Entscheidungsdatum
14.01.2020Index
82/04 Apotheken, ArzneimittelNorm
AWEG 2010 §2 Z4Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. DDr. Tessar über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen Spruchpunkt I der Bescheidausfertigung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 17.10.2018, Zahl: …, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 (AWEG 2010), zu Recht:
I. Das angefochtene Straferkenntnis wird wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Der Spruch und die Begründung der oa Bescheidausfertigung des Magistrats der Stadt Wien lautet wie folgt:
„I. Straferkenntnis:
Sie haben im Fernabsatz mit der Empfängeradresse C.-Str, D. und somit vom Inland aus, dem Anwendungsbereich des ArzneiWareneinfuhrgesetzes 2010 - AWEG 2010, BGBl. I. Nr. 79/2010, in der geltenden Fassung, unterliegende und unter Position 3004 der Kombinierten Nomenklatur der EU (§2 Z. 1 lit. cAW EG 2010) fallende Arzneiwaren, nämlich:
120 Stück Pregnenolone 50 Kapseln, KN-Code ...
60 Stück DHEA Kapseln, KN-Code ...
120 Stück Natur Growth Hormon Formula (Mucuna Pruriens) Tabletten, KN-Code ...
und
120 Stück Pythomind (Mucuna Pruriens) Kapseln, KN-Code ...
per Fernkommunikationsmittel bestellt, welche von E., F. St, G., USA, aufgrund der von Ihnen getätigten Bestellung im Postversand - Flugverkehr durch die Österreichische Post AG am 30.07.2018 in das Bundesgebiet (Flughafen Wien Schwechat) eingeführt und vom Zollamt Wien, Zollstelle Post in 1230 Wien, Halban-Kurz-Straße 5, entdeckt wurden und haben somit zu verantworten, dass entgegen § 3 Abs. 1 Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 (AWEG 2010), BGBl. I Nr. 79/2010, in der geltenden Fassung, wonach die Einfuhr oder das Verbringen von Arzneiwaren dosiert oder in Aufmachung für den Kleinverkauf nur zulässig ist, wenn vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eine Einfuhrbescheinigung ausgestellt wurde, die vorgenannten Arzneiwaren ohne Vorliegen der erforderlichen Einfuhrbescheinigung somit in das österreichische Bundesgebiet eingeführt wurden.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 3 Abs. 1 iVm. § 21 Abs. 1 Z 1 Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 (AWEG 2010), BGBl. I Nr. 79/2010, in der geltenden Fassung
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von € 140,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 iVm. § 3 Abs. 1 Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 (AWEG 2010), BGBl. I Nr. 79/2010, in der geltenden Fassung
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
€ 14,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 154,00.
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.
I I . V E R F A L L
Die folgenden Gegenstände werden gemäß § 21 Abs. 3 Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 (AWEG 2010), BGBl I Nr. 79/2010, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991), BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung, für verfallen erklärt:
120 Stück Pregnenolone 50 Kapseln, KN-Code ...
60 Stück DHEA Kapseln, KN-Code ...
120 Stück Natur Growth Hormon Formula (Mucuna Pruriens) Tabletten, KN-Code ...
und
120 Stück Pythomind (Mucuna Pruriens) Kapseln, KN-Code ...
B E G R Ü N D U N G :
Zu I)
Die Ihnen zur Last gelegte und im Spruch näher ausgeführte Verwaltungsübertretung gelangte der erkennenden Behörde durch eine Anzeige des Zollamts Wien vom 10.09.2018, GZ …, zur Kenntnis.
In Ihrer Rechtfertigung haben Sie Folgendes vorgebracht:
Ich habe diese Waren im Internet bei der Firma H. mit Sitz in Luxemburg bestellt.
Diese Firma hat eine Abteilung, die sich K. nennt.
Ich wusste nicht, dass die Ware aus Amerika geliefert wird. Über meine Nachfrage bei der Firma H. wurde mir mitgeteilt, dass diese Ware aus den USA geliefert wird, weil diese in Europa nicht lagerfähig seien.
