TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/4 VGW-101/056/7660/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.02.2020
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Entscheidungsdatum

04.02.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
93 Eisenbahn

Norm

AVG §8
AVG §44a
AVG §44b
EisenbahnG §31

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zeller über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwältin, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 23.04.2019, Zl. …, mit welchem der Antrag auf Einräumung der Parteistellung im nicht anhängigen Baubewilligungsverfahren, zu selbiger Zahl, als unzulässig zurückgewiesen worden ist,

I.) zu Recht e r k a n n t:

I.1.) die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

I.2.) Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

II.)  Den Beschluss gefasst:

II.1.) Gemäß § 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 VwGVG wird der Antrag auf Kostenersatz vom 08.01.2020 mangels gesetzlicher Grundlage zurückgewiesen.

II.2.) Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

A.) Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Einräumung der Parteistellung im Baubewilligungsverfahren betreffend die Änderung des mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 02.05.2018, …, genehmigten eisenbahnrechtlichen Bauprojektes U Bahn Linie …, als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend wird darin im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Eigentümer der Liegenschaft EZ …, KG C., in Wien, D.-gasse sei. Diese Liegenschaft sei derzeit von einem Enteignungsverfahren zugunsten der Wiener Linien GmbH & Co KG zur Errichtung der U-Bahn Linie … betroffen.

Im Zuge des Enteignungsverfahrens sei festgestellt worden, dass zur Errichtung des Eisenbahnprojektes eine geringere Fläche für bautechnische Hilfsmaßnahmen, konkret Kompensationsinjektionen, notwendig seien, als die im Spruch zitierte eisenbahnrechtliche Baubewilligung vorgesehen hätte.

Aufgrund dieser Änderung gegenüber dem Genehmigungsakt sei um Wiedereröffnung des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens ersucht worden sowie um Feststellung seiner Parteistellung in diesem Änderungsverfahren.

Die entsprechende eisenbahnrechtliche Baugenehmigung sei bereits rechtskräftig. Nicht jede Projektänderung löse im Eisenbahnrecht eine Genehmigungspflicht aus. Eine Änderung wäre unter den Voraussetzungen des § 36 Eisenbahngesetzes in Verbindung mit der Verordnung genehmigungsfrei Eisenbahn-Vorhaben genehmigungspflichtig. Dies sei bei einer Verringerung der Fläche für bautechnische Hilfsmaßnahmen nicht der Fall.

Da diese Änderung nach dem Eisenbahngesetz nicht genehmigungspflichtig sei, sei auch kein Antrag gemäß § 31 Eisenbahngesetz an die Eisenbahnbehörde erforderlich.

Wiener Linien GmbH & Co KG habe auch keinen Antrag gestellt, da ein solches Verfahren daher nicht anhängig sei, könne auch nicht über eine allfällige bestehende Parteistellung in diesem Verfahren abgesprochen werden. Der Antrag sei daher unzulässig.

In der geht dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wird im Wesentlichen eingewendet, dass der Beschwerdeführer in seinem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Gewährung der Parteistellung im wiederaufzunehmenden eisenbahnrechtlichen Bauverfahren zur Verlängerung der U-Bahn Linie verletzt sei.

Im Bewilligungsbescheid vom 02.05.2018 sei auch die Bodenverdichtung durch Kompensationsinjektionen für seine Liegenschaft in vollem Ausmaß von 625 m² bewilligt worden. Dies sei eine notwendige Unterstützung der Fundamente um eine Setzung des alten Bauwerks auf seinem Grund zu verhindern. Das straßenseitige, teuer renovierte Jugendstil-Zinshauses sei rund 100 Jahre alt, das ebenfalls sanierte hofseitige Haus sei noch älter.

Er sei nicht gegen die Erweiterung der U-Bahn Linie und auch nicht gegen die Einräumung von Servituten. Es gehe ihm darum, dass Haus und Bewohner geschützt seien und der ihm entstehende Schaden aus zu erwartenden Mietzinsausfällen ersetzt werde.

Eine außergerichtliche Einigung betreffend der zu erwartenden, zehnjährigen Mietzinsentgänge, sei nicht möglich gewesen. Daher werde zur Zeit ein Enteignungsverfahren geführt.

