Entscheidungsdatum
04.06.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I403 2200479-1/25E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.05.2018, Zl. 1088242903 - 170896222, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.05.2019 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Nigeria, stellte erstmalig am 21.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen sie im Wesentlichen damit begründete, in Nigeria im Verdacht gestanden zu sein, homosexuell zu sein, nachdem sie im Jahr 2014 von jener Frau, bei welcher die Beschwerdeführerin aufgewachsen sei, dabei beobachtet worden sei, von der Haushälterin unter der Dusche sexuell belästigt worden zu sein.
Dieser Antrag vom 21.09.2015 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA; belangte Behörde) vom 11.04.2016 als unzulässig zurückgewiesen ohne in die Sache einzutreten und die Zuständigkeit Italiens zur Prüfung des Antrages festgestellt. Zudem wurde die Außerlandesbringung der Beschwerdeführerin angeordnet und ihre Abschiebung nach Italien für zulässig erklärt. Der Bescheid erwuchs am 11.05.2016 in Rechtskraft.
Eine Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien konnte nicht vollzogen werden, nachdem diese ab dem 22.02.2016 nicht mehr aufrecht im Bundesgebiet gemeldet und somit behördlich nicht greifbar war.
Am 01.08.2017 stellte die Beschwerdeführerin den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab die Beschwerdeführerin an, sie sei bisexuell und werde deswegen in Nigeria verfolgt, da ihr Freund sie beim Geschlechtsverkehr mit einer Frau beobachtet und sie bei der Polizei angezeigt habe.
Am 17.08.2017 und am 20.09.2017 wurde die Beschwerdeführerin niederschriftlich durch das BFA einvernommen. Im Falle einer Rückkehr befürchte sie, wegen ihrer sexuellen Orientierung von der Polizei eingesperrt oder verbrannt zu werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 28.05.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Die Behörde beurteilte das Fluchtvorbringen und die homosexuelle Orientierung der Beschwerdeführerin als unglaubhaft. Ihr behaupteter Fluchtgrund sei in wesentlichen Punkten lückenhaft und unplausibel gewesen.
Gegen den angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 15.06.2018 Beschwerde erhoben. Es wurde die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag auf internationalen Schutz Folge gegeben und der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wird; in eventu der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird; in eventu ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt wird; in eventu den Bescheid ersatzlos beheben und zur neuerlichen Verhandlung an das BFA zurückverweisen; die ausgesprochene Rückkehrentscheidung und den Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria aufheben; der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen; die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung anordnen.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.07.2018, Zl. I405 2200479-1 wurde der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 13.03.2019 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung der erkennenden Richterin zugewiesen. Am 14.05.2019 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Beschwerdeführerin, ihrer rechtsfreundlichen Vertretung sowie einer Vertreterin der belangten Behörde durchgeführt. Die Beschwerdeführerin gab an, in Österreich eine Beziehung zu führen und wurde aufgefordert, innerhalb einer Woche eine ladungsfähige Adresse ihrer Freundin vorzulegen. Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin nicht nach; vielmehr gab sie an, dass sie keine sexuelle Beziehung zu dieser Frau führe, dass sie aber mit einer nigerianischen Asylwerberin, die nach Italien überstellt worden sei, eine Beziehung geführt habe und dass diese zur Aussage bereit sei. Zudem wurden Fotos in Kopie vorgelegt. Das Bundesverwaltungsgericht forderte auf, das Geburtsdatum der in Italien aufhältigen nigerianischen Asylwerberin bekanntzugeben, doch kam die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung nicht nach.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Nigerias, ledig und kinderlos. Sie ist volljährig, Angehörige der Volksgruppe Igbo und bekennt sich zum christlichen Glauben. Ihre Identität steht nicht fest.
Die Beschwerdeführerin stammt aus Benin City, hat dort neun Jahre die Schule besucht und im Anschluss ihren Lebensunterhalt als Verkäuferin bestritten.
Die Beschwerdeführerin hält sich seit (mindestens) 22.09.2015 im Bundesgebiet auf. Sie hat in Österreich sowie im EU-Raum keine maßgeblichen privaten sowie keine familiären Anknüpfungspunkte. Ihre Tante lebt in Nigeria, sonstige Feststellungen zu ihrer Familie in Nigeria können nicht getroffen werden.
Der erste Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 22.09.2015 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.04.2016 rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen und die Zuständigkeit Italiens zur Prüfung des Antrages festgestellt. Eine Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien konnte nicht vollzogen werden, nachdem diese ab dem 22.02.2016 nicht mehr aufrecht im Bundesgebiet gemeldet und somit behördlich nicht greifbar war.
Die Beschwerdeführerin leidet an keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung und ist erwerbsfähig.