Ich verstehe nicht ganz, warum diese Mittel als Arzneiwaren eingereiht werden, da es sich meiner Meinung und meinen Recherchen nach um Substanzen handelt, die völlig frei zugänglich sind und es sich bei den Produkten um einen natürlichen Hormonersatz handelt.
Ich ersuche um den Ausspruch einer Ermahnung.
Das Magistratische Bezirksamt hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:
Das Arzneiwareneinfuhrgesetz regelt u.a. die Einfuhr und das Verbringen von Arzneiwaren.
Der Begriff „Arzneiwaren“ wird in § 2 Z 1 AWEG 2010 näher definiert und sind unter Arzneiwaren u.a. Waren der Position 3004 im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABI. Nr. L 256 vom 7. September 1987, S 1) zu verstehen.
Position 3004 der erwähnten Nomenklatur umfasst Arzneiwaren (ausgenommen Erzeugnisse der Position 3002, 3005 oder 3006), die aus gemischten oder ungemischten Erzeugnissen zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken bestehen, dosiert (einschließlich solcher, die über die Haut verabreicht werden) oder in Aufmachungen für den Einzelverkauf.
Die Einreihung der gegenständlichen Arzneiwaren unter die Position 3004 erfolgte durch die Zollbehörde.
Nach der Bestimmung des § 3 Abs. 1 AWEG 2010 ist die Einfuhr oder das Verbringen von Arzneiwaren dosiert oder in Aufmachung für den Kleinverkauf, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, nur zulässig, wenn im Fall der Einfuhr eine Einfuhrbescheinigung ausgestellt wurde oder im Falle des Verbringens eine Meldung erfolgt ist.
Diese Voraussetzungen lagen im gegenständlichen Fall nicht vor.
Gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 AWEG 2010 gilt:
Wer Arzneiwaren entgegen § 3 ohne Einfuhrbescheinigung einführt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3 600 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 7 260 Euro zu bestrafen.
Da es sich bei den von Ihnen bestellten Waren um solche handelt, die unter die Position 3004 einzureihen sind und die Voraussetzungen für eine Einfuhr nach dem AWEG 2010 nicht erfüllt sind, ist die Ihnen zur Last gelegte Tat in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.
Bei der vorliegenden Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein so genanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter/ die Täterin nicht glaubhaft macht, dass ihn/ sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Ein derartiges Vorbringen, das geeignet gewesen wäre, Ihr mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, haben Sie aber nicht erstattet.
Gemäß der arzneimittelrechtlichen Bestimmungen (§§ 59 ff Arzneimittelgesetz) dürfen Arzneimittel grundsätzlich nur durch Apotheken und nicht im Wege des Selbstbedienung oder durch Fernabsatz abgegeben werden.
Eine Ausnahme von diesem Verbot gilt gemäß § 59 Abs. 10 Arzneimittelgesetz nur für in Österreich zugelassene oder registrierte, nicht rezeptpflichtige Humanarzneispezialitäten, die im Wege des Fernabsatzes
1. innerhalb Österreichs durch öffentliche Apotheken, oder
2. nach Österreich durch Apotheken einer anderen EWR-Vertragspartei, die nach den geltenden Rechtsvorschriften dazu befugt sind,abgegeben werden.
Apotheken, die zum Fernabsatz berechtigt sind, verfügen über ein europäisch einheitliches Sicherheitslogo. Informationen dazu sind sowohl auf der Website des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen unter www.basg.gv.at (https://www.basa.av.at/inspektionen/versandapotheken/ als auch auf der Website der Europäischen Arzneimittelagentur unter www.ema.europa.eu abrufbar.
Da für das Verschulden im gegenständlichen Fall auch bloße Fahrlässigkeit ausreicht, sind die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit zweifelsfrei erwiesen.
Zur Bemessung der Strafhöhe:
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.
Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfälligen Sorgepflichten des/der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der objektive Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden sind im vorliegenden Fall durchschnittlich.
Bei der Strafbemessung wurde Ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit mildernd gewertet, erschwerend war kein Umstand.
