RS Vwgh 2020/1/30 Ro 2019/10/0026

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 30.01.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/10 Grundrechte
40/01 Verwaltungsverfahren
74/01 Kirchen Religionsgemeinschaften

Norm

AVG §8
AVG §9
IslamG 2015 §23
IslamG 2015 §4
IslamG 2015 §5
IslamG 2015 §7
IslamG 2015 §8 Abs1
IslamG 2015 §9
StGG Art15
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Rechtssatz

Regelungen in Statuten, die sich Kultusgemeinden geben müssen, haben zum Teil eine Doppelnatur, weil sie zwar auch Angelegenheiten aus dem Innenverhältnis der Kirche oder Religionsgesellschaft regeln, sich aber nicht darin erschöpfen, sondern auch Wirkungen für den Außenbereich entfalten. Da Kirchen und Religionsgesellschaften mit der Anerkennung Rechtspersönlichkeit mit Wirkung für den staatlichen Bereich erlangen, juristische Personen aber nur durch ihre Organe handeln können, muss die Kirche oder Religionsgesellschaft über diesbezügliche, auch im Außenbereich erkennbare und wirksame Regelungen verfügen. Solche Regelungen sind damit nicht mehr ausschließlich innere Angelegenheiten der Kirche oder Religionsgesellschaft (vgl. VwGH 5.7.1993, 92/10/0123). Auch bei der Gründung einer Kultusgemeinde handelt es sich nicht ausschließlich um eine innere Angelegenheit einer Religionsgesellschaft iSd Art. 15 StGG. Gem. § 8 Abs. 1 IslamG 2015, das schon nach seinem Langtitel nur die "äußeren Rechtsverhältnisse" islamischer Religionsgesellschaften regelt, sind Kultusgemeinden Teile einer islamischen Religionsgesellschaft, die zugleich selbständige Körperschaften öffentlichen Rechts sind. Dieser Status verleiht den Kultusgemeinden Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Bereich. Aufgrund dieser Außenwirkung berührt die Gründung von Kultusgemeinden nicht nur die innere Organisation der Religionsgesellschaft, sondern enthält auch eine staatliche Komponente. Stützt sich aber die staatliche Komponente gerade auf die der Kultusgemeinde zukommende Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Bereich, ist eine solche Komponente umgekehrt auch beim Verlust dieser Rechtspersönlichkeit zu bejahen. Soweit daher eine gesetzliche Regelung die Rechtspersönlichkeit einer Kultusgemeinde für den staatlichen Bereich betrifft, greift sie insoweit nicht in den durch Art. 15 StGG geschützten Bereich der inneren Angelegenheiten der Religionsgesellschaft ein.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019100026.J04

Im RIS seit

05.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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