Entscheidungsdatum
22.01.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W144 2221552-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX geb., StA. von Indien, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft New Delhi vom 22.03.2019, Zl. XXXX , beschlossen:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben und der
bekämpfte Bescheid behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsangehöriger von Indien und stellte am 28.01.2019 bei der Österreichischen Botschaft New Delhi/Indien (in der Folge: ÖB) einen Antrag auf Erteilung eines für 15 Tage gültigen und zur einmaligen Einreise berechtigenden Visums der Kategorie C (Schengen) zum Zweck des Besuches von Familienangehörigen vom 05.02.2019 bis 19.02.2019.
Dem Antrag beigeschlossen waren (bzw. nachgereicht wurden) folgende Unterlagen:
1. Indische Identitätskarte
2. Reisepasskopie des BF
3. Geburtsurkundenkopie des BF
4. Heiratsurkundenkopie des BF vom 07.08.2015
5. Visagebührenzahlungsbeleg
6. Beschäftigungsbestätigung XXXX vom 14.10.2016
7. Partnerschaftsvertrag bezüglich XXXX vom 18.01.2018
8. Firmen- bzw. Partnerschaftsregistrierungsurkunde vom 06.09.2018
9. Firmenregister vom 06.09.2018
10. Elektronische Verpflichtungserklärung (EVE) vom 28.01.2019 des XXXX (Nettoeinkommen € 1.900,- monatlich seit 2013 Firma XXXX , zudem Einkommen aus selbstständiger Arbeit - Jahresgewinn von €
18.000 erwartet; Kredit € 260,- monatlich, Sorgepflichten für ein Kind, mietkosten € 600,- monatlich; Eingeladener ist der Schwager des Verpflichteten)
11. Schreiben/Verpflichtungserklärung des Einladers XXXX , XXXX geb., vom 02.03.2019
12. Schreiben des BF an die ÖB, wonach er seine Schwester und deren Ehegatten besuchen wolle, samt beigeschlossener Visitenkarte der Firma " XXXX "
13. Indischer Einkommensteuerbescheid
14. Reiseversicherung vom 05.02.2019 bis 11.03.2019 " XXXX "
15. Bankauszüge der " XXXX " vom 23.01.2019, Balance 3,04,450.47Cr
16. Flugreservierungsbestätigung Delhi - Zürich - Wien 05.02.2019; und zurück 19.02.2019
17. Wertgutachten über eine indische Liegenschaft vom 18.01.2019 "
XXXX "
18. "Saldenliste" XXXX vom 14.01.2019 betreffend den Einlader (Gewinn € 39.258,95)
19. "Überlassungsmitteilung" Firma XXXX vom 18.05.2016, Bruttogehalt 1.901,90 monatlich betreffend den Einlader
20. Bestätigung der Haushaltsgemeinschaft (Einlader, Ehegattin und Kind) der Gemeinde XXXX vom 14.01.2019
21. Bestätigung des Standesamtsverbandes XXXX vom 05.01.2019 über die Eheschließung des Einladers mit Fr. XXXX am 09.02.2019
22. Reisepasskopie des Einladers
In (teilweise unleserlichen) handschriftlichen Aktenvermerken von " XXXX ", " XXXX " und " XXXX " vom 6. Februar, 8. Februar, 22. Februar sowie 12.3.2019 wurde seitens der ÖB u.a. festgehalten:
"-
Keine Angaben auf Fragen/ nicht kooperativ
-
No English
-
Keine Angaben zum EL
-
Keine Belege zu den Cache Deposits "
Konkrete Angaben, wann der BF etwa von wem und über welche Umstände befragt worden ist, ob dies persönlich oder telefonisch oder in welcher Art und Weise sonst geschehen sei, bzw. wer festgestellt habe, dass der BF kein Englisch spreche und keine Angaben zum Einlader habe erstatten können, finden sich im Akt nicht.
