TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/29 W104 2182558-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.2019
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Entscheidungsdatum

29.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W104 2182558-1/37E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian BAUMGARTNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , alias XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 13.12.2017, Zl. 1168270408-171069855, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.3.2019 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 AsylG, § 10

Abs. Z 3 AsylG i.V.m. § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9 FPG und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und stellte am 17.9.2017 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18.9.2017 gab der Beschwerdeführer an, er sei am XXXX in XXXX in Pakistan geboren, afghanischer Staatsangehöriger und hänge der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam an. Er sei verheiratet und Vater von vier Söhnen. Zum Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, er habe als Taxifahrer gearbeitet und voriges Jahr zwei unbekannte Fahrgäste gehabt. Er habe bei einer Polizeikontrolle angehalten, bei der diese beiden Gäste von der Polizei mitgenommen worden seien. Einige Tage später hätten sie sich gemeldet und ihn sehen wollen. Der Beschwerdeführer habe sie jedoch nicht treffen wollen. Ca. 20 Tage später hätten sie ihm jedoch aufgelauert und ihn gewaltsam mitgenommen. Er sei an einen ihm unbekannten Ort gebracht worden. Dort hätten sie ihn geschlagen und bedroht. Drei Tage später sei es in dem Gebiet zu Gefechten gekommen, die es ihm ermöglicht hätten, frei zu kommen. Aus Angst um sein Leben sei der Beschwerdeführer geflohen.

In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 7.12.2017 führte der Beschwerdeführer zunächst aus, er sei Paschtune und am XXXX in Pakistan in einem Flüchtlingslager geboren worden. Im Jahr 2013 seien sie nach Afghanistan zurückgeschoben worden. Dort hätten sie sich in ihrem Heimatdorf in der Provinz Kunar, angesiedelt. Bis zum Jahr 2016 habe der Beschwerdeführer in der Umgebung seines Heimatdorfes als Taxifahrer gearbeitet. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer auf das Wesentliche zusammengefasst an, er habe als Taxifahrer zwei Männer mitgenommen, welche nach XXXX gewollt hätten. Zwischen XXXX und seinem Heimatdorf habe es eine Polizeikontrolle gegeben. Einer der Gäste habe ihn aufgefordert, nicht stehen zu bleiben und einfach weiterzufahren. Dem Beschwerdeführer sei von hinten eine Waffe an den Körper gedrückt worden. Dennoch sei der Beschwerdeführer bei der Polizeikontrolle stehengeblieben, woraufhin die Polizisten die beiden Fahrgäste mitgenommen hätten. Zwei oder drei Tage später habe der Beschwerdeführer einen Drohbrief erhalten, in dem er aufgefordert worden sei, sich ihnen zu stellen. Insgesamt habe er zwei Drohbriefe erhalten. Ungefähr 14 oder 15 Tage später sei sein Auto, insbesondere seine Reifen, am Nachhauseweg von vier auf der Straße stehenden Männern beschossen worden. Sein Auto sei daraufhin stehen geblieben. Er selbst sei auch angeschossen und am Bein getroffen worden. Danach hätten die Männer ihn in die Berge verschleppt und ihn drei bis vier Tage dort gefangen gehalten. Er sei geschlagen, verbrannt und als Polizist beschimpft worden. Die Männer hätten ihn gezwungen, die Hinrichtung eines Burschen aus dem Dorf anzusehen. Daraufhin sei die ganze Nacht geschossen worden. Als es hell wurde, habe der Beschwerdeführer sich in den vorderen Bereich der Höhle gewagt und die Gelegenheit zur Flucht genutzt. Er habe es nach Hause geschafft, wo entschieden worden sei, dass er nach Jalalabad zu Freunden seines Großvaters gebracht werde. Die Taliban hätten sodann das Haus der Familie aufgesucht. Sein Vater habe ihnen gesagt, dass der Beschwerdeführer nicht nach Hause gekommen sei und er ihnen niemanden, der nicht da sei, übergeben könne. Befreundete Dorfbewohner hätten seinem Vater gesagt, er solle den Beschwerdeführer so schnell als möglich wegbringen. Zu diesem Zweck hätten sie Geld organisiert. Der Beschwerdeführer sei dann weggebracht worden. Nach seiner Flucht hätten die Taliban das familieneigene Lebensmittelgeschäft aufgesucht, um das sich sein Bruder und sein Großvater gekümmert hätten. Dabei seien sein Bruder und sein Großvater erschossen worden. Anschließend hätten die Taliban das Geschäft angezündet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13.12.2017, zugestellt am 16.12.2017, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Begründend führte die belangte Behörde aus, das Fluchtvorbringen sei vage, widersprüchlich und in keiner Weise plausibel. Der Beschwerdeführer sei bei der Schilderung seines Fluchtgrundes von Ereignis zu Ereignis gesprungen, ohne konkrete Angaben, vor allem in zeitlicher und örtlicher Hinsicht, zu machen. Auch auf Aufforderung habe er zum Erhalt der Drohbriefe nicht einmal ansatzweise konkrete Details nennen können. Der Beschwerdeführer habe widersprüchlich angegeben, dass die Taliban nicht wüssten, wo sein Elternhaus sei, in dem sie später ein Gespräch mit seinem Vater geführt haben sollen. Weiter sei es unplausibel, dass die Taliban nach seiner Flucht noch eine Woche gewartet haben sollen, um nach ihm zu suchen. Insgesamt habe der Beschwerdeführer seine Geschichte nicht glaubhaft machen können. Im Herkunftsstaat würden auch keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Zwar sei dem Beschwerdeführer derzeit eine Rückkehr in seine Heimatprovinz Kunar nicht zumutbar, er könne jedoch in Kabul Arbeit, Sicherheit und zumutbare Lebensbedingungen vorfinden, zumal seine beiden Tanten mütterlicherseits dort leben würden.

