TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/6 G314 2225755-1

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Veröffentlicht am 06.12.2019
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Entscheidungsdatum

06.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G314 2225755-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörige der Dominikanischen Republik, vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. Markus HAGER, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 09.10.2019, Zl. XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführerin (BF) wurde ein von XXXX.2019 bis XXXX.2019 gültiges Visum D erteilt. Sie reiste am 13.03.2019 in das Bundesgebiet ein. Am XXXX.2019 wurde ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehörige abgewiesen.

Mit dem Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 27.08.2019 wurde sie aufgefordert, sich zu der wegen ihres unrechtmäßigen Aufenthalts beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung (allenfalls samt Einreiseverbot) zu äußern. Ihr Ehemann der BF erstattete eine Stellungnahme. Am 03.10.2019 wurden die BF und ihr Ehemann vor dem BFA im Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vernommen. Dabei bestätigte sie die inhaltliche Richtigkeit seiner Stellungnahme.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erteilte das BFA ihr keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I.), erließ gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.), stellte fest, dass ihre Abschiebung in die Dominikanische Republik zulässig sei (Spruchpunkt III.) und setzte gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt IV.). Der Bescheid enthält (auf den Seiten 6 bis 17) Feststellungen zur Lage in der Dominikanischen Republik. In der Beweiswürdigung stützt die Behörde die Feststellungen "zur allgemeinen Situation in Nordmazedonien" auf eine Zusammenstellung der Staatendokumentation sowie darauf, dass diese Tatsachen notorisch seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid zu beheben, in eventu dahingehend abzuändern, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärt und der BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG erteilt wird. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Die BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass die Behörde keine Feststellungen zur allgemeinen Lage in ihrem Herkunftsstaat, sondern zur Situation in Nordmazedonien getroffen habe, sodass ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliege. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung sei die Ehe der BF mit einem Österreicher nicht ausreichend gewürdigt worden; der Ehemann hätte zum gemeinsamen Familienleben befragt werden müssen. Die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels sei an den fehlenden Deutschkenntnissen der BF gescheitert. Da sie in ihrer Heimat keine entsprechende Bildung genossen habe, sei es für sie schwierig, diese in kurzer Zeit zu erwerben. Ihr Ehemann komme für ihren Unterhalt und ihre medizinische Versorgung auf. Dem Ehemann der BF sei eine Übersiedelung in die Dominikanische Republik nicht zumutbar, weil er in Österreich Immobilien besitze und ein Unternehmen führe.

Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Antrag vor, sie als unbegründet abzuweisen.

Feststellungen:

Die BF kam am XXXX in XXXX in der Dominikanischen Republik zur Welt. Ihre Eltern, ihre Geschwister und ihre beiden Kinder, die 15-jähige XXXX, die bei ihrem Vater aufwächst, und der 20-jährige XXXX, der studiert, leben nach wie vor in der Dominikanischen Republik.

Die BF heiratete im November 2018 in ihrem Heimatstaat den österreichischen Staatsbürger XXXX, der als Gesellschafter und Geschäftsführer der XXXX, die in XXXX einen Gastronomiebetrieb betreibt, ein monatliches Nettoeinkommen von ca. EUR 3.000 hat und Eigentümer von zwei Liegenschaften in XXXX ist.

Die BF ist gesund und arbeitsfähig. Ihre Muttersprache ist Spanisch. Sie absolvierte in ihrer Heimat nur eine rudimentäre Schulbildung. Sie bemüht sich, Deutsch zu lernen, hat aber bislang keine Deutschprüfung abgelegt und hat auch in ihrer Muttersprache Probleme beim Lesen und Schreiben.