Mit Schreiben vom 13.03.2019 forderte die ÖB den BF binnen Wochenfrist auf, zu Bedenken der ÖB gegen die Erteilung des beantragten Visums Stellung zu nehmen; konkret dazu, dass er nicht den Nachweis erbracht habe, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts oder für die Rückkehr in seinen Heimatstaat verfüge und nicht in der Lage sei, diese Mittel rechtmäßig zu erlangen. Zudem wurde vorgehalten, dass die vom BF vorgebrachten Angaben nicht seinen sozialen bzw. wirtschaftlichen Lebensumständen entsprechen würden. Die vorgelegte elektronische Verpflichtungserklärung sei nicht tragfähig. Der vorgelegte Bankauszug weise Bareingänge kurz vor Antragstellung auf, Belege und eine glaubhafte Erklärung für diese Bareingänge hätten nicht erbracht werden können. Die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts seien nicht glaubhaft gewesen. Es bestünden begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit seiner Angaben.
Nähere Begründung: Seine Arbeit könne nicht verifiziert werden. Zur Evaluierung seiner Unterlagen sei der BF am 21.2.2019 zu einem persönlichen Interviewtermin an die Botschaft eingeladen worden. Die im Zuge dieses Interviews gemachten Angaben seien nicht glaubhaft gewesen, da er keine Angaben zu seinem Einlader habe machen können.
In der Folge brachte der BF mit undatiertem Schreiben eine Stellungnahme ein, in welcher er Folgendes ausführte:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte hiermit Stellung auf ihr Schreiben vom 13. März 2019 nehmen. Ich habe die VIS-Nr.: XXXX . Ich bin ein 28-jähriger verheirateter Mann mit einem Kind, ich lebe in einem gemeinsamen Haushalt mit meinen Eltern, welche ich finanziell erhalte und außerdem helfe/übernehme ich ihnen auch ihre täglichen Notwendigkeiten. Wir haben ein Haus mit vier Schlafzimmern, einem Wohnzimmer, einer Küche, einem Bad und einen sehr großen Eingangsbereich. Nun möchte ich nach fünf Jahren - im September sind es bald sechs Jahre - meine Schwester wiedersehen, die inzwischen auch einen Sohn hat, den ich gerne kennen lernen würde.
Meine Schwester ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann, welcher auch die Verpflichtungserklärung für mich gestellt hat, zusammen.
Auch ihr Misstrauen hinsichtlich der dem Einzahlen von Geld auf mein Konnte kurz vor dem Visumsantrag verstehe ich, aber in meinem sozialen Umfeld ist es nicht üblich gegeben Geld auf der Bank zu haben beziehungsweise einen Geldverkehr über die Bank zu haben. Ich habe ein en Frisörsalon, wo die Leute bar bezahlen und ich das Geld auch bar aufhebe und damit wirtschafte. Deshalb habe ich zwar ein bestehendes Bankkonto, aber hatte es wegen den vorhin genannten Gründen nicht in Verwendung und als ich erfahren habe, dass mein Schwager einen Visumsantrag mit einer Verpflichtungserklärung für mich abgibt, habe ein Geld auf das Konto gegeben, weil ich erfahren habe, dass es wichtig für die Visumsbewilligung ist.
Weiters finden Sie im Anhang eine aktuelle Bestätigung von meinem Partner, dass er eben genau das ist mein Partner in unserem Frisörsalon. Das Dokument vom 18. Jänner 2018 vom Notar über meine Partnerschaft vom Frisörgewerbe habe ich Ihnen bereits vorgelegt. Mein Partner heißt XXXX , früher also vor 2018 habe ich als Dienstnehmer für XXXX gearbeitet.
Bei meinem Interview war ich sehr aufgeregt, ich habe meiner Meinung nach schon gesagt, dass mein Schwager und meine Schwester mich einladen, wobei natürlich der Schwager der Antragsteller ist, aber vielleicht konnte ich mich aufgrund meiner Nervosität nicht gut artikulieren.
Sie finden im Angang ein Ticket hin und retour mit einer Versicherung. Hinsichtlich Ihrer Bedenken, dass diese Reise wirtschaftlich nicht für mich tragbar ist, möchte ich sagen, das Ticket werde ich natürlich selbst bezahlen, außerdem auch ein Reisegeld mitnehmen. Jedoch habe ich keine Kosten für den Aufenthalt, da ich bei meiner Schwester und ihrem Ehemann wohnen werde und in der indischen Kultur ist es auch üblich, dass sie für meine Verpflegung aufkommen.
