Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Februar 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Maurer im Verfahren zur Unterbringung des Jovan M***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Jugendschöffengericht vom 10. Oktober 2019, GZ 30 Hv 90/19i-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des Jovan M***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.
Danach hat er am 24. Februar 2019 in H***** unter dem Einfluss eines seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einer hebephrenen Schizophrenie, einhergehend mit einer willentlich nicht mehr beherrschbaren affektiven Überflutung, die Polizeibeamten Juliane R***** und Walter P***** durch die Äußerungen, „ich will alle umbringen, ich will Leute mit dem Messer erstechen. Ich will Leute auf der Straße oder eigentlich jeden umbringen, ich bin psychisch krank!“, und auf die Frage, ob er auch die Polizeibeamten abstechen wolle, „mein Kopf hat es mir schon gesagt.“, mit dem Tod gefährlich bedroht, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen, somit Taten begangen, die als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 9 lit a und lit b sowie Z 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen versagt.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) wendet ein, dass den gegenständlichen Äußerungen, die der Betroffene nur auf ausdrückliche Nachfrage der Beamten wiederholte, die Eignung fehle, bei einem durchschnittlichen Exekutivbeamten begründete Besorgnis auszulösen. Indem der Beschwerdeführer allerdings die Konstatierungen (US 3) außer Acht lässt, dass die Übelsankündigungen zudem auch auf den Tod von gegenüber den Polizisten schutzbefohlenen Personen (vgl dazu RIS-Justiz RS0092432 [T4–T6]) gerichtet waren, verfehlt er den im Sachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).
Dass Dritte nur dem Schutz (iSd § 74 Abs 1 Z 5 StGB) von Notrufdienst, aber nicht Streifendienst versehenden Polizeibeamten überantwortet sein sollen, behauptet die Nichtigkeitsbeschwerde ohne methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz (vgl RIS-Justiz RS0116569).
Bleibt dazu anzumerken, dass es – wie das Erstgericht bereits zutreffend ausgeführt hat (US 6 f) – aus dem Blickwinkel des § 74 Abs 1 Z 5 StGB zu den Aufgaben von (sämtlichen) Sicherheitsorganen gehört, Verantwortung für (inländische) Schutzbefohlene zu übernehmen (vgl dazu Jerabek in WK2 StGB § 74 Rz 27; Schwaighofer in WK2 StGB § 105 Rz 51; Kienapfel/Schmoller StudB BT II2 § 142 Rz 33, jeweils mwN).
Aus welchem Grund die – im Anschluss an bereits erfolgte Übelsankündigungen („Ich will alle umbringen, ich will Leute mit dem Messer erstechen“) – gestellten Fragen der einschreitenden Beamten, „wen er erstechen wollte“ und ob er auch „die Polizeibeamten erstechen wollte“ (US 3), eine unzulässige Tatprovokation nach § 133 Abs 5 StPO darstellen soll, gibt die Rüge, die auch an den Beurteilungskriterien hierfür nicht Maß nimmt (vgl RIS-Justiz RS0130354; zur der insoweit geltenden Erheblichkeitsschwelle siehe Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 2.68 f; vgl auch Zerbes, WK-StPO § 133 Rz 18 ff), nicht bekannt.
Die eine bedingte Nachsicht der Unterbringung anstrebende Sanktionsrüge (Z 11) erstattet bloß ein Berufungsvorbringen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Textnummer
E127562European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00006.20D.0227.000Im RIS seit
12.03.2020Zuletzt aktualisiert am
12.03.2020