Entscheidungsdatum
09.01.2020Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W161 2134429-2/2E
W161 2134427-2/2E
W161 2134428-2/2E
W161 2134430-2/2E
W161 2134425-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft XXXX vom 30.10.2019, Zl. XXXX -ÖB/KONS/4233/2017, aufgrund des Vorlageantrages von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) mj. XXXX , geb. XXXX , 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , 4.) mj. XXXX , geb. XXXX , 5.) XXXX , geb. XXXX , 2.) - 5.) gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , alle StA. Afghanistan, alle vertreten durch Mag. Daniel Bernhart, Österreichisches Rotes Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft XXXX vom 29.07.2019, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet
abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer. Alle sind afghanische Staatsangehörige. Am 07.12.2015 stellten die Beschwerdeführer bei der Österreichischen Botschaft XXXX unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 Asylgesetz. Als Bezugsperson wurde der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. der Vater der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer angeführt, XXXX , geb. XXXX , afghanischer Staatsangehöriger.
1.2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass betreffend die antragstellenden Parteien die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Zwangsehen, Telefonehen, Stellvertreterehen (bzw. "Handschuhehen") oder Kinderehen (jünger als 16 Jahre bei der Eheschließung) würden den österreichischen Grundwerten widersprechen und seien daher als nicht gültig anzusehen. Die Antragsteller seien nicht antragsberechtigt gemäß § 35 Abs. 5 AsylG, da sie weder Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden seien, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt worden sei.
Die Voraussetzungen für eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose lägen somit nicht vor.
1.3. Mit Schreiben vom 25.02.2016 wurde den Antragstellern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt.
1.4. Am 11.03.2016 brachte die Erstbeschwerdeführerin, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, eine Stellungnahme für sich und ihre minderjährigen Kinder ein. Darin wird insbesondere ausgeführt, bei den Antragstellern handle es sich um die Ehefrau von XXXX , dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, sowie um dessen minderjährige ledige Kinder. Sie alle entsprächen den Voraussetzungen des § 35 Abs. 5 AsylG und seien entgehen der Ansicht des Bundesamtes durchaus antragsberechtigt. Das Einreiseverfahren gemäß § 35 AsylG folge den Bestimmungen der Familienzusammenführungsrichtlinie.
1.5. In einer ergänzenden Mitteilung vom 21.03.2016 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, die negative Wahrscheinlichkeitsprognose gemäß § 35 AsylG bleibe aufrecht.
1.6. Am 23.03.2016 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass inzwischen gegen die Bezugsperson im Inland ein Aberkennungsverfahren eingeleitet worden wäre. Somit bestünde auch bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen keinerlei Antragsrecht für allfällige Familienangehörige.
1.7. In der Folge wurde den beschwerdeführenden Parteien neuerlich Gelegenheit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt, wobei die bisher angeführten Argumente, aus welchen die Zuerkennung eines Status des Asylberechtigen oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, dahingehend ergänzt wurden, dass die vorgelegten Dokumente der Antragsteller die Familieneigenschaft mit der Bezugsperson in Österreich nicht bestätigen würden und dass gegen die Bezugsperson ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten (subsidiär Schutzberechtigten) gemäß § 7 (§ 9) AsylG 2005 anhängig sei.
1.8. Die Beschwerdeführer nahmen mit Schreiben vom 24.04.2016, zugestellt am 26.04.2016 neuerlich Stellung und verweisen auf die bereits eingebrachten Stellungnahmen vom 11.03.2016 sowie vom 14.03.2016. Ergänzend wurde zum eingeleiteten Aberkennungsverfahren gegen die Bezugsperson ausgeführt, nach Ansicht der Antragsteller stelle das anhängige Aberkennungsverfahren gegen den Status der Bezugsperson eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar. Es stelle die Hauptfrage im eingeleiteten Aberkennungsverfahren einer anderen Verwaltungsbehörde, nämlich des Bundesamtes dar. Demnach wäre die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung des Einreisetitels auszusetzen bis über die Vorfrage entschieden worden wäre.
1.9. Auch diese Stellungnahme wurde in der Folge dem BFA weitergeleitet, welches nach Prüfung derselben mitteilte, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer keine Änderung der Wahrscheinlichkeitsprognose bewirke.
