TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/19 I401 2143304-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2019
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Entscheidungsdatum

19.12.2019

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

I401 2143304-1/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch die PKF Österreicher & Partner GmbH & Co KG Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung, Hegelgasse 8, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Vorarlberger Gebietskrankenkasse vom 23.09.2016 (in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 03.11.2016) betreffend "Beitragshaftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG" zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe Folge gegeben, als der im Spruchpunkt 1. angeführte Gesamtbetrag in der Höhe von € 26.627,28 auf € 18.660,81 und der im Spruchpunkt 2. jeweils angeführte Betrag in der Höhe von € 26.627,28 auf € 14.875,64 herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 23.09.2016 sprach die Vorarlberger Gebietskrankenkasse (in der Folge als VGKK bezeichnet) gegenüber

XXXX (in der Folge als Beschwerdeführer bezeichnet) die Haftung für Sozialversicherungsbeiträge der "VXXXX m.b.H. (in der Folge als V GmbH oder als Primärschuldnerin bezeichnet) in der Höhe von insgesamt € 26.627,28 (incl. Verzugszinsen von € 4.954,16), wobei die Beitragsnachverrechnungen vom 25.03.2013 und 14.11.2013 sowie die Berechnung des Haftungsbetrages vom 23.09.2016 einen integrierten Bestandteil dieses Bescheides bilden würden, aus (Spruchpunkt 1.) und verpflichtete ihn, diesen Betrag zuzüglich Verzugszinsen ab Zustellung des Bescheides in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe (derzeit 7,88 %), berechnet aus € 26.627,28, binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen an die VGKK zu bezahlen (Spruchpunkt 2.).

Begründend führte die VGKK aus, der Beschwerdeführer sei in der Zeit vom 20.06.2012 bis zu seiner mit Gesellschafterbeschluss vom 10.01.2013 mit sofortiger Wirkung erfolgten Abberufung als selbstständig vertretungsbefugter, handelsrechtlicher Geschäftsführer der V GmbH tätig gewesen. Während der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers sei WXXXX FXXXX (in der Folge als Mitgeschäftsführer bezeichnet), der im Firmenbuch als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V GmbH eingetragen gewesen sei, nicht selbständig, sondern nur gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer, nämlich mit dem Beschwerdeführer, seit 20.06.2012 als kollektiv vertretungsbefugter Geschäftsführer berufen gewesen.

Nach dem Insolvenzbericht des Insolvenzverwalters vom 28.02.2013 ergebe sich aus den Geschäftsführerverträgen ein definierter Aufgabenbereich der beiden Geschäftsführer. Demzufolge sei der Beschwerdeführer für das Personal und die personelle Ausrichtung sowie die Finanzen und die wirtschaftliche Ausrichtung zuständig gewesen. Zudem habe seine Kompetenz die alleinige Befugnis der Verfügung über die Bankkonten und den Zugriff auf die Bankkonten umfasst. Der Mitgeschäftsführer habe ab dem 20.06.2012 keinerlei Kompetenzen hinsichtlich der finanziellen Belange der V GmbH innegehabt.

Der Einwand des Beschwerdeführers, dass der Mitgeschäftsführer Accountable Manager gewesen sei, reiche nicht hin, die Verantwortung abzuschieben. Aus der Definition des Accountable Managers gehe nicht hervor, dass mit dieser Funktion sozialversicherungsrechtliche Pflichten umfasst sein sollten. Auch die Tatsache, dass der Mitgeschäftsführer nur gemeinsam mit dem Beschwerdeführer im haftungsrelevanten Zeitraum habe tätig werden können, spreche für die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Haftungspflichtigen.

Was die (zu ergänzen: in der zwischen dem Mitgeschäftsführer und den Gesellschaftern der V GmbH abgeschlossenen Zusatzvereinbarung vom 20.06.2012 enthaltenen) Erklärung der Schad- und Klagloshaltung betrifft, sei festzuhalten, dass diese nur im Innenverhältnis der Gesellschaft Wirkung entfalte, im Außenverhältnis bleibe der Beschwerdeführer zur Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten verantwortlich.

Die Beitragsnachverrechnungen vom 25.03.2013 sowie 14.11.2013 würden die Grundlage für die Feststellung der schuldhaften Meldepflichtverletzung gemäß § 111 ASVG darstellen. Aufgrund der Melde- und Beitragspflicht hätten die Beitragsgrundlagen, die sich aus dem Gesetz (Arbeitszeitgesetz, etc.) ergäben, mit Ende des Kalendermonates, spätestens aber am 15. des Folgemonats, in dem der Anspruch entstanden sei, an die VGKK gemeldet werden müssen, was nicht geschehen sei. Für die gegenständlichen Dienstnehmer komme kein gültiger Kollektivvertrag zur Anwendung. Es seien die Dienstvereinbarungen der einzelnen Dienstnehmer als Berechnungsgrundlage herangezogen worden. Bei der Beitragsnachverrechnung vom 25.03.2013 seien die Beiträge zur Sozialversicherung nachverrechnet worden, weil bei den Dienstnehmern P S und A H laut ihren an den Insolvenz-Entgelt-Fonds gerichteten Anträgen auf Insolvenzentgelt die Löhne nicht zur Gänze ausbezahlt worden seien. Da in der Sozialversicherung das Anspruchsprinzip gelte, wäre am Ende des jeweiligen Beitragszeitraumes das gesamte zu entrichtende Entgelt zu melden gewesen und nicht lediglich jener Teil, welcher tatsächlich bezahlt worden sei. Bei diesen beiden Dienstnehmern seien auch die Beiträge für die ihnen im Dezember 2012 gebührenden Sonderzahlungen nachverrechnet worden. Der Haftungsbetrag aus der schuldhaften Meldepflichtverletzung betrage €

4.567,41. Davon habe die Insolvenz-Entgelt-Fonds Service GmbH einen Betrag von € 1.619,30 bezahlt. Sohin verbleibe aus der Beitragsnachverrechnung vom 25.03.2013 ein Haftungsbetrag aufgrund schuldhafter Meldepflichtverletzungen in der Höhe von € 2.948,11.

Im Rahmen der Beitragsnachverrechnung vom 14.11.2013 habe der Beitragsprüfer der VGKK festgestellt, dass es sich bei M P um einen Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG gehandelt habe. Die V GmbH habe es unterlassen, M P ordnungsgemäß als Dienstnehmer anzumelden sowie seinen Arbeitsverdienst zu melden und die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Für den Zeitraum vom 17.06.2011 bis 31.03.2013 seien die entsprechenden An- und Abmeldungen erstellt und die sich für den relevanten Zeitraum vom Juli bis Dezember 2012 ergebenen Beiträge und Umlagen nachverrechnet worden. Der Haftungsbetrag aus der schuldhaften Meldepflichtverletzung betrage € 3.551,10. Davon habe die Insolvenz-Entgelt-Fonds Service GmbH einen Betrag von € 1.252,23 bezahlt. Sohin verbleibe aus der Beitragsnachverrechnung vom 14.11.2013 ein Haftungsbetrag aufgrund schuldhafter Meldepflichtverletzungen in der Höhe von € 2.298,07.

Aus beiden Beitragsnachverrechnungen ergebe sich daher insgesamt ein Haftungsbetrag von € 5.246,98 aufgrund schuldhafter Meldepflichtverletzungen.

