

III. entgegen der Dienstanweisung „Zeiterfassung für Beamtinnen und Beamte in der

Briefzustellung/Distribution" vom 12.12.2012 am 21.08.2018 eine Pause von 12.36

Uhr bis 13.02 Uhr, also in der Länge von 26 Minuten gebucht habe, obwohl er in

Wirklichkeit 33 Minuten Pause konsumiert habe und dies entsprechend hätte

buchen müssen und somit die oben angeführte Weisung nicht befolgt habe.

Darüber hinaus wird das Disziplinarverfahren gemäß § 118 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979,

BGBl. Nr. 333/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2019, insbesondere auch hinsichtlich des

Vorwurfs in der Gangordnung x 29 Abgabenstellen zu viel angegeben zu haben,

eingestellt."

NN steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Er wurde am 1. April 1983 zum Beamten ernannt und wird als „Zusteller in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell“ bei der Zustellbasis X eingesetzt.

Der Beamte nimmt am Gleitzeitdurchrechnungsmodell für den Zustelldienst teil und ist mit den verpflichteten Arbeitszeitaufzeichnungen gemäß Artikel 13 der Betriebsvereinbarung vom 05. September 2012 laut eigener Aussage vertraut.

Laut Leistungsfeedback seiner Gebietsleiterin Frau H. vom 29. März 2019 erbringt NN in qualitativer und quantitativer Hinsicht keine hochwertige Arbeitsleistung, da er insbesondere sein Leistungspotenzial nicht ausschöpfe und nicht zielorientiert agiere, um bei den Kunden beliebt zu sein. Von den beurteilten 14 relevanten Dimensionen wären in nur einer die zu erwartenden Leistungen erbracht worden, wobei in 8 Dimensionen ein (dringender) Handlungsbedarf gegeben wäre.

Da NN eine das übliche Maß bei weitem übersteigende Anzahl an Plusstunden in seinem Gleitzeitkorridor aufwies und es bei ihm zu regelmäßigen monatlichen Überstundenauszahlungen kam, wurde sein Rayon an den Tagen 20. August 2018, 21. August 2018, 22. August 2018 und 23. August 2018 einer Beobachtung durch das Qualitätsmanagement unterzogen.

Dabei wurden folgende Ergebnisse verzeichnet:

NN hat am 20. August 2018 für die Indoor-Tätigkeit 4 Stunden 17 Minuten benötigt. Im Hinblick auf die Materialmenge wäre laut Qualitätsmanagement jedoch ein Arbeitsaufwand von rund 2 Stunden 25 Minuten realistisch gewesen. Daraus resultiert eine nicht erklärliche Zeitüberschreitung von rund 112 Minuten. Die Bedienung der letzten Abgabestelle erfolgte um 16:14 Uhr. Um 16:28 Uhr kehrte der Beschuldigte zur Zustellbasis X zurück und hätte zu diesem Zeitpunkt „Dienstgang Ende“ buchen müssen. Die Dienstgang-Ende-Buchung ist jedoch erst um 16:45 Uhr erfolgt.

Am 21. August 2018 hat NN die Indoor-Tätigkeit um 10:29 Uhr beendet. Dem tatsächlichen Aufwand hätte die Indoor-Tätigkeit maximal bis 09:20 Uhr dauern dürfen. Die Pausenbuchung in x wurde mit 26 Minuten angegeben, obwohl die Pause 33 Minuten andauerte. Die Bedienung der letzten Abgabestelle erfolgte um 17:50 Uhr. Die Outdoor-Tätigkeit wurde mit der Rückkehr in die Zustellbasis um 17:58 Uhr beendet. Die Dienstgang-Ende-Buchung Ende wurde jedoch erst um 18:17 Uhr durchgeführt.

Die vorgesehene taggleiche Weiterleitung der Aushebepost aus dem Briefkasten konnte an diesem Tag nicht mehr erfolgen.

Am 22. August 2018 wurde NN durch einen Mitarbeiter des Qualitätsmanagements, Hrn. H., während seines Arbeitstages begleitet.