Ich bin stark in meinem Heimatland Indien verwurzelt, ich habe hier meine Arbeit, meine Freunde, Familie und soziale Aktivitäten, weil ich bin sehr gut in unserer Community situiert."
Dem Schreiben beigeschlossen waren Fotos des BF vom ihm, seiner Ehegattin, seinem Kind sowie von seinem Frisörsalon.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.03.2019 verweigerte die ÖB die Erteilung des Visums mit der Begründung, dass er zum einen "nicht den Nachweis erbracht habe, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts oder für die Rückkehr in seinen Heimatstaat verfüge oder er in der Lage sei, diese Mittel rechtmäßig zu erlangen", und zum anderen, dass "die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts nicht glaubhaft gewesen" seien.
Diese Entscheidungen wurde dem BF am 05.04.2019 eigenhändig zugestellt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des BF vom 23.04.2019, in welcher er im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertreter im Wesentlichen Folgendes geltend machte:
Es sei ihm bewusst, dass er nach Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums C das österreichische Bundesgebiet umgehend verlassen müsse. Für die Zeit seines Aufenthalts in Österreich sei sein Unterhalt jedenfalls durch die Unterstützung seines Schwagers gewährleistet und seien damit jegliche Kosten beglichen. Der BF erhalte Kost und Logis umsonst. Der Einlader habe eine 75 m² große Mietwohnung, wobei der BF ein eigenes Schlafzimmer hätte. Darüber hinaus bringe der Einlader aus seiner selbstständigen Tätigkeit laut Saldenliste 2018 über € 39.000,- ins Verdienen, zudem verdiene er monatlich € 1.900,- bei der Firma XXXX . Der Aufenthalt des BF sei daher gesichert. Der BF arbeite in Indien selbstständig in einem Frisörsalon und lukriere ebenfalls genügend Einkommen. Der BF sei verheiratet und habe ein Kind, der Zweck der Einreise sei der Familienbesuch bei seinem Schwager, damit er seine Schwester, welche er sechs Jahre lang nicht mehr und seinen Neffen, den er überhaupt noch nie gesehen habe, besuchen könne. Der BF habe in Indien ein inniges familiäres Verhältnis, da er verheiratet sei und ein Kind habe. Zudem würden seine Eltern, zu denen er engen Kontakt pflege, ebenfalls in Indien leben. Es gebe für den BF keinen Grund nach Ablauf der Gültigkeit des Visums nicht heimzureisen. Im konkreten Fall legen gemäß der Judikatur des VwGH keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass der BF die Absicht habe, seinen Aufenthalt auf illegale Weise im Bundesgebiet zu verlängern.
(Im Akt befindet sich der Entwurf einer wegen Fristablaufs nicht zugestellten, abweislichen Beschwerdevorentscheidung, in welcher ausgeführt wurde, dass die elektronische Verpflichtungserklärung (EVE) seitens der belangten Behörde letztlich als tragfähig gewertet worden sei.)
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 17.07.2019 wurde am 22.07.2019 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.) Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der oben wiedergegebene Verfahrensgang.
Der BF beabsichtigte seine im Bundesgebiet lebende und mit dem Einlader verheiratete Schwester zu besuchen, die er seit mehreren Jahren nicht mehr gesehen hat. Zudem hat der BF auch seinen Neffen noch niemals persönlich getroffen, was er durch einen Besuch im Bundesgebiet nachholen will.
Der BF ist in seinem Heimatstaat verwurzelt, er hat dort seine Ehefrau und ein Kind und betreibt mit einer weiteren Person einen Friseur- und Beautysalon.
Festgestellt wird weiters, dass der für ein Kind sorgepflichtige Einlader laut EVE ein monatliches Nettoeinkommen von € 1.900,- ins Verdienen bringt, dem monatliche Kosten von € 600,- und eine Kreditrate von € 260 ,-gegenüberstehen. Zudem kann der Einlader für das Jahr 2018 einen Jahresnettogewinn von etwa € 18.000 aus selbstständiger Arbeit vorweisen. Der BF könnte während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet beim Einlader wohnen, der über eine 75 m² große Mietwohnung verfügt, in welcher der BF ein eigenes Zimmer beziehen könnte.
