TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/3 W178 2135591-1

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Veröffentlicht am 03.02.2020
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Entscheidungsdatum

03.02.2020

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W178 2135591-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde Der XXXX , vertreten durch Marschall & Heinz Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (vormals Wiener Gebietskrankenkasse) vom 12.08.2016, XXXX , betreffend Feststellung, dass Frau XXXX aufgrund ihrer Beschäftigung als Reinigungskraft bei der Dienstgeberin XXXX vom 29.06.2006 bis 03.11.2006 der Voll- (Kranken- Unfall- und Pensions)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs 1 Z 1 iVm § 4 Abs 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs 1 lit a AlVG unterliegt, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Bei der Beschwerdeführerin (Bf) wurde eine Prüfung für die Beitragsjahre 2004 bis 2006 durchgeführt. Im Zuge der Prüfung wurde festgestellt, dass sieben im Betrieb beschäftigte Personen (darunter auch Frau XXXX - in weiterer Folge: Mitbeteiligte) nicht zur Sozialversicherung gemeldet waren.

2. Die Beschwerdeführerin begehrte am 29.08.2008 den Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheides.

3. Die belangte Behörde erließ am 13.01.2011 einen Bescheid, in welchem sie feststellte, dass die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs 1 ASVG verpflichtet sei, Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen idH von 46.805,33 Euro zu entrichten.

4. Die Beschwerdeführerin erhob im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters fristgerecht Einspruch gegen den unter 3. genannten Bescheid. Die belangte Behörde habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob die genannten Personen tatsächlich als DN der Beschwerdeführerin anzusehen sind.

5. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27.09.2012 wurde der Bescheid behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen. Die Befragungen seien mangelhaft durchgeführt worden, sodass eine Klärung der Vorfrage zur Beurteilung der Dienstnehmereigenschaft nicht möglich sei.

6. Nach Ergänzung der Erhebungen erließ die belangte Behörde am 12.08.2016 den nunmehr angefochtenen Bescheid. Das Ergebnis werde auf die Befragung der Mitbeteiligten gestützt, eine Niederschrift mit dem Dienstgeber wurde von diesem verweigert. Zudem wurde eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 12.09.2013 herangezogen.

Die belangte Behörde stellte fest, dass Frau XXXX aufgrund ihrer Beschäftigung als Reinigungskraft bei der Beschwerdeführerin vom 29.06.2006 bis 03.11.2006 der Voll- (Kranken- Unfall- und Pensions)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs 1 Z 1 iVm § 4 Abs 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs 1 lit a AlVG unterliege.

7. Die Beschwerdeführerin erhob im Wege ihrer Vertretung fristgerecht Beschwerde. Die belangte Behörde habe überhaupt kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und wiederhole lediglich die mangelhaften Beweisergebnisse des Bescheides vom 13.01.2011. Die Mitbeteiligte habe ihre Tätigkeit aufgrund eines Werkvertrages vom 02.05.2005 selbständig ausgeübt und verfügte über eine gewerberechtliche Bewilligung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Streitgegenständlich ist der Zeitraum vom 29.06.2006 bis 03.11.2006. Die Mitbeteiligte ist polnische Staatsbürgerin.

Die XXXX ges.m.b.H, FN 206955x, betreibt ein Hotel u.a.in der Geblergasse 21, 1170 Wien. Geschäftsführer war bzw. ist Herr XXXX .

Die Mitbeteiligte übte die Tätigkeit als Reinigungskraft im Hotel des bf- Unternehmens aus. Sie hat täglich - zusammen mit ihren beiden Cousinen und einer weiteren Person die Zimmer gereinigt.

Der Stundenlohn betrug € 8, er wurde von Herrn XXXX bar ausgezahlt.

Die Rechnungen wurden monatsweise erstellt und enthalten als Örtlichkeit das Hotel der Beschwerdeführerin, als Tätigkeit "diverse Reinigungsarbeiten" und zum Teil auch Reinigungsmaterial in verschieden hohen Beträgen (zB Rechnung 5/2006, 2/2006, 3/2006...).

Diverse Reinigungshilfmittel hat die Mitbeteiligte selbst mitgebracht (zB Besen, Kübel), das Reinigungsmittel wurde - wie in der Rechnung ersichtlich - von der Beschwerdeführerin bezahlt.

Die Abrechnungsbeträge bewegen sich in den im Akt befindlichen Rechnungen zwischen 840 und 910 Euro als Rechnungsendbetrag.

Frau XXXX hat die Tätigkeit persönlich erbracht. Ein Verhinderungsfall ist nicht eingetreten. Eine Vereinbarung zur Vertretung bestand nicht.

Die Cousinen der Mitbeteiligten waren 2006 bereits als Reinigungskräfte für die Beschwerdeführerin tätig. Der Kontakt der Mitbeteiligten zur Beschwerdeführerin wurde durch die Cousinen hergestellt.

Sie beantragte beim Magistrat der Stadt Wien einen Gewerbeschein als selbständige Reinigungskraft. Dieser wurde am 23.06.2006 ausgestellt mit dem Gewerbewortlaut: "Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten, einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten, auf Grund von Werk- oder freien Dienstverträgen".