An diesem Tag war es dem Beschuldigten möglich, die Indoor-Tätigkeit in nur 2 Stunden und 24 Minuten zu erledigen. Dadurch konnte er bereits um 09.15 Uhr den Zustellgang antreten. Um 14:59 Uhr war der Zustellgang abgeschlossen und um 15:10 Uhr erfolgte die korrekte Dienst-Ende-Buchung. Abzüglich der Ruhepause kam der Beschuldigte an diesem Tag auf eine reine Arbeitszeit von 8 Stunden und 3 Minuten.

Auch am zweiten Beobachtungstag, dem 23. August 2018, war es dem Beschuldigten möglich, die Indoor-Arbeit in nur 2 Stunden und 36 Minuten zu erledigen und bereits um 09:26 Uhr den Zustellgang anzutreten.

Bis auf die Tatsache, dass NN seinen Zustellgang in Schlapfen antreten wollte und vom Qualitätsmanagement aufgefordert werden musste, sein Schuhwerk zu wechseln, gab es an diesem Tag insbesondere hinsichtlich der Einhaltung der Zeitvorgaben und der Handheldbuchungen keine Auffälligkeiten.

Festgestellt wurde anlässlich der Beobachtungstage allerdings, dass der vorgeschriebene Teilungspunkt in der Gangordnung am Zustelltisch von NN nicht ersichtlich war und von ihm nicht die für die PKW-Zustellung vorgesehenen Behälter verwendet wurden, was der Effektivität der Zustellung abträglich ist.

 

Da der Zeitreihenreport vom Juli 2018 in krassem Widerspruch zu den Ergebnissen der beiden ebenfalls zur Ferienzeit angesetzten Beobachtungstage stand, wurde NN am 30. August 2018 von Herrn H., Qualitätsmanagement, im Beisein von Gebietsleiterin H. und Personalsteurer K. niederschriftlich einvernommen.

Befragt, warum er seinen tatsächlichen Arbeitsaufwand im Indoor-Bereich nicht korrekt darstelle, gab NN an, dass er die Arbeitsabläufe wahrscheinlich nicht ganz optimal durchführe. Er habe keine Erklärung für seine lange Indoor-Tätigkeit.

Über Vorhalt, dass die konsumierten Pausen im Indoor-Bereich und im Aufenthaltsraum als Arbeitszeit verrechnet würden, gab NN an, dass dies nicht stimme und er jede Pause buche.

Der Beschuldigte gab zu, seine Rückkehrbuchungen „zu manipulieren“, so am 20. August 2018 um 17 Minuten und begründete das damit, dass er 10 bis 15 Minuten für das Abrechnen brauche. Am 21. August 2018 habe er die Buchung ebenfalls später eingegeben als es den Tatsachen entsprach.

Mit Schreiben vom 03. September 2018 an das Qualitätsmanagement bestreitet NN die inhaltliche Richtigkeit der Niederschrift vom 30. August 2018 und widerrief die mit Unterschrift erteilte Bestätigung.

Im Urteilsvermerk des BVwG , W 170 2220017-1/10, vom 30.7.2019 wird zur niederschriflichen Einvernahme festgehalten:

R (Richter) verweist auf die bereits eingebrachte Disziplinaranzeige und die Niederschrift vom

30.08.2018, aus der sich ergibt, dass P (Partei= NN, Anmerkung) 29 Abgabestellen zu viel in seiner Gangordnung aufweise. Im gesamten Disziplinarakt ist aber weder die Gangordnung aufliegend noch ist zuerkennen, welche Abgabestellen diese zu viel aufweisen würde, der Disziplinarakt enthält nicht die der Niederschrift laut dieser beiliegende Gangordnung. Allerdings hat P in der Niederschrift vom 30.08.2018, S. 8 eingeräumt, die Gangordnung nicht überprüft zu haben.