Das für die Haftung erforderliche Verschulden könne dem Beschwerdeführer erst dann und nur insoweit angelastet werden, als er verpflichtet gewesen wäre, bestimmte konkret zu bezeichnende Meldungen zu erstatten und das Wissen um diese Meldepflicht entweder als vom Grundwissen des Geschäftsführers einer GmbH umfasst anzusehen oder das Nichtwissen von ihm zu vertreten wäre. Auf Grund des zu unterstellenden Grundwissens eines Meldepflichtigen sowie der Verpflichtung, dass er sich darüber hinaus grundsätzlich alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen notwendigen Kenntnisse verschaffen müsse, so er diese nicht besitze und den Mangel im Falle einer darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzung als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt zu vertreten habe, liege es im Zuge der Gewährung des Parteiengehörs sodann beim Meldepflichtigen darzutun, dass er entweder die Verpflichtung im Sinne des § 35 Abs. 3 ASVG an Dritte übertragen habe oder aus welchen sonstigen Gründen ihn kein Verschulden an der Unterlassung der Meldung treffe.

Der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der V GmbH gewesen. Es liege im Wissen eines jeden Dienstgebers, dass auf Grund einer Tätigkeit in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt Anspruch auf das vereinbarte Mindestentgelt bestehe, bei Erbringung von Mehrleistungen Mehrarbeits- bzw. Überstundenentgelte zu bezahlen seien und im Rahmen der Urlaubsersatzleistung ein Anspruch auf Bezahlung von vereinbarten Sonderzahlungen bestehe. Der Beschwerdeführer hätte vom Vorliegen der Ansprüche der Dienstnehmer, bei denen die Nachverrechnung erfolgt sei, wissen müssen. Da er seinen Meldepflichten, obwohl diese von seinem Grundwissen umfasst hätten sein müssen, als Geschäftsführer nicht zum gesetzlich vorgesehen Zeitpunkt (am 15. des Monats, der auf den Monat der Anspruchsentstehung folge) nachgekommen sei, habe er verschuldet gehandelt.

Wenn die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers in ihrer Stellungnahme vom 23.01.2015 ausführe, dass der Mitgeschäftsführer mehrmals vom Beschwerdeführer abgemahnt worden sei, keine "Freelancer" mehr zu beschäftigen, es eine Vereinbarung gebe, wonach der Mitgeschäftsführer für etwaige Nachverrechnungen aufgrund eingestellter "Freelancer" hafte, so sei dazu auszuführen, dass auch das mehrmalige Abmahnen des Mitgeschäftsführers den Beschwerdeführer nicht von seinen Verpflichtungen als Geschäftsführer entbinde. Die (Zusatz-) Vereinbarung über eine etwaige Haftung durch den Mitgeschäftsführer betreffe lediglich das Innenverhältnis und befreie den Beschwerdeführer jedoch nicht von seiner Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG. Er habe von der, wenn auch von ihm nicht gewollten, Beschäftigung des M P gewusst (s. E-Mail vom 12.09.2012). Allein dieses Wissen reiche aus, die beim Beschwerdeführer gelegene sozialversicherungsrechtliche Meldeverpflichtung auszulösen.

Eine Übertragung der Erfüllung der Meldepflichten auf einen Bevollmächtigten gemäß § 35 Abs. 3 ASVG sei nicht erfolgt.

Hätte der Beschwerdeführer die Beitragsgrundlagen ordnungsgemäß am

15. des auf den jeweiligen Beitragszeitraum folgenden Monat gemeldet, hätten die Beiträge zu diesem Zeitpunkt noch einbringlich gemacht werden können, weil die Zahlungsunfähigkeit erst im Februar 2013 eingetreten sei. Es lägen keine Anhaltspunkte für die Uneinbringlichkeit zu den genannten Zeitpunkten vor. Die Meldepflichtverletzung sei somit kausal für die Uneinbringlichkeit der Beiträge gewesen.

Zur Geschäftsführerhaftung wegen Ungleichbehandlung führte die VGKK aus, dass sozialversicherungsrechtliche Beitragsschulden Bringschulden und nur dann rechtzeitig entrichtet seien, wenn sie innerhalb von 15 Tagen nach ihrer Fälligkeit bei der Gebietskrankenkasse eingezahlt worden seien. Beitragsschuldner sei gemäß § 58 Abs. 2 ASVG der Dienstgeber. Stünden der Beitrags- bzw. Primärschuldnerin im Beobachtungszeitraum zumindest anteilige Mittel zur Beitragsentrichtung zur Verfügung, habe sie aber zunächst die nach Meinung ihres Vertreters für die Aufrechterhaltung des Betriebes notwendigen (anderen) Zahlungen geleistet, so habe der Vertreter damit bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel andere Gläubiger bevorzugt und gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen. Auch der Umstand, dass die Löhne der von der Primärschuldnerin beschäftigten Dienstnehmer oder der Mietzins für die Geschäftsräumlichkeiten im Beobachtungszeitraum zur Gänze beglichen worden seien, während die Beiträge zur Sozialversicherung unberichtigt geblieben seien, rechtfertige die Annahme eines haftungsbegründenden Verschuldens bzw. die Annahme einer Pflichtverletzung des Vertreters. Die Bevorzugung anderer Gläubiger und eine gleichzeitige Schlechterstellung der VGKK würden zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch den Beschwerdeführer führen.

Die steuerliche Vertretung habe im Schreiben vom 17.06.2015 erläutert, dass ab jenem Zeitpunkt, ab welchem die VGKK von der V GmbH nicht mehr bedient worden sei, nämlich ab 15.11.2012, nur mehr Zahlungen getätigt worden seien, die der Aufrechterhaltung des Betriebes gedient hätten, so insbesondere die Bezahlung der Gehälter der Dienstnehmer sowie die Begleichung der Kosten im Zusammenhang mit dem Flugbetrieb, diverser Treibstofflieferanten, der Euro Control und diverser anderer Gläubiger. Die VGKK habe ab diesem Zeitpunkt keinerlei Zahlungen mehr erhalten.

