Entscheidungsdatum
22.01.2020Norm
GewO 1994 94 Z76Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde des A, wohnhaft in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 6. Dezember 2019, ***, betreffend einen Antrag auf Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Schreiben vom 19.11.2019 hat A einen Antrag auf Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung für das Gewerbe „Versicherungsmakler“ gestellt, welches mit email vom 21.11.2019 an die Behörde übermittelt wurde.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 6. Dezember 2019, ***, wurde der Antrag wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG zurückgewiesen.
In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass bereits mit Eingaben vom 23.5.2019, vom 4.6.2019 sowie vom 17.6.2019 Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung beantragt worden sei. Über diese vorangehenden Anträge habe die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg mit Bescheid vom 10.9.2019 entschieden, womit diese Anträge abgewiesen worden seien. Dieser Bescheid sei am 13.10.2019 rechtskräftig geworden.
Nach der höchstgerichtlichen Judikatur liege eine entschiedene Sache dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert habe und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren decke, wobei es in erster Linie auf die rechtliche und nicht (nur) auf eine rein technische oder mathematische Betrachtungsweise ankomme. Dies sei gegenständlich der Fall. Seit dem Zeitpunkt der Bescheiderlassung habe sich weder an der Sachlage noch an der Rechtslage etwas Wesentliches geändert, weshalb von einer identen Sach- und Rechtslage auszugehen sei, welche eine neuerliche Entscheidung in der Sache verhindere.
Dagegen hat des A, wohnhaft in ***, fristgerecht Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass er zu seinem Antrag vom 23.5.2019, sowie vom 4.6.2019 und vom 17.6.2019 niemals eine Antwort bzw. einen Bescheid erhalten habe. Andernfalls hätte er nicht am 19.11.2019 noch einmal den Antrag eingebracht. Damit sei der angeblich ausgestellte Bescheid nicht rechtsgültig und somit rechtswidrig. Sinngemäß wurde damit die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.
Mit Schreiben vom 3. Jänner 2020 hat die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt. Unter einem wurde mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt zur Zahl ***.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:
Von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen ist auszugehen:
Die B GmbH war seit 2. Februar 2015 Inhaberin der Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ im Standort ***, ***, seit 1. April 2017 im Standort ***.
A, geboren ***, ist deren alleiniger Gesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer.
Mit Urteil des Landesgericht *** vom 7. Jänner 2016, ***, wurde A wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage gemäß § 288 Abs. 1 und 4 StGB (I.), des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung gemäß § 298 Abs. 1 StGB (II.) und des Vergehens des versuchten schweren Betruges gemäß §§ 15, 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB (III.) gemäß § 28 Abs. 1 StGB nach § 288 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, wobei der Vollzug der Freiheitsstrafe für die Dauer einer Probezeit von drei Jahren gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachgesehen wurde.
Demnach wurde er für schuldig befunden, dass er in *** und anderen Orten
I. am 1. August 2011 in einem Ermittlungsverfahren (AZ *** der Staatsanwaltschaft ***, = AZ *** der Polizeiinspektion ***) nach der Strafprozessordnung vor Beamten der Polizeiinspektion *** bei seiner Vernehmung als Zeuge zur Sache falsch ausgesagt hat, indem er wahrheitswidrig angab, dass ein unbekannter Täter in sein Wohnhaus eingebrochen und aus dem Tresor Schmuck, Geld und Münzen im Gesamtwert von Euro 24.420,74 gestohlen habe;
II. durch die zur I. beschriebene Handlung einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten, und zwar Inspektor C, die Begehung eines Einbruchsdiebstahls, mithin eine mit Strafe bedrohte Handlung, wissentlich vorgetäuscht hat;
III. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, in einem noch festzustellenden Zeitraum Verfügungsbefugte der D AG sowie im Zeitraum 3. Mai 2012 - 28. Mai 2015 die Richterin im Verfahren des Landesgerichts *** zur Aktenzahlen *** und die Richter im Verfahren des Oberlandesgerichts *** zur Aktenzahl ***, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorspiegelung, ihm seien Schmuck, Geld und Münzen im Gesamtwert von Euro 24.420,74 durch Einbruch in sein Haus gestohlen worden und Geltendmachung dieses Betrags zunächst außergerichtlich gegenüber der D AG, sodann gerichtlich in oben angeführten Verfahren, zu die D AG am Vermögen schädigenden Handlungen, nämlich zur Auszahlung der Schadenssumme bzw. zu einem Klagszuspruch in dieser Höhe, zu verleiten versucht hat, wobei er ein falsches Beweismittel benutzte, indem er am Kellerfenster Einbruchspuren nachahmte und diese als Beweismittel verwendete, wobei es beim Versuch blieb, da die Genannten erkannten, dass die oben angeführten Gegenstände gar nicht im Rahmen eines Einbruchsdiebstahls weggenommen wurden.