Die BF hat einen am 07.11.2017 ausgestellten und bis 07.11.2023 gültigen Reisepass der Dominikanischen Republik. Ihr wurde von der Österreichischen Botschaft in XXXX ein von XXXX.2019 bis XXXX.2019 gültiges Visum D für die einmalige Einreise erteilt, mit dem sie am 13.03.2019 über Deutschland in das Bundesgebiet einreiste, wo sie sich seither aufhält und mit ihrem Mann in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Seit 18.03.2019 ist sie in seinem Haus mit Hauptwohnsitz gemeldet. Sie ist aufgrund der Mitversicherung mit ihrem Ehemann, der auch für ihren Lebensunterhalt aufkommt, krankenversichert, und geht im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nach.

Am XXXX.2019 stellte sie einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehörige", der am XXXX.2019 abgewiesen wurde.

Mit der (rechtskräftigen) Strafverfügung vom XXXX.2019 wurde gegen die BF wegen eines Verstoßes gegen § 120 Abs 1a iVm §§ 31 Abs 1 und 1a FPG eine Geldstrafe von EUR 500 verhängt, weil sie nach dem Ablauf der Gültigkeitsdauer ihres Visums in Österreich geblieben sei. Abgesehen davon ist sie straf- und verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

Zur allgemeinen Lage in der Dominikanischen Republik:

Die Dominikanische Republik ist eine Präsidialrepublik nach US-amerikanischem Vorbild. Die katholische Kirche hat großen Einfluss und nimmt häufig zu politischen Fragen Stellung.

Die Sicherheitslage im Land kann als stabil bezeichnet werden, die Kriminalitätsrate ist jedoch sehr hoch und wird von der Regierung mit verschiedenen Ansätzen bekämpft.

Das Gesetz sieht eine unabhängige Justiz vor, was von der Regierung jedoch nicht respektiert wird. Unangemessene Einflussnahme auf gerichtliche Entscheidungsprozesse ist weit verbreitet; Korruption im Justizbereich ist ebenfalls ein ernsthaftes Problem. Eine hohe Zahl von Personen befindet sich ohne Urteil in Haft.

Die Zivilbehörden üben zeitweise keine effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus. Die Regierung verfügt über wirksame Mechanismen, um Missbrauch zu untersuchen und zu bestrafen; die Nationale Menschenrechtskommission behauptet jedoch, dass die Sicherheitskräfte manchmal ungestraft agieren. Bei der Polizei gibt es weiterhin erhebliche Defizite, z.B. teilweise exzessive Gewaltanwendung. Die Einheit für Innere Angelegenheiten der Polizei untersucht Vorwürfe von grobem Fehlverhalten. Beamte, denen nachgewiesen wird, dass sie außerhalb der Vorschriften gehandelt haben, werden strafverfolgt oder gekündigt.

Obwohl das Gesetz Folter und physische Misshandlung von Häftlingen und Gefangenen verbietet, gibt es Berichte, dass Sicherheitskräfte solche Praktiken angewendet haben.

Gesetzlich sind Strafen für behördliche Korruption vorgesehen, die Regierung setzt die gesetzlichen Regel jedoch nicht effektiv um. Beamte sind häufig korrupt und bleiben straffrei.

Die Menschenrechtsbilanz der Dominikanischen Republik ist im Regionalvergleich positiv, in vielen Bereichen (Gewalt gegen Frauen, Polizeiübergriffe, Behandlung von haitianischstämmigen Menschen, Dauer der Untersuchungshaft) aber dennoch verbesserungsfähig. Es gibt keine politischen Gefangenen, die politische Betätigung und Meinungs- und Pressefreiheit sind in der Verfassung verankert und werden in der Realität gelebt. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind gesetzlich verankert und werden in der Praxis üblicherweise auch respektiert. Die Haftbedingungen in den Gefängnissen schwanken zwischen angemessen und extrem hart. Die Todesstrafe wurde 1966 vollständig abgeschafft. Die Verfassung und andere Gesetze gewährleisten Religionsfreiheit. Ein Konkordat gewährt der katholischen Kirche bestimmte Privilegien, die anderen religiösen Gruppen nicht zukommen.

Es gibt Vorurteile gegen und Diskriminierung von Personen dunkler Hautfarbe. Dies wird von der Regierung geleugnet und daher auch nichts dagegen unternommen. Vorurteile bestehen auch gegenüber Personen haitianischer Abstammung.