Noch im Antrag auf Enteignung seien Kompensationsinjektionen im Ausmaß von 625 m² Inhalt der beantragten Einräumung von Servitutsrechten gewesen.

Erst kurz vor der mündlichen Verhandlung habe die mitbeteiligte Partei mit Schriftsatz vom 26.09.2018 das Ausmaß der Sicherungsmaßnahmen auf 226 m² eingeschränkt. Die Einschränkung sei lediglich damit begründet worden, dass aufgrund vertiefter Planungen und Betrachtungen für die Realisierung des Vorhabens lediglich eine geringere Fläche erforderlich sei. Der amtliche Sachverständige habe in der mündlichen Verhandlung vom 02.10.2018 auf Nachfrage erklärt, dass Kompensationsinjektionen sehr wohl Teil des Bewilligungsbescheides seien und habe auch um eine Bestätigung durch einen Zivilingenieur dafür ersucht, dass die eingeschränkte Fläche für diese Sicherungsmaßnahmen auch ausreichend sei. Bis dato läge keine Bestätigung eines Zivilingenieur vor, welche in technisch nachvollziehbarer Weise dartue, warum die Kompensationsinjektionsfläche von rund 600 m² auf rund 200 m² reduziert benötigt werde.

Es sei lediglich mit Schreiben vom 18.10.2018 von der Wiener Linien GmbH & Co KG ein nicht unterfertigtes Schreiben der von ihr beschäftigten, eigenen Planungsgemeinschaft vorgelegt worden. Darin seien die geänderten Bereiche gegenübergestellt worden, für welche nunmehr Kompensationsinjektion vorgesehen seien. Es würden lediglich weiterführende Untersuchungen und Bearbeitungen aufgezählt, welche nicht näher kontrollierbar sein und auch keinen statischen Nachweis erbringen könnten. Es werde darin lediglich abschließend erklärt, dass das geologische Modell verfeinert worden sei und zusätzliche Versuche vorgenommen worden seien, um die Kennwerte genau zu spezifizieren und Berechnungen anhand eines 3-D Modells angestellt worden seien, sodass auch im Sinne der Wirtschaftlichkeit die Bereiche mit Setzungskompensationen genauer eingegrenzt habe werden können.

Nachvollziehbare bzw. kontrollierbare Ergebnisse sei nicht vorgelegt worden. Ebenso wenig seien statischer Befund oder eine formale Bestätigung eines Ziviltechnikers als berufener Sachverständige für diese Reduktion vorgelegt worden.

Dennoch habe der amtliche Sachverständige im Enteignungsverfahren mittels formlosen E-Mails bestätigt, dass für ihn die Unterlagen ausreichend schlüssig und nachvollziehbar seien. Eine Überprüfung durch den Sachverständigen sei offensichtlich nicht erfolgt.

Aufgrund dieses Umstandes habe der Beschwerdeführer der zuständigen Baubehörde angezeigt, dass die Bauwerberin beabsichtige, den Bau entgegen dem Baubewilligungsbescheid vom 02.05.2018, sohin baugenehmigungswidrig, auszuführen. Er beantrage die Parteistellung in diesem neuerlichen Bewilligungsverfahren nach dem Eisenbahngesetz.

Gemäß § 31a Eisenbahngesetz seien auch Gutachten aus projektrelevanten Fachgebieten dem Antrag auf eisenbahnrechtliche Baugenehmigung beizulegen. Gemäß § 31a Abs. 2 Eisenbahngesetz seien bestimmte Anforderungen an die Gutachter vorgegeben. Schließlich seien Parteien gemäß § 31e Eisenbahngesetz auch die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften und jene Eigentümer, die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssten.

Die nach der Baugenehmigung vorgenommenen Veränderungen des Bauvorhabens würden seine subjektiv öffentlichen Rechte als betroffenen Liegenschaftseigentümer verletzen.

Wenn die Behörde mit § 36 Eisenbahngesetz argumentiere, so gehe sie fehl, da eine Bewilligungsfreiheit nur soweit vorläge, als keine subjektiv öffentlichen Rechte Dritter verletzt seien. Änderungen von Sicherungsmaßnahmen, die die Sicherung jener Liegenschaften reduzieren und somit in subjektiv öffentliche Rechte vom Betroffenen Liegenschaftseigentümer eingreifen würden, seien jedenfalls nicht genehmigungsfreie Eisenbahn-Vorhaben.

