TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/27 W196 2149501-1

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Veröffentlicht am 27.01.2020
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Entscheidungsdatum

27.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W196 2149501-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch RA Edward W.DAIGNEAULT, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3

und 57 AsylG, § 9 BFAVG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Somalia, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 28.06.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er angab, dass er Staatsangehöriger Somalias und Angehöriger der Volksgruppe der Habr Gedir sei sowie moslemischen Glauben habe. Er sei in XXXX geboren und traditionell verheiratet. Er habe keine Schulausbildung und sei zuletzt als Verkäufer tätig gewesen. Somalisch beherrsche er gut in Wort und Schrift. Weiters gab er an, dass seine Eltern und acht Geschwister noch in Somalia lebten. Er habe in Mogadischu gewohnt, von wo er im Jänner 2010 zu Fuß nach Kenia (Nairobi) "illegal mit seinem in Mogadischu ausgestellten somalischen Reisepass", welchen er im Iran verloren habe, ausgereist sei. Von dort sei er mit einem Visum per Flugzeug in den Iran und weiter zu Fuß in die Türkei, mit einem Boot nach Griechenland und von dort zu Fuß über Serbien nach Österreich glangt.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Sicherheitslage in Somalia schlecht sei. Er habe das Land verlassen, um sein Leben zu retten. Die Terrorgruppe Al Shabaab hätte "sie" verfolgt und er befürchte, im Fall der Rückkehr von der Al Shabaab verfolgt zu werden.

Nach der Zulassung des Verfahrens erfolgte am 10.02.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Somalisch eine niederschriftliche Einvernahme. Dabei gab der Beschwerdeführer eingangs an, dass seine Muttersprache Somalisch sei und er den Dolmetscher einwandfrei verstehe. Er sei einvernahmefähig. Nach Vorlage verschiedener Befunde und Medikamente gab er an, wegen Magenschmerzen, Gastritis, Nackenschmerzen und wegen einer Allergie medikamtentös behandelt zu werden. Auf Befragen, ob er bis dato im Verfahren der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe, bejahte er dies, wollte aber Korrekturen vornehmen lassen und brachte vor, dass (zwar) richtig rückübersetzt worden sei, er allerdings keine Kopie erhalten habe. Danach gab er an, dass seine Angaben anlässlich seiner Erstbefragung zu seiner Clanzugehörigkeit nicht richtig und seine Probleme sowie der Umstand, dass er zwei Kinder habe, nicht protokolliert worden seien, und verlangte eine sofortige Rückübersetzung seiner bisher zu Protokoll genommenen Angaben. Sodann gab er- nach langem Überlegen und ausweichenden Antworten - auf wiederholte Befragung an, in XXXX geboren und im Bundesstaat Galgadud aufgewachsen zu sein. Er habe keine Schulbildung, seine Familienangehörigen seien Nomaden gewesen, sie hätten Schafe und Kamele gehabt. Im Busch in Galgadud habe er 6 Monate eine Koranschule besucht. Er habe geheiratet. Er habe sich um die Tiere gekümmert. 2005 sei er nach Mogadischu gekommen und habe als Verkäufer in einem Lebensmittelgeschäft gearbeitet, zunächst als Angestellter, später als Teilhaber. Der Beschwerdeführer sei Angehöriger des Clans der Madhiban und sunnitisch-moslemischen Glaubens. Er gehöre dem Subclan XXXX und dem Subsubclan XXXX an. Sein Vater stamme aus Galgadud. Seine Eltern, drei Brüder und sechs Schwestern lebten noch in seiner Heimat, sie seien Nomaden. 2005 sei er nach Mogadischu gezogen, weil er heimlich geheiratet habe und die Frau schwanger gewesen sei. Daraufhin seien ihre Brüder zu ihm gekommen und hätten ihm auf Grund seiner Clanzugehörigkeit Probleme bereitet, weshalb er nach Mogadischu gezogen sei. Dort besitze er ein Grundstück. Im Jänner 2015 sei er von dort teilweise zu Fuß nach Kenia (Nairobi) gereist, wo ihm ein Schlepper einen geflälschten Reisepass organisiert habe, mit welchem er im April (2015) in den Iran geflogen sei. Er telefoniere gelegentlich mit seiner Mutter. Er sei nicht vorbestraft, nicht politisch tätig gewesen und gehöre auch keiner politischen Partei an.