Das Urteil ist seit 12. Jänner 2016 rechtskräftig. Diese Strafe ist noch nicht getilgt, die Probezeit ist seit 12. Jänner 2019 abgelaufen.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 12. November 2018, ***, wurde der B GmbH die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ im Standort ***, *** gemäß § 91 Abs. 2, § 87 Abs. 1 Z. 1, § 361 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) entzogen.
Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom
18. März 2019, LVwG-AV-1390/001-2018, wurde die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen.
Mit Schreiben vom 23.5.2019, vom 4.6.2019 sowie vom 17.6.2019 hat A um Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung für das Gewerbe „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ angesucht. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg 10.9.2019, ***, wurden diese Anträge gemäß § 13 Abs. 1 iVm § 26 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 abgewiesen. In der Begründung wurde auf das Urteil des Landesgericht *** vom 7. Jänner 2016, ***, verwiesen, welches noch nicht getilgt sei. Aufgrund der rechtskräftigen, noch nicht getilgten Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten sei der Ausschlussgrund des § 13 Abs. 1b Gewerbeordnung 1994 gegeben.
Während er in seinem Antrag angeführt habe, zum Tatzeitpunkt (August 2011) nur Angestellter der D gewesen zu sein, sei als Datum der letzten Tat nach dem Urteil des LG *** vom 7.1.2016 der 28.5.2015 angeführt. Zu diesem Zeitpunkt sei er Alleingesellschafter sowie handelsrechtlicher Geschäftsführer der B GmbH gewesen. Es sei zwar richtig, dass er die Taten als Privatperson begangen habe und dass diese nicht in direktem Zusammenhang mit seiner damaligen beruflichen Tätigkeit ausgeübt worden seien, jedoch habe er inhaltlich einen Bezug zu dieser Tätigkeit, da er einen Versicherungsfall (Einbruchsdiebstahl) vorgetäuscht habe und sich gegen fremdes Vermögen gerichtet habe. Um diesen Versicherungsfall bekannt zu machen, habe er zusätzlich strafbare Handlungen gesetzt, indem er durch das Vergehen der falschen Beweisaussage die Begehung einer strafbaren Handlung vorgetäuscht und auch durch den Versuch des schweren Betruges Mitarbeiter der D sowie eine Richterin zu täuschen versucht habe. Auch beim gegenständlichen Gewerbe bestehe die abstrakte Möglichkeit, bei der Ausübung des Gewerbes Delikte gegen fremdes Vermögen zu begehen, bzw. könne dieser Umstand nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
Durch die Begehung der Taten und die Art und Weise, wie sie begangen worden seien, sei das Vertrauen darauf, dass er ein Gewerbe rechtmäßig und im Einklang mit der Rechtsordnung ausübe, erheblich gestört. Weiters sei die in § 13 Abs. 1 b Gewerbeordnung 1994 genannte Grenze von drei Monaten Freiheitsstrafe durch die Verurteilung um ein Vielfaches überschritten, sodass die tatbestandsmäßige Befürchtung der Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes sich in der Art der strafgerichtlichen Verurteilungen manifestiere. Seinen Angaben in seinen Anträgen, wonach das Wohlverhalten ab dem Zeitpunkt des 1.8.2011 gegeben sei, sei jedoch nicht zu folgen, da alle strafbaren Handlungen zu berücksichtigen seien und auf den Zeitpunkt der letzten Tat abzustellen sei. Damit sei das Wohlverhalten ab dem Zeitpunkt 28.5.2015 zu bemessen. Der Umstand, dass er in seinen Anträgen als unrichtig erwiesene Angaben gemacht habe, wie die Angabe, dass die Taten vor seiner Position als Alleingesellschafter der B GmbH getätigt worden seien, sowie die Angabe, dass das Wohlverhalten seit dem August 2011 einwandfrei vorliege, obwohl laut Urteil des LG *** die letzte Tat mit 28.5.2015 angegeben worden sei, sei in die Wohlverhaltensbeurteilung zusätzlich miteinzubeziehen.