Das Gesetz kriminalisiert Vergewaltigung (auch in der Ehe), häusliche Gewalt und andere Formen von Gewalt gegen Frauen. Gewalt gegen Frauen ist trotz staatlicher Bemühungen ein Problem. Trotz verstärkter Strafverfolgung hält familiäre Gewalt gegen Frauen an. Frauen haben nicht dieselben gesellschaftlichen und ökonomischen Möglichkeiten wie Männer, sind aber zunehmend stärker im öffentlichen Leben repräsentiert.

Das Gesetz sieht das Recht auf Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung vor und die Regierung respektiert diese Rechte mit einigen Ausnahmen auch in der Praxis. Menschen haitianischer Abstammung, die in der dominikanischen Republik geboren wurden und keine Staatsangehörigkeit oder Ausweispapiere besitzen, sind Einschränkungen der Bewegungsfreiheit in- und außerhalb des Landes ausgesetzt. Die Regierung arbeitet mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Unterstützung von Binnenvertriebenen, Flüchtlingen, zurückkehrenden Flüchtlingen, Asylwerber, Staatenlosen und anderen Personen zusammen.

Die Wirtschaft der Dominikanischen Republik wächst stark. Dieses Wachstum manifestiert sich jedoch nicht in einer breiten gesamtgesellschaftlichen Wohlstandsentwicklung; die Einkommensverteilung ist weiterhin sehr ungleich.

Die medizinische Versorgung ist zumindest in der Hauptstadt Santo Domingo im privaten Sektor zum Teil auf europäischen Niveau. Der öffentliche Sektor ist hinsichtlich personeller, apparativer, logistischer und zum Teil hygienischer Ressourcen überwiegend defizitär strukturiert, insbesondere in ländlichen Regionen. Für gewisse Bevölkerungsgruppen gibt es finanzielle Hindernisse im Zugang zu Leistungen des Gesundheitssystems. Selbstbehalte und Kostenobergrenzen werden z.B. unabhängig von der finanziellen Situation der Patienten festgelegt. Bei gewissen Krankheitsbildern und schwierigen finanziellen Verhältnissen können Medikamente kostenlos oder vergünstigt bezogen werden.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich ohne entscheidungserhebliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Identität der BF geht aus ihrem in Kopie vorliegenden, grundsätzlich unbedenklichen Reisepass hervor, aus dem sich auch ihr Geburtsort ergibt. Die Feststellungen zu ihren in der Dominikanischen Republik verbliebenen Angehörigen basieren auf ihren Angaben vor dem BFA.

Die Ehe der BF mit einem Österreicher wird anhand der übereinstimmenden Angaben der BF und ihres Ehemanns, der sich beim BFA mit seinem österreichischen Personalausweis auswies, festgestellt. Seine Erwerbstätigkeit und sein Immobilienbesitz werden anhand des Beschwerdevorbringens, das durch entsprechende Eintragungen im Grund- und Firmenbuch untermauert wird, festgestellt.

Die BF ist in einem erwerbsfähigen Alter und bezeichnete sich als gesund. Das Verfahren hat keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Probleme oder Einschränkungen ihrer Arbeitsfähigkeit ergeben. Spanischkenntnisse sind aufgrund ihrer Herkunft plausibel, zumal sie vor dem BFA angab, nur diese Sprache zu sprechen und die Kommunikation mit dem Dolmetsch für diese Sprache problemlos verlief. In der Stellungnahme an das BFA schilderte die BF, keine gute Schulbildung zu haben und auch ihre Muttersprache nicht richtig lesen und schreiben zu können. Es ist aufgrund der Eheschließung mit einem Österreicher und der Absicht der BF, sich im Bundesgebiet niederzulassen, glaubhaft, dass sie um den Erwerb von Deutschkenntnissen bemüht ist. Der Umstand, dass sie noch keine Deutschprüfung abgelegt hat, wird in der Beschwerde zugestanden, zumal weder ein entsprechendes Zeugnis noch ein Nachweis für den Besuch eines Deutschkurses vorgelegt wurde.