1.10. Mit Bescheiden vom 22.06.2016 verweigerte die ÖB XXXX die Erteilung der Einreisetitel gem. §26 FPG idgF iVm §35 AsylG 2005 idgF jeweils mit der Begründung, in dem den Anträgen auf Erteilung eines Einreisetitels zugrundeliegenden Fällen sei die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten aus folgenden Gründen nicht wahrscheinlich:
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Zwangsehen, Telefonehen, Stellvertreterehen (bzw. "Handschuhehen") oder Kinderehen (jünger als 16 Jahre bei der Eheschließung) widersprechen den österreichischen Grundwerten und sind daher als nicht gültig anzusehen.
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Der Antragsteller ist nicht antragsberechtigt gemäß § 35 Abs. 5 AsylG, da er weder Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der dessubsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde.
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Die vorgelegten Dokumente der Antragsteller bestätigen nicht die Familieneigenschaft mit der Bezugsperson in Österreich.
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Gegen die Bezugsperson ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten (subsidiär Schutzberechtigten) gemäß § 7 (§9) AsylG 2005 anhängig.
Daraus ergebe sich, dass der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels jeweils abzulehnen wäre.
1.11. Gegen die Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht.
1.12. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 09.08.2016 wies die ÖB XXXX die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.
1.13. Jeweils mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.02.2017 wurden die Beschwerden gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
Dagegen wurde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben.
1.14. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 21.09.2017 zu Zl.en E983-987/2017-32 wurde das Erkenntnis des BVwG aufgehoben und festgestellt, die Beschwerdeführer seien durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
In den Erwägungen wird insbesondere festgehalten wie folgt:
"Das Bundesverwaltungsgericht geht, mit Hinweis auf Widersprüche in den Angaben der Betroffenen, davon aus, dass die Fünftbeschwerdeführerin nicht mit der Bezugsperson verheiratet sei. Diese Ausführungen trifft das Bundesverwaltungsgericht auf Grundlage eines Aktenvermerks des BFA, in dem die Angaben der Bezugsperson im Rahmen eines Asylverfahrens aus 2011 mit den Angaben der Fünftbeschwerdeführerin anlässlich des Verfahrens vor der ÖB XXXX verglichen werden. Der Asylakt der Bezugsperson bzw. die Niederschrift dieser Einvernahme wurden vom Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht in das Verfahren zur Erlangung eines Einreisetitels eingebracht. Zur Glaubwürdigkeit der vorgelegten Heiratsurkunde erwähnt das Bundesverwaltungsgericht, dass "angeblich" die Erst- bis Viertbeschwerdeführer als Zeugen fungiert hätten. Auch diese Wertung ist dem Aktenvermerk des BFA zu entnehmen. Die im Akt befindliche Übersetzung der Heiratsurkunde weist die Erst- bis Viertbeschwerdeführer jedoch als der Ehe entstammende Kinder aus.
Hinsichtlich des behaupteten Verwandtschaftsverhältnisses der Bezugsperson zu den Erst- bis Viertbeschwerdeführern verweist das Bundesverwaltungsgericht lediglich auf die "vom BFA aufgezeigten massiven Zweifel an der Vaterschaft". Aus dem Erkenntnis geht hervor, dass das BFA aufgrund einer Namensdivergenz in den Geburtsurkunden davon ausgeht, dass die Bezugsperson nicht Vater der Erst- bis Viertbeschwerdeführer sei. Hiezu ist anzumerken, dass die im Akt befindlichen Geburtsurkunden lediglich zwei Vornamen des Vaters nennen, wobei einer davon mit dem Vornamen der Bezugsperson übereinstimmt.
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest, dass gegen die Bezugsperson am 9. Februar 2016 ein Aberkennungsverfahren gemäß § 9 AsylG eingeleitet worden sei und den Beschwerdeführern auch aus diesem Grund der Einreisetitel zu verwehren sei. Aus dem Erkenntnis ist jedoch nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage das Bundesverwaltungsgericht zu dieser Feststellung gelangt. Die Beschwerdeführer haben in ihren Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass bisher kein Aberkennungsbescheid ergangen sei. Vor diesem Hintergrund hätte das Bundesverwaltungsgericht ermitteln müssen, ob tatsächlich ein Aberkennungsverfahren gegen die Bezugsperson anhängig war."
