Entscheidungsdatum
17.02.2020Norm
AVG 1991 §53aText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin Hofrat Dr. Trixner über die Beschwerde der A, vertreten durch B Rechtsanwälte GesbR in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 29.10.2019, Zl. ***, betreffend Bestimmung von Gebühren, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Bisheriger Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:
Im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle in *** am Samstag, 12.10.2019, um 17:35 Uhr, wurden vom amtshandelnden Polizeiorgan bei einer Person Symptome einer Beeinträchtigung durch Suchtgift wahrgenommen. Auf Grund der Suchtgiftsymptome wurde die Person der Polizeiärztin der LPD NÖ Frau A (in der Folge: Beschwerdeführerin) zur klinischen Untersuchung vorgeführt. Im Zuge der Untersuchung wurde eine Beeinträchtigung durch Suchtgift festgestellt.
Die Beschwerdeführerin legte eine Honorarnote vom 12.10.2019 vor, in welcher sie für die Untersuchung nach § 5 StVO folgenden Betrag in Rechnung stellte:
• Honorar € 232,40
• Blutabnahme € 16,80
• Harnabnahme mit Untersuchung € 33,40
Gesamtbetrag € 282,60
Laut Formularvordruck entsprechen diese Beträge jeweils dem „Honorarsatz für Einzelleistungshonorierung als med. SV im polizeiärztlichen Dienst (gem. BMI-PA 1911/0019-II/1/b/2009 nach GebAG idgF)“ u.a. an Samstagen bzw. auch an Werktagen zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 29.10.2019 wurde die Gebühr für die von der Beschwerdeführerin am Samstag, 12.10.2019 um 18.45 Uhr durchgeführte klinische Untersuchung mit Blutabnahme und Harnabnahme wie folgt bestimmt:
€ 116,20 für die klinische Untersuchung gemäß § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d GebAG
€ 8,40 für die Blutabnahme gemäß § 43 Abs. 1 Z 7 lit. a GebAG
€ 16,70 für die Harnabnahme gemäß § 43 Abs. 1 Z 5 lit. a GebAG
Der Gesamtbetrag der Gebühren wurde daher mit € 141,30 festgelegt und das darüber hinausgehende Begehren laut der auf € 282,60 lautenden Gebührennote vom 12.10.2019 abgewiesen.
Begründend wurde im Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, dass der betroffene PKW-Lenker am Samstag, 12.10.2019, gegen 17:35 Uhr, von Beamten der Polizeiinspektion *** in *** angehalten worden sei. Auf Grund des Verdachts einer Beeinträchtigung durch Alkohol und Suchtgift sei die Beschwerdeführerin mit einer entsprechenden Untersuchung beauftragt worden. Die Untersuchung mit Blut- und Harnabnahme sei am 12.10.2019 gegen 18:45 Uhr durchgeführt worden und habe eine Beeinträchtigung durch Suchtgift ergeben. In der am 12.10.2019 übergebenen Honorarnote sei unter Hinweis auf einen Tarifkatalog des BMI, BMI-PA1911/0019-II/1/b/2009 um Überweisung eines Betrages von insgesamt € 282,60 ersucht worden. Unter Verweis auf § 5a Abs. 2 StVO, § 53a Abs. 1 und 2 AVG und die in Betracht kommenden Bestimmungen des GebAG wurde dargelegt, dass eine Verdoppelung der Gebühr für eine Untersuchung gemäß § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d GebAG (€ 116,20) wie auch der Gebühr für die Harnabnahme gemäß § 43 Abs. 1 Z 5 lit. a GebAG (€ 16,70) am Wochenende oder zur Nachtzeit im GebAG nicht vorgesehen sei. Für die Blutabnahme sehe § 43 Abs. 1 Z 7 lit. a iVm lit. e GebAG eine Verdopplung des Betrages von € 8,40 lediglich für die Nachtzeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr vor, nicht jedoch für die Zeit von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr an Samstagen, Sonn- und Feiertagen.