Entscheidungsdatum
16.01.2020Norm
GewO 1994 §41 Abs1 Z4Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 26. Februar 2019, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist seit 26. Februar 2015 handelsrechtlicher Geschäftsführer der B GmbH (in der Folge: GmbH). Diese GmbH betrieb seit 27. März 2015 bzw. 15. Oktober 2015 im Standort ***, ***, das Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe sowie das Gewerbe Kraftfahrzeugtechnik verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackiertechniker (verbundenes Handwerk). Mit 16. September 2019 endeten beide Gewerberechtigungen.
1.2. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer war für das Handelsgewerbe der Beschwerdeführer, für das verbundene Handwerk Herr C, dieser seit 5. Juli 2016, bestellt.
Mit Wirkung vom 1. April 2018 wurde die Pflichtversicherung von Herrn C beendet, war dieser seitdem nicht mehr bei der GmbH beschäftigt und hatte auch keinerlei Anordnungsbefugnisse mehr.
1.3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 11. April 2018 wurde die GmbH aufgefordert, das Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers anzuzeigen oder die erforderliche Maßnahmen zu setzen, dass der bisherige Geschäftsführer wieder die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 GewO 1994 erfüllt.
Eine Reaktion der GmbH auf dieses Aufforderung erfolgte nicht.
1.4. Mit Beschluss des Landesgerichtes *** vom 17. Juli 2018, Zl. ***, wurde über die GmbH der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst. Als Masseverwalter wurde ein Rechtsanwalt bestellt, und dieser mit Schreiben der belangten Behörde vom 19. Juli 2018 darüber informiert, dass das Fortbetriebsrecht der Insolvenzmasse mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehe, der Insolvenzverwalter den Fortbetrieb jedoch ohne unnötigen Aufschub der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen habe. Überdies könne innerhalb eines Monats nach Entstehung des Fortbetriebsrechtes auf dieses mit der Wirkung verzichtet werden, dass das Fortbetriebsrechts überhaupt nicht entstanden gelte. In diesem Schreiben wurde auch darauf hingewiesen, dass der Gewerbeinhaber während der Dauer des Insolvenzverfahrens sein Gewerbe nicht ausüben dürfe.
1.5. Eine Reaktion des Masseverwalters auf dieses Schreiben der belangten Behörde vom 19. Juli 2018 erfolgte nicht.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Zeit: 09.12.2018 bis zumindest am 10.01.2019
Ort: ***, ***
Tatbeschreibung:
Die B GmbH ist im Besitz einer Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes „Kraftfahrzeugtechnik verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackiertechniker (verbundenes Handwerk)“ im Standort ***, ***.
Herr C ist seit 05.07.2016 zum gewerberechtlichen Geschäftsführer für das genannte Gewerbe bestellt. Lt. Mitteilung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger wurde die Pflichtversicherung von Hrn. C mit Wirkung vom 01.04.2018 beendet. Durch die Abmeldung erfüllt der Genannte die im § 39 Abs. 2 GewO 1994 festgelegten Voraussetzungen nicht mehr.
Sie haben es als gemäß § 9 VStG Verantwortlicher (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der B GmbH mit dem Sitz in ***, ***, zu verantworten, dass die genannte Firma sich für die Ausübung eines Gewerbes eines Geschäftsführers bedient, der nicht mehr den im § 39 Abs.2 festgelegten Voraussetzungen entspricht.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 367 Zif. 5 Gewerbeordnung 1994
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
€ 800,00 72 Stunden § 367 Gewerbeordnung 1994
Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2
Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der
Strafe, mindestens jedoch 10 Euro € 80,00
Gesamtbetrag: € 880,00“
Begründend stützte sich die belangte Behörde darauf, dass mit Schreiben der belangten Behörde vom 11. April 2018 die GmbH aufgefordert worden sei, das Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers anzuzeigen und die erforderlichen Maßnahmen zu setzen, dass der bisherige Geschäftsführer wieder die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 GewO 1994 erfüllt und dafür eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung (bis 26. April 2018) festgesetzt worden sei. Bis 14. Jänner 2019 sei keine Rückmeldung eingelangt. Die Feststellungen gründeten hinsichtlich des Tatvorwurfs auf die Angaben in der Anzeige der Abteilung Gewerbe der belangten Behörde vom 14. Jänner 2019.