Schon mit Schreiben der VGKK vom 05.11.2014 sei der Beschwerdeführer ersucht worden, alles vorzubringen, was gegen eine Haftungsinanspruchnahme auf Grund schuldhafter Meldepflichtverletzungen und/oder Ungleichbehandlung spräche, und Unterlagen vorzulegen, die belegen würden, welche Gesamtverbindlichkeiten jeweils zum Stichtag ausgehaftet hätten, welche Zahlungen auf diese Verbindlichkeiten geleistet worden seien, welche Zahlungseingänge am Bankkonto eingegangen seien, inwiefern zu diesen Zeitpunkten liquide Mittel zur Verfügung gestanden und wann die letzten Zahlungen an einen Gläubiger der V GmbH geleistet worden seien. Diesem Ersuchen um Vorlage von Unterlagen sei der Beschwerdeführer, trotz mehrmaliger Aufforderungen, nicht in einem umfassenden Sinn nachgekommen. Die von ihm vorgelegten (und im bekämpften Bescheid angeführten) Unterlagen würden für eine Berechnung der (Un-) Gleichbehandlung nicht ausreichen, insbesondere deshalb nicht, weil unbekannt geblieben sei, welche Zahlungen auf welche im Zeitraum Juni bis Dezember 2012 entstandenen Verbindlichkeiten geleistet worden seien und ob die VGKK gegenüber den übrigen Gläubigern der V GmbH bevorzugt (gemeint wohl: nicht benachteiligt) worden sei. Mangels geeigneter Unterlagen sei daher davon auszugehen, dass die VGKK gegenüber den anderen Gläubigern ungleich behandelt worden sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen habe, sei es auch im sozialversicherungsrechtlichen Haftungsverfahren Sache des haftungspflichtigen Geschäftsführers darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge habe tragen können, dass die Beitragsschulden rechtzeitig (zur Gänze) entrichtet werden. Würden die vorhandenen Mittel zur Befriedigung sämtlicher Gläubiger nicht ausreichen, habe der Vertreter darzutun, dass er den Sozialversicherungsträger bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt habe. Die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit enthebe den Vertreter nicht von dieser Darlegungspflicht. Nicht die Behörde habe das Ausreichen der Mittel zur Entrichtung der Beiträge nachzuweisen, sondern der zu Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Denn ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde treffe denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle - über die ihn stets allgemein treffende Behauptungslast im Verwaltungsverfahren hinaus - die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm deren Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden dürfe, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, es seien nicht genügend Mittel vorhanden gewesen, es sei nur ein Notbetrieb aufrechterhalten worden und auf Kreditkartenzahlungen habe er keinen Einfluss gehabt, führe nicht zum Ziel. Er habe durch die Vorlage von Unterlagen nicht belegt, dass nicht genügend Mittel vorhanden gewesen seien. Auch wenn tatsächlich nicht genügend Mittel vorhanden gewesen wären, hätte die V GmbH den Sozialversicherungsträger nicht schlechter stellen dürfen als die anderen Gläubiger. Nur eine gänzliche Zahlungseinstellung oder die Gläubigergleichbehandlung schließe bei vorliegender Überschuldung eine haftungsauslösende schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers aus. Aufgrund der Nichtvorlage von geeigneten Unterlagen bzw. der unterlassenen Darlegung der Gründe für die nicht rechtzeitig entrichteten Beiträge und der unterschiedlichen Behandlung der Gläubiger sei die VGKK ohne weiteres zur Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung mit der Konsequenz einer Haftung des Haftungspflichtigen für die gesamten offenen Beitragsverbindlichkeiten berechtigt.

Was den Vorwurf der Verletzung der Gleichbehandlungspflicht durch den Beschwerdeführer betreffe, seien die nachverrechneten Beiträge für Juni, Juli, September, November und Dezember 2012 sowie die Gebühren für die Fahrnisexekution im Juni 2012 in der Höhe von insgesamt € 16.426,14 nicht bezahlt worden, obwohl in diesen Beitragsmonaten die Forderungen anderer Gläubiger zur Gänze beglichen worden seien. Der Haftungsbetrag bei der Haftung wegen Ungleichbehandlung entspreche der anteilsmäßigen Schlechterstellung der Sozialversicherungsbeiträge gegenüber den anderen Verbindlichkeiten. Da die Pflichtverletzung des Vertreters dafür ursächlich sei, dass der Sozialversicherungsträger die Beitragszahlungen nicht ordnungsgemäß erhalten habe, habe der Vertreter auch die anteiligen Verzugszinsen als wirtschaftliches Äquivalent für die verspätete Zahlung zu tragen. Gleiches gelte auf Grund der ausdrücklichen Anordnung in § 83 ASVG jedenfalls auch für Verwaltungskostenersätze.

Da jene die Ungleichbehandlung betreffenden Sozialversicherungsbeiträge für die nachverrechneten Beiträge aus den oben angeführten Monaten nicht bis zum 15. des auf den jeweiligen Beitragsmonat folgenden Monat bezahlt worden seien, fielen Verzugszinsen für das jeweilige Kalenderjahr in der jeweils gültigen gesetzlichen Höhe an. Sie beliefen sich auf € 4.954,16.

2. Die gegen diesen Bescheid rechtzeitig und zulässig erhobene Beschwerde begründete der steuerlich vertretene Beschwerdeführer im Wesentlichen damit, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht vorliege. Aus dem Firmenbuch sei ersichtlich, dass sowohl der Mitgeschäftsführer als auch der Beschwerdeführer seit 20.06.2012 als Geschäftsführer der V GmbH tätig gewesen seien. Zwischen den beiden Geschäftsführern habe es eine Aufgabenteilung gegeben. Der interne, kaufmännische Bereich sei in die Verantwortung des Mitgeschäftsführers gefallen, während der Beschwerdeführer, der auch als Pilot zum Einsatz gekommen sei, vor allem für die strategische Ausrichtung und Finanzierung zuständig gewesen sei. Dementsprechend sei auch die Buchhaltung und Personalverrechnung vom Mitgeschäftsführer in Vorarlberg besorgt worden, hingegen sei der Beschwerdeführer vorwiegend in Ostösterreich tätig gewesen.

Der Mitgeschäftsführer, der als "Accountable Manager" für den Flugbetrieb der V GmbH verantwortlich gewesen sei, sei der Austro Control als zuständige Aufsichtsbehörde als für den Flugbetrieb "verantwortlicher Geschäftsführer" bekannt gegeben worden. Zu seinem Aufgabengebiet habe auch der Einsatz der Piloten bzw. deren Anstellung gehört. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer habe der Beschwerdeführer keinen Einfluss auf die Anstellung bzw. Beschäftigung des Personals, das im Flugbetrieb zum Einsatz gekommen sei, gehabt. Der Mitgeschäftsführer sei als Geschäftsführer und "Accountable Manager" bei der Austro Control (Behörde) eingetragen gewesen, was bedeute, dass er verpflichtend für die finanziellen Angelegenheiten im Flugbetrieb verantwortlich gewesen sei. Ihn habe auch die Verpflichtung getroffen, die finanzielle Leistungsfähigkeit der V GmbH dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als zuständige Behörde darzustellen, wobei er (wie der dargelegten E-Mail entnommen werden könne) diese Meldung letztmalig am 04.09.2012 erstattet habe. In dieser Funktion als "Accountable Manager" habe der Mitgeschäftsführer auch alle Zugangsdaten zum Konto der Sparkasse gehabt. Aufgrund seiner luftfahrtrechtlichen Funktion und der daraus abzuleitenden Verantwortung seien auch sämtliche Rechnungen zu Handen des Mitgeschäftsführers (an die Adresse in Dornbirn) gegangen. Des Weiteren habe er Aufstellungen betreffend die eingegangenen Rechnungen erstellt und diese an den Beschwerdeführer zur Information weitergeleitet. Das Belegwesen der Gesellschaft sei ausschließlich vom Mitgeschäftsführer verwaltet worden.

Der Beschwerdeführer habe natürlich seine infolge der Aufgabenteilung immanente Kontroll- und Überwachungspflicht nicht vernachlässigt, jedoch seien ihm seitens seines Mitgeschäftsführers wesentliche Informationen vorenthalten bzw. anders dargestellt worden.

Die Beschäftigung von "Freelancern" habe der Beschwerdeführer dem Mitgeschäftsführer ausdrücklich untersagt und sei dieser sogar schriftlich abgemahnt worden.

Darüber hinaus seien von der kontoführenden Bank noch Zahlungsaufträge des Mitgeschäftsführers entgegengenommen und durchgeführt worden, obwohl er nicht mehr zeichnungsberechtigt gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei vom für das Rechnungswesen zuständigen Mitgeschäftsführer stets dahingehend informiert worden, dass alles in Ordnung sei. Der Beschwerdeführer sei praktisch nicht in der Lage gewesen, auf die finanzielle Gebarung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen. Eine schuldhafte Pflichtverletzung liege daher nicht vor. Rechtsrichtig hätte der Haftungsbescheid nur gegenüber dem Mitgeschäftsführer erlassen werden dürfen.