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde moniert die Beschwerdeführerin, dass sie als Honorarpolizeiärztin tätig sei. Im Rahmen der Schwerpunktaktion gegen Drogenlenker am 12.10.2019 sei ihr vor Ort der Mustervordruck einer Honorarnote überreicht worden, auf dem die nunmehr von ihr beantragten Gebühren vermerkt gewesen seien. Auch aus ihrer eigenen Tätigkeit sei der Beschwerdeführerin bekannt, dass die erhöhten Gebührensätze für die Zeit von 20.00 bis 6.00 Uhr sowie an Samstagen, Sonn- und Feiertagen für die klinische Untersuchung bzw. Blutabnahme seit vielen Jahren unter anderem auch von der belangten Behörde zugesprochen würden. Die belangte Behörde ignoriere den Erlass der ihr übergeordneten Behörde aus dem Jahr 2009. Nach Art. 10 B-VG sei das Kraftfahrwesen sowohl in Gesetzgebung als auch Vollziehung Bundessache. Das oberste Verwaltungsorgan für diese Materie sei sohin der Bundesminister für Inneres, sodass die belangte Behörde weisungsgebunden sei. Der Gesetzgeber habe es verabsäumt, laufend für eine Tarifanpassung zu sorgen. Seit vielen Jahren würden die Tarifsätze laut gegenständlicher Honorarnote zuerkannt und würden viele andere Bezirksverwaltungsbehörden dies im Sinne der Verkehrssicherheit auch nach wie vor tun.
Feststellungen und Beweiswürdigung:
Der Beschwerdeführerin hat bei der LPD NÖ keine Planstelle inne, jedoch liegt ein Vertragsverhältnis mit der LPD NÖ für deren Zuständigkeitsbereich insofern vor, als die Beschwerdeführerin im Sinne einer Rufbereitschaft zu bestimmten Zeiten zur Verfügung steht und für tatsächlich erbrachte Leistungen im Sinne einer Einzelleistungshonorierung nach dem Tarifkatalog des BMI (BMI-PA1911/0019-II/1/b/2009) entlohnt wird. Für den örtlichen Zuständigkeitsbereich der NÖ Bezirkshauptmannschaften ist die Beschwerdeführerin vom Land NÖ zur Durchführung von Amtshandlungen gemäß § 5 Abs. 5 StVO iVm § 5 Abs. 9 StVO ermächtigt. Ein Vertragsverhältnis hinsichtlich einer über das GebAG hinausgehenden Entlohnung liegt zwischen der Beschwerdeführerin und dem Land NÖ nicht vor. Diese Feststellungen konnten auf Grund der Auskunft der LPD NÖ vom 13.01.2020 (zum Vertragsverhältnis LPD) sowie der Auskunft der Verkehrsabteilung des Amtes der NÖ Landesregierung vom 16.01.2020 (hinsichtlich Ermächtigung für das Land NÖ) getroffen werden. Das Vorliegen eines Vertrages mit dem Land NÖ wurde von der Beschwerdeführerin im Übrigen auch nicht behauptet.
Auf Grund von im Zuge einer Verkehrskontrolle bei einer Person wahrgenommenen Suchtgiftsymptomen führte die Beschwerdeführerin am Samstag, 12.10.2019, um 18:45, Uhr eine klinische Untersuchung dieser Person samt Blut- und Harnabnahme durch. Im Zuge der Untersuchung wurde eine Beeinträchtigung durch Suchtgift festgestellt. Diese Zeitangaben ergeben sich ebenso wie die festgestellte Beeinträchtigung durch Suchtgift aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt, insbesondere aus der Anzeige der PI ***, dem polizeiamtsärztlichen Gutachten sowie dem angefochtenen Bescheid und werden von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.