Die Gewerbeberechtigung endete am 07.01.2009.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den Akten der belangten Behörde, insbesondere aus folgenden Aktenteilen:

Erhebungsbericht der Wiener Gebietskrankenkasse für den Zeitraum 22.12.2008 bis 27.01.2009 einschließlich Prüfbericht, Niederschrift mit Frau XXXX vom 19.08.2013 bei der damaligen Wiener Gebietskrankenkasse, Kopie Werksvertrag vom 26.06.2006, Auszug aus dem Firmenbuch, Auszug aus dem Gewerberegister, Rechnungskopien (Absender Mitbeteiligte, Empfänger: Beschwerdeführerin) vom 03.11.2006, 11.07.2006, 02.08.2006, 05.09.2006 und 03.10.2006.

Herr XXXX als Geschäftsführer der Bf ist der Ladung für den 11.09.2013 zur Befragung vor der Kasse nicht gefolgt, es wurde am 12.09.2013 eine Stellungnahme seitens der Bf eingebracht, die im Wesentlichen eine rechtliche Würdigung enthält. Der Vertreter Der Bf hat somit zur der zur Klärung des Sachverhaltes nicht beigetragen.

Frau XXXX hat - zur Vertretung befragt- nur auf die Vertretung im Verhinderungsfall hingewiesen. In Zusammenhang mit dem nicht wirksame vereinbarten "Werkvertrag" gelangt das Gericht zu der Annahme, dass zur Arbeitspflicht nichts vereinbart wurde; das bedeutet eine Erfüllungspflicht der Mitbeteiligten für die vereinbarten Reinigungsdienstleistungen.

Frau XXXX hat vor der WGKK ausgesagt, sie habe keinen schriftlichen Vertrag unterzeichnet, die Bf hat aber den "Werkvertrag" vom 26.06.2006 vorgelegt, den auch Frau XXXX unterschrieben hat. Im Hinblick darauf, dass der Vertrag in kompliziertem Deutsch abgefasst ist, Frau XXXX aber nur wenig Deutsch sprach, ist nicht davon auszugehen, dass sie ihn verstanden hat; er ist damit den Feststellungen nicht zugrunde zu legen, vgl. dazu die Grundsätze zur Feststellung des Sachverhaltes gemäß § 539a ASVG.

Es ist aber plausibel, dass Frau XXXX die einfachen Fragen zu ihr vertrauten Lebensbereichen wie Jobsuche und Putzen hinreichend verstanden hat, sodass - anders als in der Stellungnahme vom 02.09.2013 vorgebracht - die Niederschrift vom 19.08.2013 sehr wohl heranzuziehen ist.

Die Gestaltung der gegenständlichen Tätigkeit ist vor dem Hintergrund der Tatsache zu beurteilen, dass betreffend jene Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die am 1. Mai 2004 aufgrund des Vertrages über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (Beitrittsvertrag), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 236 vom 23. September 2003, Seite 17 und Nr. C 227 E vom 23. September 2003, der Europäischen Union beigetreten sind, die Arbeitnehmerfreizügigkeit erst am 01.05.2011 eintrat, sodass die unselbstständige Beschäftigung u.a. von polnischen Staatsbürgern in Österreich nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz in den gegenständlichen Zeiträumen bewilligungspflichtig gewesen ist, vgl. §32a AuslBG in der bis 30.04.2011 geltenden Fassung.

Vor diesem Hintergrund ist die Aussage der Mitbeteiligten einzuordnen, die in ihrer Befragung am 19.08.2013 zu Protokoll gab, dass sie keine Arbeitserlaubnis für Österreich hatte, sodass sie sich entschied, als Selbstständige eine Beschäftigung zu suchen. Das ist ein Indiz für die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen und spricht dagegen, dass die Vereinbarung und Durchführung einer tatsächlichen selbstständigen Tätigkeit von beiden Seiten gewollt war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Aufhebung und Zurückverweisung zur Erlassung eines neuen Bescheides an die WGKK nach § 417a ASVG durch die damalige Einspruchsbehörde mit Bescheid vom 27.09.2012 erging in einem Beitragsverfahren, vgl. aufgehobener Bescheid der damaligen WGKK vom 13.01.2011.

In der Folge hat die Kasse im fortgesetzten Verfahren den Beitragsbescheid nicht neuerlich erlassen, sondern betreffend die Pflichtversicherung von Frau XXXX einen Bescheid erlassen.

Die Frage der Bindungswirkung des aufhebenden Bescheides des Landeshauptmannes von Wien ist daher in dieser Konstellation nicht zu prüfen.

3.1 Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 4 Abs 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG erster Satz ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

§ 539 a ASVG:

(1) Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

(2) Durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

(3) Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

(4) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.

(5) Die Grundsätze, nach denen

1. die wirtschaftliche Betrachtungsweise,

2. Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie

3. die Zurechnung

nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

Ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (zum Beispiel auf Grund eines freien Dienstvertrages iSd § 4 Abs. 1 Z 14 ASVG) - nur beschränkt ist. Die unterscheidungskräftigen Kriterien sind nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zum Beispiel die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Eine Einbindung der BF in die betriebliche Organisation setzt das Vorhandensein eines Betriebs voraus.