1.15. Im fortgesetzten Verfahren verwies das Bundesamt in seiner Stellungnahme und Mitteilung vom 17.06.2019 darauf, dass nach Prüfung der Sachlage die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten für die Antragsteller nicht wahrscheinlich sei, da gegen die Bezugsperson ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten (subsidiär Schutzberechtigten) gemäß § 7 (§ 9) AsylG 2005 anhängig sei.
1.16. Die Beschwerdeführer brachten daraufhin am 26.06.2019 eine Stellungnahme ein, in welcher sie beantragen, dem Einreiseantrag stattzugeben und ihnen die Einreise zu gewähren, in eventu das Verfahren bis zur (rechtskräftigen) Klärung der Vorfrage der Aberkennung des Status gemäß § 38 AVG auszusetzen.
1.17. Mit Bescheid vom 29.07.2019 wurden die Anträge der nunmehrigen Beschwerdeführer gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Begründend wird auf die beiliegende Mitteilung und Stellungnahme des Bundesamts vom 17.06.2019 verwiesen.
Dieser Bescheid wurde den Antragstellern am 29.07.2019 zugestellt.
1.18. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht im Namen aller Beschwerdeführer eingebrachte Beschwerde, in welcher zunächst der Verfahrensgang wiedergegeben und insbesondere ausgeführt wird, die Behörde habe mit dem angefochtenen Bescheid sämtliche der Ermittlungsaufträge des Bundesverwaltungsgerichts im Erkenntnis vom 13.11.2017 unterlassen. Auch sei die beantragte Aussetzung des Verfahrens nicht erfolgt.
1.19. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 30.10.2019 wies die ÖB XXXX die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.
Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführer einen Antrag nach §35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt haben und eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ergangen sei. Als alleintragender Grund für die Abweisung der von den Beschwerdeführern gestellten Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gem. §35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführer auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.
Die Auffassung des BFA, dass die begehrten Einreisetitel zu versagen seien, sei auch inhaltlich im Ergebnis zutreffend. Am 29.04.2019 sei durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Aberkennungsverfahren gegen die Bezugsperson aufgrund geänderter Lage in seinem Heimatland (subsidiär Schutzberechtigt gemäß § 8 AsylG 2005) eingeleitet worden. § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG 2005 sähe als Versagungsgrund die Anhängigkeit eines Aberkennungsverfahrens vor. Dieser Versagungsgrund des unsicheren Status der Bezugsperson beziehe sich allein (und nur) auf die Anhängigkeit eines solchen Aberkennungsverfahrens und stelle nicht etwa auf das (allenfalls vorfragenweise zu beurteilende) Ergebnis eines solchen Verfahrens ab. Allein das Vorliegen der Anhängigkeit eines Aberkennungsverfahrens des Status der Bezugsperson führe nach § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG zwingend dazu, dass die begehrten Einreisetitel zu versagen seien. Diese Rechtsansicht stehe auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
1.20. Am 12.11.2019 wurde bei der ÖB XXXX ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
1.21. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 11.12.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakten übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die beschwerdeführenden Parteien stellten am 07.12.2015 bei der Österreichischen Botschaft XXXX jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, genannt, welcher der Ehemann bzw. Vater der Antragsteller sei.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte nach Prüfung des Sachverhaltes am 17.06.2019 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da gegenüber der Bezugsperson ein Aberkennungsverfahren anhängig sei.
Diese Einschätzung wurde auch nach Einbringung einer Stellungnahme der Antragsteller aufrechterhalten.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.05.2014 zu GZ W178 1424122-1/12E wurde XXXX in Österreich subsidiärer Schutz zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsbewilligung bis 24.04.2015 erteilt.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.04.2015 wurde ihm gemäß § 8 Abs.4 AsylG eine befristete Aufenthaltsbewilligung bis zum 24.04.2017 erteilt.
Mit Bescheid vom 21.04.2017 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung bis 24.04.2019 erteilt.