Diese Niederschrift wurde von P unterschrieben, allerdings wurde dieser am 03.09.2018

widersprochen. Allerdings begründet die Niederschrift den Verdacht, dass P zugestanden hat,

die Gangordnung nicht überprüft zu haben. Im Rahmen des Disziplinarverfahrens werden alle

bei der Erstellung der Niederschrift anwesenden Personen unter Wahrheitspflicht auszusagen

haben, wie diese Niederschrift zustande gekommen ist und ist bei der Feststellung, ob P die

Nichtaktualisierung der Gangordnung zugestanden hat, auf die Formulierung der

Niederschrift Bedacht zu nehmen. Es ist etwa der zweite Absatz der Befragung nicht-

nachvollziehbar, nach dem P zuerst zugestanden habe, die Pausen im Indoor-Bereich als

Arbeitszeit zu berechnen („Meine konsumierten Pausen verrechne ich im Indoor-Bereich als

Arbeitszeit, weil:"), dies aber dann sofort bestreitet („das stimmt nicht, jede meiner Pausen

wird gebucht"). Damit entstehen Zweifel an der Richtigkeit der Niederschrift, die den Verdacht

des Zugeständnisses der Nichterfolgten Aktualisierung der Gangordnung nicht ausräumen

können. Auf die Strafbarkeit einer falschen Beurkundung im Amt, § 311 StGB, wird

hingewiesen.

 

Anzumerken ist, dass die Frage der Gangordnung aufgrund Stattgebung der Beschwerde durch das BVwG in diesem Punkt im Disziplinarverfahren nicht mehr verfahrensgegenständlich ist.

Der Sachverhalt ergibt sich aus der niederschriftlichen Einvernahme vom 30. August 2018 durch Herrn H., Qualitätsmanagement, im Beisein von Gebietsleiterin H. und Personalsteurer K., den Beobachtungsprotokollen für die Tage 20. August 2018, 21. August 2018, 22. August 2018 und 23. August 2018, dem Zeitreihenreport Juli 2018 und dem Schreiben von NN vom 03. September 2018.

Dem Personalamt X wurden die Protokolle am 09. November 2018 und die Niederschrift am 14. November 2018 zur Kenntnis gebracht.

Zur mündlichen Verhandlung am 29.2.2020:

Zur Sache einvernommen gab NN an:

Wenn ihm die im Einleitungsbeschluss wiedergegebenen Vorwurfe vorgehalten werden

bekenne er sich in allen Anschuldigungspunkten für nicht schuldig. Zur niederschriftlichen Einvernahme vom 30.8.2018 befragt führte NN aus, er sei am 30.8. ins Besprechungszimmer gerufen worden, Herr H. und Herr K. seien dort gewesen. Er sei auf die Möglichkeit der Beiziehung einer Vertrauensperson hingewiesen worden. Nachdem er immer ordnungsgemäß seine Arbeit gemacht habe, habe er keinen Grund zur Beiziehung gesehen, es wäre in der Kürze der Zeit auch nicht möglich (5 Minuten vor Befragungsbeginn) gewesen, im Nachhinein sei dies ein Fehler gewesen. Ein Durchlesen des Protokolls sei aufgrund des Umstandes, dass die Befragung während seiner Indoortätigkeit stattgefunden hätte und er den Zustellgang antreten musste, aus Zeitgründen nicht möglich gewesen. Zu Hause habe er die Niederschrift in Ruhe durchgelesen und gesehen, dass hier Unrichtiges vermerkt sei-einiges so nicht gesprochen worden sei. Konkret wurde von NN auf folgende Punkte Bezug genommen:

Seite 6, unterster Absatz der Niederschrift-> „…ich halte mich nicht an die Vorgaben und Weisungen

meiner Vorgesetzten...ja, ist mir bewusst“, habe er jedenfalls nicht gesagt

(Falschprotokollierung). Hinsichtlich seiner genauen Ausführungen konnte NN keine genauen Angaben machen.

Seite 7, letzte Zeile: Er habe nie gesagt, er versuche es (Falschbuchungen) nicht

mehr zu machen (Falschprotokollierung).

Von ihm sei einer Manipulation immer widersprochen worden.