Es läge eine genehmigungspflichtige Änderung vor, welche die subjektiven öffentlichen Rechte des Beschwerdeführers betreffe. Die Behörde hätte daher die mitbeteiligte Partei auffordern müssen, die gemäß § 31 Eisenbahngesetz erforderliche geänderte Baugenehmigung zu beantragen und den geänderten Bauentwurf samt Gutachten vorzulegen.

Ferner sei von der mitbeteiligten Partei lediglich behauptet worden, dass eine geringere Fläche ausreichen würde. Ob diese reduzierte Maßnahme ausreiche, sei nicht einmal durch den eigenen Planer statisch nachgewiesen worden und formal vollständig bestätigt worden. Insbesondere werde dies nicht durch einen unabhängigen Gutachter im Sinne des § 31a Eisenbahngesetz bestätigt.

B.) Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt geht insbesondere folgender Sachverhalt hervor:

Mit Schreiben vom 05.07.2017 beantragte die Wiener Linien GmbH & Co KG die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung gemäß § 31a Abs. 1 Eisenbahngesetz.

Im Akt liegen ferner verschiedene Fachgutachten amtlicher Sachverständiger zu dem vorliegenden Antrag ein.

In der Folge wurde eine Kundmachung durch Edikt (§ 44a AVG) gemacht. Der Beschwerdeführer erhob in dem dortigen Verfahren keine Einwendungen.

Der entsprechende Bewilligungsbescheid wurde am 02.05.2018 auf Grundlage des Antrages und der Antragsunterlagen von der Behörde erlassen und erwuchs in der Folge in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 27.02.2019 (im Verfahren zur Enteignung und zur Kennung bestimmte Dienstbarkeiten, …) beantragte der Beschwerdeführer unter anderem auch die Einräumung der Parteistellung bei der belangten Behörde. Aus dem Schriftsatz geht insbesondere zunächst die Anzeige der genehmigungswidrig vorgesehenen Bauausführung hervor. Darin führt der Beschwerdeführer aus, dass es sich bei den nunmehr geänderten Anträgen auf Einräumung der Zwangsservituten durch die Wiener Linien GmbH & Co KG um baupolizeilich nicht genehmigte Änderungen gegenüber dem ursprünglich genehmigten Plan handle. Er fühle sich genötigt, der zuständigen Baubehörde anzuzeigen, dass die Bauwerberin beabsichtige, den Bau entgegen dem Baubewilligungsbescheid des Landeshauptmannes vom 02.05.2018 auszuführen, dies ohne Bewilligung zur geänderten Bauführung.

Ferner stellt der Beschwerdeführer darin den Antrag auf Einräumung der Parteistellung und begründete diesen wie folgt: für die seitens der Bauwerberin nunmehr gewünschten Abänderungen zur Bauausführung liege keine Baubewilligung vor. Das Baubewilligungsverfahren sei daher wieder zu eröffnen und die Änderungen zur bewilligten Bauführung von der Behörde zu prüfen.

Da er als Liegenschaftseigentümer von dieser Planänderung massiv belastet werden solle, beantrage er die Parteistellung in diesem Bewilligungsverfahren nach dem Eisenbahngesetz und erhebe näher dargelegt Einwendungen gegen die abgeänderte Bauausführung im Bereich seiner Liegenschaft.

Er beantrage, über seinen Antrag auf Parteistellung durch separaten Bescheid zu entscheiden.

Mit Schreiben vom 05.04.2019 nahm die mitbeteiligte Partei, Wiener Linien GmbH & Co KG, zum Vorbringen des Beschwerdeführers Stellung und legte dar, dass sie nicht um eine eisenbahnbehördliche Genehmigungsveränderungen angesucht habe. Daher sei der Antrag auf bescheidförmigen Abspruch über die Parteistellung unzulässig, präkludierte Parteien hätten auch kein Antragsrecht auf Wiederaufnahme eines Verfahrens.

Dass die zwangsweise Einräumung einer Dienstbarkeit auf 226 m² eingeschränkt wurde, bedeute lediglich, dass die Wiener Linien GmbH & Co KG von ihrem Recht nicht zur Gänze Gebrauch machen wolle. Es handle sich um keine nach § 31 Eisenbahngesetz beachtliche Änderung.