Dezidiert zu seinem Fluchtgrund befragt und aufgefordert den konkreten Grund, warum er seine Heimat verlassen habe, chronologisch zu schildern, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er eine Frau aus dem Clan der Habr Gedir geheiratet habe und sie schwanger geworden sei. Ihre Familienangehörigen hätten ihn bedrängt, sich wegen seiner Clanzugehörigkeit wieder scheiden zu lassen. Nachdem er dies abgelehnt habe, hätten sie ihn bedroht und im Wald mit Feuer gefoltert. Er habe sich dann scheiden lassen und Galgaduud verlassen müssen. Seine Frau habe das Kind verloren. 2005 sei er nach Mogadischu gezogen und habe dort gearbeitet. Das Geschäft habe die AMISOM-Truppen mit Lebensmitteln versorgt, worauf Al Shabaab sie aufgefordert hätte, der Regierung und den AMISOM-Truppen nichts mehr zu verkaufen. Im Jänner 2015 sei sein Geschäftspartner im Geschäft umgebracht worden. Auch der Beschwerdeführer sei angerufen und mit dem Umbringen bedroht worden, worauf er zu einem Freund geflüchtet sei und am folgenden Tag die Stadt verlassen habe. Als weiteren Ausreisegrund gab er an, einer Minderheit anzugehören und oft Probleme und Beleidigungen erlebt zu haben. Der Beschwerdeführer merkte ferner an, dass im Erstbefragungsprotokoll in unzutreffender Weise protokolliert sei, er sei 2010 nach Kenia ausgereist. Im Fall der Rückkehr habe er Angst, von den Brüdern seiner Frau umgebracht zu werden. Befragt, wieso er nun einen weiteren Fluchtgrund vorbringe, behauptete er, dass dies bei der Erstbefragung falsch protokolliert worden sei, er habe von Beginn an angegeben, einer Minderheit anzugehören. Seine Familie sei nicht bedroht worden, seine Eltern und Geschwister befänden sich in Galgaduud, seine Frau und seine Kinder seinen noch in Mogadischu. Lesen und Schreiben habe er sich selbst beigebracht, Englisch habe er von Leuten gelernt. Ende 2014 hätten die Bedrohungen durch die Al Shabaab begonnen; sie hätten drei Mal angerufen. Er habe angegeben, seit 2008 verheiratet zu sein und Kinder zu haben, es sei jedoch nicht protokolliert worden. Befragt, woher er wisse, dass anlässlich seiner Erstbefragung falsch protokolliert worden sei, da er angegeben habe, damals kein Protokoll erhalten zu haben, brachte er vor, das Protokoll beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Parteienverkehr erhalten zu haben. Die Reise habe 3.085.- USD gekostet, 1.000.- USD habe er noch. Zur Frage, warum er Kenia wieder verlassen habe, obwohl er dort bereits sicher gewesen sei, brachte er vor, dass er dort nicht habe leben können. In Österreich habe er keine Verwandten; er habe hier nur Freunde. Er wolle in Österreich leben und arbeiten. In den von ihm durchreisten Ländern hätten Flüchtlinge keinen Schutz erhalten. Er sei arbeitsfähig habe bisher aber noch nichts gearbeitet. Er habe bereits Detuschkurse besucht. In Österreich habe er bislang weder eine Schule besucht noch eine Ausbildung absolviert. Er sei auch bei keinem Verein und keiner Organisation tätig und gehe keinen ehrenamtlichen Tätigkeiten nach. An einer freiwilligen Ausreise sei er nicht interessiert. Er habe schon lange nichts von seiner Familie gehört, er sei derjenige gewesen, der sie ernährt habe. Er wolle arbeiten, um sie unterstützen zu können. Der Beschwerdeführer verzichtete auf die Ausfolgung des Länderinformationsblattes und bestätigte, den Dolmetscher einwandfrei verstanden zu haben. Den vorgelegten Befunden sind die Diagnosen "suspekte Gastritis, Refluxbeschwerden, Lumbalgie, erstgradige Varikozele links sowie Stomatitis aphtosa" zu entnehmen. Ferner legte er Teilnahmebescheingungen an mehreren Deutschkursen bis zum Niveau A2 vor.

Am 14.03.2016 informierte das AMS das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer in der Zeit vom 25.02.2016 bis 30.07.2016. Eine weitere Beschäftigungsbewilligung wurde ihm für die Zeit vom 01.07.2016 bis 15.09.2016 erteilt.

Mit Schreiben vom 11.04.2016 wurde die Bevollmächtigung des Migratninnenvereins St. Marx bekanntgegeben und um baldige Einvernahme ersucht.