Da ein hohes Risiko besteht, dass durch den illegalen Bezug von Arzneimitteln - insbesondere im Wege des „Internetversands“ - , minderwertige, gefälschte oder gesundheitsschädliche Arzneimittel nach Österreich gelangen und ein Schutz der Gesundheit von Patienten und Konsumenten durch sichere, qualitativ hochwertige und wirksame Arzneimittel nur durch eine effiziente Überwachung der Einfuhr und des Verbringens von Arzneimitteln nach Österreich gewährleistet werden kann, ist eine Bestrafung sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen geboten.
Ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse und allfälligen Sorgepflichten haben Sie der Behörde nicht bekannt gegeben. Es wurden mangels Angaben durchschnittliche Werte angenommen, da sich keine Anhaltspunkte für eine schlechte wirtschaftliche Lage ergaben.
Unter Berücksichtigung aller Strafzumessungsgründe ist die verhängte Strafe nicht zu hoch bemessen.
Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte zwingende Bestimmung des Gesetzes.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II)
Gemäß § 21 Abs. 3 Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 (AWEG 2010), BGBl I. Nr. 79/2010, in der geltenden Fassung, können die dem Täter oder Mitschuldigen gehörigen Waren, die den Gegenstand der strafbaren Handlung bilden, für verfallen erklärt werden, wenn die Tat vorsätzlich begangen worden ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hielt unter anderem im Judikat GZ: 2002/07/0083 fest:
Wird kein besonderer Vorsatz gefordert, so genügt für die Verwirklichung einer Verwaltungsübertretung dolus eventualis.
Es kann auf die Begründung zu I.) verwiesen werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“
In der ausdrücklich nur im Hinblick auf den Spruchpunkt I. (Straferkenntnis) eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt wie folgt:
„Das genannte Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt und Umfange angefochten.
Als Beschwerdegründe werden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und ausgeführt wie folgt:
Die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz reiht die Pregnenolone Kapseln, die DHEA Kapseln, die Natur Growth Honnon Formula Tabletten und die Pythomind Kapseln unter die Arzneiwaren der Position 3004 ein und beruft sich dabei auf eine von der Zollbehörde vorgenommene Einreihung.
Diese Feststellung ist unrichtig und das Ergebnis einer mangelhaften Beweiswürdigung. Bei den genannten Mitteln handelt es sich um Nahrungsergänzungsmittel, welche nicht dem Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 unterliegen. Die objektive Tatseite ist damit nicht verwirklicht.
Selbst wenn, was ausdrücklich bestritten bleibt, die gegenständlichen Nahrungsergänzungsmittel als Arzneimittel im Sinne des AWEG 2010 zu qualifizieren wären, träfe den Beschuldigten kein Verschulden an der Einfuhr dieser Waren nach Österreich:
Der Beschuldigte hat diese Nahrungsergänzungsmittel bei der Fa. H. im EU“ zugehörigen Luxemburg bestellt. Darüber, dass die Fa, H. die Nahrungsergänzungsmittel ihrerseits in den USA bestellen und an die Kunden direkt liefern lassen würde, wurde der Beschuldigte nicht aufgeklärt. Er wurde auch nicht darüber aufgeklärt, dass die erwähnten Produkte Arzneimittel im Sinne des AWEG sein könnten.
Der Beschuldigte konnte und musste nicht damit rechnen, dass ein seit ca. 25 Jahren in Luxemburg niedergelassenes Handelsunternehmen Nahrungsergänzungsmittel aus den USA an ihn liefern lässt und diese Nahrungsergänzungsmittel darüber hinaus als Arzneimittel im Sinne des AWEG zu qualifizieren sein könnten.
Die behauptete Verwaltungsübertretung ist daher auch im Hinblick auf die subjektive Tatseite nicht verwirklicht, ein fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten ist dem Beschuldigten nicht vorzuwerfen.