Es sei ihr jedoch die Pflicht nach § 19 Abs. 2 Eisenbahngesetz selbstverständlich bewusst. Es gehe darum, ob die Tangentialneigung den Wert von 1:500 in der Muldenlage überschreite. Dies sei in dem betroffenen Bereich geringer, wie vertiefte Untersuchungen nunmehr gezeigt hätten. Deswegen seien kompensierende Erhebungsinjektionen räumlich auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers zu reduzieren gewesen.

Da sich die Reduzierung im Rahmen der erteilten Genehmigung halte, und auch kein subjektiv öffentliches Recht des Beschwerdeführers auf die Durchführung von Hebungsinjektionen auf seiner gesamten Liegenschaft bestehe, sei der Antrag unzulässig.

Da eine Reduktion von Kompensationsinjektionen die Gesamtleistung der Eisenbahn naturgemäß nicht verbessere und zum Ausführungszeitpunkt auch nicht in fremde Rechte eingreife, da sie ohnehin erst nach der zwangsweisen Einräumung der entsprechenden Dienstbarkeit ausgeführt werden könne, sei darauf zu verweisen, dass - auch wenn man von einer Veränderung der Eisenbahnanlage nach § 31 Eisenbahngesetz ausgehen wolle - diese im Zeitpunkt ihrer Ausführung nach § 36 Abs. 1 Ziffer 1 Eisenbahngesetz genehmigungsfrei sei.

Aus der beigelegten Stellungnahme des Planungsbüros der Wiener Linien GmbH & Co KG vom Oktober 2018 geht zusammengefasst hervor, dass betreffend dieser Liegenschaft ein ursprüngliches Baugrundmodell mit näher dargelegten Parametern für die relevanten Bodenschichten zur Berechnung der Statik vorgelegen seien und weiterführende Untersuchungen und Bearbeitungen in der Ausschreibungsphase sowie Versuche vor Ort durchgeführt worden seien. Im Zuge dessen seien auch die Kennwerte für die relevanten Bodenschichten seitens der MA 29 überarbeitet worden. Diese seien um weitere Parameter ergänzt worden. Es habe daher das geologische Modell verfeinert werden können, es habe eine verbesserte Berechnung an einem 3-D Modell durchgeführt werden können. Damit - auch im Sinne der Wirtschaftlichkeit - hätten die Bereiche für Injektionskompensationen genauer eingegrenzt werden können.

C.) In der Sache fand vor dem Verwaltungsgericht Wien am 08.01.2020 gemeinsam mit dem Verfahren zur Zahl … eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher die Vertreterin des Beschwerdeführers, die weiteren Parteien (Käufer der Liegenschaft sowie Wiener Linien GmbH & Co KG) sowie eine Vertreterin der belangten Behörde erschienen.

Mit Schreiben vom 29.01.2020 wurde vom Beschwerdeführer ein Antrag auf Protokollberichtigung eingebracht. Der maßgebliche Sachverhalt sei von Amts wegen zu ermitteln. Ein Ermittlungsverfahren könne jederzeit fortgesetzt werden, auch wenn das Ermittlungsverfahren geschlossen sei. Andererseits sei gemäß § 39 Abs. 4 AVG ein einmal geschlossenes Ermittlungsverfahren auf Antrag einer Partei nur mehr unter besonderen Voraussetzungen fortzusetzen. Diese Voraussetzungen würden nicht jenen der Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechen.

Das Ermittlungsverfahren könne nicht als abgeschlossen gesehen werden, da das Verwaltungsgericht die Verhandlung trotz Antrages nicht unterbrochen habe, um die nicht zugestellten Schriftsätze durchzulesen, sondern eine schriftliche Stellungnahme eingeräumt habe. Es werde beantragt, das Ermittlungsverfahren wieder aufzunehmen und alle offenen Beweisanträge durchzuführen.

Ferner sei die Protokollierung „die aktuellen Erkenntnisse, wie im Schriftsatz vom 23.12.2019, eingebracht am 24.12.2019, beruhen auf Aktenblatt 222 folgende, die entsprechenden technischen Ausführungen zur Stellungnahme vom 17.10.2018“ sei nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführerin sei Aktenblatt 222 nicht bekannt. Es werde beantragt, das Protokoll zu berichtigen und diese Urkunde mit konkreter Bezeichnung des Ausstellers samt Datum ins Protokoll aufzunehmen.