Zur Betragsnachverrechnung M P betreffend sei festzuhalten, dass dieser ausschließlich als Prüfer für Piloten eingesetzt worden und in dieser Funktion selbständig tätig gewesen sei.

Der Beschwerdeführer stellte die Anträge, den bekämpften Bescheid sowohl hinsichtlich des Haftbetrages als auch hinsichtlich der Verzugszinsen aufzuheben und eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 03.11.2016 wies die VGKK die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde ab, wobei sie zu den in der Beschwerde vorgebrachten Argumenten Ausführungen tätigte, insbesondere, dass die Pflichtversicherung des M P als Dienstnehmer nach dem ASVG rechtskräftig festgestellt worden sei.

4. Mit begründetem Schriftsatz vom 23.11.2016 beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

5. Nach mehrmaliger An- und Abberaumung einer mündlichen Verhandlung fand am 21.10.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, bei welcher der Mitgeschäftsführer als Zeuge und der Beschwerdeführer als Partei einvernommen wurden.

6.1.1. Mit Schriftsatz vom 13.11.2019 forderte das Bundesverwaltungsgericht mit näherer Begründung die VGKK auf, den (Teil-) Haftungsbetrag für den Dienstnehmer M P sowie die daraus resultierenden Verzugszinsen insofern neu zu berechnen, als eine tageweise Beschäftigung und die für die Einsatztage von der Primärschuldnerin tatsächlich geleisteten Beträge zu Grunde zu legen wären. Im konkreten Fall bilde nicht die Pflichtversicherung dieses Dienstnehmers, sondern die Haftung des Beschwerdeführers den Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesverwaltungsgericht habe von Amts wegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Haftungspflichtigen zu prüfen. Aus den übermittelten Unterlagen ergebe sich, dass der Dienstnehmer M P in den relevanten Monaten ("nur") tageweise beschäftigt gewesen sei und er in den Monaten Oktober und Dezember 2012 keinen (Flug-) Einsatz gehabt habe.

6.1.2. Mit E-Mail des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.12.2019 erging an die VGKK das Ersuchen, den Haftungsbetrag und die Verzugszinsen, welche der Beschwerdeführer allenfalls zu entrichten habe, neu zu berechnen, weil mit Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 01.02.2013 der Konkurs über das Vermögen der V GmbH eröffnet worden sei. Mit Gesellschafterbeschluss vom 10.01.2013 sei der Beschwerdeführer mit sofortiger Wirkung abberufen worden. Ab diesem Zeitpunkt habe nur mehr der Mitgeschäftsführer die V GmbH alleine selbständig nach außen vertreten. Die am Ende des Beitragsmonats fälligen Sozialversicherungsbeiträge für den Monat Dezember 2012 hätten bis spätestens 15. des Folgemonats, also bis 15.01.2013, gemeldet und entrichtet werden müssen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer nicht mehr Geschäftsführer der V GmbH und die Primärschuldnerin noch liquide gewesen.

6.2.1. Die VGKK übermittelte mit der Stellungnahme vom 14.11.2019 die aus der tageweisen Beschäftigung des Dienstnehmer M P resultierende Neuberechnung des (Teil-) Haftungsbetrages, der Verzugszinsen sowie des gesamten Haftungsbetrages.

6.2.2. Die VGKK übermittelte mit den Stellungnahmen (jeweils) vom 09.12.2019 auf Grund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer mit Gesellschafterbeschluss vom 10.01.2013 als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung abberufen worden sei und die Meldung der Beiträge für den Monat Dezember 2012 der Mitgeschäftsführer hätte vornehmen müssen, unter Mitberücksichtigung der Meldepflichtverletzungen den neu berechneten Haftungsbetrag und die Verzugszinsen.

6.3. In den Stellungnahmen vom 20.11.2019 und vom 16.12.2019 betonte der Beschwerdeführer erneut, dass in einem Flugunternehmen der Accountable Manager für sämtliche, den Flugbetrieb betreffende Aufgaben zuständig und verantwortlich sei. Nur er entscheide, welches Personal für welche Flüge zum Einsatz käme. Nur er könne die Qualifikation des Flugpersonals beurteilen und dieses in weiterer Folge entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen einsetzen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die V GmbH wurde am 10.02.1989 in das Firmenbuch des Landesgerichts Feldkirch eingetragen. Mit Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 01.02.2013 wurde der Konkurs eröffnet und mit Beschluss vom 16.07.2013 der Konkurs mangels Kostendeckung gemäß § 123a Insolvenzordnung (IO) aufgehoben. Am 26.09.2013 erfolgte die amtswegige Löschung der Firma gemäß § 40 Firmenbuchgesetz (FBG).

Die V GmbH, deren Geschäftsanschrift zunächst in Wien und ab Juni 2011 in Dornbirn war, unterhielt auch in Wien ein Büro. Die Büroräumlichkeiten waren angemietet. Ihr Unternehmensgegenstand bestand in der gewerblichen "Vercharterung" von Luftfahrtzeugen und der Durchführung von Flügen für (vermögende) (Geschäfts-) Kunden. Sie war nicht Eigentümerin von Luftfahrzeugen.

1.2.1. Seit 16.02.2007 vertrat der Mitgeschäftsführer als einziger Gesellschafter-Geschäftsführer die GmbH nach außen. Mit dem Verkauf bzw. der Abtretung seines Anteils vom 20.06.2012 trat er seinen 100 %-igen Anteil an der V GmbH an die Schoen Aerospace Trading & Consulting GmbH, die einen Anteil von 51 % erwarb, und ovidis projectmanagment GmbH, die einen Anteil von 49 % erwarb, ab. Der Beschwerdeführer war und ist bei der zuletzt angeführten GmbH alleiniger Geschäftsführer.

Mit der Übertagung der Geschäftsanteile vom 20.06.2012 wurde die Zusatzvereinbarung zum Anteilskaufvertrag vom selben Tag getroffen, der zufolge der Mitgeschäftsführer unter anderem mindestens drei Jahre für das Unternehmen als "Accountable Manager", Flugbetriebsleiter und Pilot zur Verfügung stehen wird (Pkt. 3.) und es den Parteien bekannt ist, dass derzeit bei der V GmbH eine sozialversicherungsrechtliche Überprüfung der Werkverträge mit Freelancern stattfindet und sich der Mitgeschäftsführer, weil aus dieser Prüfung möglicherweise eine Nachzahlung an Sozialversicherungsbeiträgen entstehen kann, verpflichtet, für diese Zahlungen [den Beschwerdeführer] und die V GmbH schad- und klaglos zu halten (vgl. Pkt. 8.).

Mit dem Verkauf des Geschäftsanteiles des Mitgeschäftsführer am 20.06.2012 ging auch eine Änderung in der Buchführung, der Lohnverrechnung und der steuerlichen Vertretung der Primärschuldnerin einher.

1.2.2. Der Beschwerdeführer vertrat im entscheidungswesentlichen Zeitraum vom 10.06.2012 bis 10.01.2013 die Primärschuldnerin als selbständig vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer allein nach außen. Mit Gesellschafterbeschluss vom 10.01.2013 wurde er mit sofortiger Wirkung abberufen.

Ab dem 10.06.2012 war der Mitgeschäftsführer zur gemeinsamen Vertretung der V GmbH mit einem weiteren Geschäftsführer, nämlich mit dem Beschwerdeführer, berechtigt.