Eine Kopie des der BF erteilten Visums ist aktenkundig. Ihre Einreise in den Schengenraum ergibt sich aus dem Einreisestempel in ihrem Reisepass. Den Aufenthalt im Bundesgebiet seither gibt sie zu. Ihre Wohnsitzmeldung ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), der gemeinsame Haushalt mit ihrem Ehemann aus den Angaben gegenüber dem BFA, die Mitversicherung und das Fehlen einer eigenen Erwerbstätigkeit aus dem Versicherungsdatenauszug. Es ist nachvollziehbar, dass der Ehemann der BF für ihren Lebensunterhalt aufkommt, zumal ihn eine entsprechende Unterhaltspflicht trifft und es keine Hinweise darauf gibt, dass die BF (abgesehen von der Mitversicherung mit ihrem Mann) irgendwelche Sozialleistungen bezieht.

Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die Entscheidung darüber sind im Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR) dokumentiert. Die Strafverfügung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts liegt vor. Aufgrund der Mitteilung der Landespolizeidirektion XXXX vom 09.10.2019 ist davon auszugehen, dass diese rechtskräftig ist, zumal lediglich der Ehemann der BF dagegen Einspruch erhob, aber letztlich trotz Aufforderung keine Vollmacht vorgelegt wurde. Es gibt keine Anhaltspunkte für andere Verwaltungsstrafen. Aus dem Strafregister ergibt sich die Unbescholtenheit der BF in Österreich; Hinweise auf strafgerichtliche Verurteilungen in anderen Staaten liegen nicht vor.

Die Feststellungen zur allgemeinen Lage in der Dominikanischen Republik beruhen auf den Länderinformationen der Staatendokumentation, die unter detaillierter Angabe der jeweiligen Quellen in den angefochtenen Bescheid aufgenommen wurden. Dabei wurden Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne entscheidungswesentliche Widersprüche ergeben. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit und Aktualität dieser Angaben zu zweifeln. Die in den angefochtenen Bescheid aufgenommenen Länderfeststellungen werden in dieser Entscheidung zur Wahrung der Übersichtlichkeit nur auszugsweise wiedergegeben. Zu den Quellenangaben im Einzelnen wird auf den angefochtenen Bescheid verwiesen. Aufgrund der stabilen Situation in der Dominikanischen Republik sind die vom BFA herangezogenen Länderinformationen weiterhin ausreichend aktuell.

Rechtliche Beurteilung:

Im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen hat die Behörde sehr wohl Feststellungen zur allgemeinen Lage in der Dominikanischen Republik getroffen und dazu jeweils konkrete Quellen angegeben, sodass der insoweit gerügte Verfahrensmangel nicht vorliegt. Lediglich in der Beweiswürdigung wird Nordmazedonien kursorisch erwähnt, wobei diesem offenkundigen Fehler, der sich nicht sinnstörend auswirkt, keine entscheidende Bedeutung beizumessen ist.

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Da der BF ein nationales österreichisches Visum erteilt wurde, das bis XXXX.2019 gültig war, sie aber auch danach noch im Bundesgebiet verblieb, ist ihr Aufenthalt seither gemäß § 31 Abs 1a FPG nicht rechtmäßig, weil kein Fall des § 31 Abs 1 FPG vorliegt.

Grundsätzlich ist ein Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG gemäß § 21 Abs 1 NAG im Ausland bei der zuständigen österreichischen Berufsvertretungsbehörde zu stellen und die Entscheidung darüber im Ausland abzuwarten. Auch wenn es davon diverse Ausnahmen gibt (siehe § 21 Abs 2 und 3 NAG) gibt, schafft sogar eine zulässige Inlandsantragstellung kein über den erlaubten (visumfreien oder visumpflichtigen) Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht, steht der Erlassung und Durchführung von Maßnahmen nach dem FPG nicht entgegen und kann daher in Verfahren nach dem FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten (vgl. § 21 Abs 6 NAG). Die BF hätte daher nach dem Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums zulässigen visumfreien Aufenthaltsdauer jedenfalls ausreisen müssen, um die Entscheidung über den beantragten Aufenthaltstitel im Ausland abzuwarten.