Die Beschwerdeführerin bestreitet ihren Lebensunterhalt in Österreich durch die Grundversorgung. Sie weist keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, gesellschaftlicher sowie kultureller Hinsicht auf.
Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin kann nicht festgestellt werden, dass diese aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in Nigeria der Gefahr einer staatlichen Verfolgung ausgesetzt ist. Das entsprechende Vorbringen ist nicht glaubhaft.
Die Beschwerdeführerin ist im Fall ihrer Rückkehr nach Nigeria auch keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt.
1.2. Zur Situation in Nigeria auf Basis des Länderinformationsblattes:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 28.05.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, denn in den entscheidungsrelevanten Punkten gab es auch keine Änderung durch das aktualisierte Länderinformationsblatt vom 12.04.2019, das im Folgenden ausschnittsweise zitiert wird:
Frauen
Auch wenn die Verfassung Gleichberechtigung vorsieht (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 10.12.2018), kommt es zu beachtlicher ökonomischer Diskriminierung von Frauen (USDOS 13.3.2019). Frauen werden in der patriarchalischen und teilweise polygamen Gesellschaft Nigerias in vielen Rechts- und Lebensbereichen benachteiligt, v.a. dort, wo traditionelle Regeln gelten. So sind Frauen in vielen Landesteilen aufgrund von Gewohnheitsrecht von der Erbfolge nach ihrem Ehemann ausgeschlossen. Vor allem im Osten des Landes müssen sie entwürdigende und die persönliche Freiheit einschränkende Witwenzeremonien über sich ergehen lassen (z.B. werden sie gezwungen, sich den Kopf zu rasieren oder das Haus für einen bestimmten Zeitraum nicht zu verlassen oder sind rituellen Vergewaltigungen ausgesetzt). Darüber hinaus können Frauen im Norden zum Teil keiner beruflichen Betätigung nachgehen, weil sie die familiäre Wohnung ohne Begleitung eines männlichen Angehörigen nicht verlassen dürfen (AA 10.12.2018). Die geschlechtsspezifische Diskriminierung im Rechtssystem konnte allerdings reduziert werden (BS 2018).
Auf Bundesstaats- und Bezirksebene (LGA) spielen Frauen kaum eine Rolle. Jene mit Sekundär- und Tertiärbildung haben Zugang zu Arbeitsplätzen in staatlichen und öffentlichen Institutionen. Immer mehr Frauen finden auch Arbeit im expandierenden Privatsektor (z.B. Banken, Versicherungen, Medien). Einige Frauen besetzen prominente Posten in Regierung und Justiz, z.B. eine Richterin beim Obersten Gerichtshof und die Finanzministerin (BS 2018).
Rechtlich ist keine Vorschrift vorhanden, die gleiche Bezahlung für Frauen und Männer für gleichwertige Tätigkeiten festschreibt. Es gibt auch kein Diskriminierungsverbot bei der Einstellung von Angestellten. Im formalen Sektor bleiben Frauen unterrepräsentiert, während sie in der informellen Wirtschaft eine bedeutende Rolle spielen (Landwirtschaft, Nahrungsmittel, Märkte, Handel) (USDOS 13.3.2019).
Das Gesetz Violence Against Persons Prohibition Act (VAPP) befasst sich mit sexueller, körperlicher, psychologischer und sozioökonomischer Gewalt sowie mit schädlichen traditionellen Praktiken. Laut dem VAPP stellen häusliche Gewalt, gewaltsames Hinauswerfen des Ehepartners aus der gemeinsamen Wohnung, erzwungene finanzielle Abhängigkeit, verletzende Witwenzeremonien, Genitalverstümmelung (FGM/C) usw. Straftatbestände dar. Opfer haben Anspruch auf umfassende medizinische, psychologische, soziale und rechtliche Unterstützung. Mit Stand März 2018 ist das Gesetz erst im Federal Capital Territory (FCT) und den Bundesstaaten Anambra, Ebonyi und Oyo gültig, in anderen Bundesstaaten erst, sobald es dort verabschiedet wird (USDOS 13.3.2019).
Häusliche Gewalt ist weit verbreitet und wird sozial akzeptiert, die Polizei schreitet oft nicht ein. In ländlichen Gebieten zögern Polizei und Gerichte, in Fällen aktiv zu werden, in welchen die Gewalt das traditionell akzeptierte Ausmaß des jeweiligen Gebietes nicht übersteigt (USDOS 13.3.2019).
Geschlechtsspezifische Gewalt ist in Nigeria auf nationaler Ebene nicht unter Strafe gestellt. Einige Bundesstaaten, hauptsächlich im Süden gelegene, haben Gesetze, die geschlechtsspezifische Gewalt verbieten oder versuchen bestimmte Rechte zu schützen. Für häusliche Gewalt sieht das VAPP eine Haftstrafe von maximal drei Jahren, eine Geldstrafe von höchstens 200.000 Naira oder eine Kombination von Haft- und Geldstrafe vor (USDOS 20.4.2018).