1.2.3. Der Beschwerdeführer war für die strategische Ausrichtung der Gesellschaft als Eigentümervertreter, das Personal und die personelle Ausrichtung, die Finanzen und die wirtschaftliche Ausrichtung, die Akquisition von Flugzeugeigentümern und Charter-Kunden, die Betreuung von bestehenden Kunden, das Marketing sowie die EDV zuständig. Er hatte uneingeschränkten Zugriff auf die Bankkonten der V GmbH sowie die Befugnis, über die Bankkonten zu verfügen.

Der Mitgeschäftsführer als gemeinsam mit dem Beschwerdeführer vertretungsbefugtes Organ der V GmbH war als Pilot, Flugbetriebsleiter und Accountable Manager beschäftigt. Zu seinem Aufgabengebiet gehörte die Überwachung der Technik, der Crew und das Flight-Department, die Akquisition und Betreuung der Flugzeugeigentümer und Charterkunden (Passagiere), die Kunden- und Eigentümerpflege sowie die Erstellung der Abrechnungen an die Flugzeugeigentümer und Dritte. Dem Mitgeschäftsführer kam keine Befugnis zu, auf die Bankkonten zuzugreifen und über die Bankkonten zu verfügen.

1.3.1. Der Dienstnehmer A H war als Pilot in der Zeit vom 16.07.2012 bis 12.02.2013 als Dienstnehmer bei der V GmbH beschäftigt. Für diesen Zeitraum machte er gegenüber dem Insolvenz-Entgelt-Fonds (Brutto-) Entgeltforderungen (incl. Sonderzahlungen etc.) mit der Begründung geltend, dass ihm nur ein Teil des in der Höhe von €

1.500,-- brutto gebührenden Lohnes bezahlt worden sei.

Der Dienstnehmer P S unterlag auf Grund seiner Beschäftigung bei der V GmbH als Pilot in der Zeit vom 13.07.2012 bis 12.02.2013 der Vollversicherungspflicht nach dem ASVG. Für diesen Zeitraum meldete er Entgeltforderungen (incl. Sonderzahlungen etc.) mit derselben Begründung wie der Dienstnehmer A H bei der Insolvenz-Entgelt-Fonds Service GmbH (IEF-Service GmbH) an.

Der nachverrechnete Betrag von insgesamt € 3.929,03 resultiert aus der Differenz zwischen den von den beiden Dienstnehmern gegenüber der IEF-Service GmbH geltend gemachten (Brutto-) Entgeltforderungen und den von der V GmbH an die VGKK tatsächlich abgeführten Beiträgen, die auf die nur teilweise ausbezahlten Löhne entfielen. Nach Abzug der Zahlungen der IEF-Service GmbH in der Höhe von €

1.392,83 haftet noch der Betrag von € 2.536,18 aus.

1.4. Die VGKK stellte mit Bescheid vom 18.10.2013 fest, dass M P auf Grund seiner Tätigkeit als Pilot in der Zeit vom 17.06. bis 31.07. und vom 01.09. bis. 30.11.2011 sowie vom 01.01. bis 31.03., vom 01.07. bis 30.09. und vom 01.11.2012 bis 31.03.2013 als Dienstnehmer bei der V GmbH gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG sowie gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG beschäftigt war. Den gegen diese Entscheidung erhobenen Einspruch vom 25.11.2013 und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG vom 09.12.2013 nahm der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21.05.2014 zurück. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.06.2014, I402 2004981-1/3E, wurden das Verfahren über die Beschwerde und das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist (bzw. Berufungsfrist) eingestellt.

Der rechtsfreundlich vertretene M P meldete gegenüber dem Landesgericht Feldkirch Entgeltforderungen für den Zeitraum ab Juli 2010 bis März 2013 an und stellte gleichzeitig den Antrag auf Insolvenzausfallgeld. Als Forderungen machte er für den entscheidungswesentlichen Zeitraum seine Lohnansprüche für die von ihm tatsächlichen erbrachten Flugeinsätze, die ihm nur zum Teil vergütet worden waren, und die Tage der Rufbereitschaft, auch für die Monate, in denen es keine Flugeinsätze gab, sowie Kündigungsentschädigung geltend. So habe P M beispielsweise im Juli 2012 vier Einsatztage, wofür er € 3.264,-- hätte bekommen sollen, gehabt, und es hätten zusätzlich zwölf Tage Rufbereitschaft (in der Höhe von € 1.958,40) Berücksichtigung finden müssen. Tatsächlich sei ihm ein Betrag von € 1.600,-- geleistet worden. Im Oktober 2012 habe es keinen Flugeinsatz gegeben, sodass ihm ein Lohn (nur) für die Rufbereitschaft in der Höhe von € 1.958,40 zustehe.

Der Dienstnehmer M P hatte im Juni keine, im Juli vier, im August sieben, im September drei, im Oktober keine, im November drei sowie im Dezember 2012 (und im Jänner 2013) keine Einsatztage. In den Monaten, in denen er für die Primärschuldnerin Flüge durchführte, war er fallweise bzw. tageweise beschäftigt.

Die Primärschuldnerin meldete ihn nicht bei der belangten Behörde zur Sozialversicherung an, meldete auch keine Beitragsgrundlagen und führte keine Beiträge zur Sozialversicherung an die VGKK ab.

Als für den Dienstnehmer M P abzuführender Betrag haftet nach Abzug der Leistungen der IEF-Service GmbH ein Betrag von € 956,41 noch aus.

1.5. Der Beschwerdeführer als Vertreter der Primärschuldnerin ist in den Monaten Juni, Juli, September und November 2012 seiner gegenüber der VGKK bestehenden Gleichbehandlungspflicht nicht nachgekommen. Die Primärschuldnerin führte im Juni und Juli 2012 lediglich Teilbeträge in Höhe von € 791,92 bzw. von € 1.736,74, im August und Oktober 2012 Beiträge zur Gänze, hingegen im September und November 2012 keine Beiträge zur Sozialversicherung an die VGKK ab.

Aus der Gläubigerungleichbehandlung für die zuvor angeführten Beitragsmonate resultiert eine Beitragsnachforderung von insgesamt €

11.585,25.

1.6. Dass die Primärschuldnerin die nach Abzug der getätigten Zahlungen durch die IEF-Service GmbH aus den Meldepflichtverletzungen betreffend die Dienstnehmer A H, S H und M P und aus der Gläubigerungleichbehandlung resultierenden Beträge in der Höhe von € 3.492,59 und von € 11.585,25, die Gerichtskosten (von Juni 2012) in der Höhe von € 202,20 sowie Verzugszinsen von €

3.582.97, somit insgesamt € 18.863,01, nicht abgeführt hat, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

1.7. Die Einbringlichmachung der Sozialversicherungsbeiträge wäre bei ordnungsgemäß erfolgten Meldungen zum gesetzlich vorgegebenen Zeitpunkt im relevanten Zeitraum noch möglich gewesen, zumal die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.02.2013 erfolgt ist.

1.8. Es können keine präzisen Feststellungen zur Höhe der im relevanten Zeitraum insgesamt fälligen und aushaftenden Gesamtverbindlichkeiten der Primärschuldnerin sowie zur Höhe der in diesem Zeitraum zur Verfügung stehenden liquiden Mittel und der auf die Verbindlichkeiten geleisteten Zahlungen getroffen werden.