Der Beschuldigte hat von der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift darüber hinaus unverschuldet keine Kenntnis gehabt. Es war ihm nicht bekannt und konnte ihm auch nicht bekannt sein, dass die Wirkstoffe in den Pregnenolone Kapseln, in den DHWA Kapseln, in den Natur Growth Hormon Formula Tabletten und in den Pythomind Kapseln Arzneiwaren darstellen und unter die Position 3004 einzureihen sein könnten, zumal die Handelsnamen dieser Produkte und auch die im Internet enthaltenen Produktbeschreibungen keinen Hinweis darauf lieferten, dass es sich um Arzneiwaren gemäß Position 3004 der Kombinierten Nomenklatur der EU handeln könnte.
Der Beschuldigte stellt daher den
A n t r a g ,
seiner Beschwerde Folge zu geben, das Straferkenntnis vollumfänglich und ersatzlos zu beheben sowie das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.“
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Der Beschwerdeführer hat seinen Hauptwohnsitz in D., C.-Str.
Anlässlich einer Zollkontrolle durch Organe des Zollamts Wien am 30.8.2018 wurde beim Zollamt Wien, Halban Kurz Straße 5, 1230 Wien, gemäß § 26 ZollR-DG eine Postsendung beschlagnahmt, in welcher sich die im Spruch angeführten Arzneimittel befunden hatten. Diese Schriftsendung war an den Beschwerdeführer per Adresse D., C.-Str., adressiert.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Arzneiwareneinfuhrgesetzes 2010 (AWEG 2010), BGBl. I 79/2010, lauten:
„Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet:
1.
Arzneiwaren: nachstehende Waren im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABl. Nr. L 256 vom 07. 09. 1987, S 1:
a)
Waren der Unterposition 3002 20,
b)
Waren der Unterposition 3002 30,
c)
Waren der Position 3004,
d)
Röntgenkontrastmittel und diagnostische Reagenzien zur innerlichen Anwendung am Patienten aus der Unterposition 3006 30,
e)
Waren der Unterposition 3006 60, und
f)
Netzflüssigkeiten für harte Kontaktlinsen und Pflegeprodukte für weiche Kontaktlinsen aus der Unterposition 3307 90;
2.
Blutprodukte: nachstehende Waren im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87:
a)
Placenten aus der Unternummer 3001 90, und
b)
Waren der Unterpositionen 3002 10 und 3002 9010;
3.
Produkte natürlicher Heilvorkommen: Waren der Unterpositionen 2201 10, ex 2201 90, ex 2501 00, ex 2530 90, ex 3003 90 und 3004 90 im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87;
4.
Einfuhr: Beförderung von Arzneiwaren, Blutprodukten oder Produkten natürlicher Heilvorkommen aus Staaten, die nicht Vertragsparteien des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) sind, in das Bundesgebiet mit Ausnahme der nachweislichen Durchfuhr;
5.
Verbringen: Beförderung von Arzneiwaren oder Blutprodukten aus einer Vertragspartei des EWR in das Bundesgebiet mit Ausnahme der nachweislichen Durchfuhr;
6.
Fernabsatz: Abschluss eines Vertrages unter ausschließlicher Verwendung eines oder mehrerer Fernkommunikationsmittel;
7.
Fernkommunikationsmittel: Kommunikationsmittel, die zum Abschluss eines Vertrages ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Parteien verwendet werden können, insbesondere Drucksachen mit oder ohne Anschrift, Kataloge, Pressewerbungen mit Bestellschein, vorgefertigte Standardbriefe, Ferngespräche mit Personen oder Automaten als Gesprächspartner, Hörfunk, Bildtelefon, Telekopie, Teleshopping sowie öffentlich zugängliche elektronische Medien, die eine individuelle Kommunikation ermöglichen, wie etwa das Internet oder die elektronische Post.
2. Abschnitt
Arzneiwaren
Einfuhr, Verbringen, Behördenzuständigkeit
§ 3. (1) Die Einfuhr oder das Verbringen von Arzneiwaren dosiert oder in Aufmachung für den Kleinverkauf, ist, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, nur zulässig, wenn im Fall der Einfuhr eine Einfuhrbescheinigung ausgestellt wurde oder im Falle des Verbringens eine Meldung erfolgt ist.