Unter Berücksichtigung vor allem der Art der Tat(en) sowie des Wohlverhaltens seit Begehung der letzten Tat kam die Behörde schließlich zum Ergebnis, dass nicht bedenkenlos von einem künftigen Wohlverhalten ausgegangen werden könne, da die Prognoseentscheidung negativ sei.
Dieser Bescheid wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer nach einem Zustellversuch und Einlegung der Verständigung über die Hinterlegung in der Abgabereinrichtung durch Hinterlegung am zuständigen Postamt zugestellt, wobei die Abholfrist am 12.9.2019 zu laufen begonnen hat.
Am 19.11.2019 hat A einen Antrag auf Nachsicht vom Gewerbeausschluss für das Gewerbe „Versicherungsmakler“ gestellt, welcher mit email vom 21.11.2019 an die Behörde übermittelt wurde. Der Antrag wurde sowohl für ihn persönlich als auch für die B GmbH eingebracht.
Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund folgender Beweiswürdigung
Diese Feststellungen konnten aufgrund des unbedenklichen Aktes der Verwaltungsbehörde getroffen werden, in dem auch das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 18. März 2019,
LVwG-AV-1390/001-2018, und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 10. September 2019, ***, sowie der Zustellnachweis über die Hinterlegung dieses Bescheides beim Postamt enthalten sind. Der Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde. Er macht Beweis über die Zustellung; ein Gegenbeweis nach § 292 Abs. 2 ZPO ist möglich (vgl. etwa VwGH 23.5.2018, Ro 2018/22/0003; 30.3.2017, Fr 2015/07/0001 mit Hinweis auf E 24.2.2009, 2008/06/0233 etc.). Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen. Derartiges wurde vom Beschwerdeführer jedoch nicht vorgebracht. Es wäre an ihm gelegen, den Bescheid beim Postamt zu beheben.
In rechtlicher Hinsicht wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wie folgt erwogen:
Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:
§ 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) lautet:
(1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
§ 94 Z. 76 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) GewO 1994 lautet:
Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:
76: Versicherungsvermittlung (Versicherungsagent, Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten)
§ 137 Abs. 1 und 2 GewO 1994 lauten:
(1) Versicherungsvermittlung sind
1.
die Beratung, das Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen,
2.
das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall,
3.
das Bereitstellen von Informationen über einen oder mehrere Versicherungsverträge aufgrund von Kriterien, die ein Kunde über eine Website oder andere Medien wählt, sowie die Erstellung einer Rangliste von Versicherungsprodukten, einschließlich eines Preis- und Produktvergleichs, oder ein Rabatt auf den Preis eines Versicherungsvertrags, wenn der Kunde einen Versicherungsvertrag direkt oder indirekt über eine Website oder ein anderes Medium abschließen kann, oder
4.
die in Z 1 bis 3 genannten Tätigkeiten in Bezug auf Rückversicherungsverträge.
(2) Versicherungsvermittler ist jede natürliche oder juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, die die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt. Die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung im Umfang einer Gewerbeberechtigung nach § 94 Z 75 oder Z 76, als Nebengewerbe oder als Nebentätigkeit (Abs. 3) darf entsprechend der tatsächlichen Beziehung zu Versicherungsunternehmen entweder in der Form „Versicherungsagent“ oder in der Form „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ ausgeübt werden.
§ 17 Zustellgesetz lautet:
(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde
Hat die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, (vgl. etwa VwGH 27.3.2019, Ra 2019/10/0020 mit Verweis auf E 23.6.2015, Ra 2015/22/0040 mwN; 31.5.2017, Ra 2016/22/0107 etc.).
Die belangte Behörde hat den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs.- 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG zurückgewiesen, da bereits mit Eingaben vom 23.5.2019, vom 4.6.2019 sowie vom 17.6.2019 Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung beantragt worden sei, worüber die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg mit Bescheid vom 10.9.2019 entschieden habe.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs steht die Rechtskraft einer früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Erledigung einer neuen Sachentscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die „entschiedene Sache“, d. h. durch die Identität der Sache, über die formell rechtskräftig abgesprochen wurde, mit der im neuerlichen Abspruch erfassten bestimmt. Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für die Vorentscheidung maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung der in der Vorentscheidung als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist (VwGH 26.4.2019, Ra 2019/20/0174 mit Verweis auf
E 24.5.2016, Ra 2016/21/0143, mwN; 12.12.2018, Ra 2018/19/0619 mit Verweis auf E 24.5.2016, Ra 2016/21/0143, mwN, etc.).