Zur Strafhöhe wurde ausgeführt, dass straferschwerend vier rechtskräftige Vorstrafen (Strafverfügungen vom 03. Mai 2018, 06. August 2018, 25. September 2018 sowie 21. November 2018) gemäß § 367 Z 5 GewO 1994 zu werten gewesen wären.
1.6. Gegen das Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem näher begründeten (erkennbaren) Antrag das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
1.7. Eine Ausübung der Gewerbeberechtigungen durch die GmbH erfolgte nach Konkurseröffnung nicht.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt in Zusammenschau mit der Beschwerde, der Bekanntgabe der belangten Behörde vom 15. Jänner 2020, wonach eine Meldung des Masseverwalters nicht eingelangt sei, und Einsichtnahme in das Gewerbeinformationssystem Austria am 14.Jänner 2020. Dem vorgelegten Akt sind keinerlei Hinweise zu entnehmen, dass die GmbH nach Eröffnung des Konkursverfahrens – entgegen des dahingehenden Verbots aufgrund insolvenzrechtlicher Bestimmungen (siehe die rechtlichen Erwägungen) – ihre Gewerbeberechtigung tatsächlich ausgeübt hat; insbesondere ist dem behördeninternen Schreiben vom 10. Jänner 2019 – auf das sich nach der Beweiswürdigung der belangten Behörde die Bestrafung stützt – keine Ausübungshandlung nach Konkurseröffnung, ja nicht einmal eine Bezugnahme auf die Konkurseröffnung zu entnehmen.
3. Rechtliche Erwägungen:
3.1.1. Gemäß § 41 Abs. 1 Z 4 GewO 1994 steht das Recht, einen Gewerbebetrieb auf Grund der Gewerbeberechtigung einer anderen Person fortzuführen (Fortbetriebsrecht) der Insolvenzmasse zu.
Gemäß § 44 GewO 1994 entsteht das Fortbetriebsrecht der Insolvenzmasse mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gewerbeinhabers. Der Insolvenzverwalter hat jedoch den Fortbetrieb ohne unnötigen Aufschub der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen (§ 345 Abs. 1 GewO 1994). Er kann nach Maßgabe des § 43 Abs. 3 GewO 1994 auf das Fortbetriebsrecht verzichten. Das Fortbetriebsrecht der Insolvenzmasse endet mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
3.1.2. Das Fortbetriebsrecht der Insolvenzmasse entsteht zwar zusätzlich zur Gewerbeberechtigung des Gewerbeinhabers (vgl. VwGH vom 22. Mai 2019, Ra 2017/04/0122). Während der Ausübung des Fortbetriebsrechtes ist dem eigentlichen Gewerbeinhaber aber die Ausübung des Gewerbes untersagt. Die Gewerbeberechtigung einer GmbH endet (u.a.) erst mit einer allfälligen Entziehung und besteht neben dem Fortbetriebsrecht der Insolvenzmasse weiter. Der GmbH fehlt jedoch die Berechtigung die Gewerbeberechtigung während des Konkursverfahrens auszuüben (vgl. VwGH vom 08. Februar 1994, 93/08/0161).
Mangels Ausübung des Gewerbes durch die GmbH geht aber der Tatvorwurf, wonach es der Beschwerdeführer als gemäß § 9 VStG Verantwortlicher dieser GmbH zu verantworten habe, dass die GmbH sich für die „Ausübung eines Gewerbes“ eines Geschäftsführers bedient habe, der nicht mehr den in § 39 Abs. 2 festgelegten Voraussetzungen entspricht, ins Leere.
3.1.3. Das angefochtene Straferkenntnis ist daher – gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG unter Entfall einer Verhandlung – aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.
3.2. Eine Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und ansonsten nur Fragen der Beweiswürdigung vorliegen (zur Unzulässigkeit der Revision in Fragen der Beweiswürdigung zB VwGH vom 14. März 2019, Ra 2019/18/0068).
Schlagworte
Gewerberecht; Verwaltungsstrafe; Fortbetriebsrecht; Insolvenzverfahren;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.S.562.001.2019Zuletzt aktualisiert am
18.03.2020