2.) Beweiswürdigung:
Die Festgestellungen ergeben sich sämtlich aus dem Akten der ÖB.
Der festgestellte Reisezweck, nämlich der Besuch der Schwester des BF, sowie seine familiäre Situation im Heimatstaat ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des BF, denen nach den logisch schlüssigen Denkgesetzen nicht schlüssig entgegengetreten werden kann. Die diesbezüglich gegenteilige Beweiswürdigung der belangten Behörde ist insofern nicht nachvollziehbar, als aus dem Akteninhalt nicht hervorgeht, welche Fragen der BF etwa zu seiner Schwester oder zu seinem Schwager nicht hat beantworten können, bzw. ob er überhaupt auch zu seiner Schwester befragt worden ist, da sich aus den knappen Aktenvermerken über ein mit dem BF geführtes Interview lediglich lapidar ergibt, dass der BF keine ausreichenden Angaben "zum Einlader" (EL) hätte erstatten können. Vor dem Hintergrund hält die seitens der belangten Behörde getroffene Einschätzung, dass die Angaben des BF zum Reisezweck nicht glaubhaft seien, einer Überprüfung im Beschwerdeweg nicht stand, zumal sich die belangte Behörde auch nicht mit der Stellungnahme des BF auf den Vorhalt vom 13. März 2019, mit dem er konkrete Angaben über seine Reisemotive, und seine familiäre Situation im Heimatland dargelegt hat, auseinandergesetzt hat.
Die wirtschaftliche Situation Einladers sowie dessen Wohnsituation und der Umstand, dass der BF für die Dauer seines Aufenthaltes beim Einlader wohnen könnte, ergibt sich aus der vorgelegten IVEG i.V.m. dem Vorbringen des BF und des Einladers. (Schließlich ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde in ihrem Entwurf einer Beschwerdevorentscheidung selbst davon ausgegangen ist, dass die vorgelegte IVEG tragfähig ist.)
3.) Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:
"§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."
Erkenntnisse
"§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4... )"
§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in
Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des europäischen Parlaments und des Rates (Visakodex) lauten wie folgt:
"Ziel und Geltungsbereich
Art. 1 (1) Mit dieser Verordnung werden die Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Visa für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von höchstens drei Monaten je Sechsmonatszeitraum festgelegt.
[ ... ]
Behörden mit Zuständigkeit für die Beteiligung an Antragsverfahren
Art. 4 (1) Anträge werden von den Konsulaten geprüft und beschieden.
[ ... ]
Prüfung der Einreisevoraussetzungen und Risikobewertung
Art. 21 (1) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum ist festzustellen, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes erfüllt, und ist insbesondere zu beurteilen, ob bei ihm das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.
(2) Zu jedem Antrag wird das VIS gemäß Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 15 der VIS-Verordnung abgefragt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Suchkriterien gemäß Artikel 15 der VIS-Verordnung voll und ganz verwendet werden, um falsche Ablehnungen und Identifizierungen zu vermeiden.
(3) Bei der Kontrolle, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen erfüllt, prüft das Konsulat,
a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;
b) ob die Angaben des Antragstellers zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts begründet sind und ob er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;
c) ob der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
d) ob der Antragsteller keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von
Artikel 2 Nummer 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt und ob er insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist;
e) ob der Antragsteller, soweit erforderlich, im Besitz einer angemessenen und gültigen Reisekrankenversicherung ist.
(4) Das Konsulat prüft gegebenenfalls anhand der Dauer früherer und geplanter Aufenthalte, ob der Antragsteller die zulässige Gesamtaufenthaltsdauer im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht überschritten hat, ungeachtet etwaiger rechtmäßiger Aufenthalte aufgrund eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder eines von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Aufenthaltstitels.
(5) Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des geplanten Aufenthalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden; hierzu werden die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes festgesetzten Richtbeträge herangezogen. Der Nachweis einer Kostenübernahme und/oder einer privaten Unterkunft kann ebenfalls das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts belegen.