Nach Einsichtnahme in das bezughabende Register hat der Beschwerdeführer ab 29.06.2015 laufend die staatliche Grundversorgung (Unterbringung, Verpflegung, Krankenversicherung und bis 08.07.2015 auch Taschengeld) bezogen.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Im Wesentlichen stellte die Behörde fest, dass der Beschwerdeführer eine Verfolgung im Fall der Rückkehr nicht habe glaubhaft machen können. Die von ihm geltend gemachten Gründe hätten nicht als glaubhaft erachtet werden können. Der Beschwerdeführer sei schon als Person nicht glaubwürdig, sei seiner Mitwirkungspflicht zu selbständigen, vollständigen und wahrheitsgemäßen Angaben nicht nachgekommen und habe zu seinen Fluchtgründen auch widersprüchliche Angaben gemacht sowie versucht, dies als Protokollierungsfehler darzustellen. Auch aus der allgemeinen Lage in Somalia sei eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers nicht ersichtlich. Zudem wäre er bereits in Kenia vor einer Verfolgung in Somalia sicher gewesen. Da er auch in anderen europäischen Ländern nicht Asyl beantragt habe, werde ausschließlich von einem wirtschaftlichen Interesse an seiner Weiterreise nach Österreich ausgegangen. Zudem sei ein Verfolgungsrisiko durch Al Shabaaab weder wahrscheinlich noch aktuell, zumal er aktuell keiner Risikogruppe für gezielte Verfolgung durch die Al Shabaab in Mogadischu zuordenbar sei. Nach den Länderberichten bleibe Mogadischu weiterhin unter der Kontrolle von Regierung und AMISOM und sei eine Wiedererlangung der Kontrolle durch Al Shabaab höchst unwahrscheinlich. Auch gebe es in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt. Seit 2011 habe sich die Sicherheitlage in der Stadt sehr verbessert. Al Shabaab scheine aktuell den Schwerpunkt auf hochrangige Ziele, wie etwa AMISOM, Regierung oder UN zu legen und wolle die systematische Tötung von Zivilisten (etwa Lebensmittelverkäufer) verhindern, da sie sehr unpoloulär sei. Er könne sicher mit dem Flugzeug nach Mogadischu zurückkehren. Er leide auch nicht an lebensbedrohlichen Erkrankungen, seien seine Leiden in Somalia behandelbar sowie die erforderlilchen Medikamente in Somalia erhältlich. Zudem verfüge er über Verwandte in Somalia, welche im Fall der Rückkehr Unterstützung (Unterkunft) bieten könnten, sodass auch die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz nicht gegeben seien.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. unter Verweis auf die Erörterungen im Rahmen der Beweiswürdigung, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen behaupteten Verfolgungsgründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen sei, weshalb er eine Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht glaubhaft machen habe können. Zu Spruchpunkt II. folgerte die Behörde, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation des Beschwerdeführers bereits unter Spruchpunkt I. geprüft und verneint worden sei. Darüber hinaus vermochte im Fall des Beschwerdeführers nichts darauf hinzuweisen, dass er im Fall seiner Rückkehr in seine Heimat einer konkreten Gefährdung unterliegen würde. Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben hätten, die die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG rechtfertigen würden. Der Beschwerdeführer habe weder Verwandte, Familienangehörige oder Lebenspartner in Österreich, sodass davon auszugehen sei, dass er in Österreich kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führe. Auch sei kein schützenswertes Privatleben im Zuge des Verfahrens hervorgekommen. Da keine Gründe gemäß § 50 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG ersichtlich seien, sei auszusprechen, dass die Abschiebung nach Somalia zulässig sei.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2017 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung am 03.03.2017 fristgerecht die gegenständliche vollumfängliche Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Zum Sachverhalt wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer in Mogadischu Lebensmittelhändler gewesen sei und die AMISOM beliefert habe, sodass er von der Al Shabaab mit dem Umbringen bedroht worden sei, und weiters, dass er als Angehöriger eines Minderheitenclans eine Frau aus einem anderen Clan ohne das Wissen ihrer Familie geheiratet habe, weshalb er von dieser bedroht und misshandelt worden sei, sodass er sich habe scheiden lassen und nach Mogadischu gehen müssen. Die dieser Entscheidung zu Grunde liegende Beweiswürdigung wurde eingehend kritisiert und dazu vorgebracht, dass die Behörde sich mit Umständen auseinandergesetzt habe, die nichts Wesentliches zu seiner Fluchtgeschichte beitragen würden. Weiters habe die Behörde aktuelle Länderfeststellungen zur Gefahr der Verfolgung durch die Al Shabaab im Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers missachtet. Anstatt der Auseinandersetzung mit angeblichen Widersprüchen in den Einvernahmen hätte die Behörde sich mit dem Kern seiner Fluchtgeschichte auseinandersetzen sollen. Ein auszugsweise zitierter englischsprachiger Artikel vom Jänner 2017 zur Sicherheitslage in Mogadischu mache deutlich, dass seine Fluchtgeschichte realitätsnah sei, da die Al Shabaab nach wie vor präsent sei und versuche, junge Männer zu rekrutieren. Seine Narben würden von der Verfolgung durch die Familie seiner geschiedenen Ehefrau zeugen. Die Behörde habe übersehen, diese gerichtsmediziisch untersuchen zu lassen. Denn ein Folteropfer dürfe mit Sicherheit nicht in einen Staat wie Somalia abgeschoben werden, wo weder Sicherheit herrsche noch ausreichende medizinische bzw. psychotherapeutische Behandlung möglich seien. Dass er bereits geschieden sei, werde nicht ausreichen, damit ihn die Familie seiner Ex-Frau in Ruhe lassen werde, da er bereits sexuellen Kontakt zu seiner Ex-Frau gehabt habe. Dazu sei auf eine Anfragebantwortung von ACCORD vom 27.11.2014 [a-8956] zu verwiesen, wonach es Mehrheitsclans verboten sei, Angehörige der Gaboye (auch Madhiban) zu heiraten. Die Heirat zwischen den Gaboye und den meisten anderen somalischen Gruppen sei "tabu" und zumindest in Somaliland halte man sich streng daran. In Hargeysa sei ein Paar eine Mischehe eingegangen, worauf die Frau und ihr Kind mit dem Tod bedroht bzw. misshandelt worden seien, der Gaboye-Mann selbst habe aus dem Land fliehen müssen. Abgesehen davon sei er als Angehöriger eines Minderheitenclans einem viel höheren Risiko ausgesetzt, durch die Al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Selbst wenn die Behörde dem Beschwerdeführer in Bezug auf eine Verfolgung die Glaubwürdigkeit abspreche, so hätte sie infolge klimabedingter Naturkatastrophen (Dürre 2015, der zufolge ein großer Anteil von Menschen ihren täglichen Nahrungsbedarf nicht decken könne) zumindest subsidiären Schutz gewähren müssen. Beantragt werde ua. eine ärztliche Untersuchung der Folternarben des Beschwerdeführers sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Am 11.09.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Somalisch statt, an der der Beschwerdeführer und sein Vertreter teilnahmen.