Dagegen richtet sich die am 8.1.2018 bei der belangten Behörde eingelangte vollumfängliche Beschwerde. In dieser wird im Wesentlichen ausgeführt, die belangte Behörde habe den Sachverhalt mangelhaft ermittelt, insbesondere seien die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen unvollständig und würden sich nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers befassen. Weiter werden Länderberichte zur Verfolgung durch die Taliban, Drohbriefen und zur Sicherheitslage in Kabul vorgelegt. Die Befragung des Beschwerdeführers sei ebenso wie die daraus folgende Beweiswürdigung mangelhaft. Dem Beschwerdeführer drohe in Afghanistan Verfolgung durch die Taliban aufgrund der Verhaftung ihrer zwei Mitglieder und der daraus folgenden unterstellten politischen bzw. religiösen Gesinnung. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht, da die regierungsfeindlichen Gruppierungen überall über operationelle Kapazitäten verfügen und Personen im ganzen Land verfolgen würden. Die Sicherheitslage in Kabul sei prekär, eine Ansiedelung in Kabul sei dem Beschwerdeführer nicht zumutbar.

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Entscheidung vorgelegt. Unter einem erklärte die belangte Behörde schriftlich, auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu verzichten.

Am 17.1.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Bestätigung von XXXX , Psychotherapeutin beim XXXX vom 8.1.2018 über eine bestehende Posttraumatische Belastungsstörung beim Beschwerdeführer ein.

Mit Schreiben vom 2.8.2018 beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung für den 10.12.2018 an, brachte mit Schreiben vom 9.10.2018 Länderberichte in das Verfahren ein und gab dem Beschwerdeführer sowie der belangten Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme.

Am 30.11.2018 legte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers, die ARGE Rechtsberatung, die Vollmacht zurück und führte begründend aus, der Beschwerdeführer habe sich nicht mehr gemeldet, weshalb davon ausgegangen werde, dass seinerseits keine weitere Vertretung gewünscht wird.

Mit verfahrensleitendem Beschluss vom 3.12.2018 stellte das Bundesverwaltungsgericht das Asylverfahren gemäß § 24 AsylG 2005 ein. Begründend führte es aus, es liege laut Meldeauskunft des Zentralen Melderegisters vom 3.12.2018 keine aktuelle Meldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet vor. Der derzeitige Aufenthaltsort des Beschwerdeführers habe nicht ermittelt werden können.

Mit Schreiben vom 17.12.2018 regte die belangte Behörde die Fortsetzung des Asylverfahrens an, da der Beschwerdeführer seit 6.12.2018 wieder über eine aufrechte Meldeadresse verfüge. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine mündliche Verhandlung für den 13.3.2019 an.

Am 20.2.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Vollmachtsbekanntgabe der ARGE Rechtsberatung ein.

Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes am 13.3.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin und eine Dolmetscherin für die Sprache Dari teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme.

In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und hielt sein Vorbringen einer Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat wegen Verfolgung durch die Taliban aufrecht. Weiter legte er medizinische Befunde betreffend posttraumatische Belastungsstörung vor.

Mit Schreiben vom 19.3.2019, beim erkennenden Gericht eingelangt am 21.3.2019, nahm der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung zu den vom Bundesverwaltungsgericht eingebrachten Länderberichten Stellung. In dieser Stellungnahme wird insbesondere näheres zur Präsenz von Talibankämpfern in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers sowie zur besonderen Vulnerabilität des Beschwerdeführers aufgrund des Aufwachsens außerhalb Afghanistans und seiner posttraumatischen Belastungsstörung ausgeführt, weshalb eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht in Frage komme.

Mit Beschluss vom 8.4.2019 bestellte das Bundesverwaltungsgericht XXXX zum Sachverständigen für das Fachgebiet "Psychiatrie und Neurologie" zur Abklärung, ob der Beschwerdeführer an einer psychischen Krankheit leidet und welche besonderen Bedürfnisse daraus folgen. Mit Schreiben vom selben Tag verständigte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer über die Bestellung des Sachverständigen und die Anberaumung einer Beweisaufnahme am 15.5.2019.