Zur Stellungnahme der Wiener Linien vom 05.04.2019 sei Folgendes auszuführen:

In dieser Stellungnahme sei ausgeführt worden, dass kein Antrag auf Änderung der eisenbahnbehördlichen Genehmigung gestellt worden sei und daher der Antrag auf Einräumung einer Parteistellung unzulässig sei. Gleichzeitig habe die Wiener Linien GmbH & Co KG in dieser Stellungnahme ausgeführt, dass sie lediglich von der Genehmigung nicht zur Gänze Gebrauch mache, es handle sich um ein „Minus“. Ferner sei in diesem Schriftsatz auch die Stellungnahme der U-Bahn Planungs-ARGE vom Oktober 2018 (interessanterweise unterfertigt und rundgestempelt) vorgelegt worden.

Wäre dem Beschwerdeführer diese Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden, hätte er Gelegenheit gehabt, bereits in Behördenverfahren eine gutachtliche statische Stellungnahme des befugten Zivilingenieurs zur Widerlegung der in diesem Verfahren vorgelegt Urkunde einzubringen und damit der Rechtsansicht der Wiener Linien GmbH & Co KG entgegenzutreten.

Es mute einigermaßen skurril an, dass davon gesprochen werde, Sicherungsmaßnahmen zugunsten eines Gebäudebestandes auf einem fremden Grund seien ein „eingeräumtes Recht“.

Denn die Baubewilligung sei nur mit den eingereichten Sicherungsmaßnahmen erteilt worden. Es handle sich daher um eine Pflicht und nicht um ein Recht. Das eingereichte Projekt habe ausdrücklich die vollständige Absicherung durch Kompensationsinjektionen der Liegenschaft des Beschwerdeführers vorgesehen. Einsicht in den Bauakt sei bis dato verwehrt worden.

Hätte der Beschwerdeführer Einsicht in die Stellungnahme vom 05.04.2019 erhalten, hätte er durch eine daraufhin erfolgte Stellungnahme einen für ihn günstigeren Bescheid erlangen können. Dies nämlich dahingehend, dass der Wiener Linien GmbH & Co KG die abweichende Bauführung untersagt hätte werden müssen bzw. ein Auftrag erteilt werden müssen, Wiener Linien GmbH & Co KG anzuleiten, einen Antrag auf abgeänderte Bauführung zu stellen. Dies hätte zu einer Wiederaufnahme des Bauverfahrens geführt und damit zur Parteistellung des Beschwerdeführers.

Vorgelegt wird eine gutachtliche Stellungnahme zur Hauszustandsfeststellung zum Plan über die Haussicherung sowie zur Reduktion derselben Kompensationen auf der gegenständlichen Liegenschaft vom 24.01.2020, erstellt von E. Ziviltechniker GmbH für die neuen Eigentümerin der Liegenschaft. Daraus geht hervor, dass nach statisch-konstruktive Überprüfung dahingehenden Stellungnahme abgegeben werden könne, dass im Bezugnahme auf die von der Wiener Linien GmbH & Co KG vorgelegten Unterlagen zu Hauszustandsfeststellung darin näher umschriebene Umstände mangelhaft seien.

Zu den von Wiener Linien GmbH & Co KG vorgelegten Dokumenten betreffend Setzungskompensationen sei auszuführen, dass dort ein Bereich des Einkaufszentrums F. genannt werde, wo ohne Hebungsinjektionen die geforderte maximale Tangentenneigung von 1:500 Muldenlage und 1:1000, Sattellage, nicht überschritten werde. Die Lage des Einkaufszentrums sei jedoch östlich der G.-gasse und damit wären westlich der G.-gasse gar keine Erhebungsinjektionen notwendig. In dem vorgelegten Auszug aus der Statik seien jedoch weder die westliche Grenze der Erhebungsinjektionen noch die errechneten Tangentenneigungen im Bereich der D.-gasse angezeigt. Dies obwohl sich das Dokument angeblich auf die D.-gasse beziehe.