(2) Für die Ausstellung von Einfuhrbescheinigungen und die Entgegennahme von Meldungen ist das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zuständig.
[…]
4. Abschnitt
Fernabsatz
Bezug von Arzneiwaren und Blutprodukten im Fernabsatz
§ 17. (1) Der Bezug von Arzneiwaren und Blutprodukten, die im Fernabsatz bestellt wurden, durch Personen, die nicht zur Antragstellung auf Ausstellung einer Einfuhrbescheinigung oder einer Verkehrsfähigkeitsbescheinigung oder zur Meldung berechtigt sind, ist verboten.
(2) Arzneiwaren und Blutprodukte, die entgegen Abs. 1 eingeführt oder verbracht werden, sind dem Absender zurück zu übermitteln, oder sofern dies nicht möglich ist, zu vernichten. Die Kosten dafür trägt jeweils der Besteller.
(3) Abs. 1 gilt nicht für in Österreich zugelassene nicht rezeptpflichtige Arzneispezialitäten, die in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge aus einer Vertragspartei des EWR von einer dort zum Versand befugten Apotheke bezogen werden.
[…]
Strafbestimmungen
§ 21. (1) Wer
1.
Arzneiwaren entgegen § 3 ohne Einfuhrbescheinigung einführt, oder
2.
bei Arzneiwaren die nachträgliche Meldung des Verbringens gemäß § 6 unterlässt oder Arzneiwaren ohne Meldung entgegen §§ 7, 8 oder 9 verbringt, oder
3.
Blutprodukte entgegen § 12 ohne Verkehrsfähigkeitsbescheinigung einführt, oder
4.
bei Blutprodukten die nachträgliche Meldung des Verbringens gemäß § 14 Abs. 7 unterlässt oder Blutprodukte ohne Meldung entgegen § 14 Abs. 1 verbringt, oder
5.
Produkte natürlicher Heilvorkommen entgegen § 18 ohne Einfuhrbescheinigung einführt, oder
6.
den Aufzeichnungspflichten gemäß § 10 Abs. 3 oder § 11 Abs. 5 oder den Verpflichtungen gemäß § 15 zuwiderhandelt, oder
7.
den in § 20 genannten Personen das Betreten, Besichtigen, die Überprüfung oder die Entnahme von Proben oder die Einsicht in die nach diesem Bundesgesetz zu führenden Aufzeichnungen verwehrt oder den Anordnungen dieser Personen nicht nachkommt,
begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3 600 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 7 260 Euro zu bestrafen.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Die dem Täter oder Mitschuldigen gehörigen Waren, die den Gegenstand der strafbaren Handlung bilden, können für verfallen erklärt werden, wenn die Tat vorsätzlich begangen worden ist. Auf den Verfall dieser Waren kann auch selbständig erkannt werden, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder bestraft werden kann.“
2. § 2 Abs. 2 Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002, BGBl. I 28/2002, lautete:
„Als Einfuhr ist der Import aus einem Staat außerhalb der Europäischen Union in das Bundesgebiet in Form der Überführung in den zollrechtlichen freien Verkehr, zur aktiven Veredelung, zum Umwandlungsverfahren oder zur vorübergehenden Verwendung im Sinne des Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. Nr. L 302 vom 19. Oktober 1992) sowie das Verbringen aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union in das Bundesgebiet mit Ausnahme der nachweislichen Durchfuhr zu verstehen. Das Gleiche gilt, wenn über die Waren entgegen den Zollvorschriften verfügt wird.“
Die örtliche Zuständigkeit der Behörde in Verwaltungsstrafsachen richtet sich nach § 27 VStG. Demnach ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Eine Verwaltungsübertretung wird dort begangen, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen (vgl. § 2 Abs. 2 VStG).
Einfuhr im Sinne des Arzneiwareneinfuhrgesetzes 2010 ist gemäß § 2 Z 4 leg.cit. die Beförderung von u.a. Arzneiwaren aus Staaten, die nicht Vertragsparteien des EWR sind, ins Bundesgebiet.