Zunächst ist zu prüfen, ob es sich tatsächlich um dieselbe Sache handelt. Der Antrag vom 21.11.2019 bezieht sich nach dem Wortlaut im Antragsformular auf das Gewerbe „Versicherungsmakler“. In den Anträgen vom 23.5.2019, vom 4.6.2019 sowie vom 17.6.2019 hat A um Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung für das Gewerbe „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ ersucht. Dementsprechend wurden auch mit Bescheid vom 10. September 2019, ***, die Anträge auf Erteilung einer Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung für das Gewerbe „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten“ abgewiesen.
Gemäß § 137 Abs. 2 GewO 1994 darf die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung im Umfang einer Gewerbeberechtigung nach § 94 Z. 75 oder Z. 76, als Nebengewerbe oder als Nebentätigkeit (Abs. 3) entsprechend der tatsächlichen Beziehung zu Versicherungsunternehmen entweder in der Form „Versicherungsagent“ oder in der Form „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ ausgeübt werden. Die Versicherungsvermittlung kann somit in der Form eines „Versicherungsagenten“ oder als „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ ausgeübt werden. Ausschlaggebend für die Differenzierung ist die tatsächliche Beziehung des Vermittlers zu einem oder mehreren Versicherungsunternehmen (vgl. dazu Gruber-Sprohar-Heimlich in: Ennöckl/Raschauer/Wessely, Kommentar zur Gewerbeordnung 1994, § 137, Rz 6). Dementsprechend sieht auch die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Zugangsvoraussetzungen für die reglementierten Gewerbe Versicherungsagent, Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten sowie die Berechtigung zur Versicherungsvermittlung bei der Gewerblichen Vermögensberatung (Versicherungsvermittler - Verordnung) unterschiedliche Erfordernisse für die fachliche Qualifikation zum Antritt des Gewerbes Versicherungsagent (§ 4 der Verordnung) bzw. zum Antritt des Gewerbes Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten (§ 6 der Verordnung) vor. Eine Differenzierung zwischen Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten ist nicht vorgesehen und wäre auch eine Maklertätigkeit ohne Beratungstätigkeit sinnlos. Ungeachtet dessen, dass der Beschwerdeführer im Antragsformular vom 19.11.2019 als beabsichtigte Gewerbeausübung lediglich „Versicherungsmakler“ angegeben hat, wird damit Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung für das Gewerbe „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten“ beantragt.
Dazu wurde nun festgestellt, dass bereits mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg 10.09.2019, ***, diese Anträge gemäß § 13 Abs. 1 iVm § 26 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 abgewiesen wurden. Dieser Bescheid wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer nach einem Zustellversuch und Einlegung der Verständigung über die Hinterlegung in der Abgabeeinrichtung durch Hinterlegung am zuständigen Postamt zugestellt, wobei die Abholfrist am 12.9.2019 zu laufen begonnen hat. Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Da dieser Bescheid am 12.9.2019 beim Postamt hinterlegt wurde, ist somit am 26.9.2019 Rechtskraft eingetreten.
In diesem Bescheid hat sich die belangte Behörde detailliert mit der Eigenart der Delikte und den Umständen, die zur Tatbegehung geführt haben, auseinandergesetzt. Weiters hat die Behörde das Wohlverhalten geprüft und ist zum Ergebnis gekommen, dass nach der Eigenart der strafbaren Handlung und der Persönlichkeit des Antragstellers nicht bedenkenlos von einem künftigen Wohlverhalten ausgegangen werden könne. Inwiefern sich an dieser Beurteilung etwas durch den Zeitablauf von knapp zwei Monaten zwischen der Erlassung dieses Bescheides und dem neuerlichen Antrag geändert haben sollte, ist nicht zu erkennen, derartiges wird auch nicht vom Beschwerdeführer vorgebracht. Da somit in den für die Beurteilung der in der Vorentscheidung als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen keine Änderung eingetreten ist, hat die belangte Behörde den Antrag zu Recht gemäß § 69 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwGVG) entfallen, zumal diese von keiner Partei des Verfahrens beantragt wurde, die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht das gegenständliche Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Versicherungsmakler; Verfahrensrecht; entschiedene Sache; Zurückweisung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.17.001.2020Zuletzt aktualisiert am
18.03.2020