Betreffend die versicherungspflichtige Einordnung von Reinigungskräften gibt es zahlreiche Erk des VwGH (vgl. u.a. 2000/08/0020, 91/08/0117).

Der Tenor der Entscheidungen ist, dass dann, wenn jemand bei der Erbringung von (einfachen) Dienstleistungen, d.h. arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. das Erkenntnis vom 13. November 2013, Zl. 2011/08/0153, mwN). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (vgl. das Erkenntnis vom 19. Dezember 2012, Zl. 2012/08/0165).

3.2. Zum gegenständlichen Fall

3.2.1 Einfache manuelle Tätigkeit bzw. bzw. Prüfung, ob atypische Umstände vorliegen:

Bei einer Reinigungstätigkeit wie hier ausgeführte handelt es sich um eine Dienstleistung.

Es handelt sich dabei um eine einfache manuelle Tätigkeit.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben - wie gegenständlich Tätigkeiten wie Fensterputzen, Bügeln, Staubsaugen etc. - bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. VwGH 19.02.2014, 2013/08/0267; 21.12.2011, 2010/08/0129; 04.06.2008, 2007/08/0252; 23.02.2005, 2002/08/0220; 27.07.2001, 99/08/0030; 20.11.2002, 2000/08/0021).

3.2.2. Integration in den Betrieb:

Nach § 34 Abs. 1 ArbVG gilt diejenige Arbeitsstätte als Betrieb, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb derer eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht (VwGH 15.7.2013, 2011/08/0151).

Strukturen einer betrieblichen Organisation, in die eine Einbindung erfolgen kann, manifestieren sich zB in einem durch die Erfordernisse der betrieblichen Einrichtung vorgegebenen Ablauf, in einer gemeinsamen aufeinander abgestimmten Tätigkeit mehrerer Mitarbeiter oder in der Anwesenheit von Vorgesetzten an der Arbeitsstätte. Meist wird eine Einbindung in die betrieblichen Strukturen vor Ort von einer (dauerhaften) Zuweisung von einschlägigen Betriebsmitteln an den Erwerbstätigen zur Benutzung begleitet.

Bei dem gegenständlichen Hotelbetrieb handelte es sich um eine solche Einheit. Die Reinigungstätigkeit wurde in dieser organisatorischen Einbindung erbracht.

3.2.3 Atypische Umstände, die der Beurteilung als Dienstverhältnis in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG entgegenstehen würden, sind im gegenständlichen Fall nicht ersichtlich, zumal nicht hervorgekommen ist, dass die Mitbeteiligte über eigene wesentliche Betriebsmittel verfügt habe oder eigene unternehmerische Entscheidungen hätte treffen können. Sie verfügte über keine für ein Reinigungsgewerbe typische unternehmerische Struktur wie ein eigenes Büro, eigene Angestellte etc.

3.2.4

Es ist keinesfalls ausgeschlossen, dass ein Dienstverhältnis vorliegt, wenn der Dienstnehmer zusätzlich über einen Gewerbeschein verfügt (vgl. das. Erkenntnis vom 2. April 2008, Zl. 2007/08/0038 u. a.).

3.2.5 Persönliche Arbeitspflicht bestand, vgl. oben. Die unter den Putzfrauen des Hotels getätigte Arbeitseinteilung bedeutet keine Vertretungsbefugnis im Sinne der Judikatur des ASVG. Auch eine Vertretung im Verhinderungsfall hat mit freier Vertretungsbefugnis nicht zu tun.

3.2.6 Wirtschaftliche Abhängigkeit

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa die Erkenntnisse vom 19. Februar 2014, 2013/08/0160, und vom 14. März 2013, 2012/08/0018), dass sich die wirtschaftliche Abhängigkeit bereits aus der persönlichen Abhängigkeit ergibt, ist mit jener doch ein Fehlen der (eigenen) Verfügungsmacht über die wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel verbunden.

Die von der Mitbeteiligten verwendeten geringwertigen Hilfsmittel stellen die wirtschaftliche Abhängigkeit nicht in Frage.

4. Zusammenfassung:

Zusammenfassend ist festzustellen, dass wesentliche atypische Umstände, die gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nicht vorliegen und daher von einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen ist.

Die Höhe des nach Stunden berechneten Entgelts hat unbestritten die jeweils geltende Geringfügigkeitsgrenze überschritten. Es war daher die Pflichtversicherung festzustellen.

5. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt. Dem steht auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027.

3.3. B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Zur Fragen der versicherungsrechtlichen Einordnung von Reinigungskräften gibt es zahlreiche Erk des VwGH, vgl. u.a. 2000/08/0020, 91/08/0117).

Schlagworte

Dienstnehmereigenschaft, Dienstverhältnis, persönliche Abhängigkeit,
Pflichtversicherung, wirtschaftliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W178.2135591.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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