Mit Schreiben vom 29.4.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 2.5.2019, ersuchte der Sachverständige XXXX um Enthebung vom Gutachtensauftrag sowie um Abstandnahme von weiteren Bestellungen. Das Bundesverwaltungsgericht teilte dem Sachverständigen mit Schreiben vom 6.5.2019 mit, dass auf der Erfüllung seiner Aufgabe als Gutachter unter Hinweis auf 3 52 Abs. 4 AVG iVm § 17 VwGVG beharrt werde. Mit Email vom 13.5.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 14.5.2019, teilte der Sachverständige mit, dass er den Gerichtsakt mit dem Ersuchen um Enthebung retourniert habe. Da er derzeit nicht über den Gerichtsakt verfüge, könne die Untersuchung zum vorgesehenen Termin am 15.5.2019 nicht durchgeführt werden. Als frühesten freien Untersuchungstermin könne er den 26.6.2019 anbieten.

Die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers teilte dem erkennenden Gericht mit Schriftsatz vom 16.5.2019 mit, dass sich der Beschwerdeführer sowie der bestellte Dolmetscher am 15.5.2019 zum vereinbarten Termin in der Ordination des Sachverständigen XXXX eingefunden hätten. Der Sachverständige sei jedoch nicht anwesend gewesen. Nach eineinhalb Stunden Wartezeit habe der Dolmetscher einen anderen Termin wahrnehmen müssen, woraufhin auch der Beschwerdeführer die Ordination verlassen habe. Weiters wurden Bestätigungen zum psychischen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht teilte dem Sachverständigen mit Schreiben vom 22.5.2019 mit, dass sein Terminvorschlag für den 26.6.2019 angenommen werde. Der Sachverständige antwortete, dass er diesen Termin nicht mehr bestätigen könne.

Mit Beschluss vom 31.5.2019 bestellte das Bundesverwaltungsgericht XXXX zum Sachverständigen für das Fachgebiet "Psychiatrie und Neurologie" zur Abklärung, ob der Beschwerdeführer an einer psychischen Krankheit leidet und welche besonderen Bedürfnisse daraus folgen. Mit Schreiben vom selben Tag verständigte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer über die Bestellung des Sachverständigen XXXX und die Anberaumung einer Beweisaufnahme am 21.6.2019.

