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ForstrechtNorm
ForstG 1975 §172 Abs6Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Waldner und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerinnen Mag. Kirchner und Dr. Hadaier, über die Beschwerde des AK in W, vertreten durch Dr. Josef Sailer, Rechtsanwalt in Bruck an der Leitha, Burgenlandstraße 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 9. Juli 1987, Zl. VI/4-Fo-46, betreffend Beseitigungs- und Wiederbewaldungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 12. Februar 1987 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 16, 17, 62 und 172 Abs. 6 des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 (FG), beauftragt, zur Sanierung der von ihm als Waldeigentümer veranlaßten Waldverwüstung und konsenslosen Rodung, welche zur Verbreiterung eines bestehenden Forstweges auf dem Waldgrundstück Nr. 587/1, KG. X, zur Aufschließung einer von ihm im Schloßpark geplanten Wohnsiedlung verursacht bzw. durchgeführt worden sei, folgende Maßnahmen durchzuführen:
1. Wiederherstellung der alten Wegbreite von 4 m, d. h. Auskofferung des Schotterungsmateriales von 3,5 m Breite und Auffüllung mit Humus, sowie die Anlage des ehemaligen rechtsseitigen Wassergrabens;
2. Entfernung der deponierten Wurzelstöcke und Planierung der verbleibenden Fläche;
3. Wiederbewaldung der verbleibenden Fläche im Abstand von 0,5 m vom Wegrand bzw. Wassergraben bis zum Rand des Altbestandes mit standortsgemäßen forstlichen Holzgewächsen;
4. die Wiederbewaldung sei bis 15. Mai 1987 durchzuführen und der Behörde anzuzeigen.
Mit Bescheid vom 9. Juli 1987 gab der Landeshauptmann von Niederösterreich (belangte Behörde) der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit §§ 172 Abs. 6, 16 und 61 FG keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß
a) Eiche, Hainbuche, Esche, Ahorn, Linde, Pappel und Weide standortsgemäße forstliche Holzgewächse seien (Punkt 3) und
b) die Wiederbewaldung bis 15. Mai 1988 durchzuführen sei (Punkt 4).
In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des erstinstanzlichen Bescheidspruches, des wesentlichen Inhaltes der Berufung, der wörtlichen Wiedergabe des Gutachtens des forstfachlichen Sachverständigen vom 28. Mai 1987, einer gekürzten Wiedergabe der Stellungnahme des Beschwerdeführers hiezu im wesentlichen aus, es sei ein bestehender Forstweg mit einer Länge von rund 240 m, von 4 m Breite auf eine Breite von 7,5 m ausgebaut worden, wobei die Rohplanumsbreite 10 bis 12 m betrage. Zur Erschließung des Waldes sei eine Fahrbahnbreite von maximal 4 m ausreichend. Es erscheine eine Waldfläche von 20 ha nicht ausreichend, um einen fast "bundesstraßenmäßigen" Ausbau zu rechtfertigen. Diese eher geringe Waldfläche in einem klimatisch schwierigen Gebiet mit eingeschränkter Nutzwirkung erfordere kein besonders aufwendiges System von Forststraßen. Es scheine der forstliche Zweck dieser Bringungsanlage eher im Hintergrund zu stehen, da der Beschwerdeführer anläßlich seiner Vernehmung am 12. Juli 1984 ausgeführt habe, er wolle den Grund aufschließen und darauf Häuser bauen lassen. Bei der Länge des Forstweges von 240 m könne der Ausbau der bisherigen Bringungsanlage nicht mehr als unerhebliche Beanspruchung von Waldboden im Sinne des § 61 Abs. 3 FG gesehen werden. Es sei nach der Systematik des Forstgesetzes, wonach Waldboden als solcher zu erhalten sei (§ 12 leg. cit.) und bei Bringungsanlagen in den Wald nur so weit eingegriffen werden dürfe, als es dessen Erschließung erfordere (§ 60 Abs. 1 leg. cit.), nicht nur die in Anspruch genommene Fläche von 840 m2 mit den dort befindlichen Waldflächen zu vergleichen, sondern auch auf die Länge des Forstweges Bedacht zu nehmen. Auch erscheine die benützte Fläche von (mindestens) 840 m2 objektiv nicht geringfügig, da sogar eine derartige Fläche für sich allein Wald im Sinne des § 1 FG sein könne. Es sei auf Grund der heranzuziehenden Bestimmung des § 61 Abs. 3 FG im vorliegenden Fall irrelevant, ob es sich hiebei um eine bewilligungspflichtige Bringungsanlage nach § 62 FG handle oder nicht. Im übrigen entsprächen die Ausführungen im Gutachten des forstfachlichen Amtssachverständigen, der Weg schließe an eine Gemeindestraße an und es würden daher Interessen einer öffentlichen Straße berührt, weshalb eine Bewilligungspflicht nach § 62 FG bestehe, nicht dem Sachverhalt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 60 Abs. 1 FG sind Bringungsanlagen so zu planen, zu errichten und zu erhalten, daß unter Berücksichtigung technischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte Waldboden und Bewuchs möglichst wenig Schaden erleiden, insbesondere in den Wald nur so weit eingegriffen wird, als es dessen Erschließung erfordert.