Die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tathandlung besteht im Wesentlichen darin, dass er die gegenständlichen Waren im Fernabsatz bestellt haben soll; als für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgeblicher Tatort ist daher der Ort anzusehen, an dem die Bestellung abgegeben worden sein soll (vgl. zu Distanzdelikten durch postbeförderte Briefe z.B. VwSlg 13698 A/1992). Örtlich zuständig gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist demnach die Behörde, in deren Sprengel die Bestellung abgesendet wurde (vgl. zum Straftatbestand des § 21 Abs. 1 Z 1 AWEG VwGH 27.2.2019, Ro 2019/10/0004).
Am beschlagnahmten Paket waren der Name und der Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers als Empfängeradresse angebracht. Die Behörde hätte aufgrund dieses Sachverhalts – mangels jeglicher anderer Hinweise auf eine andere Bestelladresse, etwa in Wien – (jedenfalls vorläufig) davon ausgehen müssen, dass der Beschwerdeführer die Bestellung gegebenenfalls von der Empfängeradresse oder seiner Wohnadresse aus bestellt und somit seine Tathandlung dort gesetzt hat.
Das Hervorkommen der Empfängeradresse wie auch der Wohnadresse war bereits ein zuständigkeitsbegründender Umstand nach § 27 Abs. 1 VStG und führte daher zur Zuständigkeit des Magistrats der Stadt D.
Eine Zuständigkeit des Magistrats der Stadt Wien nach § 28 VStG lag daher bereits zum Zeitpunkt der Übermittlung der Anzeige an den Magistrat der Stadt Wien nicht vor.
Im Übrigen setzt die Anwendbarkeit des § 28 VStG auch voraus, dass die Behörde den Tatort von Amts wegen ermittelt. Geht man davon aus, dass zum Zeitpunkt der Anzeige nicht ausreichend klar war, wo die vorgeworfene Tat begangen wurde, hätte die Behörde daher entsprechende Ermittlungen anzustellen gehabt; lediglich aufgrund von schwachen, abstrakten Hinweisen auf einen anderen Tatort ist die Behörde nicht verhalten, von Amts wegen Ermittlungen anzustellen (vgl. VwGH 25.1.2013, 2012/09/0116). Im vorliegenden Fall lag hingegen ein starker Anhaltspunkt, nämlich die Empfängeradresse, dafür vor, dass die Bestellung in L. getätigt wurde.
In einem Fall, in dem im Ermittlungsverfahren neben der Empfängeradresse des beschlagnahmten Poststücks und dem damit übereinstimmenden Wohnsitz des Beschuldigten keine Hinweise auf einen davon abweichenden Tatort hervorkommen, etwa wenn der Beschuldigte – wie hier – die Bestellung bestreitet, wird folglich im Zuge einer Beweiswürdigung davon auszugehen sein, dass die Bestellung – sofern diese getätigt wurde, wobei es Aufgabe der örtlich und sachlich zuständigen Behörde ist, dies zu prüfen – von der Empfängeradresse aus erfolgt und daher die Behörde, in deren Sprengel dieser Ort liegt, örtlich zuständig ist.
Der Magistrat der Stadt Wien war zur Verfolgung und Bestrafung im Hinblick auf die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht zuständig. Die Unzuständigkeit der ersten Instanz ist vom Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen. Das angefochtene Straferkenntnis war daher einschließlich des Verfallsauspruchs wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht Wien auf die Frage, ob der Beschwerdeführer aufgrund der ihm vorgeworfenen Bestellung im Fernabsatz im Sinne des § 17 Abs. 1 AWEG 2010 eine Übertretung des § 3 AWEG 2010 begangen hat, nicht einzugehen.
Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Einfuhr; Arzneiwaren; Bestellung; Fernabsatz; örtliche Zuständigkeit; UnzuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.001.042.15362.2018Zuletzt aktualisiert am
16.03.2020