Am 13.8.2019 langte das fachärztliche Gutachten des Sachverständigen XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welchem ausgeführt wird, beim Beschwerdeführer ergebe sich nach der ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen eine leicht ausgeprägte posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1) und eine Panikstörung (episodische, paraxysmale Angst; F 41.0). Weiter leide der Beschwerdeführer an einer idiopathischen Hyperbilirubinämie, Steatosis hepatis (Fettleber) und ausgeprägter Hypervitaminose D. Als Hauptbefund zeige sich eine leichte bis maximal mittelgradig ausgeprägte Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung im psychopathologischen Zustand. Es bestehe beim Untersuchten lediglich eine Schlaflosigkeit bzw. Schlafstörungen, die mit entsprechender Medikation gut behandelbar seien. Eine Schreckhaftigkeit des Beschwerdeführers liege nicht vor und die intrusiven Nachhallerinnerungen würden nur sehr selten auftreten. Dadurch sei der Beschwerdeführer im Lebensvollzug nur gering beeinträchtigt, weshalb der Schweregrad als leichtgradig eingeschätzt werde. Traumafolgestörungen würden nicht nur in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung auftreten, sondern auch im Sinn einer gedämpften Stimmung und einer vermehrten Ängstlichkeit sowie einer Neigung zu Panikattacken. Beim Beschwerdeführer liege daher eine ebenfalls eher leichtgradige Ausprägung einer Panikstörung (episodische paroxysmale Angst) vor. Es komme zu wiederkehrenden Angstattacken, die sich nicht auf eine bestimmte Situation oder besondere Umstände beschränken würden und deshalb auch nicht vorhersehbar seien. Keinesfalls würden schwer beherrschbare Panikattacken mit Atemnot, schwerer Tachykardie, Hitzewallungen, Kältegefühl, Schweißausbrücke und Zittern sowie die Angst zu sterben auftreten. Es liege daher beim Beschwerdeführer eine abgeschwächte Form vor. Bei den leichtgradig ausgeprägten Panikattacken handle es sich um eine Traumafolgestörung. Der Befund, wonach der Beschwerdeführer an einer posttraumatischen Belastungsstörung mit schwerer depressiver Symptomatik mit somatischem Syndrom leide, könne nicht verifiziert werden. Die Suizidalität sei beim Beschwerdeführer gegenüber einer "Durchschnittsbevölkerung" etwas angehoben, der psychische Zustand des Beschwerdeführers sei jedoch nicht lebensbedrohlich. Der Beschwerdeführer sei durch die posttraumatische Belastungsstörung nur leichtgradig eingeschränkt, was bedeutete, dass er zwar unter seiner Symptomatik leide, jedoch durchaus einer Beschäftigung nachgehen könne. Es gebe Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten, die im konkreten Fall bereits angewendet werden würden. Insbesondere werde gegen die Angststörung das Antidepressivum Paroxat 30 mg verwendet, das stimmungsaufhellend und der Angstsymptomatik entgegenwirke. Abends erhalte der Beschwerdeführer zwei Tabletten Seroquel 25 mg zur Schlafinduktion, wobei es sich um eine geringe Dosierung handle. Weiter sei die posttraumatische Belastungsstörung in einer traumazentrierten Psychotherapie zu behandeln, während die Therapie der Panikstörung in einer verhaltenstherapeutisch orientierten Psychotherapie bestehe. Sollte der Beschwerdeführer die Behandlung bzw. die Medikamente nicht bekommen, würde voraussichtlich die Angstsymptomatik zunehmen. Der Beschwerdeführer wäre beim Fehlen eines Zugangs zu einer adäquaten Therapie jedoch keinem realen Risiko einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ausgesetzt, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung seiner Lebenserwartung führe. Vielmehr würden die Traumafolgestörungen (posttraumatische Belastungsstörung) und die Panikattacken doch früher oder später abklingen. Bei der vorliegenden idiopathischen Hyperbilirubinämie handle es sich um eine Erhöhung der Gesamt-Bilirubinkonzentration im Blut über 1,1 mg/dl. Als Ursache für die idiopathischen Hyperbilirubinämie könnten alle cholestatisch verlaufenden akuten oder chronischen Lebererkrankungen in Betracht kommen. Therapeutisch müsse jedoch nur beim Crigler-Najjar-Syndrom interveniert werden, während ansonsten keine Maßnahmen notwendig seien. Dass ein Crigler-Najjar-Syndrom beim Beschwerdeführer vorliege, könne jedoch ausgeschlossen werden. Am wahrscheinlichsten sei das Vorliegen des Dubin-Johnson-Syndroms, bei welchem keine Therapie erforderlich sei. Bei der beim Beschwerdeführer vorliegenden Steatosis hepatis (Fettleber) handle es sich um eine Erkrankung, bei der verstärkt Fett in den Leberzellen eingelagert werde. Als Ursache für diese Erkrankung komme beim Beschwerdeführer am ehesten eine Mangelernährung (Proteinmangel) in Frage. Weiter leide der Beschwerdeführer an einer ausgeprägten Hypovitaminose D, welche entsprechend behandelt werde. Bei schwerem Vitamin D-Mangel stelle sich die Mangelerscheinung Osteomalazie ein, die zur Erkrankung der Knochen führe. Insgesamt seien die beim Beschwerdeführer vorliegenden Krankheiten nicht lebensbedrohlich sowie gut behandel- und therapierbar.

Mit Schreiben vom 14.8.2019 verständigte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer und die belangte Behörde vom Ergebnis der Beweisaufnahme und gab ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Gutachten XXXX .

Am 20.8.2019 langte eine Stellungnahme des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl zum Ergebnis der Beweisaufnahme ein, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, dem Gutachten XXXX sei klar und deutlich zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer an keiner ausgeprägten Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. In Afghanistan gebe es zudem mehrere psychiatrische Einrichtungen, auch die die vom Beschwerdeführer eingenommenen Medikamente "Paroxat" und "Seroquel" seien in Afghanistan verfügbar. Der Beschwerdeführer wäre daher im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan keineswegs einer realen Gefahr im Sinn des Art. 3 EMRK ausgesetzt.

Der Beschwerdeführer ersuchte mit Schriftsatz vom 20.8.2019 um Erstreckung der Frist zur Stellungnahme bis 25.9.2019. Diesem Ersuchen um Fristerstreckung wurde stattgegeben.