Gemäß § 61 Abs. 1 FG dürfen Bringungsanlagen nur auf Grund einer Planung und unter Bauaufsicht befugter Fachkräfte errichtet werden. Wer befugte Fachkräfte im Sinne des Abs. 1 sind, regelt Abs. 2. Nach § 61 Abs. 3 leg. cit. gilt ein Ausbau von in Benützung befindlichen Bringungsanlagen dann nicht als Errichtung, wenn durch den Ausbau Waldboden nur in unerheblichem Ausmaß beansprucht wird.
Gemäß § 172 Abs. 6 FG hat die Behörde, wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes die forstrechtlichen Vorschriften außer acht lassen, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen, wie insbesondere (lit. a) die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung, (lit. c) die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen, die Walderhaltung gefährdenden Bestandesresten ..., zu veranlassen.
Die Bestimmung des § 61 Abs. 3 FG bezieht sich, wie sich aus dem gesetzessystematischen Zusammenhang mit dem Abs. 1 und der Überschrift zu diesem Paragraphen ("Planung und Bauaufsicht") ergibt, lediglich auf die im Abs. 1 normierte Pflicht, Bringungsanlagen auf Grund einer Planung und unter Bauaufsicht zu errichten. Dieses Gebot, von dem der Ausbau von in Benützung befindlichen Bringungsanlagen gemäß § 61 Abs. 3 unter der dort umschriebenen Voraussetzung ausgenommen ist, läßt für den Fall eines Zuwiderhandelns einen forstpolizeilichen Auftrag nach § 172 Abs. 6 FG (arg.: "zur ... Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes ...") nicht zu. Daraus folgt, daß die belangte Behörde den forstpolizeilichen Auftrag auf § 172 Abs. 6 in Verbindung mit § 61 FG rechtens nicht stützen durfte.
Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich auch auf § 60 FG bezogen und den festgestellten Sachverhalt als Verstoß gegen forstrechtliche Vorschriften angesehen, weil eine Fahrbahnbreite (Schotterung) von 3 bis maximal 4 m ausreichend gewesen wäre und weil somit "alle
darüberhinaus gehenden Wegbreiten ... für die Erschließung nicht
erforderlich" seien. Daraus ergibt sich zwingend, daß die Behörde den Sachverhalt als Errichtung einer Bringungsanlage nach § 60 Abs. 1 FG gewertet hat und davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer dabei nicht nur so weit in den Wald eingegriffen hat, als es dessen Erschließung erfordert. Der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Rechtsauffassung nicht als rechtswidrig zu erkennen. Auf dem Boden des § 60 Abs. 1 FG hatte die Behörde weder eine Interessenabwägung vorzunehmen noch auch ist die Inanspruchnahme von Waldboden in erheblichem Ausmaß relevant. Auch der Hinweis der Beschwerde auf § 60 Abs. 2 FG ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, weil die Behörde nicht von dieser Bestimmung, sondern, wie der angefochtene Bescheid erkennen läßt, von § 60 Abs. 1 leg. cit ausgegangen ist. Hatte aber der Beschwerdeführer durch die als Errichtung einer Bringungsanlage zu qualifizierende Verbreiterung eines Forstweges auf 7,5 m gegen das "Maßhaltegebot" des § 60 Abs. 1 FG verstoßen, dann kann der im Ergebnis zutreffend auf § 60 Abs. 1 in Verbindung mit § 172 Abs. 6 FG gestützte forstpolizeiliche Auftrag zur Herstellung des vorschriftsmäßigen Zustandes in keinem Punkt als gesetzwidrig erkannt werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 16. Jänner 1989
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1989:1987100132.X00Im RIS seit
11.03.2020Zuletzt aktualisiert am
12.03.2020