TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/23 W131 2194524-1

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Veröffentlicht am 23.10.2019
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Entscheidungsdatum

23.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W131 2194524-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK über die Beschwerde der minderjährigen XXXX , geb XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch ihre Mutter XXXX , diese vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2018, Zl XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 2 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die minderjährige Beschwerdeführerin (= Bf) reiste im Jahr 2016 gemeinsam mit ihren Eltern und ihren zwei mj Schwestern schlepperunterstützt und unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das Bundesgebiet ein und stellte (vertreten durch ihre Mutter) am 05.06.2016 - ebenso wie ihre Eltern und ihre zwei Schwestern - einen Antrag auf internationalen Schutz. In Österreich wurde der mj Bruder der Bf geboren, für den ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren gestellt wurde.

2. Der Antrag der Bf auf internationalen Schutz wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.03.2018 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten als auch einer subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung nach Afghanistan verfügt.

3. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde erhoben.

4. Der Mutter der Bf wurde mittlerweile mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (= BVwG) der Asylstatus zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen:

Die Bf führt den Namen XXXX , ist am XXXX in Afghanistan geboren und Staatsangehörige von Afghanistan.

Die ledige Bf ist aufgrund ihres Alters strafunmündig und daher in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 23.10.2019, Zl: W131 2194533-1/14E, wurde der Beschwerde der Mutter der Bf, XXXX , stattgegeben und ihr der Status einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 zuerkannt sowie festgestellt, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Im Falle der Mutter der Bf ist kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich unstrittig aus den Gerichtsakten der Bf und ihrer Mutter sowie den diesbezüglich vorgelegten Verwaltungsakten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A) - Stattgabe der Beschwerde:

Im vorliegenden Fall wurde der Mutter der Bf mit Erkenntnis des BVwG der Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 zuerkannt und festgestellt, dass dieser gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Anhand der Ermittlungsergebnisse war davon auszugehen, dass sich die Mutter der Bf angesichts ihrer auf ein selbstbestimmtes Leben gerichteten Einstellung ("westliche Gesinnung") aus wohlbegründeter Furcht wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt zu werden, außerhalb Afghanistans befindet und in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren. Es liegt auch in Bezug auf die Mutter der Bf keiner der in Art 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe vor.

Gemäß § 34 Abs 2 iVm Abs 5 AsylG 2005 hat das BVwG aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7 AsylG 2005).

Gemäß § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat.

Die minderjährige und im Zeitpunkt der Antragstellung ledige Bf ist die Tochter von XXXX und daher als Familienangehörige iSd § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 zu betrachten.

Die Bf ist strafunmündig und daher nicht straffällig geworden. Gegen die Mutter der Bf ist kein Asylaberkennungsverfahren anhängig.

Der Bf war daher gemäß § 34 Abs 4 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang, dh der Status der Asylberechtigten nach § 3 Abs 1 AsylG 2005, zuzuerkennen, ohne dass allfällige eigene Fluchtgründe zu beurteilen waren.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und der Bf gemäß § 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 2 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Bf damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz (und auch jener der Mutter der Bf) wurde nach dem 15.11.2015 gestellt, wodurch insbesondere § 2 Abs 1 Z 15 und § 3 Abs 4 AsylG 2005 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs 24 leg cit im konkreten Fall Anwendung finden. Dementsprechend kommt der Bf eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung zu, welche sich in eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung umändert, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.

3.2. Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor (Zur unproblematischen Anwendung des § 34 AsylG 2005 auch im Zusammenhang mit dem Begriff des Familienangehörigen gemäß § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 im Familienverfahren siehe etwa die Erkenntnisse des VwGH vom 26.06.2007, 2007/20/0281; vom 09.04.2008, 2008/19/0205; vom 25.11.2009, 2007/01/1153; vom 24.03.2011, 2008/23/1338, sowie vom 06.09.2012, 2010/18/0398).

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, befristete
Aufenthaltsberechtigung, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W131.2194524.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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