Am 23.9.2019 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Ergebnis der Beweisaufnahme ein, mit der ein klinisch-psychologischer Befundbericht von XXXX , klinische und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin vorgelegt wird. In der Stellungnahme wird im Wesentlichen ausgeführt, das Ergebnis des Gutachtens XXXX , wonach nur eine leicht ausgeprägte posttraumatische Belastungsstörung vorliege, sei darauf zurückzuführen, dass sich der Beschwerdeführer in Therapie befinde. Flüchtlinge seien von möglichen Retraumatisierungen besonders betroffen. Psychisch kranke bzw. "auffällige" Personen würden in Afghanistan verfolgt. Weiter sei die psychische Erkrankung des Beschwerdeführers relevant für die Glaubwürdigkeitsprüfung und bei der Würdigung des Aussageverhaltens des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Eine derart umfassende psychiatrische, psychotherapeutische und psychosoziale Betreuung - wie sie der Beschwerdeführer bedürfe - stünde in Afghanistan keinesfalls zur Verfügung. Der Beschwerdeführer leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung mit einer schweren reaktiven Depression und psychotischen Episoden, die sich in einem raptusartigen Zustandsbild, das heißt einem psychopathologischen Symptom, das durch auffällige katatone Erregtheit, Hyperkinese, stereotype Bewegungsabläufe und Aggressivität (Eigen- bzw. Fremdgefährdung) charakterisiert sei, sowie in rezidivierenden, dissoziativen, psychotisch anmutenden Zuständen manifestiert. Der Beschwerdeführer sei daher besonders schutzbedürftig und auf ständige medikamentöse Behandlung sowie engmaschige Unterstützung und Betreuung im Alltag angewiesen, ohne die die schwerwiegende Gefahr einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes (bis hin zur Suizidalität) bestehe. Insgesamt sei eine innerstaatliche Fluchtalternative für den Beschwerdeführer aufgrund seiner Vulnerabilitäten und der fehlenden Unterstützung durch ein familiäres Netzwerk ausgeschlossen. Dem beiliegenden klinisch-psychologischen Befundbericht von XXXX ist zusammengefasst zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer an einer ausgeprägten schweren posttraumatischen Belastungsstörung und einer rezidivierenden schweren depressiven Störung mit suizidalen Gedanken leide. Es bestünde die Gefahr von zusätzlichen psychischen und psychiatrischen Erkrankungen durch die Chronifizierung der traumatischen Folgesymptome. Der Beschwerdeführer habe Probleme beim Einschlafen trotz Medikation und leide unter Albträumen. Er könne sich nicht konzentrieren und vergesse sehr viel. Flashbacks, über die er keine Kontrolle habe, würden den Beschwerdeführer immer wieder in die Vergangenheit zurückholen. Er leide unter Angstzuständen, Hypervigilanz, Schreckhaftigkeit und Spannungszuständen. Weiter trete Somatisierung auf, er habe unspezifische Körperschmerzen, welche ein typisches Symptom der posttraumatischen Belastungsstörung seien. Die anhaltende Unsicherheit seiner Lebenssituation, jede weitere Zwangsmaßnahme und die damit verbundene Unterbrechung einer sicherlich notwendigen fachärztlichen Behandlung und psychologischen Betreuung müssten als weitere traumatische Erfahrung mit wahrscheinlicher Retraumatisierung angenommen werden.

Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

* Bestätigung XXXX über Besuch eines Deutschkurses A-0 Basistraining vom 30.11.2017;

* Bestätigung von XXXX , Psychotherapeutin beim XXXX vom 8.1.2018 über eine bestehende Posttraumatische Belastungsstörung;

* Ärztliches Attest von XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 21.2.2019;

* Zwei Bestätigungen von XXXX , Psychotherapeutin beim XXXX vom 6.3.2019 und 24.4.2019 über psychotherapeutische Behandlung des Beschwerdeführers wegen posttraumatischer Belastungsstörung;

* Fachärztliche Bestätigung von XXXX , Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 7.5.2018;

* Klinisch-psychologischer Befundbericht von XXXX , klinische und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin vom 28.8.2019.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

* Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl;

* Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht;

* Einsichtnahme in folgende vom Bundesverwaltungsgericht eingebrachte Berichte:

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Länderinformationsblatt Afghanistan der Staatendokumentation, Stand 29.6.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 30.11.2018;

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European Asylum Support Office (EASO): Country Guidance:

Afghanistan, June 2018;

https://www.easo.europa.eu/sites/default/files/easo-country-guidance-afghanistan-2018.pdf

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European Asylum Support Office (EASO): Country of Origin Information Report: Afghanistan, Individuals targeted by armed actors in the conflict, December 2017;

https://www.easo.europa.eu/information-analysis/country-origin-information/country-reports

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European Asylum Support Office (EASO): Bericht Afghanistan Netzwerke (Übersetzung durch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation), Stand Jänner 2018;

https://www.easo.europa.eu/information-analysis/country-origin-information/country-reports

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Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, 31.5.2018

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Ecoi.net - European Country of Origin Information Network:

Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Fähigkeit der Taliban, Personen (insbesondere Dolmetscher, die für die US-Armee gearbeitet haben) in ganz Afghanistan aufzuspüren und zu verfolgen (Methoden; Netzwerke), 15.2.2013

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Landinfo, Informationszentrum für Herkunftsländer: Afghanistan:

Der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne (Arbeitsübersetzung durch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staaten-dokumentation), 23.8.2017;

https://landinfo.no/asset/3590/1/3590_1.pdf

* Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer und der belangten Behörde vorgelegten Dokumente und Berichte;

* Einsichtnahme in das von Amts wegen eingeholte fachärztliche Sachverständigengutachten im Fachgebiet Psychiatrie/Neurologie/Allgemeinmedizin Dr. XXXX .