Seite 7, 2. Absatz von unten: Die Fragestellung sei skandalös, er habe sinngemäß

gesagt, er handle nicht manipulativ. Die Worte „ich mache das nicht bewusst“, können

gesagt worden sein, sind aber im Zusammenhang zu verstehen, dass er nicht

manipuliert habe.

Zeuge H., Qualitätsmanagement, führte unter Wahrheitspflicht zur Frage der Protokollierung aus, NN sei anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme am 30.8.2018 die Möglichkeit zur Beiziehung einer Vertrauensperson gegeben worden, wenn er 0,5 Stunden zur Beiziehung benötigt hätte, wäre ihm dies eingeräumt worden. NN habe die Niederschrift unterfertigt, keine Korrekturanmerkungen gemacht. Er hätte genug Zeit zum Durchlesen gehabt.

Ad Seite 6, unterster Absatz: Dies sei von NN so gesagt worden, dieser hatte auch keinen Korrekturwunsch geäußert.

Ad Seite 7, letzte Zeile: Die Antwort sei so geschrieben wie NN es gesagt habe.

Auf Frage des Senatsvorsitzenden hinsichtlich der Form der Protokollierung der Fragestellung antwortete Herr H., …“Ich betrüge regelmäßig durch Fehlbuchungen“ sei die gestellte Frage gewesen, es sei nichts falsch protokolliert, sondern die Frage wurde so gestellt worden. Bis zum Doppelpunkt seien Fragen formuliert, dann die Antworten.

Zeugin H. wurde unter Wahrheitspflicht befragt, ob anlässlich der Niederschrift vom 30.08.2018 das tatsachlich Gesagte wiedergegeben wurde und sagte aus, das nehme sie an, es sei schon längere Zeit her und sie könne sich nicht mehr genau erinnern.

Ad Beobachtungstage 20. und 21.8.2018:

NN führte aus, an diesen Tagen müsse mehr Material da gewesen sein. Er habe einen

Landzustellbezirk. Ihm sei vor 2018 eine Heimfahrtgenehmigung erteilt worden. Diese

sei ihm vor den Beobachtungen entzogen, der Zustellbezirk wurde aber nicht verkleinert worden. Erst nach Entzug der Heimfahrtgenehmigung sei der Korridoraufbau erfolgt. Dann sei der Zustellbezirk vergrößert worden, er habe ca. 26 HBFA und ca. 5 Einzelabgabestellen dazubekommen, von denen eine davon eine Flüchtlingsunterkunft ist, mit mehreren Bewohnern. Das seien ca. 15 Minuten pro Tag Aufwand.

Im Rahmen des Korridoraufbaus sei er von seinem Vorgesetzten in der ZB X

darauf angesprochen worden. Der Korridoraufbau wäre trotz seines besten Bemühens erfolgt,

weil die Zustelltätigkeit in der Normalarbeitszeit nicht zu schaffen gewesen wäre. Er habe immer

noch ein Korridorquantum von über 150 Stunden.

An den Begleittagen 22. und 23.8. 2018 sei überhaupt nichts los gewesen, er habe an diesen Tagen Teile des Zustellgangs auslassen können, daher wäre die Arbeit in der Normalarbeitszeit zu bewältigen gewesen.

Hinsichtlich der verspäteten „Dienstgang Ende“ Buchungen führte NN aus , wenn er vom Zustellgang zurückgekommen sei, habe er die Aufgabepost abgeführt, seinen Zustellwagen zum Zustelltisch gestellt, die Fächer entleert (diese Tätigkeiten hätten ca. 12 Minuten in Anspruch genommen) und dann Dienstgang Ende gebucht. Er habe Dienstgang Ende verspätet gebucht, weil er nicht wollte, dass ersichtlich sei, dass er zu lange für die Abrechnung benötige. Die richtige Buchung laut Regulativ sei ihm bekannt.

Seit der niederschriftlichen Einvernahme am 30.8.2018 buche er das Dienstgang Ende dem Regulativ entsprechend. Die buchungsmäßige Falschzuordnung der Tätigkeiten Outdoor/Indoor sei kein Zeitgewinn.