Da sich die BF nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ist zunächst gemäß § 58 Abs 1 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung sind nicht erfüllt, weil der Aufenthalt der BF nie geduldet iSd § 46a FPG war und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie Zeugin oder Opfer strafbarer Handlungen oder Opfer von Gewalt wurde. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher nicht korrekturbedürftig.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Da BF nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG ("Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung", §§ 41 bis 45c FPG) fällt, ist die Entscheidung über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nach § 10 Abs 2 AsylG und § 52 Abs 1 Z 1 FPG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

Die Rückkehrentscheidung greift in das Privat- und Familienleben der BF ein und ist daher gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen der BF, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (siehe VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).

Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehrs laut Art 8 Abs 1 EMRK nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist hier gemäß § 9 Abs 2 Z 1 BFA-VG zu berücksichtigen, dass sich die BF seit weniger als einem Jahr im Bundesgebiet aufhält, wobei ihr Aufenthalt seit Anfang Juli nicht mehr rechtmäßig war. Der VwGH hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt. Bei einem Inlandsaufenthalt von unter einem Jahr kann von einer ins Gewicht fallenden Aufenthaltsdauer keine Rede sein (vgl. VwGH 24.01.2019, Ra 2018/21/0191).

Da die BF im Bundesgebiet mit ihrem österreichischen Ehemann zusammenlebt, besteht hier ein Familienleben iSd § 9 Abs 2 Z 2 BFA-VG, das aber gemäß § 9 Abs 2 Z 8 BFA-VG in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die BF und ihr Mann ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zumal keine Veranlassung bestand, von der Zulässigkeit eines Aufenthalts über den XXXX.2019 hinaus auszugehen. Wenn von vornherein ein längerfristiger Aufenthalt in Österreich geplant gewesen wäre, hätte die BF kein Visum D beantragen dürfen, sondern gleich einen Aufenthaltstitel, zumal die Verlängerung eines Visums D in Österreich nicht möglich ist. Da die BF schon kurz nach ihrer Einreise einen Aufenthaltstitel als Familienangehörige beantragte und weder nach dem Ablauf der Gültigkeitsdauer ihres Visums noch nach der Abweisung dieses Antrags ausreiste, obwohl sie bislang keine Deutschprüfung ablegte, ist davon auszugehen, dass sie von Anfang an beabsichtigte, die Regeln über den Familiennachzug zu umgehen.

Die BF versucht, Deutsch zu lernen. Weitere konkrete Integrationsbemühungen sind nicht erkennbar. Abgesehen von ihrem Ehemann hat sie im Inland keine ihr nahestehenden Bezugspersonen.

Die BF hat immer noch starke Bindungen an ihren Heimatstaat iSd § 9 Abs 2 Z 5 BFA-VG, wo sie ihr bisheriges Leben überwiegend verbrachte. Sie ist mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut und sprachkundig; sowohl ihre Eltern und Geschwister als auch ihre Kinder, von denen eines noch minderjährig ist, leben dort. Sie wird daher in der Dominikanischen Republik in der Lage sein, weiterhin für ihren Lebensunterhalt aufzukommen (zumal sie einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann hat, der sie auch dort unterstützen kann) und sich ohne größere Probleme wieder in die dortige Gesellschaft zu integrieren, zumal sie dort bis März 2019 lebte und davon auszugehen ist, dass sie (neben ihren dort lebenden Angehörigen) über ein übliches soziales Netzwerk und der langen Aufenthaltsdauer entsprechende kulturelle Anknüpfungen verfügt.

