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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §78 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der X-Sparkasse, vertreten durch Dr. Klaus Galle, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. August 1996, Zl. GA 8 - 1995/95, betreffend Haftung für Lohnsteuer sowie Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 12.800 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine Sparkasse. Dienstnehmer der Beschwerdeführerin vermittelten Bauspar- und Versicherungsverträge und erhielten für diese "Nebenbeschäftigung" Provisionen von der S-Bausparkasse und der S-Versicherung. Hinsichtlich dieser Beträge zog die belangte Behörde die Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug zur Haftung für Lohnsteuer heran und schrieb ihr im Instanzenzug Dienstgeberbeitrag sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vor. Im gegenständlichen Fall werde die Provisionstätigkeit von den Dienstnehmern der Beschwerdeführerin sowohl in der Dienstzeit am Arbeitsort des Arbeitgebers als auch außerhalb der Betriebsstätte in der Freizeit ausgeübt; eine Aufteilung sei nach Auskunft der Beschwerdeführerin nicht möglich. Die Beschwerdeführerin stelle Arbeitsmittel und Arbeitszeit für die Tätigkeit zur Verfügung. Zu beachten sei auch, daß die verschiedenen Sparkassen-Institute am Markt einheitlich auftreten würden. In einer Gesamtbetrachtung gelange die belangte Behörde zur Auffassung, daß die Provisionen als Arbeitslohn
iSd § 25 EStG 1988 anzusehen seien. Arbeitgeber
iSd § 47 EStG 1988 sei, wer Bezüge iSd § 25 leg. cit. auszahle und den damit verbundenen wirtschaftlichen Aufwand trage. Zur Haftung für Lohnsteuer könne der Arbeitgeber nur herangezogen werden, wenn er den Lohn selbst auszahle. Lohnzahlungen von dritter Seite führten zwar zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, nicht aber zu einem Lohnsteuerabzug. Der Arbeitgeber werde jedoch für die Lohnsteuer herangezogen, wenn die Lohnzahlungen den Arbeitnehmern mit Wissen und Willen des Arbeitgeber zukämen. Im gegenständlichen Fall sei von Bedeutung, daß zwischen der Beschwerdeführerin einerseits und der S-Bausparkasse bzw der S-Versicherung andererseits eine mittelbare Verflechtung in der Eigentümerstruktur über andere Banken sowie eine enge wirtschaftliche Verbindung durch gemeinsame Auftritte als Sparkassen-Institute bestünden. Weiters sei die Tätigkeit der Dienstnehmer für die S-Bausparkasse und die S-Versicherung auch im Interesse der Beschwerdeführerin (an einer umfassenden Angebotspalette) gelegen. Eine weitere Verbindung bestehe darin, daß die Beschwerdeführerin die genannte Provisionstätigkeit empfehle. Die Tätigkeit sei sowohl in zeitlicher als auch in örtlicher Hinsicht untrennbar mit der sonstigen Tätigkeit der Dienstnehmer für die Beschwerdeführerin verbunden. Die Verflechtung gehe sogar soweit, daß die Beschwerdeführerin für die Provisionstätigkeit ihrer Dienstnehmer Werbegeschenke kaufe und sich die Aufwendungen von diesen ersetzen lasse. Da der Beschwerdeführerin überdies ein umfassendes Informationsrecht über die an ihre Arbeitnehmer gezahlten Provisionen zustehe, müsse die direkte Zahlung der Provisionen durch die S-Bausparkasse und die S-Versicherung auf Konten der Dienstnehmer als verkürzter Zahlungsweg angesehen werden. Die Zahlungen seien daher mit Wissen und Wollen der Beschwerdeführerin getätigt worden. Die Dienstnehmer hätten also durch ihre Tätigkeit für die S-Bausparkasse und die S-Versicherung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt. Im Hinblick auf den im Rahmen der Verbindung zu den genannten Instituten verkürzten Zahlungsweg sei die Beschwerdeführerin für die strittigen Lohnabgaben heranzuziehen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im gegenständlichen Fall kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde aufgrund des von ihr festgestellten Sachverhaltes zu Recht davon ausgegangen ist, daß die in Rede stehenden Provisionen zu den Einkünften aus einem Dienstverhältnis zählen. Selbst für den Fall des Vorliegens von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist nämlich zu beachten, daß die durch § 82 EStG 1988 normierte Haftung des Arbeitgebers im Hinblick auf die Bestimmung des § 78 Abs. 1 leg. cit. nicht jene Lohnzahlungen betrifft, die nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers, sondern von dritter Seite geleistet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1991, 89/13/0166). Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ändert es daran nichts, wenn der Dritte und der Arbeitgeber kapitalmäßig verflochten sind oder wenn der Arbeitgeber von den Zahlungen des Dritten Kenntnis erlangt und sie befürwortet. Das von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1995, 95/14/0058, in welchem auf das Wissen und den Willen des Arbeitgeber abgestellt worden ist, betrifft Zahlungen aus dem Vermögen des Arbeitgebers und nicht Zahlungen Dritter.
Die Haftung des Arbeitgebers kann dann gegeben sein, wenn sich die Leistung des Dritten als "Verkürzung des Zahlungsweges" darstellt, wenn also die Zahlung des Dritten eine Schuld des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer tilgt. Der angefochtene Bescheid enthält allerdings keine Sachverhaltsfeststellungen, aus denen sich eine derartige Konstellation ergäbe.
Der Dienstgeberbeitrag ist gemäß § 41 Abs. 3 FLAG von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag wird gemäß § 57 Abs. 7 HKG von den Arbeitslöhnen bemessen, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage des § 41 FLAG heranzuziehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt auch hinsichtlich dieser Abgaben die Auffassung, daß sie der Arbeitgeber nicht von Zahlungen Dritter zu leisten hat (vgl. § 43 Abs. 2 FLAG).
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996150215.X00Im RIS seit
01.06.2001Zuletzt aktualisiert am
20.11.2015