Zum Vorwurf, am 21.08.2018 eine Pause von 12.36 Uhr bis 13.02 Uhr, also in der Länge von 26 Minuten gebucht zu haben, obwohl er in Wirklichkeit 33 Minuten Pause konsumiert habe, führte NN aus, wenn das so gewesen wäre, dann habe der Kunde ihn am Zustellgang möglicherweise auf einen Kaffee eingeladen und er das Handheld im Fahrzeug gehabt. Er hätte dann das Handheld aus dem Auto holen müssen.

Die Befragung des Zeugen H. ergab, dass die Menge der an den Tagen 20.und 21.8.2018 zu bearbeitenden nichtbescheinigten Sendungen nicht erhoben wurde und keine persönlichen Wahrnehmungen des Qualitätsmanagements über die tatsächliche Indoortätigkeit gegeben waren.

Auch ist der Aktenlage keine entsprechende Zeugenaussage zu diesen Tagen entnehmbar. Die Beobachtung des Qualitätsmanagements beschränkte sich auf die Outdoor-Tätigkeit. Eine nicht korrekte Pausenbuchung war nicht nachweisbar.

Zeugin H. sagte, befragt zu dem von ihr verfassten Leistungsfeedback über NN aus, sie habe 2 Beurteilungen verfasst , die erste sei weitaus besser gewesen, dann habe sie die Information erhalten, dass ihre Erstbeurteilung für OO NN zu gut sei. Hinsichtlich des Informationsgebers verweigerte Frau H. die Aussage.

NN sei in seiner Leistung seither verbessert, zu bemängeln seien nur die Korridorstunden (Anmerkung: Anzahl), er könnte schneller arbeiten.

Ad verspätete Dienstgang Ende Buchung: Die Abrechnungstätigkeit erfordere 20 Minuten und das

Zeitdelta aus der verspäteten Dienstgang Ende Eingabe sei zu lang für die Abrechnungstätigkeit (Anmerkung Abrechnungstätigkeit zzgl Zeitdelta aus der verspäteten Buchung) Jeder/e MitarbeiterIn müsse wissen, wie zu buchen ist. Sie habe keine persönlichen Wahrnehmungen zum 20.und 21.8., weil sie nicht in der Zustellbasis gewesen sei, auch Wahrnehmungen von anderen MitarbeiterInnen seien ihr nicht bekannt.

Der Senat hat dazu erwogen:

Es konnte -mangels persönlicher Beobachtung bzw. Befragung von Zeugen durch das Qualitätsmanagement hinsichtlich der Tätigkeiten des NN im Indoorbereich--nicht erwiesen werden, dass die im Handheld gebuchte Dienstzeit in ihrer Gesamtheit nicht erbracht wurde, somit ist NN vom Vorwurf, sich ein Guthaben für den Gleitzeitkorridor erschlichen zu haben, in dubio pro reo freizusprechen Eine in Bezug auf die Tage 20. und 21.8.2018 verzögerte Zustelltätigkeit lässt sich mangels konkreter Kenntnis des Quantums der nichtbescheinigten Sendungen nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit belegen.

Gemäß der Betriebsvereinbarung über die „IST – Zeit in der Briefzustellung“ ist jeder Zusteller in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell verpflichtet, unter anderem seine Pausenzeiten sowie Beginn und Ende des Dienstganges wahrheitsgemäß in sein ihm vom Dienstgeber zur Verfügung gestelltes Handheld einzugeben. Die Vorschriften über die korrekte Zeiterfassung in der Briefzustellung wurden in der Dienstanweisung vom 12. Dezember 2012 (Basis ist die Betriebsvereinbarung „IST-Zeit in der Briefzustellung“ Teil C, Punkt 16 „Zeiterfassung“ vom 5. September 2012), die allen Zustellern nachweislich zugegangen ist, umfassend und nachvollziehbar geregelt und durch Schulungen den Zustellern mehrmals kommuniziert. Ein Beamter in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell muss demnach die Dienstzeit-Buchungen wahrheitsgemäß über das MDE-Gerät durchführen. Gemäß Abschnitt C lit. h dieser Betriebsvereinbarung sind Manipulationen jeglicher Art mit dem Ziel einer unrichtigen Erfassung der Arbeitszeit strengstens verboten und können arbeits- bzw. dienstrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Die Österreichische Post AG ist bei der eingeschränkten Kontrollmöglichkeit im Außendienst (auch die TeamleiterInnen sind ZustellerInnen) in besonderem Maße darauf angewiesen, dass die Angaben des Beamten über seine Dienstzeiten der Wahrheit entsprechen. Unkorrekte Angaben sind als schwerer Missbrauch zu werten und geeignet, das Vertrauen in die getreue und redliche Erfüllung der dienstlichen Aufgaben massiv zu beeinträchtigen.

