TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/23 W251 2163934-1

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Veröffentlicht am 23.01.2020
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Entscheidungsdatum

23.01.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W251 2163934-1/15E

W251 2184258-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1) XXXX , geboren am XXXX , und 2) XXXX , geboren am XXXX , beide StA Somalia und vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 1) vom 23.05.2017, Zl. 1090301701 - 151509672 und 2) vom 06.12.2017, Zl 1160172106 - 170891557 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und den Beschwerdeführerinnen gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 und 4 AsylG der Status einer Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass den Beschwerdeführerinnen damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin. Beide stellten in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) wies mit Bescheid vom 23.05.2017 betreffend die Erstbeschwerdeführerin sowie mit Bescheid vom 06.12.217 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin, die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt I.) und erkannte den Beschwerdeführerinnen gemäß § 8 Abs AsylG den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II).

3. Die Beschwerdeführerinnen erhoben gegen Spruchpunkt I. dieser Bescheide fristgerecht Beschwerde.

4. Die Erstbeschwerdeführerin hat noch eine zweite minderjährige Tochter in Österreich. Dieser zweiten Tochter wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX gemäß § 3 AsylG der Status einer Asylberechtigten zuerkannt

II. Entscheidungsgründe:

1. Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Die Zweitbeschwerdeführerin ist die leibliche Tochter der Erstbeschwerdeführerin. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde am XXXX in Österreich geboren und führt den Namen XXXX . Die Erstbeschwerdeführerin ist zudem die leibliche Mutter der minderjährigen XXXX , geboren am XXXX .

Der minderjährigen XXXX wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX der Status einer Asylberechtigten zuerkannt und eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsdauer erteilt.

Gegen die minderjährige XXXX wird derzeit kein Aberkennungsverfahren geführt.

Die Erstbeschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten. Die Zweitbeschwerdeführerin ist aufgrund ihres Alters noch strafunmündig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt, den vorgelegten Geburtsurkunden, den vorgelegten Bescheiden des Bundesamtes sowie aus dem Strafregisterauszug.

Diese Urkunden sind schlüssig und nachvollziehbar. Es besteht kein Grund, an den vorgelegten Urkunden zu zweifeln. Das Bundesamt gab zudem am 14.01.2020 bekannt, dass vom Vorliegen der Voraussetzungen für ein Familienverfahren auszugehen ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Spruchpunkt I. des Bescheides - Asyl gemäß § 3 AsylG

1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

2. Der zweiten leiblichen Tochter der Erstbeschwerdeführerin, XXXX , wurde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status einer Asylberechtigten zuerkannt.

3. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Die Erstbeschwerdeführerin ist daher Familienangehörige im Sinn des § 2 Z 22 AsylG betreffend die Zweitbeschwerdeführerin und betreffend ihre zweite leibliche Tochter, XXXX .

4. Die Behörde hat gemäß § 34 Abs 2 AsylG auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist, die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist. Diese Bestimmung ist gemäß § 34 Abs. 5 AsylG ebenso auf Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht anzuwenden.

Die Erstbeschwerdeführerin ist nicht straffällig geworden. Der Erstbeschwerdeführerin ist die Fortsetzung des Familienlebens mit ihrer zweiten Tochter, XXXX , in einem anderen Staat nicht möglich. Es wird gegen die zweite leibliche Tochter der Erstbeschwerdeführerin kein Aberkennungsverfahren geführt.

Es ist daher der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 34 AsylG im Weg des Familienverfahrens der Status der Asylberechtigten in Ableitung von ihrer zweiten leiblichen Tochter zuzuerkennen.

5. § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG sieht vor, dass die Bestimmungen über das Familienverfahren nicht auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, anzuwenden sind, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

Die Zweitbeschwerdeführerin ist ein minderjähriges lediges Kind der Erstbeschwerdeführerin. Die Zweitbeschwerdeführerin ist noch strafunmündig. Der Zweitbeschwerdeführerin ist die Fortsetzung des Familienlebens mit der Erstbeschwerdeführerin in einem anderen Staat nicht möglich.

Es ist daher gemäß § 34 AsylG im Weg des Familienverfahrens der Status der Asylberechtigten in Ableitung von der Erstbeschwerdeführerin auch der Zweitbeschwerdeführerin der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen.

6. Es war daher den Beschwerden der Beschwerdeführerinnen statt zu geben und diesen der Status von Asylberechtigten zuzuerkennen.

7. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalem Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

8. Gemäß § 3 Abs 4b richtet sich in einem Familienverfahren gemäß § 34 AsylG die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird. Gemäß § 3 Abs 4 AsylG kommt der zweiten leiblichen Tochter der Erstbeschwerdeführerin eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte zu. Die Aufenthaltsberechtigung für die Erstbeschwerdeführerin sowie für die Zweitbeschwerdeführerin gilt daher ebenfalls drei Jahre.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen sowohl auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als auch auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W251.2163934.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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