Am 18.03.2019 stellte die Bezugsperson einen Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes gemäß § 8 Abs. 4 AsylG.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2019 wurde der Bezugsperson der zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und zugleich auch die mit Erkenntnis vom 24.04.2014 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde der Bezugsperson ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Bezugsperson gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
Gegen diese Entscheidung erhob XXXX fristgerecht Beschwerde.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.12.2019 zu GZ W279 1424122-2/3E wurde die Beschwerde des XXXX als unbegründet abgewiesen und die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der Österreichischen Botschaft XXXX sowie aus den beigeschafften Akten des Bundesverwaltungsgerichts (Visaverfahren der nunmehrigen Beschwerdeführer im ersten Rechtsgang, sowie die Akten der Bezugsperson betreffend seinen Antrag auf internationalen Schutz, die Gewährung von subsidiären Schutz und die Aberkennung desselben (W178 426362-1/2012, W279 1424122-2).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:
"§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Beschwerdevorentscheidung
§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
(3) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Vorlageantrag
§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.
(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde
1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;
2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.
Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.
(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.
§16 [ ... ]
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."
§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) lauten wie folgt:
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:
Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 2 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich subsidiär Schutzberechtigte XXXX , geb. XXXX , afghanischer Staatsangehöriger, als Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer genannt.
Das BVwG hat in einem gleichgelagerten Fall bereits in seinem Erkenntnis vom 27.12.2017, Zlen. W241 2175651 (bis 2175657)-1/2E, Nachstehendes erkannt:
"Entscheidender Punkt im gegenständlichen Verfahren ist, dass gegen die Bezugsperson ein Aberkennungsverfahren anhängig ist. Diesbezüglich lässt die Bestimmung des § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG keinen Auslegungsspielraum. Da die Voraussetzung des § 34 Abs. 4 Z 1 schon dann nicht erfüllt ist, wenn ein Aberkennungsverfahren bloß anhängig ist, besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes auch kein Raum für eine Aussetzung des Verfahrens, da es sich bei der Entscheidung im Aberkennungsverfahren nicht um eine Vorfrage handelt. Die Anhängigkeit des Aberkennungsverfahrens reicht aus, um zwingend zu einer negativen Wahrscheinlichkeitsprognose zu führen. Eine Überprüfung der Einleitung des Aberkennungsverfahrens steht dem Bundesverwaltungsgericht nicht zu.
Die BF hätten lediglich die Möglichkeit gehabt, ihre Anträge bzw. ihre Beschwerde zurückzuziehen, um den Verfahrensausgang abzuwarten. Sie haben auch jederzeit die Möglichkeit, einen neuen Antrag zu stellen.
Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein jeweils mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des BFA, dass die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten an die BF in Bezug auf den in Österreich befindlichen Sohn bzw. Bruder nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen."
Gleiches gilt in casu - der Beschwerdeeinwand, dass das Aberkennungsverfahren als Vorfrage zum gegenständlichen Verfahren zu sehen sei, ist verfehlt, hat doch der Gesetzgeber mit dem FräG 2009 und konkret der Bestimmung des § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG das Ziel verfolgt, dass "sich Fremde nicht auf den unsicheren Status einer Bezugsperson berufen können, gegen die ein Aberkennungsverfahren eingeleitet wurde."
Das Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gegen die Bezugsperson war im Entscheidungszeitpunkt der Vertretungsbehörde beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bereits anhängig und wurde zwischzeitig der Bezugsperson mit Bescheid vom 16.10.2019, bestätigt durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.12.2019, der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt.
In Hinblick auf das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK ist gegenständlich auszuführen, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat, und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung im gegenständlichen Fall nicht vorliegen.
Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt nämlich keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem AsylG zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen.
Es ist den Beschwerdeführern unbenommen, im Falle, dass das Aberkennungsverfahren der Bezugsperson nicht zur Aberkennung ihres Status als subsidiär Schutzberechtigten führen sollte und auch die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Asylgesetz 2005 erfüllt sein sollten, jederzeit neue Einreiseanträge zu stellen.
Die oben zitierten Ausführungen der österreichischen Botschaft in der Beschwerdevorentscheidung erweisen sich daher als rechtsrichtig und die Beschwerdeeinwendungen als nicht begründet, sodass die Beschwerde abzuweisen war.
Eine mündliche Verhandlung war gemäß § 11a Abs. 2 FPG nicht durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Aberkennungsverfahren, EinreisetitelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W161.2134430.2.00Zuletzt aktualisiert am
12.03.2020