2. Feststellungen:

2.1. Zur Person und den Lebensumständen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am XXXX bzw. am XXXX in Pakistan geboren. Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Paschtu, er spricht aber auch Urdu, Dari und ein wenig Englisch sowie Deutsch. Er kann lediglich Urdu lesen und schreiben.

Der Beschwerdeführer wurde in einem Flüchtlingslager in Pakistan geboren und wuchs dort gemeinsam mit seinen Eltern und vier Brüdern im afghanischen Familienverband auf. Ungefähr im Jahr 2009 heiratete der Beschwerdeführer in Pakistan seine nunmehrige Gattin traditionell vor einem Mullah. Im Jahr 2013 wurde der Beschwerdeführer mit seiner Familie von den pakistanischen Behörden nach Afghanistan abgeschoben und ließ sich dort mit seiner Familie in seinem Heimatdorf XXXX in der Provinz Kunar nieder. Dort lebte der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise nach Europa.

Der Beschwerdeführer besuchte in Pakistan zehn Jahre lang die Schule auf Urdu und arbeitete anschließend zwei Jahre als Fahrer in Pakistan. Nach seiner Abschiebung nach Afghanistan arbeitete der Beschwerdeführer in der Umgebung seines Heimatdorfes ungefähr drei Jahre bis zum Jahr 2016 als Taxifahrer.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet und Vater von vier minderjährigen Söhnen. Dass ein Bruder des Beschwerdeführers sowie sein Großvater von den Taliban getötet wurden, ist nicht anzunehmen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Familie des Beschwerdeführers Afghanistan verlassen hat und in den Iran ausgewandert ist. Es ist daher anzunehmen, dass der Großvater des Beschwerdeführers, seine Eltern, seine vier Brüder, seine Gattin und seine vier Söhne nach wie vor in Afghanistan in der Heimatprovinz leben, wobei die Gattin und die Kinder des Beschwerdeführers von der restlichen Familie versorgt werden. Ebenso ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Kontakt zu seiner Familie in Afghanistan hat. Weiter leben zwei Tanten mütterlicherseits und ein Halbonkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat in Kabul.

Der Beschwerdeführer leidet an einer leicht ausgeprägten posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1), einer Panikstörung (episodische, paraxysmale Angst; F 41.0) sowie an einer idiopathischen Hyperbilirubinämie, Steatosis hepatis (Fettleber) und ausgeprägter Hypervitaminose D. Er befindet sich aufgrund seiner psychischen Erkrankungen in psychotherapeutischer Behandlung bei XXXX , Psychotherapeutin beim XXXX , und in psychiatrischer Behandlung bei XXXX , Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie. Dass sich der Beschwerdeführer auch wegen seiner allgemein medizinischen Erkrankungen (idiopathischen Hyperbilirubinämie, Steatosis hepatis, ausgeprägte Hypervitaminose D) in Behandlung befindet, konnte nicht festgestellt werden.

Beim Beschwerdeführer zeigt sich eine leichte bis maximal mittelgradig ausgeprägte Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung im psychopathologischen Zustand. Es besteht lediglich eine Schlaflosigkeit bzw. Schlafstörungen, die mit entsprechender Medikation gut behandelbar sind. Eine Schreckhaftigkeit des Beschwerdeführers liegt nicht vor, die intrusiven Nachhallerinnerungen treten nur sehr selten auf. Dadurch ist der Beschwerdeführer im Lebensvollzug nur gering beeinträchtigt. Traumafolgestörungen treten nicht nur in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung auf, sondern auch im Sinn einer gedämpften Stimmung und einer vermehrten Ängstlichkeit sowie einer Neigung zu Panikattacken. Beim Beschwerdeführer liegt daher eine ebenfalls eher leichtgradige Ausprägung einer Panikstörung (episodische paroxysmale Angst) vor. Es kommt zu wiederkehrenden Angstattacken, die sich nicht auf eine bestimmte Situation oder besondere Umstände beschränken und deshalb auch nicht vorhersehbar sind. Es treten beim Beschwerdeführer jedoch keinesfalls schwer beherrschbare Panikattacken mit Atemnot, schwerer Tachykardie, Hitzewallungen, Kältegefühl, Schweißausbrüchen, Zittern, Angst zu sterben, Angst vor einem Herzstillstand, Erstickungs- und Beklemmungsgefühl, Angst verrückt zu werden oder unkontrolliert zu handeln bzw. Hyperventilationsneigung auf. Beim Beschwerdeführer liegt lediglich eine abgeschwächte Form einer Panikstörung vor, wobei die Angstattacken nur gelegentlich auftreten und die Symptomatik vom Schweregrad nur eher leichtgradig ausgeprägt ist. Bei den leichtgradig ausgeprägten Panikattacken handelt es sich um eine Traumafolgestörung. Die Suizidalität ist beim Beschwerdeführer gegenüber einer "Durchschnittsbevölkerung" etwas angehoben, der psychische Zustand des Beschwerdeführers ist jedoch nicht lebensbedrohlich. Durch die posttraumatische Belastungsstörung ist der Beschwerdeführer nur leichtgradig eingeschränkt, was bedeutet, dass er zwar unter seiner Symptomatik leidet, jedoch durchaus einer Beschäftigung nachgehen kann, also erwerbsfähig ist. Es gibt Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten, die im konkreten Fall bereits angewendet werden. Insbesondere erhält der Beschwerdeführer gegen die Angststörung das Antidepressivum Paroxat 30 mg, das stimmungsaufhellend und der Angstsymptomatik entgegenwirkt. Abends erhält der Beschwerdeführer zwei Tabletten Seroquel 25 mg zur Schlafinduktion, wobei es sich um eine geringe Dosierung handelt. Die posttraumatische Belastungsstörung ist in einer traumazentrierten Psychotherapie zu behandeln, während die Therapie der Panikstörung in einer verhaltenstherapeutisch orientierten Psychotherapie besteht. Sollte der Beschwerdeführer die Behandlung bzw. die Medikamente nicht bekommen, würde die Angstsymptomatik zunehmen. Der Beschwerdeführer wäre beim Fehlen eines Zugangs zu einer adäquaten Therapie jedoch keinem realen Risiko einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ausgesetzt, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung seiner Lebenserwartung führen würde. Vielmehr würden die Traumafolgestörungen (posttraumatische Belastungsstörung) und die Panikattacken doch früher oder später abklingen.