(6) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein Visum für den Flughafentransit überprüft das Konsulat insbesondere Folgendes: a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist; b) den Ausgangs- und Zielort des betreffenden Drittstaatsangehörigen und die Kohärenz der geplanten Reiseroute und des Flughafentransits; c) den Nachweis der Weiterreise zum Endbestimmungsland.
(7) Die Prüfung eines Antrags stützt sich insbesondere auf die Echtheit und Vertrauenswürdigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen. DE L 243/12 Amtsblatt der Europäischen Union 15.9.2009
Visumverweigerung
Art. 32 (1) Unbeschadet des Artikels 25 Absatz 1 wird das Visum verweigert,
a) wenn der Antragsteller:
i) ein Reisedokument vorlegt, das falsch, verfälscht oder gefälscht ist;
ii) den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;
iii) nicht den Nachweis erbringt, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des geplanten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt, bzw. nicht in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;
iv) sich im laufenden Sechsmonatszeitraum bereits drei Monate im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines einheitlichen Visums oder eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit aufgehalten hat;
v) im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist; DE 15.9.2009 Amtsblatt der Europäischen Union L 243/15
vi) als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Absatz 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats eingestuft wird, insbesondere wenn er in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist; oder
vii) nicht nachweist, dass er, soweit erforderlich, über eine angemessene und gültige Reisekrankenversicherung verfügt; oder
b) wenn begründete Zweifel an der Echtheit der von dem Antragsteller vorgelegten Belege oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhalts, an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen oder der von ihm bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.
(2) Eine Entscheidung über die Verweigerung und die entsprechende Begründung werden dem Antragsteller unter Verwendung des Standardformulars in Anhang VI mitgeteilt.
(3) Antragstellern, deren Visumantrag abgelehnt wurde, steht ein Rechtsmittel zu. Die Rechtsmittel sind gegen den Mitgliedstaat, der endgültig über den Visumantrag entschieden hat, und in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats zu führen. Die Mitgliedstaaten informieren die Antragsteller über das im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels zu befolgende Verfahren nach Anhang VI.
[ ... ]"
Zu A) Stattgebung der Beschwerde:
Zunächst ist auszuführen, dass die ÖB die beantragten Visa aus den Gründen abgewiesen hat, dass die Angaben zum Reisezweck nicht glaubhaft seien und der BF keine ausreichenden Mittel habe nachweisen können. Dass der BF sonstige Antragsvoraussetzungen nicht erfüllt hätten, hat die ÖB nicht ausgeführt und ist auch nicht ersichtlich, dass grundlegende Voraussetzung zur Erlangung der Visa nicht vorliegen würden.
Die Erwägungen der ÖB zur Unglaubwürdigkeit der Angaben des BF lassen sich jedoch wie oben ausgeführt aus der Aktenlage nicht ableiten. Bloße Gegenvermutungen der Behörde sind nicht geeignet, einem Vorbringen die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Bei einer Gesamtbetrachtung hat der BF nachvollziehbare Angaben zu seinem Reisezweck und zu seiner familiären Situation vorgebracht. Es liegen auch keine Umstände vor, die indizieren würden, dass der BF etwa nach Beendigung seines geplanten 15-tägigen Besuchs das Bundesgebiet nicht mehr verlassen würde, zumal er im Heimatland verwurzelt ist.
Die vorgelegte EVE erweist sich als tragfähig; der BF beabsichtigt einen Besuch in der Dauer von lediglich etwa zwei Wochen, wobei im keinerlei Kosten für die Unterkunft im Bundesgebiet treffen würden, der Einlader verfügt allein durch den ausgewiesenen Jahresgewinn aus selbstständiger Arbeit in der Höhe von etwa € 18.000,- offenkundig genügend Mittel, um sich den kurzen 15-tägigen Aufenthalt des BF leisten zu können.
Der Beschwerde ist somit stattzugeben, da Erwägungen der ÖB zur Unglaubwürdigkeit der Angaben nicht schlüssig sind, vielmehr wäre dem BF unter der Voraussetzung, dass die sonstigen Erteilungsvoraussetzungen aktuell gegeben wären, allenfalls weiterhin das begehrte Visum zum Besuch seiner Schwester auszustellen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen und es liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Einreise, Einreisetitel, familiäre Situation, VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W144.2221552.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.03.2020