1.9. Die V GmbH verfügte während des entscheidungswesentlichen Zeitraumes über finanzielle Mittel, die es ihr ermöglicht hätten, die Sozialversicherungsbeiträge (zumindest) anteilsmäßig an die VGKK abzuführen. Mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels Vermögens am 07.08.2013 wurden die geforderten Sozialversicherungsbeiträge uneinbringlich.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, insbesondere dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerdevorentscheidung, der dagegen erhobenen Beschwerde und dem Vorlageantrag, dem infolge der Zurücknahme des Einspruchs in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der VGKK vom 18.10.2013 über die festgestellte Pflichtversicherung des Dienstnehmers M P nach dem ASVG und AlVG sowie dem aktuellen Firmenbuchauszug und den Versicherungsdatenauszügen die Dienstnehmer A H und P S betreffend sowie dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts.

Dieser Sachverhalt blieb im Wesentlichen unbestritten. So insbesondere die Tatsache, dass die V GmbH die Beiträge zur Sozialversicherung nur von den an die Dienstnehmer A H und P S tatsächlich ausbezahlten (niedrigeren) Löhnen abgeführt hat, nicht jedoch von den (höheren) Bezügen, auf die diese Dienstnehmer (auf Grund der von ihnen gegenüber der IEF-Service GmbH geltend gemachten Forderungen) Anspruch gehabt hätten.

Dass M P ein bei der Primärschuldnerin fallweise beschäftigter Pilot (und Prüfer für Piloten) war, er nicht zur Sozialversicherung angemeldet wurde, für ihn keine Beitragsgrundlagen gemeldet und keine Sozialversicherungsbeiträge an die VGKK entrichtet wurden, wurde vom Beschwerdeführer ebenfalls nicht bestritten. Er moniert zwar, er habe den Mitgeschäftsführer schriftlich abgemahnt und ihm ausdrücklich untersagt, "Freelancer" bei der V GmbH zu beschäftigen, er übersieht dabei aber, dass P M an den Einsatztagen als Pilot in die betriebliche Organisation der Primärschuldnerin eingebunden war. Da ein Beschäftigungsverhältnis im Sinn des ASVG durch den "Einstellungsakt" begründet wird und einen "Verpflichtungsakt" nicht voraussetzt, ist es nicht erforderlich, dass der Beschwerdeführer als vertretungsbefugter Geschäftsführer dem Einstellungsakt zugestimmt hat oder er von diesem in Kenntnis gesetzt wurde. Auch wenn dem Mitgeschäftsführer, der die Vereinbarung mit M P (mündlich) abgeschlossen hat, nicht eine selbständige, sondern eine kollektive Vertretungsbefugnis der V GmbH zukam, trat die Pflichtversicherung des P M nach dem ASVG und AlVG ex-lege ein. Allein das Abmahnen (was im Übrigen voraussetzt, dass der Beschwerdeführer über die zuvor erfolgte Beschäftigung des M P bereits informiert war) und das Untersagen der Einstellung von "Freelancern" lässt nicht den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer ein wirksames Kontrollsystem zur Verhinderung der Beschäftigung von "Freelancern" ohne seine Zustimmung errichtet hat (vgl. VwGH 26.05.2014, Zl. 2012/08/0207).

Der Beschwerdeführer gestand selbst ein, die Beiträge zur Sozialversicherung im entscheidungswesentlichen Zeitraum nur teilweise bzw. nicht abgeführt zu haben, jedoch Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Flug- bzw. eines "Notbetriebes" an verschiedene Gläubiger geleistet zu haben, so an die Dienstnehmer, Treibstofflieferanten, Flughäfen, Euro Control, den Vermieter und weitere (natürliche und juristische) Personen.

Er hat trotz mehrmaliger Aufforderung durch die VGKK keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Feststellungen hinsichtlich der Gleichbehandlung der Gläubiger ergeben hätten. Dass schon vor Insolvenzeröffnung bzw. während des Insolvenzverfahrens Zahlungen an die verschiedenen Gläubiger gänzlich unterblieben wären, wurde von ihm ebenfalls nicht belegt. Dadurch wird die "Gläubigerungleichbehandlung" manifestiert.

Gegen die Neuberechnung des noch aushaftenden Betrages und der Verzugszinsen in der reduzierten Höhe von insgesamt € 18.660,81 erhob er ebenfalls keine Einwände.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

3.1. Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (in der Fassung BGBl. Nr. 86/2013) haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträgen insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend.

Gemäß § 58 Abs. 5 ASVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 8/2019) haben die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

3.2. Voraussetzung für die Vertreterhaftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist neben der Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden bei der Beitragsschuldnerin auch die Verletzung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten (wie die Nichtabfuhr der vom ausbezahlten Lohn einbehaltenen Dienstnehmeranteile, die Verletzung von Meldepflichten sowie die Ungleichbehandlung von Gläubigern), die Kausalität der schuldhaften Pflichtverletzung sowie das Verschulden des Vertreters.

3.2.1. Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass ein Tatbestandsmerkmal des § 67 Abs. 10 ASVG und primäre Haftungsvoraussetzung die Uneinbringlichkeit der Forderung beim Primärschuldner ist bzw. der Haftungspflichtige jedenfalls so lange nicht in Anspruch genommen werden kann, als ein Ausfall beim Beitragsschuldner als Primärschuldner noch nicht angenommen werden kann. Wesentliche und primäre sachliche Voraussetzung der subsidiären Haftung eines Vertreters ist die objektive gänzliche oder zumindest teilweise Uneinbringlichkeit der Forderung beim Primärschuldner. Erst wenn diese feststeht, ist auf die Prüfung der für eine Haftung maßgebenden weiteren, an die Person des allenfalls Haftungspflichtigen geknüpften Voraussetzungen einzugehen. Andernfalls, d.h. wenn (noch) nicht einmal eine teilweise (ziffernmäßig bestimmbare) Uneinbringlichkeit feststeht, kommt eine Haftung (noch) nicht in Betracht (vgl. VwGH 22.09.2004, Zl. 2001/08/0141; 11.04.2018, Ra 2015/08/0038, mwN).

Mit Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 01.02.2013 wurde über das Vermögen der V GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und mit Beschluss vom 16.07.2013 das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung gemäß § 123a IO aufgehoben. Die Primärschuldnerin wurde am 26.09.2013 von Amts wegen gemäß § 40 FBG gelöscht und gilt mit der Löschung als aufgelöst.

Dadurch wird die objektive Uneinbringlichkeit der aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge mangels hinreichenden (pfändbaren) Vermögens bei der V GmbH manifestiert.

3.2.2. Damit machte die VGKK zu Recht gegenüber dem Beschwerdeführer als (potentiell) Haftungspflichtigen die Haftung im Sinn des § 67 Abs. 10 ASVG geltend.

Haftungspflichtiger Vertreter der Beitragsschuldnerin:

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträgen insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Zu den im § 67 Abs. 10 ASVG genannten "zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen" gehören auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (vgl. VwGH 20.06.2018, Ra 2017/08/0012).

Auf Grund der unbestritten bestehenden Funktion des Beschwerdeführers als (allein) vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin ist er im entscheidungswesentlichen Zeitraum als Vertreter im Sinn des § 67 Abs. 10 ASVG anzusehen (vgl. VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038). Der Umstand, dass der Mitgeschäftsführer ab dem 20.06.2012 ebenfalls zur Vertretung der Primärschuldnerin, wenn auch "nur" gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer bzw. mit dem Beschwerdeführer, befugt war, kann daran nichts ändern.