Bei der vorliegenden idiopathischen Hyperbilirubinämie handelt es sich um eine Erhöhung der Gesamt-Bilirubinkonzentration im Blut über 1,1 mg/dl. Als Ursache für die Hyperbilirubinämie ist beim Beschwerdeführer das Vorliegen des Dubin-Johnson-Syndroms am wahrscheinlichsten, bei welchem keine Therapie erforderlich ist. Bei der beim Beschwerdeführer vorliegenden Steatosis hepatis (Fettleber) handelt es sich um eine Erkrankung, bei der verstärkt Fett in den Leberzellen eingelagert wird. Als Ursache für diese Erkrankung kommt beim Beschwerdeführer am ehesten eine Mangelernährung (Proteinmangel) in Frage. Weiter leidet der Beschwerdeführer an einer ausgeprägten Hypovitaminose D, welche entsprechend behandelt wird. Insgesamt sind die beim Beschwerdeführer vorliegenden Krankheiten nicht lebensbedrohlich sowie gut behandel- und therapierbar.

Insgesamt konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer an schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leidet. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers steht einer Rückkehr in den Herkunftsstat nicht entgegen. Er ist trotz der bestehenden nur leicht ausgeprägten psychischen Erkrankungen arbeits- und erwerbsfähig. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass es aufgrund von Konzentrationsstörungen des Beschwerdeführers zu einer deutlichen Beeinträchtigung im Verfahren gekommen ist.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

Er hält sich zumindest seit 17.9.2017, als er seinen Antrag auf internationalen Schutz stellte, durchgehend im Bundesgebiet auf. Er bezieht Leistungen auf der Grundversorgung und ist nicht erwerbstätig. Der Beschwerdeführer hat seit seiner Einreise einen Deutschkurs im Jahr 2017 besucht. An weiteren Deutschkursen hat der Beschwerdeführer nicht teilgenommen. Er lernt selbständig Deutsch über das Internet oder mit Freunden. Der Beschwerdeführer hat noch keine Prüfung zu seinen Deutschkenntnissen abgelegt; es kann nicht festgestellt werden, auf welchem Niveau der Beschwerdeführer Deutsch spricht. Er ist kein Mitglied in einem Verein und geht keinen ehrenamtlichen Tätigkeiten nach. Der Beschwerdeführer hat in Österreich soziale Kontakte geknüpft. In seiner Freizeit trifft er sich gerne mit Freunden im Park zum Fußballspielen. Der Beschwerdeführer möchte zukünftig als Lenker arbeiten.

In Österreich leben keine Verwandten oder sonstige wichtige Bezugspersonen des Beschwerdeführers. Es besteht weder eine Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers in Österreich noch gibt es in Österreich geborene Kinder des Beschwerdeführers.

2.2. Zu den Fluchtgründen und der Rückkehrsituation des Beschwerdeführers

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung persönlich bedroht oder verfolgt wurde oder eine Verfolgung im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan zu befürchten hätte.

Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer als Taxifahrer mit zwei Taliban als Fahrgästen in eine Polizeikontrolle geriet, wobei die Taliban von der Polizei festgenommen wurden. Dass der Beschwerdeführer von den Taliban in weiterer Folge Drohbriefe erhielt, entführt und gefoltert wurde, ist daher nicht anzunehmen. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass ein Bruder des Beschwerdeführers sowie sein Großvater von den Taliban getötet wurden. Dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Übergriffen bzw. Verfolgung durch die Taliban, etwa aufgrund einer ihm unterstellten oppositionellen Gesinnung, bis hin zur Tötung oder Entführung ausgesetzt wäre, ist nicht zu erwarten. Ein konkreter Anlass, aus dem der Beschwerdeführer den Herkunftsstaat verlassen hat, kann nicht festgestellt werden.

Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan asylrelevante Verfolgung durch Privatpersonen oder staatliche Stellen aufgrund seiner psychischen Erkrankung droht.

Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

Die Heimatprovinz des Beschwerdeführers (Kunar) zählt zu den relativ volatilen Provinzen Ostafghanistans. Eine hohe Anzahl an Zivilisten kam aufgrund explosiver Kampfmittelrückstände und indirekter Waffeneinwirkung ums Leben. Aufständische der Taliban und des IS sind in einigen Distrikten aktiv und es kommt zu Zusammenstößen zwischen afghanischen Sicherheitskräften und Aufständischen. Militärische Operationen werden regelmäßig, etwa in Form von Luft- bzw. Drohnenangriffen, durchgeführt. Pakistanische Sicherheitskräfte feuern Granaten und Mörser auf die Provinz Kunar ab.

Im Fall der Rückführung des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz Kunar drohen ihm Eingriffe in seine körperliche Unversehrtheit als Folge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Handlungen regierungsfeindlicher Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung.

Die Hauptstadt Kabul ist von innerstaatlichen Konflikten und insbesondere stark von öffentlichkeitswirksamen Angriffen der Taliban, des Haqqani-Netzwerkes und des IS betroffen. Kabul verzeichnet die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans. Die afghanische Regierung führt regelmäßig Sicherheitsoperationen in der Hauptstadt durch.

Im Fall einer Niederlassung in Kabul droht dem Beschwerdeführer die Gefahr, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Die Provinzen Balkh und Herat gehören zu den friedlichsten Provinzen Afghanistans und sind vom Konflikt relativ wenig betroffen. Insbesondere Balkh gehört zu den stabilsten Provinzen Afghanistans mit im Vergleich zu anderen Provinzen geringen Aktivitäten von Aufständischen. Die Provinz Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen Afghanistans. Sie verzeichnet Aktivitäten von Aufständischen in einigen Distrikten. Die Hauptstadt der Provinz - Herat (Stadt) - ist davon wenig betroffen und steht wie auch Mazar-e Sharif in Balkh unter Regierungskontrolle. Beide Städte verfügen über einen internationalen Flughafen, über den sie sicher erreicht werden können.

Die Provinzen Balkh und Herat sind von einer Dürre betroffen. Ernährungssicherheit, Zugang zu Wohnmöglichkeiten, Wasser und medizinische Versorgung sind in Mazar-e Sharif und Herat (Stadt) grundsätzlich gegeben. Die Arbeitslosigkeit im Herkunftsstaat ist hoch und Armut verbreitet.

Für den Fall einer Niederlassung des Beschwerdeführers in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat kann nicht festgestellt werden, dass diesem die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Im Fall einer Rückführung des Beschwerdeführers nach Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif ist davon auszugehen, dass er sich eine Lebensgrundlage wird aufbauen und die Grundbedürfnisse seiner menschlichen Existenz wie Nahrung, Kleidung, Unterkunft und medizinische Versorgung wird decken können und im Fall seiner Niederlassung ein Leben ohne unbillige Härten wird führen können, so wie es auch seine Landsleute führen. Insbesondere steht der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht entgegen, zumal die Erkrankungen des Beschwerdeführers in Afghanistan behandelt werden können.

Es gibt in Afghanistan unterschiedliche Unterstützungsprogramme für Rückkehrer von Seiten der Regierung, von NGOs und durch internationale Organisationen. IOM bietet in Afghanistan Unterstützung bei der Reintegration an.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

2.3.1. Staatendokumentation (Stand 29.6.2018, außer wenn anders angegeben):

Allgemeine Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).

Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).

Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt (AJ 22.5.2018; AD 20.5.2018).

Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap.

3.

Sicherheitslage Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).

Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.

Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).

Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).

Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani- Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).

Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018).

Folgende öffentlichkeitswirksame (high-profile) Vorfälle sowie Angriffe bzw. Anschläge auf hochrangige Ziele wurden im Jahr 2018 registriert (kein Anspruch auf Vollständigkeit).

* Selbstmordanschlag vor dem Ministerium für ländliche Rehabilitation und Entwicklung (MRRD) in Kabul: Am 11.6.2018 wurden bei einem Selbstmordanschlag vor dem Eingangstor des MRRD zwölf Menschen getötet und 30 weitere verletzt. Quellen zufolge waren Frauen, Kinder und Mitarbeiter des Ministeriums unter den Opfern (AJ 11.6.2018). Der Islamische

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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