Mit Honorarnote vom 12.10.2019 begehrte die Beschwerdeführerin Gebühren für die klinische Untersuchung in Höhe von € 232,40, für die Harnabnahme mit Untersuchung € 33,40 und für die Blutabnahme € 16,80. Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die zuvor genannten Beträge jeweils um die Hälfte gekürzt, da gemäß § 5a Abs. 2 StVO die Kosten einer Untersuchung bei einer festgestellten Suchtgiftbeeinträchtigung vom Untersuchten zu tragen seien, wobei diese nach den Bestimmungen des GebAG vorzuschreiben seien. Eine Verdopplung der in § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d GebAG vorgesehenen Gebühr von € 116,20 am Wochenende oder zur Nachtzeit sei im GebAG nicht vorgesehen, gleiches gelte für die gemäß § 43 Abs. 1 Z 5 lit. a GebAG mit € 16,70 festgelegte Gebühr für die Harnabnahme. Für die Blutabnahme sehe § 43 Abs. 1 Z 7 lit. a iVm lit. e GebAG eine Verdopplung des Betrages von € 8,40 lediglich für die Nachtzeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr vor, nicht jedoch für die Zeit von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr an Samstagen, Sonn- und Feiertagen.
Diese Feststellungen ergeben sich aus den im vorgelegten Verfahrensakt einliegenden Unterlagen (Honorarnote und angefochtener Bescheid).
Die von der Beschwerdeführerin in Rechnung gestellten Beträge entsprechen jeweils dem Doppelten der in §§ 43 Abs. 1 Z 1 lit. d, 43 Abs. 1 Z 5 lit. a bzw. 43 Abs. 1 Z 7 lit. a GebAG vorgesehenen Gebührensätze. Die Beschwerdeführerin beruft sich hiezu auf die in einem vorausgefüllten Formular genannten Gebührensätze eines Schreibens des BMI, GZ. BMI-PA1911/0019-II/1/b/2009. Die Subsumtion unter die genannten Bestimmungen des § 43 GebAG als solche bzw. die Höhe der dort festgelegten Gebühr an sich bestreitet die Beschwerdeführerin nicht. Strittig ist allein, ob ihr eine Verdoppelung dieser Gebührensätze in Anwendung des Schreibens des BMI zusteht oder nicht.
Rechtslage:
§ 28 Abs. 1 und 2 VwGVG lauten:
(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
§ 17 VwGVG lautet:
Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 5a Abs. 2 StVO lautet:
Ist bei einer Untersuchung nach § 5 Abs. 2, 4a, 5, 6 oder 8 Z 2 eine Alkoholbeeinträchtigung festgestellt worden, so sind die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen. Dasselbe gilt im Falle der Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung. Die Kosten der Untersuchung sind nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136, vorzuschreiben.
Die hier zu berücksichtigenden Bestimmungen des GebAG lauten:
§ 34 Abs. 2:
In Verfahren, in denen eine der zur Zahlung verpflichteten Parteien Verfahrenshilfe genießt oder die oder der Sachverständige nicht auf Zahlung der gesamten Gebühr aus Amtsgeldern verzichtet, sowie in Strafsachen, Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs. 2 ASGG, Sozialrechtssachen nach § 65 ASGG, in Insolvenzverfahren, in Verfahren außer Streitsachen mit Ausnahme des Verfahrens über das Erbrecht und insoweit, als in anderen Vorschriften auf die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verwiesen wird, ist die Gebühr für Mühewaltung nach den Tarifen dieses Bundesgesetzes zu bestimmen. Soweit es sich dabei um Leistungen handelt, die nicht nach Tarif zu entlohnen sind, ist bei der Bemessung der Gebühr nach Abs. 1 im Hinblick auf die öffentliche Aufgabe der Rechtspflege zum Wohl der Allgemeinheit ein Abschlag von 20% vorzunehmen.
Ärzte
§ 43. (1) Die Gebühr für Mühewaltung beträgt
Z 1. für die Untersuchung samt Befund und Gutachten
d) bei einer besonders zeitaufwändigen körperlichen, neurologischen, psychiatrischen Untersuchung oder einer Untersuchung zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, je mit eingehender Begründung des Gutachtens 116,20 Euro;
Z 5. a) für eine einfache chemische, mikroskopische oder spektroskopische Untersuchung von Harn, Haaren, Sekret oder Exkret und dergleichen samt Befund und Gutachten für jede Untersuchungsart 16,70 €
Z 7. für eine Blutentnahme
a) bei Kindern über drei Jahren und bei Erwachsenen sowie bei Leichen durch Punktion einer Vene 8,40 €
e) in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr das Doppelte der in den Buchstaben a bis c festgesetzten Gebühren
§ 53a Abs. 1 und 2 AVG lauten:
(1) Nichtamtliche Sachverständige haben für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 37, 43 bis 49 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes – GebAG, BGBl. Nr. 136/1975, sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.