Es sei daher vor der Ausführung partiell noch genauere Untersuchungen und Nachweise notwendig. Aufgrund der unklaren Lastableitung im Bereich der Achse 5 solle im Bereich des linken Hoftraktes eine Fundamentverstärkung angestrebt werden. Im Bereich des rechten Hoftrakts seien noch weitere Überprüfungen notwendig. Das vorliegende Dokument „D.-gasse Reduktion der Setzungskompensation“ enthalte nur Aussagen und Statikauszüge zum Bereich des Einkaufszentrums F.. Konkrete Aussagen und Statikauszüge über den Bereich der D.-gasse über die Hebungsinjektionen und die errechneten Tangentenneigungen seien nicht enthalten. Im „Übersichtsplan Grundbelastung Kompensation“ seien aber Setzungskompensationen im Bereich der D.-gasse angegeben. Konkrete Angaben zu denselben Kompensationen seien in dem Plan jedoch nicht enthalten, diese wären aber besonders wichtig, da die im Übersichtsplan angegebene Maßnahmengrenze im Übergangsbereich des alten und des neuen Bauteils der D.-gasse verlaufe.

4.) Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Das Eisenbahngesetz lautet auszugsweise:

§ 31 lautet:

Für den Bau oder die Veränderung von Eisenbahnanlagen und nicht ortsfesten eisenbahnsicherungstechnischen Einrichtungen ist die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung erforderlich.

Antrag

§ 31a.

(1) Die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung ist bei der Behörde zu beantragen.

….

Parteien

§ 31e.

Parteien im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, sind der Bauwerber, die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften, die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten…..

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers anheim gegeben, ob und wie weit er Parteistellung einräumt. Verfassungsrechtliche Grenzen bestehen lediglich dadurch, dass das die Parteienrechte bestimmende Gesetz dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot unterliegt bzw. aus dem Rechtstaatsprinzip sich ergibt. Fehlt es an einem rechtlichen Interesse im Sinne des § 8 AVG und somit an einer Betroffenheit in subjektiven Rechten, so ist der Ausschluss vom Kreis der Parteien verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. dazu u.a. VfGH, Erkenntnis vom 13. 12. 1988, VfSlg 11.934).

In den hier gegenständlichen Verfahren, nämlich der Bewilligung eines Antrages auf Baubewilligung, hätte der Beschwerdeführer dann Parteistellung erlangt, wenn er rechtzeitig Einwendungen gemacht hätte. Er hat dies in dem dortigen Verfahren unstrittig unterlassen. Demnach hat der Beschwerdeführer seine dortige Parteistellung verloren. Die Rechtsfolgen des § 44b AVG waren den ausgeschriebenen Edikt unstrittig beigegeben. Dementsprechend hat der Beschwerdeführer seine Parteistellung in diesem Verfahren verloren.

Nunmehr beantragt er die Zuerkennung der Parteistellung in einem wiederaufzunehmenden Verfahren bzw. in einem neu durchzuführenden Verfahren betreffend der Antragsänderung (nämlich geringeres Ausmaß an Kompensationsinjektionen auf seiner Liegenschaft).

Es steht fest, dass im rechtskräftig abgeschlossenen Bewilligungsverfahren nach Eisenbahngesetz auf Grundlage des entsprechenden Antrages der Wiener Linien GmbH und Co KG Kompensationsmaßnahmen (Hebungsinjektionen im Untergrund) für ein Ausmaß von der gesamten Liegenschaft (622 m²) vorgesehen waren.

Ferner steht fest, dass der Beschwerdeführer in diesem rechtskräftig abgeschlossenen Bewilligungsverfahren seine Parteistellung verloren hat und präkludiert ist.

Weitere Verfahren – sei es von amts wegen wegen einer allfälligen bewilligungslosen Bauausführung oder über Antrag der Wiener Linien GmbH & Co KG auf eine Abänderung – (etwa betreffend Wiederaufnahme, betreffend bewilligungsloser Bauführung oder Antrag auf Änderung) sind gegenwärtig nicht anhängig, lediglich das Verfahren zur Frage der Enteignung ist anhängig (…).