3.2.3. Schuldhafte Verletzung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten:

3.2.3.1. Durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2010, BGBl I Nr. 62/2010, wurde der Anwendungsbereich des § 67 Abs. 10 ASVG dahingehend erweitert (vgl. zur vorangehenden Rechtslage das Erk. eines verstärkten Senates des VwGH vom 12.12.2000, Zlen. 98/08/0191, 0192), dass durch die Einfügung des § 58 Abs. 5 ASVG den dort angeführten Vertretern (u.a. von juristischen Personen) die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen der von ihnen Vertretenen übertragen wurde. Eine Verletzung der diesbezüglichen Pflichten ist daher nunmehr Anknüpfungspunkt der Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG (vgl. das Erk. des VwGH vom 15.11.2017, Ro 2017/08/0001). Eine solche die Haftung begründende Pflichtverletzung kann insbesondere darin bestehen, dass der Vertreter die fälligen Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) schlechter behandelt als sonstige Verbindlichkeiten, indem er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung Sorge trägt (vgl. das Erk. des VwGH vom 07.10.2015, Ra 2015/08/0040). In subjektiver Hinsicht reicht für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG leichte Fahrlässigkeit aus (vgl. die Erk. des VwGH vom 12.10.2017, Ra 2017/08/0070; vom 11.04.2018, Zl. 2015/08/0038).

Die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Beschwerdeführer als selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer der Primärschuldnerin deshalb trifft, weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehende gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft verletzt hat (vgl. VwGH 07.10.2015, Ra 2015/08/0040; 15.11.2017, Ro 2017/08/0001, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 07.11.2004, Zl. 2002/08/0212, und das Erk. eines verstärkten Senates vom 12.12.2000, Zl. 98/08/0191, 0192 sowie vom 25.05.2011, Zl. 2010/08/0076; u.a.) gehört zu den den Vertretern auferlegten Pflichten im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG nicht auch die allgemeine, die Vertreter der Beitragsschuldner gegenüber den Beitragsgläubigern treffende Pflicht, aus den von ihnen verwalteten Mitteln für die Abfuhr der Beiträge zu sorgen. Vielmehr sind unter den "den Vertretern auferlegten Pflichten" im Sinne dieser Gesetzesstelle im Wesentlichen die Melde- und Auskunftspflichten, soweit diese im § 111 ASVG iVm § 9 VStG auch gesetzlichen Vertretern gegenüber sanktioniert sind, sowie die in § 114 Abs. 2 ASVG (vgl. nunmehr § 153c Abs. 2 StGB) umschriebene Verpflichtung zur Abfuhr einbehaltener Dienstnehmerbeiträge zu verstehen. Ein Verstoß gegen diese Pflichten durch einen gesetzlichen Vertreter kann daher, sofern dieser Verstoß verschuldet und für die gänzliche oder teilweise Uneinbringlichkeit der Beitragsforderung kausal ist, zu einer Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG führen. Für nicht abgeführte, aber einbehaltene Dienstnehmeranteile bzw. für Beitragsausfälle, die auf schuldhafte Meldepflichtverletzungen zurückzuführen sind, hätten die Geschäftsführer der Gesellschaft mit beschränkter Haftung der vorliegenden Beschwerdeverfahren ohne Bedachtnahme auf die Frage der Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern und ohne Bedachtnahme auf die bei Fälligkeit oder bei tatsächlich erfolgter Lohnzahlung noch vorhandenen Mittel im Ausmaß der Uneinbringlichkeit dieser Beiträge grundsätzlich zur Gänze zu haften.

Ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht trifft den Vertreter die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Stellt er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen auf, so ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern, wenn auf Grund dessen - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - die Beurteilung des Bestehens einer Haftung möglich ist. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat (vgl. VwGH 26.01.2005, Zl. 2002/08/0213; 25.05.2011, Zl. 2008/08/0169). Der Vertreter haftet dann für die Beitragsschulden zur Gänze, weil ohne entsprechende Mitwirkung auch der durch sein schuldhaftes Verhalten uneinbringlich gewordene Anteil nicht festgestellt werden kann (vgl. VwGH 21.09.1999, Zl. 99/08/0065; 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).

Haftungsbegründend gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist nicht das Herbeiführen der Uneinbringlichkeit als solcher (also insbesondere einer Zahlungsunfähigkeit der Primärschuldnerin), sondern die schuldhafte Verletzung von Melde- und Auskunftspflichten (bzw. das Unterlassen der Abfuhr einbehaltener Dienstnehmerbeiträge) durch den Vertreter. Kausal ist dieses Verhalten grundsätzlich schon dann, wenn die Einbringlichkeit zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung gegeben, die Zahlung der Beiträge durch die Primärschuldnerin im Fall pflichtgemäßen Verhaltens also möglich gewesen wäre (vgl. VwGH 08.09.2010, Zl. 2009/08/0215). Ausgehend davon, dass die haftungsbegründende Pflichtverletzung ausschließlich in der Meldepflichtverletzung (und nicht etwa in der Herbeiführung einer Zahlungsunfähigkeit) gelegen ist, schadet es auch nicht, wenn jemand zum Zeitpunkt des Eintritts der Uneinbringlichkeit nicht mehr Vertreter der Gesellschaft war (vgl. VwGH 22.02.2012, Zl. 2010/08/0190).

Im Fall einer Kapitalgesellschaft treffen die nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen auferlegten Meldepflichten den (selbständig) vertretungsbefugten Geschäftsführer in seiner Eigenschaft als deren gesetzlichen Vertreter. Zu seinen sozialversicherungsrechtlichen Pflichten zählen die gemäß § 111 ASVG iVm § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Melde- und Auskunftspflichten, die Verpflichtung zur Abfuhr von einbehaltenen Dienstnehmerbeiträgen und die Gleichbehandlung der Gläubiger der Primärschuldnerin.

Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend, muss sich ein Meldepflichtiger alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen notwendigen Kenntnisse verschaffen und den Mangel im Falle einer darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzung als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt vertreten (vgl. VwGH 27.07.2001, Zl. 2001/08/0069).

Wie ein Vertreter, dem gemessen an der Gesamtsumme aller Forderungen nur unzureichende Mittel zur Verfügung stehen, seiner Gleichbehandlungspflicht gegenüber dem Sozialversicherungsträger konkret nachzukommen hat, ist nach der Zahlungstheorie zu beurteilen (vgl. das auf § 25a Abs. 7 BUAG Bezug nehmende Erk. des VwGH vom 26.01.2005, Zl. 2002/08/0213). Demnach ist der Vertreter nur dann exkulpiert, wenn er nachweist, im Beurteilungszeitraum entweder über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung die Versicherungsbeiträge ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger nicht oder nur zum Teil entrichtet zu haben, die Beiträge also nicht in Benachteiligung der Sozialversicherung in einem geringeren Ausmaß entrichtet zu haben als die Forderungen der anderen Gläubiger (vgl. die Erk. des VwGH vom 26.05.2004, Zl. 2001/08/0043; vom 25.05.2011, Zl. 2008/08/0169).

Zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung im Hinblick auf die am Ende des Beurteilungszeitraumes unberichtigt gebliebenen Verbindlichkeiten hat der Vertreter jedenfalls die insgesamt fälligen Verbindlichkeiten im Beurteilungszeitraum sowie die im Beurteilungszeitraum darauf geleisteten Zahlungen nachvollziehbar darzustellen und zu belegen (vgl. die Rechtsprechung des VwGH vom 29.01.2014, Zl. 2012/08/0227, zur Parallelbestimmung § 25a BUAG).