"R: Haben Sie schon einen Deutschkurs gemacht?

BF: Ja, ich habe einen gemacht. Ich habe aber keine Prüfung gemacht.

BF legt eine Teilnahmebestätigung über einen Werte- und Orientierungskurs vor, diese wird in Kopie zum Akt genommen.

R: Welchem Clan gehören Sie an?

BF: Ich bin ein Madhiban.

R: Wie lange haben Sie wo gelebt?

BF: Ich bin in XXXX geboren. Wie ich klein war, ist meine Familie nach XXXX , Bezirk Galguduud, gezogen, dort bin ich auch aufgewachsen. Ich habe die Koranschule sechs Monate lang besucht. Ich kann Lesen und Schreiben, aber nicht gut. Ich habe dann später erst somalisch Lesen und Schreiben gelernt. Ein Freund von mir in Mogadischu hat mir das beigebracht. Ich habe bis 2005 in XXXX gelebt und als Hirte für die Familie gearbeitet. Ich allein bin dann nach Mogadischu gezogen von 2005 bis 2015, bis zu meiner Ausreise.

R: 2015 sind Sie wieso nach Österreich gekommen?

BF: Wegen Probleme musste ich flüchten. Ich habe als Verkäufer in einem Geschäft bei einem Verwandten von mir gearbeitet. Er hat mich im Jahr 2005 in Mogadischu aufgenommen, mein Vater hat mich zu ihm geschickt, weil ich Probleme in XXXX hatte. Er hat mir somalisch Lesen, Schreiben und Rechnen beigebracht. Amisom-Soldaten kamen in die Stadt und haben bei uns eingekauft. Wir brachten dann die Ware zu ihnen, Lebensmittel. Das haben Al Shabaab-Männer mitbekommen und sie haben uns dann gedroht, dass wir nicht an Amisom-Männer verkaufen sollen. Sie haben uns angerufen und uns vorgeworfen, dass wir den Amisom-Männern was verkaufen würden, wir haben es aber geleugnet. Nach einiger Zeit haben sie sich vergewissert und riefen uns wieder an, sie sagten, dass wir doch an Männer verkaufen, die gegen die Al Shabaab gekämpft haben. Beim dritten Anruf haben sie uns dann gesagt, dass wir getötet gehören, wir sind wie Amisom-Soldaten. Der Verwandter, der Geschäftsbesitzer, sagte dann, wir verkaufen einfach weiter, es wird uns schon nichts passieren. Wir haben am nächsten Tag das Geschäft ganz normal wieder aufgemacht, ich bin dann für das Geschäft einkaufen gegangen. Wie ich wieder zurück kam zum Geschäft, sind mir Menschen entgegengelaufen und sagten mir, dass der Geschäftsbesitzer getötet wurde und dann bin ich auch weggelaufen. Ich habe mit einem Freund von mir telefoniert und erzählte ihm, was ich gehörte habe, er brachte mich dann in seinem Haus in XXXX unter. Dann riefen mich Al Shabaab-Männer an und drohten mir, dass sie mich auch umbringen würden. Ich schaltete dann mein Handy aus. In der Nacht griffen die Al Shabaab mein Haus an, wo auch meine Frau war, ich war bei meinem Freund. Am nächsten Tag habe ich dann mit meiner Frau geredet und sie hat mir von dem Vorfall erzählt. Sie haben nach mir im Haus gesucht und haben nach mir gefragt, meine Frau hat dann gesagt, dass ich nicht da bin und sie sind dann wieder gegangen. Weil es dort keinen Staat gibt und keinen Clan gibt, der mich schützt, bin ich geflüchtet, ich ging dann nach Nairobi und dann nach Österreich.

