TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/28 95/18/1150

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Veröffentlicht am 28.05.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §38;
FrG 1993 §17 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der R in Wien, vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. März 1995, Zl. SD 132/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. März 1995 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin, die sich seit Februar 1991 im Bundesgebiet befinde, sei bis zum 30. Mai 1993 im Besitz eines Sichtvermerks gewesen. Seit diesem Zeitpunkt verfüge sie jedoch über keine Aufenthaltsberechtigung und sei aus diesem Grund bereits zweimal von der Erstbehörde bestraft worden. Die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG sei daher gegeben.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so sei festzuhalten, daß sich auch ihre Familienangehörigen "(Gatte und Kind)" unrechtmäßig in Österreich aufhielten. Selbst wenn man von einem mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin ausgehe, sei die gegen sie gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit mehr als eineinhalb Jahren unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben der Beschwerdeführerin in Österreich nach und trotz einer zweimaligen Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes - dies würde bereits die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigen (vgl. § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG) -, gefährde die öffentliche Ordnung im hohen Maße. Hinzu komme, daß der Beschwerdeführerin - mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz des Aufenthaltsgesetzes normierten Voraussetzung, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus zu stellen sei - auch nicht die erforderliche Bewilligung nach diesem Gesetz erteilt werden dürfe. Eine Abstandnahme von der Ausweisung würde der Beschwerdeführerin entgegen der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmung den tatsächlichen, jedoch nicht rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Entgegen der Beschwerde handelt es sich bei der Frage, ob der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung ein Recht zum Aufenthalt zukam, um keine Vorfrage i. S. des § 38 AVG (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 17. April 1997, Zl. 97/18/0173). Die Auffassung der Beschwerde, die Ausweisung hätte mit Rücksicht auf das vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren betreffend die - behauptetermaßen eine Vorfrage für die Ausweisung darstellende - "Frage meines rechtmäßigen Aufenthaltes" (nach dem Aufenthaltsgesetz) zu unterbleiben gehabt, ist daher nicht zielführend, zumal die Beschwerde nicht einmal behauptet, daß der besagten Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof aufschiebende Wirkung zuerkannt worden wäre und weiters auch § 17 Abs. 4 FrG der vorliegenden Ausweisung schon deshalb nicht entgegensteht, weil es sich - dies gesteht die Beschwerde zu - bei dem genannten Antrag nicht um einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 6 Abs. 3 leg. cit.) gehandelt hat.

Vor diesem Hintergrund besteht auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellung - daß die Beschwerdeführerin lediglich bis zum 30. Mai 1993 "im Besitz eines Sichtvermerkes" gewesen sei - gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin (seither) nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, keine Bedenken.

2.1. Die Beschwerde wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid im Grunde des § 19 FrG.

Es stehe außer Zweifel, daß durch die Ausweisung in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin eingegriffen werde. Durch die Ausweisung würde die Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann und ihrer Tochter, die sich beide ebenfalls in Österreich aufhielten, getrennt werden; darüber hinaus befänden sich zahlreiche Verwandte der Beschwerdeführerin in Österreich. Ihre privaten und familiären Interessen würden das öffentliche Interesse an der Ausweisung überwiegen, zumal der Verwaltungsgerichtshof über ihre bereits genannte Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz noch nicht entschieden habe und damit die Frage der Rechtmäßigkeit ihres Aufenthaltes in Österreich noch nicht geklärt sei.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Unter der - im Hinblick auf die in Rede stehenden persönlichen Interessen - zutreffenden Annahme eines mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde ebenso zutreffend darauf hingewiesen, daß der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH). Dieses öffentliche Interesse hat die Beschwerdeführerin durch ihren rechtswidrigen Aufenthalt nach Ablauf der Geltungsdauer des ihr zuletzt erteilten Sichtvermerkes in der Dauer von etwa 22 Monaten gravierend beeinträchtigt, zumal die Beschwerdeführerin - unbestritten - auch trotz einer zweimaligen Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes in Österreich verblieben ist. Die im Aufenthalt ihres Ehemannes und ihrer Tochter begründeten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin werden überdies dadurch relativiert, daß sich die Genannten - unbestritten - ebenfalls unrechtmäßig in Österreich aufhalten. Dem Einwand, die Beschwerdeführerin werde durch die Ausweisung von ihrem Ehemann und ihrer Tochter getrennt, ist entgegenzuhalten, daß die Beschwerdeführerin nichts vorgebracht hat, was darauf schließen ließe, daß sie nicht von ihrem Kind ins Ausland begleitet werden könnte (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom 21. April 1998, Zl. 97/18/0175).

Wenn die belangte Behörde vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis gelangt ist, daß § 19 FrG der vorliegenden Ausweisung nicht entgegenstehe, kann dies - auch unter Bedachtnahme auf die übrigen von der Beschwerdeführerin geltend gemachten privaten Interessen - nicht als rechtswidrig erkannt werden.

2.3. Auf dem Boden des Gesagten sind die Verfahrensrügen, die belangte Behörde habe - sich über Beweisanträge der Beschwerdeführerin hinwegsetzend - den Sachverhalt nicht hinreichend festgestellt sowie weiters den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet, nicht zielführend.

3. Im Lichte der vorstehenden Ausführungen haftet dem bekämpften Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995181150.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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