(2) Die Gebühr ist von der Behörde, die den Sachverständigen herangezogen hat, mit Bescheid zu bestimmen. Vor der Gebührenbestimmung kann der Sachverständige aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenberechnung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen. Die Gebührenbeträge sind auf volle 10 Cent aufzurunden.
§ 25a Abs. 1 VwGG lautet:
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Erwägungen:
Die Beschwerdeführerin ist im Zuständigkeitsbereich der LPD NÖ als Honorar-Polizeiärztin tätig und wurde für den Zuständigkeitsbereich der NÖ Bezirkshauptmannschaften vom Land NÖ ermächtigt, Amtshandlungen gemäß § 5 Abs. 5 StVO iVm § 5 Abs. 9 StVO durchzuführen.
Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vorbringt, die Honorarnote sei bereits vorausgefüllt als Mustervordruck überreicht worden und sei die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Abgeltung ihrer Tätigkeit nach der Rechtsordnung bzw. nach der Anordnung des zuständigen Bundesministeriums verletzt, so ist dazu festzuhalten, dass dieser Mustervordruck eben gerade nicht der Rechtsordnung entspricht und es ebenso dem BMI an einer entsprechenden Zuständigkeit mangelt.
Dies aus folgenden Gründen:
Die LPD NÖ hat zur Sicherstellung einer dauernden Erreichbarkeit mit verschiedenen Ärzten, die in keinem fixen Dienstverhältnis zur LPD NÖ stehen – wie eben auch mit der Beschwerdeführerin – Honorararztverträge abgeschlossen, auf Grund derer die betreffenden Ärzte bei Zuziehung zu Amtshandlungen nach dem Schreiben des BMI vom 19.06.2009 entlohnt werden. Derartige privatrechtliche Vereinbarungen sind jedenfalls nicht Verfahrensgegenstand vor dem Landesverwaltungsgericht und liegt der hier verfahrensgegenständliche Ort der Amtshandlung im Übrigen außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der LPD NÖ. Zu prüfen ist daher allein die Höhe des der Beschwerdeführerin für die oben genannten Tätigkeiten gesetzlich zustehenden Gebührenanspruches.
Die Beschwerdeführerin wurde für die belangte Behörde als nichtamtliche Sachverständige im Sinne des § 53a AVG tätig. Hinsichtlich des Umfanges der Gebühr verweist Abs. 1 dieser Bestimmung ausdrücklich auf das Gebührenanspruchsgesetz.
§ 5a Abs. 2 StVO sieht vor, dass die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen sind, wenn eine Suchtgiftbeeinträchtigung festgestellt wurde. Dass gegenständlich eine derartige Beeinträchtigung festgestellt wurde, ist unstrittig der Fall, sodass die Kosten von der untersuchten Person zu tragen sind. Weiters legt § 5a Abs. 2 StVO fest, dass die Kosten der Untersuchung nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes vorzuschreiben sind. § 34 Abs. 2 GebAG wiederum normiert, dass insoweit, als in anderen Vorschriften auf die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verwiesen wird, die Gebühr für Mühewaltung nach den Tarifen dieses Bundesgesetzes zu bestimmen ist.
Außergerichtliche Erwerbseinkünfte stellen somit keinen Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Gebühr einer Untersuchung gemäß § 5 Abs. 5 iVm Abs. 9 StVO dar und wurde dies von der Beschwerdeführerin ohnehin nicht behauptet.