R: Wo war das Geschäft, in welchem Bezirk?

BF: Ich habe im Bezirk XXXX , in XXXX .gelebt und das Geschäft war in XXXX .

R: Schildern Sie mir bitte Ihre Familienverhältnisse, insbesondere mit den Ehefrauen?

BF: Mit der Frau in Mogadischu bin ich noch verheiratet, ich habe mit ihr zwei Kinder. Sie heißt XXXX und meine zwei Kinder heißen XXXX , er ist 5 Jahre alt, und XXXX , sie ist 7,5 Jahre alt. Ich habe hier eine Frau kennengelernt und habe mit der Frau seit XXXX ein Kind. Ich habe sie traditionell geheiratet und drei Monate danach habe ich mich danach von dieser Frau getrennt. Ich wusste, dass sie schwanger ist, sie wollte die Trennung. Ich lebe in einer Flüchtlingsunterkunft und habe selbst Stress.

R: Haben Sie das Kind schon gesehen?

BF: Ja.

R: Haben Sie die Frau besucht?

BF: Ja, ich habe sie und das Kind besucht, ich habe es zweimal bis jetzt besucht.

R: Können Sie mir von dieser Frau erzählen bzw. haben Sie irgendwelche Unterlagen, die Sie vorlegen möchten?

BF: Sie hat die österreichische Staatsbürgerschaft. Ich habe aber leider keine Unterlagen.

R: Möchten Sie weiterhin einen Bezug zu Ihrem Kind hier in Österreich haben?

BF: Ich besuche mein Kind weiter, wir Erwachsenen haben Respekt vor einander.

BFV: Haben Sie jetzt mit irgendjemanden Kontakt in Somalia?

BF: Meine Frau hat mich vor fünf Monaten angerufen, ich kann sie nicht kontaktieren, weil ich es mir finanziell nicht leisten kann. Meine Mutter und Geschwister leben in XXXX , ein Bruder hat sich der Al Shabaab angeschlossen und meine zwei Schwestern wurden mit Al Shabaab-Männern zwangsverheiratet und ein Bruder ist zuhause geblieben.

R: Ihre Eltern leben beide noch?

BF: Ja.

R: Wissen Sie die Adresse von der Mutter Ihres Kindes hier in Österreich?

BF legt die Anerkennung der Vaterschaft vor, auf dieser befindet sich die Adresse der Mutter, diese wird als Kopie zum Akt genommen.

R: Was sagt Ihre somalische Frau zu der Geschichte hier in Österreich, dass Sie eine Frau hatten und jetzt hier ein Kind?

BF: Keine Frau ist zufrieden, wenn ein Mann mit einer anderen Frau ein Kind bekommt. Wir haben gestritten und sie hat mich geschimpft. Aber nach dem sie gehört hat, dass ich mit der österreichischen Frau nicht mehr zusammen bin, ist alles wieder gut."

Am 07.11.2019 wurden für den Beschwerdeführer Nachweise zu seinen aktuellen Deutschkenntnissen vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom 18.12.2019 stellte der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers einen Fristsetzungsantrag nach Art. 133 Abs. 1 Z 2 B-VG.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Seine Identität und Volksgruppenhzugehörigkeit stehen nicht fest. Er ist in XXXX geboren und in der Provinz Galguduud aufgewachsen. Er hat dort die Koranschule besucht und beherrscht Somalisch als Muttersprache in Wort und Schrift. 2005 verließ der Beschwerdeführer Galguduud und zog nach Mogadischu, wo er als Verkäufer bzw. Teilhaber eines Lebenmittelgeschäftes tätig war und ein Grundstück besitzt.

Die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers leben noch im Bezirk Galguduud. Seine nunmehrige Ehefrau und die beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder leben noch in Mogadischu.

