Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Februar 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Dr. Ondreasova in der Strafsache gegen Goran B***** wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31. Oktober 2019, GZ 115 Hv 44/19m-18, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Goran B***** jeweils mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (A) und Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (B) schuldig erkannt.
Danach hat er zwischen Frühjahr 2015 und Oktober 2017 in W***** und H*****
(A) mit seiner am ***** 2004 geborenen, sohin unmündigen Stieftochter ***** P***** ein Mal den Beischlaf und mehrfach dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er in einem Fall vaginalen Geschlechtsverkehr an ihr vornahm, in zahlreichen, nahezu täglichen Angriffen mit einem oder zwei Fingern in ihre Scheide eindrang und mehrfach gegenseitigen Oralverkehr mit ihr durchführte;
(B) durch die unter (A) beschriebenen Taten mit seinem minderjährigen Stiefkind geschlechtliche Handlungen vorgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Ableitung erheblicher Bedenken aus den Akten im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5a StPO bedeutet, dass die Tatsachenrüge konkret Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorgekommen sind oder hätten vorkommen können, bezeichnen und aus diesen
– gemessen an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter – die aus ihrer Sicht bestehenden Zweifel an der Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen entwickeln muss (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481, 487).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.
Sie erschöpft sich vielmehr nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in einem unzulässigen Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung, indem sie eigene Überlegungen zur Glaubwürdigkeit der vom Erstgericht ausführlich erörterten (US 3 ff) Aussagen des Beschwerdeführers und der Zeugin ***** P***** anstellt und dazu – ohne Aktenbezug – auf die angeblich zerrüttete Ehe des Angeklagten mit der Mutter des Tatopfers, sein „äußerst getrübtes Verhältnis“ zu diesem und eine „äußerst prekäre Scheidungssituation“ verweist, die Angaben der genannten Zeugin zum – zudem nicht entscheidenden (RIS-Justiz RS0116736 [insb T8, T13]) – Tatzeitraum (anders als das Erstgericht; US 5) als „widersprüchlich“ erachtet und insgesamt Bedenken gegen die getroffenen Feststellungen nicht aus den Akten, sondern nur aus einzelnen Erwägungen der Tatrichter (US 6) abzuleiten versucht (RIS-Justiz RS0119424).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E127557European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0140OS00003.20B.0225.000Im RIS seit
12.03.2020Zuletzt aktualisiert am
12.03.2020