§ 43 GebAG legt die für Ärzte gültigen Pauschaltarife fest. Die belangte Behörde hat konkret für die Tätigkeiten der Beschwerdeführerin
€ 116,20 für die klinische Untersuchung gemäß § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d GebAG
€ 8,40 für die Blutabnahme gemäß § 43 Abs. 1 Z 7 lit. a iVm lit. e GebAG
€ 16,70 für die Harnabnahme gemäß § 43 Abs. 1 Z 5 lit. a GebAG
herangezogen.
Dass die durchgeführten Tätigkeiten grundsätzlich unter die genannten Bestimmungen des § 43 GebAG als solche zu subsumieren sind, wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Sie beruft sich lediglich darauf, dass die von ihr vorgelegte (bereits vorausgefüllte) Honorarnote dem Honorarsatz für Einzelleistungshonorierung als medizinische Sachverständige im polizeiärztlichen Dienst der LPD NÖ gemäß „BMI-PA1911/0019-II/1/b/2009 nach GebAG idgF“ entspreche. Zu prüfen ist daher allein, ob ihr eine Verdoppelung dieser Gebührensätze in Anwendung des Schreibens des BMI zusteht oder nicht.
Das zitierte Schreiben des BMI vom 19.06.2009 bezieht sich – bezugnehmend auf vorangegangene Erlässe des BMI – ausdrücklich sowohl in seinem Text als auch in seinem als Anhang beigefügten Tarifkatalog ausdrücklich auf Honorarärzte, dies unter „sinngemäßer Anwendung des Gebührenanspruchsgesetzes“. In diesem Schreiben wird auch darauf hingewiesen, dass Honorarärzte nur im unbedingt notwendigen Ausmaß eingesetzt werden dürfen und dass planbare Leistungen wie z.B. Untersuchungen im Verwaltungsstrafverfahren und von Angehaltenen im Polizeianhaltezentrum grundsätzlich von den Amtsärzten der Behörde zu erbringen sind.
Als Adressaten dieses Schreibens sind die Sicherheitsdirektion Vorarlberg sowie alle Bundespolizeidirektionen ausgenommen Wien angeführt. Zwar erging das Schreiben „nachrichtlich“ auch an die Landespolizeikommanden ausgenommen Wien (mit 01.09.2012 wurden die Sicherheitsdirektionen, Bundespolizeidirektionen und Landespolizeikommanden durch neun Landespolizeidirektionen ersetzt), jedoch ist in keinster Weise ergründlich, weshalb die belangte Behörde als Bezirkshauptmannschaft an die darin enthaltene Berechnungsgrundlage der Gebühren gebunden sein sollte.
Dies zum einen schon deshalb, da Angelegenheiten der Straßenpolizei gemäß Art. 11 B-VG in Vollziehung Landessache sind und die Handhabung der Verkehrspolizei gemäß § 94a StVO der Landesregierung obliegt (die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass es sich gegenständlich um eine Angelegenheit des Kraftfahrwesens handle, trifft nicht zu). Die Zuständigkeit für allfällig zu erlassende Durchführungsverordnungen liegt grundsätzlich beim Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (das erkennende Gericht übersieht hierbei nicht die Bestimmungen der §§ 5 Abs. 11 und 5a Abs. 3 StVO hinsichtlich des BMI). Da dem BMVIT in Angelegenheiten der Straßenpolizei keine Behörden untergeordnet sind, könnte von diesem diesbezüglich auch kein Erlass im Sinne einer generellen Weisung an unterstellte Behörden erlassen werden. Zum anderen mangelt es aber auch an einer rechtlichen Grundlage für die Festlegung vom GebAG abweichender Tarife. Im Schreiben des BMI vom 19.06.2009 wird ohne Angabe einer Rechtsgrundlage auf frühere Erlässe verwiesen und mit einem Tarifkatalog die Gebühren für Honorararztleistungen „in Anlehnung an das GebAG“ festgesetzt. Will man dieses Schreiben des BMI vom 19.06. 2009 als Erlass ansehen, so wäre ein solcher (abgesehen von der Zuständigkeitsfrage bzw. mangelnden Weisungsbefugnis gegenüber der belangten Behörde) in Ermangelung einer Rechtsgrundlage für eine vom GebAG abweichende Gebührenfestlegung als rechtswidrig zu qualifizieren.