Durch die Präklusion im eisenbahnrechtlichen Baubewilligungsverfahren hat der Beschwerdeführer seine dort bestandenen subjektiv-öffentlichen Rechte als betroffener Liegenschaftseigentümer verloren. Der Beschwerdeführer ist unstrittig keine übergangene Partei, Einwendungen zur Rechtmäßigkeit des Edits wurden auch nicht gemacht.

Rechtliche Grundlage für die Frage der Parteistellung des Beschwerdeführers im ist § 8 in Verbindung mit §§ 44a, b AVG in Verbindung mit dem EisbG als die zur Anwendung kommende Rechtsvorschrift.

Nach § 31 Eisenbahngesetz bedürfen der Bau und die Veränderung einer Eisenbahnanlage einer eisenbahnrechtlichen Baubewilligung. Deren Erteilung setzt das Vorliegen der in § 31f EisenbahnG 1957 normierten Genehmigungskriterien voraus. Liegt aber keine Eisenbahnanlage vor, bedarf es auch nicht der Erfüllung der in § 31f leg cit normierten Genehmigungsvoraussetzungen (VwGH vom 19.12.2013, Zl. 2011/03/0160). Da es sich hier um ein antragsbedürftiges Verwaltungsverfahren handelt, bestimmt in erster Linie der Antragsteller, was Gegenstand des Verfahren ist; der Antrag legt fest, was Sache des Genehmigungsverfahrens ist (vgl. beispielsweise VwGH vom 24.04.2013, 2010/03/0100). Von der Behörde kann grundsätzlich nur über etwas abgesprochen werden, das überhaupt beantragt wurde, insofern ist die Behörde an den Inhalt des Antrages des jeweiligen Antragstellers gebunden. Vorliegendenfalls lag ein entsprechender Antrag zugrunde und die Behörde hat darüber rechtskräftig entschieden.

Mangels Vorliegens eines weiteren Bau-Verfahrens (bzw. mit dem Bauvorhaben zusammenhängendes baurechtliches Verfahren), kann der Beschwerdeführer für ein derartiges Verfahren auch (noch) keine Parteistellung erlangen. Sonstige subjektive öffentliche Rechte des Beschwerdeführers sind aus dem Eisenbahngesetz auf Grundlage des präkludierten Status des Beschwerdeführers für die vorliegende Frage des Ausmaßes der Kompensationsmaßnahmen für die Liegenschaft bei vorliegender rechtskräftiger Baubewilligung, welcher noch nicht ausgeführt wurde, in diesem Umfang nicht zu erkennen.

Soweit sich der Antrag - wie er auch verstanden werden könnte - dahingehend richtet, dass das Baubewilligungsverfahren wieder zu eröffnen wäre, ist auf Folgendes hinzuweisen:

Nach § 69 Abs. 1 AVG setzt ein Wiederaufnahmeantrag die Parteistellung des Antragstellers im zugrundeliegenden Verfahren voraus. Da der Beschwerdeführer im Verfahren zur Genehmigung einer Baubewilligung präkludiert war, kommt ihm kein Recht zu, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 AVG zu stellen, weil letztere Bestimmung auf Personen, die ihre Stellung als Partei verloren haben, nicht anwendbar ist. Mangels Rechtsanspruch auf eine Wiederaufnahme des bereits rechtskräftig abgeschlossenen Baubewilligungsverfahrens kann ihm darin keine Parteistellung zuerkannt werden.

Auch wenn in diesem Zusammenhang in der Stellungnahme vom 30.01.2020 dargelegt wird, dass die Kenntnisnahme der Stellungnahme der Wiener Linien GmbH und Co KG eine erhebliche Verletzung von Verfahrensvorschriften darstelle, so hätte dies keine Auswirkungen, da entsprechendes Vorbringen im Beschwerdeverfahren, bis einschließlich der nunmehr erstatteten Stellungnahme, möglich war. Bis zur Entscheidung durch das VGW Wien war neues Vorbringen ohnedies rechtens, wie auch die Vertreterin des Beschwerdeführers in ihrer Protokollrüge selbst darauf hinwies.

Das Vorgehen der Behörde erweist sich als rechtmäßig.

Zur Parteistellung des neuen Grundeigentümers:

Grundsätzlich ist nur der enteignete Grundeigentümer Partei. Der Käufer eine Liegenschaft, dessen Eigentum noch nicht verbüchert ist, ist noch nicht Partei eines Verfahrens. In der mündlichen Verhandlung wurde nicht nur der Kaufvertrag, sondern auch die Aufsandungserklärung vorgelegt.