3.2.3.2. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass ihn als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ein Verschulden an der Verletzung der sozialversicherungsrechtlichen (Melde-) Pflichten treffe. Er bringt dazu - auch in der erhobenen Beschwerde - zum einen vor, es habe zwischen ihm und dem (kollektiv vertretungsbefugten) Mitgeschäftsführer, der als Flugbetriebsleiter und "Accountable Manager" für den Flugbetrieb und damit auch für den Einsatz der Piloten und deren Anstellung zuständig gewesen sei und gegenüber den Behörden, insbesondere der Austro Control, für die finanzielle Ausrichtung der Primärschuldnerin gehaftet habe, eine Aufgabenteilung bestanden. Zum anderen äußerte der Beschwerdeführer wiederholt sein Unverständnis, warum nicht (auch) der Mitgeschäftsführer als Haftungspflichtiger im Sinn des § 67 Abs. 10 ASVG herangezogen worden sei.

Mit dem zuletzt dargelegten Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides auf. Zu den in § 67 Abs. 10 ASVG genannten "zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen" als (potentiell) haftende Vertreter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gehören jedenfalls die in das Firmenbuch eingetragenen handelsrechtlichen Geschäftsführer. Damit ist der Sozialversicherungsträger berechtigt, von mehreren vertretungsbefugten Personen jedes Vertretungsorgan für eine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG in Anspruch zu nehmen. Jeder handelsrechtliche Geschäftsführer haftet persönlich und solidarisch.

Daher konnte die VGKK jeden einzelnen der zur ungeteilten Hand haftenden Geschäftsführer für eine Haftung im Sinn des § 67 Abs. 10 ASVG in Anspruch nehmen.

Zum wiederholt vorgebrachten Argument des Beschwerdeführers, zwischen ihm und dem Mitgeschäftsführer habe eine Aufgabenteilung bestanden, ist Folgendes auszuführen:

Eine Geschäftsverteilung wirkt sich auf die Verantwortlichkeit der einzelnen Geschäftsführer insofern aus, dass jeder Geschäftsführer für diesen Fall zunächst für sein ihm zugewiesenes Arbeitsgebiet die volle Verantwortung trägt. Eine Arbeitsaufteilung bewirkt jedoch, selbst bei größter Spezialisierung, nicht, dass sich ein Geschäftsführer nur noch auf sein eigenes Aufgabengebiet beschränken darf und sich um die Tätigkeit des/r anderen Geschäftsführer nicht mehr zu kümmern braucht. Besteht der Verdacht, dass im Arbeitsbereich eines anderen Geschäftsführers Missstände vorliegen, dann hat der an sich für diese Agenden nicht zuständige Geschäftsführer entsprechende Schritte zu setzen, um nicht selbst ersatzpflichtig zu werden. In einem solchen Fall wäre es Sache des zur Vertretung nach außen berufenen und zur Haftung in Anspruch genommenen Geschäftsführers darzulegen, welche organisatorischen Vorkehrungen er zur Kontrolle getroffen hat, um (weitere) Mängel in der Geschäftsführung des mit dem bestimmten Aufgabengebiet betrauten Geschäftsführers hintanzuhalten.

Das im Geschäftsführungsvertrag des Beschwerdeführers definierte (und von ihm unbestritten gebliebene) Aufgabengebiet umfasste unter anderem den Bereich "Personal und personelle Ausrichtung" sowie "Finanzen und wirtschaftliche Ausrichtung", und nur dem Beschwerdeführer kam der Zugriff auf und die Verfügungsbefugnis über die Bankkonten der V GmbH zu.

Der Beschwerdeführer war über die prekäre finanzielle Lage der Primärschuldnerin informiert. So ersuchte der Beschwerdeführer den Mitgeschäftsführer, dafür zu sorgen, dass (nächste Woche) "aktiv alle offenen Posten" bezahlten werden und er (der Beschwerdeführer) einen Stand von ca. 70 tsd bis 80 tsd Euro bis Freitag erwarte (vgl. das E-Mail vom 29.06.2012).

Im an die rechtsfreundliche Vertretung der V GmbH gerichteten und dem Beschwerdeführer "Cc" zur Kenntnis gebrachten E-Mail vom selben Tag informierte der Mitgeschäftsführer unter anderem darüber, dass er sich am Dienstag (dem 03.07.2012) mit dem Beschwerdeführer besprechen werde, wie die jeweiligen Daten ausgetauscht werden könnten, um die Zahlungspläne zu erstellen.

Darüber hinaus legte die steuerliche Vertretung der Primärschuldnerin in ihrem an die VGKK gerichteten Schreiben vom 23.01.2015 dar, dass sich im Zuge der Übernahme der Salden aus der vorhergehenden Buchhaltung sowie der Buchung der ihr übermittelten Belege die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft deutlich schlechter dargestellt habe, als in der vorläufigen Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.05.2012. Die Saldenliste per 30.06.2012 habe bereits einen Verlust (in namhafter Höhe) ausgewiesen. Die laufende Geschäftstätigkeit habe nur durch Zuschüsse der Gesellschafter aufrechterhalten werden können. Zudem habe sich der Beschwerdeführer redlich bemüht, die Sozialversicherungsbeiträge entsprechend zu begleichen. Am 30.11.2012 habe es in der (Steuerberatungs-) Kanzlei eine Besprechung mit dem Beschwerdeführer gegeben, bei der festgestellt worden sei, dass es seitens der V GmbH mangelhafte Unterlagen für das erste Halbjahr gegeben habe und somit die tatsächliche wirtschaftliche Lage der Gesellschaft nur schwer hätte beurteilt werden können. Jedenfalls hätten sich laufend Lieferanten gemeldet, welche die Zahlung offener Rechnungen aus der Zeit vor dem Gesellschafterwechsel gefordert hätten. Da sich die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft nicht geändert habe und auch die Informationen durch den Mitgeschäftsführer betreffend die "Altlasten" nicht befriedigend gewesen seien, habe sich der Beschwerdeführer entschieden, seine Funktion als Geschäftsführer mit Ende 2012 zurückzulegen. Dessen Abberufung erfolgte jedoch am 10.01.2013.

Zudem informierte die L und Partner Rechtsanwälte mit Schreiben vom 11.12.2012 den Beschwerdeführer darüber, dass seinem Ersuchen um Aufstockung des bestehenden Darlehens um einen bestimmten Betrag entsprochen worden sei.

Auch aus einer Mahnung der VGKK vom 27.12.2012 ist zu folgern, dass dem Beschwerdeführer die offenen Beiträge für den Zeitraum November 2012 bekannt waren.

Zudem verdeutlicht seine Stellungnahme gegenüber der VGKK vom 06.12.2014, dass ihm die äußerst prekäre finanzielle Situation der Primärschuldnerin bekannt war. Er habe in der kurzen Zeit seiner Geschäftsführungstätigkeit feststellen müssen, dass die ihm vorgelegten Bilanzdaten und Informationen schlichtweg falsch gewesen wären. Trotz wiederholter Nachschüsse der Gesellschafter über sein Betreiben sei es bereits zu Beginn seiner Tätigkeit wegen eklatanter Nachforderungen von Lieferanten, Wartungsbetrieben und Flughäfen sowie hohen Kreditkartenabbuchungen betreffend Benzin, Flughafengebühren und Wartungen aus den Vormonaten erforderlich gewesen, die Budgetplanung laufend zu überarbeiten. Die Finanzgebarung habe er nicht in den Griff bekommen können und sei durch die Abbuchungen von VISA bis zu einem Monat im Nachhinein unplanbar belastet gewesen. Im Wesentlichen hätten die überfälligen Zahlungspflichten der Gesellschaft aus (den betragsmäßig angeführten) Forderungen der Austro Control, Werft Gate V, Euro Control, Flughafen Altenrhein, Steuerberater, Pilo

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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