TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/28 98/16/0045

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Veröffentlicht am 28.05.1998
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

BAO §208 Abs2;
ErbStG §22 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der SS in H, vertreten durch Gabler & Gibel, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien I, Stallburggasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 26. November 1997, Zl. RV 139/1-6/97, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 2. April 1981 verstorbene Heinrich Georg Z setzte in seinem Testament vom 15. Mai 1978 seine Ehefrau Hertha zur Erbin ein. Seiner Großnichte Susanne S, der Beschwerdeführerin, vermachte er die Liegenschaft in Wien, P-Gasse 2. Im Verlassenschaftsverfahren wurden die vom Erblasser angeordneten Vermächtnisse im Hinblick auf eine testamentarische Anordnung, wonach die erblasserische Witwe zu Lebzeiten in der Verfügung über die Erbschaft in keiner Weise beschränkt sein sollte, als "Vermächtnisse auf den Überrest" behandelt. In der Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 16. Juni 1981, 2 A 302/81, wurde unter anderem die Einverleibung des Eigentumsrechtes an der genannten Liegenschaft für die erblasserische Witwe angeordnet. In einer vom Gerichtskommissär ausgefertigten Abgabenerklärung nach § 18 GrEStG 1955 vom 12. Juni 1981 wurde als Erwerberin dieser Liegenschaft Hertha Z ausgewiesen. Mit Bescheid vom 20. November 1981 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt Hertha Z Erbschaftssteuer vor, wobei der Wert der genannten Liegenschaft in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurde.

Hertha Z vermachte in einem Testament vom 16. Juni 1982 der Beschwerdeführerin die oben bezeichnete Liegenschaft in Wien, P-Gasse 2. In der Niederschrift über die Verlassenschaftsabhandlung nach der am 17. Juni 1984 verstorbenen Hertha Z wurde zur Legatsverfügung hinsichtlich der Liegenschaft in Wien festgestellt, daß diese bereits der vorverstorbene Ehegatte Heinrich Georg Z zugunsten der Beschwerdeführerin als Legat auf den Überrest ausgesetzt hatte und daß diese Anordnung daher nicht mehr Gegenstand des Verlassenschaftsverfahrens (nach Hertha Z) sei. Die Liegenschaft schien demzufolge auch weder im eidesstättigen Vermögensbekenntnis nach Hertha Z noch in der Einantwortungsurkunde vom 18. November 1984, 2 A 432/84, des Bezirksgerichtes Klagenfurt auf. Nach dem Ausweis der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten wurde auch keine Abgabenerklärung gemäß § 18 GrEStG 1955 über den Erwerb der Liegenschaft Wien, P-Gasse 2, beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern eingebracht.

In der Eingabe vom 19. Juli 1996 stellte die Beschwerdeführerin an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern den Antrag, ihr eine Unbedenklichkeitsbescheinigung hinsichtlich der Liegenschaft EZ 869 Grundbuch Innere Stadt Wien (P-Gasse 2) auszustellen. Nach einem entsprechenden Vorhalt wurde von der Beschwerdeführerin mit einer ergänzenden Eingabe vom 16. Oktober 1996 eine Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 19. November 1984, 2 A 302/81, vorgelegt, wonach in der Verlassenschaftssache nach Heinrich Georg Z bestätigt wurde, daß bei der genannten Liegenschaft das Eigentumsrecht für die Beschwerdeführerin einverleibt werden könne. Weiters war die Kopie eines Schriftstückes des Gerichtskommissärs mit dem Eingangsstempel vom 28. November 1984 angeschlossen, wonach der Verlassenschaftsakt nach Heinrich Georg Z dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern angezeigt worden sei.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt schrieb der Beschwerdeführerin hierauf mit Bescheid vom 4. November 1996 Erbschaftssteuer vor, wobei es in der Begründung darauf hinwies, daß das Finanzamt erst durch den "Antrag" vom 19. Juli 1996 vom Vermögensanfall in Kenntnis gesetzt worden sei.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde Verjährung der Erbschaftssteuerschuld eingewendet. Der "gegenständliche" Verlassenschaftsakt sei am 28. November 1984 angezeigt worden. Es sei somit nach der gängigen Praxis, wonach Verlassenschaftsakten vom Notar (Gerichtskommissär) beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern vorgelegt werden, eine ordnungsgemäße Anzeige erfolgt.