Eisenbahnrechtliche Baubewilligungen haben dingliche Wirkung. Diese wirkt daher auch gegen den neuen Eigentümer. Auf Grundlage des Kaufvertrages samt einer entsprechenden Aufsandungserklärung war daher in der mündlichen Verhandlung und im weiteren Verfahren der noch nicht grundbücherlich eingetragene Käufer der Liegenschaft als Partei beizuziehen und ist der Beschwerdeführer (noch) grundbücherlicher Eigentümer.

Zu den gestellten Beweisanträgen:

Nähere Angaben der zur mündlichen Verhandlung stellig gemachten Auskunftsperson (welcher Statiker des außerbücherlichen Eigentümers sei und die Unterlagen der U-Bahn-Planer zur Reduktion der Kompensationsinjektion überprüft sowie zum anderen die Unterlagen zur Verstärkung der Fundamente geprüft habe) waren im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht entscheidungserheblich. Weitere Beweisanträge waren ebenso wenig durchzuführen, da sie für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich waren und waren daher abzuweisen.

Zum Antrag auf Protokollberichtigung:

Da das Vorbringen der Vertreterin des Beschwerdeführers im Protokoll vom 08.01.2020 unter Berücksichtigung der Bestimmungen der §§ 44 Abs. 1 i.V.m. 14 Abs. 1 AVG, wonach in einer Verhandlungsschrift Anbringen von Beteiligten ihrem wesentlichen Inhalt nach festzuhalten sind und alles nicht zur Sache Gehörige wegzulassen ist, die Verhandlungsschrift somit ein Resumeeprotokoll darstellt, und die Parteien keinen Anspruch auf wortwörtliche Protokollierung eines aus vorbereiteten Unterlagen verlesenen Vorbringens haben, vollständig und richtig festgehalten wurde, sowie mündlich der Inhalt des „Aktenblatt 222“ naturgemäß schon aufgrund der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit mit sämtlichen anwesenden Parteien erörtert wurde bzw. insofern der Inhalt dessen dargelegt wurde, bevor die Protokollierung stattgefunden hatte, war diesem Antrag keine Folge zu geben.

Zum Antrag der Vertreterin des Beschwerdeführers auf Kostenersatz:

Die Vertreterin des Beschwerdeführers legte in der durchgeführten mündlichen Verhandlung ein „Kostenverzeichnis der klagenden Partei“. Dieses beinhaltet die Geltendmachung von Kosten beginnend mit Bescheidbeschwerde, Vertagungsbitten, vorbereitende Schriftsätze sowie „Streitverhandlung TP3A“, bezugnehmend auf eine Bemessungsgrundlage von € ***.***.

Der Antrag war zurückzuweisen, da eine gesetzliche Grundlage im Verfahrensrecht, den VwGVG, für den Kostenersatz in einem Bescheid Beschwerdeverfahren gemäß Art. 130 Abs. 1 Ziffer 1 B-VG nicht besteht.

Vorliegendenfalls handelt es sich um eine derartige Bescheidbeschwerde. Gemäß § 74 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 38 VwGVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Gemäß § 74 Abs. 2 AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht.

Im Verfahren nach dem Eisenbahnentschädigungsgesetz selbst gibt es einen derartigen pauschalierten Kostenersatzanspruch (im Verwaltungsverfahren). Diese wurde bereits von der Behörde ausgesprochen. Kosten für ein Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgerichten sind weder im Eisenbahnentschädigungsverfahren oder im Eisenbahngesetz weiter geregelt. Dementsprechend sind keine Kosten für die rechtliche Vertretung vor dem Verwaltungsgericht Wien im Beschwerdeverfahren möglich. Es besteht darüber hinaus auch kein Anwaltszwang. Mangels gesetzlicher Grundlage war daher mittels Zurückweisung vorzugehen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Eisenbahnrechtliches Baubewilligungsverfahren; Parteistellung; Präklusion; Anhängigkeit; Wiederaufnahme

Anmerkung

VwGH v. 30.9.2020, Ra 2020/03/0058; Abweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.101.056.7660.2019

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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