Für den Senat steht zweifelsfrei fest, dass NN in Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen der Ist-Zeit und somit auch der Zeit-Buchungsgrundsätze war und sein musste. Dies umso mehr, als anlässlich der Einführung der Ist-Zeit entsprechende Schulungen vorgenommen wurden. Somit hat NN durch seine bewussten Fehlbuchungen bei der Dienstgang Ende Buchung weisungswidrig gehandelt

Im Zusammenhang wird auch festgehalten, dass eine Kontrolle jedes einzelnen (Buchungs-)Schrittes eines Zustellers/einer Zustellerin durch die Vorgesetzten allein aus betrieblicher Sicht nicht möglich ist, sodass eine „Duldung“ des gesetzten Fehlverhaltens nicht ableitbar wäre.

Der Vorwurf, am 21.08.2018 eine Pause von 12.36 Uhr bis 13.02 Uhr, also in der Länge von 26 Minuten gebucht zu haben, obwohl er in Wirklichkeit 33 Minuten Pause konsumiert habe, wird

im Hinblick auf den Umstand, dass Pausenbuchungen erst ab einer Zeit von 5 Minuten im Handheld erfolgen können, nach Abwägung der Aussage von NN unter der disziplinären Erheblichkeitsschwelle betrachtet.

Das Disziplinarrecht hat den Zweck, Beeinträchtigungen des Vertrauensverhältnisses, die durch Fehlverhalten der Beamten entstehen, zu beseitigen bzw. zu vermeiden.

Einerseits soll beim Beschuldigten ein konstruktiver Gesinnungswandel (Einsicht) erreicht werden, der ihn davon abhält, künftig weitere Dienstpflichtverletzungen zu begehen (Spezialprävention), andererseits muss mit dem Strafmittel auch ein Signal an andere Beamte gesetzt werden, diese von der Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, beziehungsweise ihr normgerechtes Verhalten zu bestätigen (Generalprävention).

Da bei einem so personalintensiven Betrieb wie bei der Österreichischen Post AG eine lückenlose Kontrolle aller Arbeitsvorgänge nicht möglich ist, muss man mit stichprobenartigen Kontrollen das Auslangen finden. Die Österreichische Post AG ist daher in besonderem Ausmaß von der Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit der beschäftigten Beamten und Beamtinnen abhängig. (vgl. VwGH 23.2.2000, 97/09/0082 m.w.N.). Dabei entspricht es dem gegenseitigen Treue- und Vertrauensverhältnis, dass Beamte und Beamtinnen ihre Dienstpflichten aus eigenem Antrieb und eigener Verantwortlichkeit einhalten

Als mildernd wurde die durch die Gebietsleiterin im Rahmen der Disziplinarverhandlung letztendlich entsprechende Leistungsbeurteilung-relativiert allerdings durch die Aussage von Frau H., der zu Folge eine Erhöhung des Arbeitstempos möglich wäre- gewertet, ein Qualitätsdenken konnte von NN glaubhaft in der Disziplinarverhandlung dargestellt werden, NN ist disziplinär unbescholten, eine nachweisbare Unterstützung durch die Vorgesetzten bei der Korridorüberschreitungsproblematik konnte nicht glaubhaft dargestellt werden.

Als erschwerend wurde gewertet, dass NN kein reumütiges Geständnis abgelegt hat sowie, dass der Weisungsverstoß wiederholt erfolgte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am

18.03.2020
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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