Nach Abweisung der Berufung durch eine Berufungsvorentscheidung wurde im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz insbesondere geltend gemacht, daß dem Finanzamt beide Akten über die Verlassenschaftsverfahren nach Heinrich Georg Z und nach Hertha Z vom jeweiligen Gerichtskommissär übermittelt worden seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, daß die Übermittlung des Verlassenschaftsaktes durch das Gericht eine ordnungsgemäße Anzeige des Erwerbsvorganges nach § 22 ErbStG nicht ersetzen könne. Hinsichtlich der Übermittlung des Verlassenschaftsaktes nach Heinrich Georg Z verwies die belangte Behörde darauf, daß der Erwerbsvorgang betreffend ein "Vermächtnis auf den Überrest" in seinem Umfang noch nicht festgestanden sei. Auch die Feststellung in der Verlassenschaftsabhandlung nach Hertha Z vom 17. Juni 1984 wonach die Legatsverfügung hinsichtlich der Liegenschaft in Wien nicht Gegenstand des Verlassenschaftsverfahrens sei, könne nicht als ordnungsgemäße Anzeige angesehen werden. Auch mit der erst nachträglich vorgelegten Amtsbestätigung vom 13. November 1984 sei - selbst wenn sie früher übermittelt worden wäre - der abgabenrechtlich relevante Sachverhalt nicht in einer Weise offengelegt worden, daß die Verjährungsfrist in Lauf gesetzt worden wäre.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, keine Steuer nach Eintritt der Bemessungsverjährung entrichten zu müssen, verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Verjährungsfrist beträgt nach § 207 Abs. 2 BAO in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung bei Verbrauchsteuern drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben und bei Beiträgen fünf Jahre. Wird ein der Erbschafts- und Schenkungssteuer oder der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß der Abgabenbehörde angezeigt, so beginnt die Verjährung des Rechtes zur Festsetzung dieser Abgaben gemäß § 208 Abs. 2 BAO nicht vor Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt. Nach § 209 Abs. 2 BAO verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens fünfzehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches. In den Fällen des Erwerbes von Todes wegen oder einer Zweckzuwendung von Todes wegen verjährt das Recht auf Festsetzung der Erbschafts- und Schenkungssteuer jedoch spätestens fünfzehn Jahre nach dem Zeitpunkt der Anzeige.

Nach § 22 Abs. 1 ErbStG ist jeder der Steuer unterliegende Erwerb vom Erwerber binnen einer Frist von drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Anfall dem Finanzamt anzuzeigen.

Nach ständiger Rechtsprechung heißt ordnungsgemäß angezeigt i. S.d. § 208 Abs. 2 BAO richtig, vollständig und bei der zuständigen Behörde angezeigt. Die Bemessungsverjährungsfrist wird nach dieser Bestimmung also erst dann in Gang gesetzt, wenn der zuständigen Abgabenbehörde durch entsprechende Meldungen, Erklärungen usw. durch den hiezu Verpflichteten alle den steuerpflichtigen Tatbestand bildende Umstände und Verhältnisse bekannt geworden sind (vgl. die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, § 1 ErbStG, Rz 50c, wiedergegebene Rechtsprechung).

Für den Beginn der Verjährungsfrist ist dabei allein der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Abgabenbehörde von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt hat (vgl. die bei Fellner, a. a.O., Rz 50d, wiedergegebene Rechtsprechung).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Beschwerdeführerin keine ordnungsgemäße Anzeige des in Rede stehenden Erwerbes durch Nachvermächtnis erstattet hat. Vielmehr steht in Streit, ob die zuständige Abgabenbehörde durch die amtswegige Übermittlung der Abhandlungsakten (vgl. dazu den Erlaß des Bundesministeriums für Justiz vom 21. Dezember 1961, Zl. 14.533-3/61, wiedergegeben im Amtsblatt der Österreichischen Finanzverwaltung Nr. 26/1962) von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt hat. Die Steuerschuld für diesen Erwerbsvorgang ist mit dem Tod der Hertha Z entstanden (vgl. § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. h i.V.m. § 5 Abs. 4 ErbStG). Aus dem Verlassenschaftsakt nach Hertha Z war dabei, wie von der belangten Behörde zutreffend hervorgehoben wurde, ausschließlich erkennbar, daß der Fall des "Vermächtnisses auf den Überrest" mit dem Tod der Hertha Z eingetreten war. Hingegen waren daraus weder Umfang des Erwerbes noch Wert des Erwerbsgegenstandes ersichtlich, da im Verlassenschaftsverfahren nach Hertha Z davon ausgegangen wurde, daß der Vermächtnisgegenstand nicht zur Verlassenschaft nach Hertha Z gehörte. Auch aus der von der Beschwerdeführerin im Jahre 1996 vorgelegten Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom vom 19. November 1984 war der Umfang des Erwerbes nicht erkennbar. Es konnte daher dahingestellt bleiben, ob diese - in den von den Abgabenbehörden vorgelegten Akten nicht enthaltene - Amtsbestätigung, die nach dem darauf befindlichen Verteiler an ein "Finanzamt für Innere Stadt Wien" übermittelt wurde, dem für die Bemessung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt zur Kenntis gelangt ist oder nicht. Von der Beschwerdeführerin wird in der Beschwerde selbst zugestanden, daß vor der Bemessung der Erbschaftssteuer noch Ermittlungshandlungen zur Feststellung der Bemessungsgrundlage erforderlich gewesen sind. Daraus folgt aber, daß die zuständige Abgabenbehörde durch die Übermittlung der Verlassenschaftsakten durch den Gerichtskommissär von allen den steuerpflichtigen Tatbestand bildenden Umständen und Verhältnissen nicht in einer Weise Kenntnis erlangt hat, daß ein vollständiges Bild über den abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt gewonnen werden konnte und demgemäß die sachgerechte Festsetzung der Steuer objektiv möglich geworden war. Die Abgabenbehörde hat damit aber von dem Erwerbsvorgang vor dem Jahre 1996 keine vollständige Kenntnis erlangt. Da somit die Bemessungsverjährung der gegenständlichen Erbschaftssteuerschuldigkeit noch nicht eingetreten war, erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998160045.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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