Der Beschwerdeführer hielt sich im Zeitraum zwischen seiner Ausreise aus Somalia und seiner Einreise nach Österreich im Juni 2015 in verschiedenen Ländern, wie Kenia, Iran, Türkei und Serbien auf bzw. reiste durch diese Länder bevor er illegal in das österreichische Bundesgebiet gelangte und am 28.06.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

Es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer in der Provinz Galguduud heimlich eine Frau aus dem Clan der Habr Gedir geheiratet hat und sodann von ihren Brüdern misshandelt und zur Scheidung sowie 2005 zum Verlassen seines Wohnortes gezwungen wurde. Es ist demnach auch nicht glaubhaft, dass er von den Angehörigen dieser Frau bei seiner Rückkehr nach Mogadischu aktuell bedroht wird.

Es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer als Mitinhaber eines Lebensmittelgeschäftes in Mogadischu wegen Geschäften mit den AMISOM-Truppen nach der Ermordung seines Mitinhabers durch die Al Shabaab von dieser ebenfalls mit dem Umbringen bedroht wurde und darauf Anfang 2015 nach Kenia ausreiste. Es ist daher auch nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr nach Mogadischu aktuell von der Al Shabaab bedroht wird.

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer aus Gründen seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe und/oder seines Clans bzw. seiner Glaubensrichtung oder aus sonst in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer an keinen lebensbedrohenden Krankheiten leidet.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia bzw. Mogadischu eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Bei einer Rückkehr nach Mogadischu, besteht für den Beschwerdeführer als weitgehend gesunden, leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter mit Berufserfahrung als Verkäufer und Inhaber eines Geschäftes ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine Bedrohungssituation und liefe der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der im Bundesgebiet bislang unbescholtene Beschwerdeführer lebt seit Antragstellung am 28.06.2015 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer bestreitet seinen Lebensunterhalt im Bundesgebiet durch die staatliche Grundversorgung, wobei er auch bereits über befristete Beschäftigungsbewilligungen verfügte, und ist demnach nicht selbsterhaltungsfähig. Er hat seit XXXX in Österreich mit einer aus Somalia stammenden österreichischen Staatsangehörigen einen gemeinsamen etwa eineinhalbjährigen Sohn, welchen er bisher zwei Mal besucht hat. Der Beschwerdeführer lebt aktuell in Österreich in keiner familienähnlichen Beziehung, da er sich von der Mutter seines Sohnes getrennt hat, und es besteht auch kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu irgendjemandem. Weitere Verwandte hat er in Österreich nicht. Der Beschwerdeführer hat bereits mehrere Deutschkurse absolviert und ein ÖSD-Deutsch-Zertifikat auf dem Niveau A1 sowie eine Teilnahmebestätigung am Werte- und Orienterungskurs des ÖIF vom 17.05.2018 vorgelegt.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird auf die dem Beschwerdeführer anlässlich der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Kenntnis gebrachten Länderberichte verwiesen, aus welchen sich die verfahrensgegenständlich relevante Lage ergibt. Diese stellt sich wie folgt dar:

[...]

Integrierte Kurzinformationen

KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft:

Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der

Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018). Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).

Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):

Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu-Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).

Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP-Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).

Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).

In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).

Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).

Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).

Quellen:

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook-update/april-2018, Zugriff 2.5.2018

-

FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia

-

Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018

-

FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia

-

Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook/february-2018, Zugriff

2.5.2018

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FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018

-

FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018,

https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018, Zugriff 2.5.2018

-

UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somaliaflash-update-3-humanitarian-impact-heavy-rains-2-may-2018, Zugriff 3.5.2018

1. Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische

Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 über 14.000

Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf Clan-Basis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).

Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).

Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).

Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).

Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren können und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird (UNSC 5.9.2017).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Generell befindet sich das föderalistische System Somalias immer noch in einer frühen Phase und muss in den kommenden Jahren konsolidiert werden (UNSC 9.5.2017). Zwar gibt es in manchen Gebieten Verbesserungen bei der Verwaltung und bei der Sicherheit. Es ist aber ein langsamer Prozess. Die Errichtung staatlicher Strukturen ist das größte Problem, hier versucht die internationale Gemeinschaft zu unterstützen (BFA 8.2017).

Kaum ein Bundesstaat ist in der Lage, das ihm zugesprochene Gebiet tatsächlich unter Kontrolle zu haben. Bei den neu etablierten Entitäten reicht die Macht nur wenige Kilometer über die Städte hinaus (BFA 8.2017; vgl. NLMBZ 11.2017).

Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, begann mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 der Prozess der Gliedstaatsgründung im weiteren Somalia, der nach der Gründung der Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und Hirshabelle 2016 seinen weitgehenden Abschluss fand (AA 4.2017a). Offen ist noch der finale Status der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, BFA 8.2017).

Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance.

Rein technisch bedeutet dies: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir (BFA 8.2017).

Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten sind angespannt, da es bei der Sicherheitsarchitektur und bei der Ressourcenverteilung nach wie vor Unklarheiten gibt (SEMG 8.11.2017). Außerdem hat der Schritt zur Föderalisierung zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016). Denn in jedem Bundesstaat gibt es unterschiedliche Clankonstellationen und überall finden sich Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden. Sie fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: Galmudug Interim Administration (GIA); die Jubaland Interim Administration (JIA); Interim South West State

Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 3.3.2017). Außerdem müssen noch wichtige Aspekte geklärt und reguliert werden, wie etwa die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern, die Verteilung der Einkünfte oder die Verwaltung von Ressourcen. Internationale Geber unterstützen den Aufbau der Verwaltungen in den Bundesstaaten (UNSC 5.9.2017).

1) Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba): Im Jahr 2013 kam es zu einem Abkommen zwischen der Bundesregierung und Delegierten von Jubaland über die Bildung des Bundesstaates Jubaland. Im gleichen Jahr wurde Ahmed Mohamed Islam "Madobe" zum Präsidenten gewählt (USDOS 3.3.2017). Der JIA ist es gelungen, zumindest in Kismayo eine Verwaltung zu etablieren. Die Machtbalance in Jubaland wurde verbessert, seit die Ogadeni auch mit anderen Clans kooperieren und diese in Strukturen einbinden (BFA 8.2017).

2) South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle): Nach einer Gründungskonferenz im Jahr 2014 formierte sich im Dezember 2015 das Parlament des Bundesstaates South West State. Dieses wählte Sharif Hassan Sheikh Adam zum Übergangspräsidenten (USDOS 3.3.2017). Insgesamt befindet sich der SWS immer noch im Aufbau, die Regierungsstrukturen sind schwach, Ministerien bestehen nur auf dem Papier. Es gibt kaum Beamte, und in der Politik kommt es zu Streitigkeiten. Die Region Bakool ist besser an den SWS angebunden, als dies bei Lower Shabelle der Fall ist. Die Beziehungen von Lower Shabelle zur Bundesregierung und zum SWS sind kompliziert, der SWS hat dort kaum Mitsprache (BFA 8.2017).

3) HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle): Bei der Bildung des Bundesstaates HirShabelle wurde längere Zeit über gestritten. Beide Regionen (Hiiraan und Middle Shabelle) haben erklärt, dass sie genügend Einwohner hätten, um jeweils einen eigenen Bundesstaat gründen zu können. Trotzdem wurden die Regionen fusioniert (BFA 8.2017). Im Jänner 2016 fand eine Konferenz zur Bildung eines Bundesstaates aus Hiiraan und Middle Shabelle statt. In der Folge wurde im Oktober 2016 der Bundesstaat Hirshabelle eingerichtet: Ein Parlament wurde zusammengestellt und ein Präsident - Ali Abdullahi Osoble - gewählt. Anführer der Hawadle haben eine Teilnahme verweigert (USDOS 3.3.2017). Das Kabinett wurde Mitte März 2017 vom Parlament bestätigt (BFA 8.2017; vgl. UNSC 9.5.2017). Der Großteil der Regierung von HirShabelle befindet sich in Mogadischu. Die Bildung des Bundesstaates scheint alte Clan-Konflikte neu angeheizt zu haben, die Hawadle fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

4) Galmudug (Galgaduud, Teile von Mudug): 2015 wurde eine Regionalversammlung gebildet und Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten. Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama'a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 3.3.2017). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016). Am 25.2.2017 trat der Präsident von Galmudug, Abdikarim Hussein Guled, zurück (UNSC 9.5.2017). Am 3.5.2017 wurde Ahmed Duale Geele "Xaaf" vom Regionalparlament von Galmudug zum neuen Präsidenten gewählt (UNSC 5.9.2017). Auch der neue Präsident hat noch keine Lösung mit der ASWJ herbeigeführt (UNSOM 13.9.2017).

Quellen:

• AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

• AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.9.2017

• BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia.

Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM,

http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_ KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

• BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.btiproject.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 20.11.2017

• DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-vielel%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267, Zugriff 24.11.2017

• EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff

21.12.2017

• EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 21.11.2017

• NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017):

Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1512376193_correctie-aab-zuid-en-centraalsomalie-2017-def-zvb.pdf, Zugriff 10.1.2018

• ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

• SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia,

https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924, Zugriff 14.11.2017

• UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html, Zugriff 11.11.2017

• UNNS - UN News Service (13.9.2017): Somalia facing complex immediate and long-term challenges, UN Security Council told, http://www.refworld.org/docid/59bfc8b34.html, Zugriff 11.11.2017

• UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf, Zugriff 8.11.2017

• UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf, Zugriff 10.11.2017

• UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (13.9.2017):

SRSG Keating Briefing to the Security Council, https://unsom.unmissions.org/srsg-keating-briefing-security-council-1, Zugriff 11.11.2017

• USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300, Zugriff 13.9.2017

• WB - World Bank (18.7.2017): Somalia Economic Update, http://documents.worldbank.org/curated/en/552691501679650925/Somalia-economic-updatemobilizing-domestic-revenue-to-rebuild-Somalia, Zugriff 20.11.2017

1.1. Puntland

Der so genannte Puntland State of Somalia hat sich 1998 mit internationaler Unterstützung konstituiert. Er strebt keine Unabhängigkeit von Somalia an. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden (AA 1.1.2017; vgl. BS 2016). Die staatlichen Organe in Puntland sind insgesamt weniger fragil als die zentralstaatlichen (AA 1.1.2017). Dabei konnte Puntland die Verwaltungskapazitäten weiter ausbauen. Gleichzeitig ist Puntland auf Bundesebene ein wichtiger Akteur. Grundlegende staatliche Dienste (z.B. Infrastruktur, Behörden) sind in Puntland gegeben. Das Verwaltungssystem ist aber urban konzentriert und reicht nicht bis in entlegene Gebiete (BS 2016).

Im Jänner 2014 kam es zum dritten Mal zu einem friedlichen Machtwechsel an der Spitze von Puntland. Allerdings fand dieser Machtwechsel nicht auf der Grundlage einer allgemeinen Wahl statt (AA 1.1.2017). Zwar war eine solche geplant, doch wurde die Wahl aufgrund gewaltsamer Proteste abgesagt. Gewählt wurde Präsident Abdiweli Mohamed Ali "Gaas" im Prinzip von Ältesten (BS 2016). Das Parlament, das den Präsidenten wählte, war unter Einbeziehung traditioneller Strukturen mit Clan-Bezug von einem durch den vorherigen Präsidenten eingesetzten Auswahlausschuss ernannt worden (AA 1.1.2017). Dabei folgte die Wahl von Präsident Gaas dem Rotationsprinzip der drei Hauptclans von Puntland (BS 2016).

Obwohl das Parlament schon im Jahr 2012 eine Verfassung beschlossen hat, die ein Mehrparteiensystem vorsieht (USDOS 3.3.2017), hat Puntland noch keine wirklich demokratischen Strukturen geschaffen. Präsident und Parlament werden durch den Beschluss von Ältesten entschieden (BS 2016).

Politische Auseinandersetzungen werden in der Regel zwar nicht gewaltsam ausgetragen, aber die Sicherheitslage ist im Umfeld der Wahlen sehr angespannt. Staatliche Sicherheitskräfte agieren mit Sondervollmachten (AA 1.1.2017).

Quellen:

• AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

• BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.btiproject.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 20.11.2017

• USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300, Zugriff

13.9.2017

2. Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten

Vergleicht man die Areas of Influence der Jahre 2012 und 2017, hat es kaum relevante Änderungen gegeben. Die Regierung und ihre Verbündeten kontrollieren zwar viele Städte, darüber hinaus ist eine Kontrolle aber kaum gegeben. Behörden oder Verwaltungen gibt es nur in den größeren Städten. Der Aktionsradius lokaler Verwaltungen reicht oft nur wenige Kilometer weit. Selbst bei Städten wie Kismayo oder Baidoa ist der Radius nicht sonderlich groß. Das "urban island scenario" besteht also weiterhin, viele Städte unter Kontrolle von somalischer Armee und AMISOM sind vom Gebiet der al Shabaab umgeben. Folglich befinden sich Große Teile des Raumes in Süd-/Zentralsomalia unter der Kontrolle oder zumindest unter dem Einfluss der al Shabaab (BFA 8.2017).

Dahingegen können nur wenige Gebiete in Süd-/Zentralsomalia als frei von al Shabaab bezeichnet werden - etwa Dhusamareb oder Guri Ceel. In Puntland gilt dies für größere Gebiete, darunter Garoowe (BFA 8.2017).

Hinsichtlich der Lesbarkeit untenstehender Karte sind die folgenden Kommentare zu berücksichtigen:

Eine vollständige und inhaltlich umfassende Darstellung kann nicht gewährleistet werden; die

Gebietsgrenzen sind relativ, jedoch annähernd (z.B. Problematik der unterschiedlichen Einflusslage bei Tag und Nacht; der Fluktuation entlang relevanter Nachschubwege). Um die Karten übersichtlich zu gestalten, wurde eine Kateg

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