Die Tatsache, dass seit vielen Jahren keine Tarifanpassung erfolgte ebenso wie der Umstand, dass auf Grund der veralteten Tarife ein Engpass an zur Verfügung stehenden Ärzten vorliegen könnte berechtigen nicht dazu, sich über gesetzliche Bestimmungen hinwegzusetzen. Wie die Beschwerdeführerin richtig erkannt hat, obliegt es dem Gesetzgeber, eine Anpassung der Tarife vorzunehmen.
Insofern sich die Beschwerdeführerin auf die langjährige Praxis der Verwaltungsbehörden beruft ist festzuhalten, dass ein Vertrauensschutz hinsichtlich eines nicht rechtskonformen Verhaltens jedenfalls nicht besteht.
Die Beschwerdeführerin war wie bereits oben ausgeführt zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Tätigkeit als nichtamtliche Sachverständige tätig. Ein Vertrag hinsichtlich einer über das GebAG hinausgehenden Entlohnung liegt zwischen der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde bzw. dem Land NÖ nicht vor und wäre für das erkennende Gericht auch ohne Belang. Für die Entlohnung sind daher ausschließlich die gesetzlichen Bestimmungen heranzuziehen.
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass der unmissverständliche und eindeutige Gesetzeswortlaut des § 5a Abs. 2 StVO die Vorschreibung der Gebühren nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes festlegt, weshalb keinerlei andere Berechnung „in Anlehnung an“ oder „in Analogie zu“ diesen Bestimmungen in Frage kommt, wie das bei dem von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Tarifkatalog der Fall ist.
Es sind somit ausschließlich die oben genannten in § 43 GebAG festgelegten Gebührensätze heranzuziehen. Da im konkreten Fall die Untersuchung gegen 18:45 Uhr stattfand, kommt eine Verdoppelung der Gebühr für die Blutabnahme nicht in Betracht, welche gemäß § 43 Abs. 1 Z 7 lit. e ausschließlich für die Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr normiert ist. Wie die belangte Behörde richtig festgestellt hat, sieht das GebAG ansonsten eine Verdoppelung der Gebühr für Untersuchung oder Harnabnahme, z.B. an Wochenenden, nicht vor.
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass bei festgestellter Beeinträchtigung durch Suchtgift die Untersuchungskosten von der untersuchten Person zu tragen sind und es hiebei wohl nicht darauf ankommen kann, dass der Zufall (nämlich ob die Untersuchung von einem Amtsarzt oder Honorararzt durchgeführt wird) darüber entscheidet, wie hoch diese Kosten sind. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist keine andere Berechnung als nach den Bestimmungen des GebAG denkbar.
Zu guter Letzt wird auch in der der Beschwerde beigefügten Sanitätsbroschüre der Ärztekammer für Oberösterreich auf die „gesetzlich vorgesehene Vergütung“ Bezug genommen, jedoch entsprechen die dort angeführten Tarife eben gerade nicht dem Gesetz.
Bei Heranziehung der Gebührensätze des GebAG ergibt sich ein Gesamtbetrag der Gebühren in der Höhe von € 141,30.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG unterbleiben, zumal vornehmlich Rechtsfragen zu klären waren und der vorgelegte Akt erkennen ließ, dass die mündlichen Erörterungen weitere Erklärungen der Rechtssache nicht erwarten lässt (vgl. z.B. VwGH 17.04.2012, 2012/05/0029, VwGH 21.12.2012, 2012/03/0038). Auch im Sinne der Judikatur des IGMR war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten, zumal ausschließlich Rechtsfragen zu klären waren und auch Art. 6 MRK und Art. 47 GRC dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegenstehen (EuGH 18.07.2013, Nr. 56. 422/09-Schädler-Eberle/Lichtenstein).
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Verkehrsrecht; Verfahrensrecht; Gebührensätze; polizeiärztlicher Dienst; nichtamtlicher Sachverständiger; Pauschaltarif;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.S.2735.001.2019Zuletzt aktualisiert am
18.03.2020