Die nach § 9 Abs 2 Z 6 BFA-VG maßgebliche strafrechtliche Unbescholtenheit der BF vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (vgl VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253). Abgesehen von ihrem nicht rechtmäßigen Aufenthalt liegen keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung iSd § 9 Abs 2 Z 7 BFA-VG vor; ebensowenig bestehen den Behörden zurechenbare überlange Verzögerungen iSd § 9 Abs 2 Z 9 BFA-VG.

Dem (schon aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer vergleichsweise geringen) Interesse der BF an einem Verbleib im Inland steht das große öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen und an einem geordneten Vollzug fremdenrechtlicher Vorschriften gegenüber, dem im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt. Bei der gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmenden Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung gegen das gegenläufige persönliche Interesse der BF am Maßstab des Art 8 EMRK ist das Ergebnis der vom BFA vorgenommenen Interessenabwägung, wonach Ersteres überwiegt, auch bei Berücksichtigung des Familienlebens der BF im Inland nicht zu beanstanden. Eine Trennung der BF von ihrem österreichischen Ehepartner ist gerechtfertigt, weil dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund der von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den Familiennachzug ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (siehe zuletzt VwGH 24.09.2019, Ra 2019/20/0446), zumal aufgrund der rechtskräftigen Bestrafung wegen einer Übertretung des FPG eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert ist (vgl § 53 Abs 2 Z 3 FPG). Die BF kann den Kontakt zu ihrem Ehemann nach ihrer Rückkehr in die Dominikanische Republik über diverse Kommunikationsmittel (Telefon, Internet) und bei wechselseitigen Besuchen pflegen, wenn ein gemeinsames Familienleben in ihrem Herkunftsland nicht zumutbar ist. Durch die Rückkehrentscheidung wird Art 8 EMRK somit im Ergebnis nicht verletzt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen oder wurden in der Beschwerde behauptet, die eine Rückkehrentscheidung (vorübergehend oder auf Dauer) unzulässig erscheinen lassen. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. der Beschwerde ist damit unbegründet; die in der Beschwerde begehrte Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG kommt nicht in Betracht.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Weder den Verwaltungsakten (insbesondere den Feststellungen zur allgemeinen Lage in der Dominikanischen Republik) noch dem Vorbringen der BF lässt sich entnehmen, dass eine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, sodass die Abschiebung der BF in ihren Herkunftsstaat zulässig ist. In Anbetracht der vorrangigen Funktion der Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG, (lediglich) den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, ist es nicht Aufgabe des BFA oder des BVwG, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt (VwGH 07.03.2019, Ra 2019/21/0044).

Konkrete Gründe für die Unzulässigkeit der Abschiebung werden in der Beschwerde nicht behauptet. Es ist insbesondere angesichts des Unterhaltsanspruchs der BF gegen ihren Ehemann, der in Österreich ein regelmäßiges Einkommen und Vermögen (Liegenschaftsbesitz, Geschäftsanteil) hat, ist nicht zu befürchten, dass ihr in ihrem Heimatstaat jegliche Existenzgrundlage fehlen würde. Unter Berücksichtigung der stabilen Situation in der Dominikanischen Republik sowie der Lebensumstände der gesunden, arbeitsfähigen BF, die dort bis März 2019 lebte und auch familiäre Anknüpfungen hat, ist Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Zugleich mit einer Rückkehrentscheidung wird gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt, die grundsätzlich 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheids beträgt. Da die BF keine besonderen Umstände nachgewiesen hat, die eine längere Frist erforderlich machen, ist auch Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids vor diesem gesetzlichen Hintergrund nicht korrekturbedürftig.

Eine Beschwerdeverhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt, zumal das Gericht ohnehin von der Richtigkeit der in der Beschwerde aufgestellten, glaubhaften Behauptungen der BF, insbesondere zu ihrem Familienleben im Bundesgebiet, ausgeht, sodass die in der Beschwerde beantragte Einvernahme ihres Ehemanns dazu nicht geboten ist, zumal er ohnehin vom BFA befragt wurde.

Die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen nicht revisibel. Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und für die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots (VwGH 29.05.2018, Ra 2018/20/0259). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG dabei an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Resozialisierung,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2225755.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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