Vergewaltigung steht unter Strafe. Gemäß dem VAPP beträgt das Strafmaß zwischen zwölf Jahren und lebenslänglicher Haft. Es sieht auch ein öffentliches Register von verurteilten Sexualstraftätern vor. Auf lokaler Ebene sollen Schutzbeamte ernannt werden, die sich mit Gerichten koordinieren und dafür sorgen sollen, dass die Opfer relevante Unterstützung bekommen. Das Gesetz enthält auch eine Bestimmung, welche Gerichte dazu ermächtigt, Vergewaltigungsopfern eine angemessene Entschädigung zuzusprechen. Vergewaltigungen bleiben aber weit verbreitet. Aus einer Studie geht hervor, dass der erste sexuelle Kontakt bei drei von zehn Mädchen im Alter von 10 bis 19 Jahren eine Vergewaltigung war (USDOS 13.3.2019).
Das Bundesgesetz kriminalisiert seit 2015 FGM/C auf nationaler Ebene (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 10.12.2018; GIZ 4.2019b), dieses Gesetz ist aber bisher nur in einzelnen Bundesstaaten umgesetzt worden (AA 10.12.2018), nach anderen Angaben gilt es bis dato nur im Federal Capital Territory. 13 andere Bundesstaaten haben ähnliche Gesetze verabschiedet (EASO 11.2018b). Die Regierung unternahm im Jahr 2018 keine Anstrengungen, FGM/C zu unterbinden (USDOS 13.3.2019). Andererseits wird mit unterschiedlichen Aufklärungskampagnen versucht, einen Bewusstseinswandel einzuleiten. Bei der Verbreitung gibt es erhebliche regionale Unterschiede. In einigen - meist ländlichen - Regionen im Südwesten und in der Region Süd-Süd ist die Praxis weit verbreitet, im Norden eher weniger (AA 10.12.2018). Während im Jahr 2013 der Anteil beschnittener Mädchen und Frauen noch bei 24,8 Prozent lag, waren es 2017 nur noch 18,4 Prozent (EASO 11.2018b).
Für Opfer von FGM/C bzw. für Frauen und Mädchen, die von FGM/C bedroht sind, gibt es Schutz und/oder Unterstützung durch staatliche Stellen und NGOs (UKHO 2.2017). Frauen, die von FGM/ C bedroht sind und die nicht in der Lage oder nicht willens sind, sich dem Schutz des Staates anzuvertrauen, können auf sichere Weise in einen anderen Teil Nigerias übersiedeln, wo es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie von ihren Familienangehörigen aufgespürt werden. Frauen, welche diese Wahl treffen, können sich am neuen Wohnort dem Schutz von Frauen-NGOs anvertrauen (UKHO 12.2013; vgl. UKHO 2.2017).
Die Hauptaufgaben der Bundesbehörde NAPTIP (National Agency for the Prohibition of Trafficking in Person) sind Bekämpfung des Menschenhandels, Verfolgung der Täter im Bereich Menschenhandel und Schutzmaßnahmen für Opfer (temporäre Unterkunft, Beratung, Rehabilitierung, Reintegration und Zugang zur Justiz). Obwohl die Behörde im Jahr 2017 deutlich höhere Geldmittel als im Vorjahr erhielt, verfügt sie über zu geringe Ressourcen (EASO 2.2019). Oba Ewuare, König von Benin (Bundesstaat Edo) hat am 9.3.2018 alle Opfern des Menschenhandels auferlegten Flüche für nichtig erklärt, und im Gegenzug jene, welche die Flüche ausgesprochen haben, ihrerseits mit einem Fluch belegt. Bei der Zeremonie waren Priester und traditionelle Heiler sowie Vertreter von NAPTIP eingeladen (Vanguard 10.3.2018; vgl. Iroko 21.3.2018). Üblicherweise sollen Opfer von Menschenhandel durch die auferlegten Flüche dazu gezwungen werden, die Namen der Täter nicht preiszugeben. NAPTIP geht davon aus, dass nunmehr die Strafverfolgung in solchen Fällen erleichtert wird (Vanguard 10.3.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)
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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427393/488302_en.pdf, Zugriff 19.11.2018
-
EASO - European Asylum Support Office (11.2018b): Country of Origin Information Report - Nigeria - Targeting of individuals, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001375/2018_EASO_COI_Nigeria_TargetingIndividuals.pdf, Zugriff 11.4.2019, S129ff
-
EASO - European Asylum Support Office (2.2019): Country Guidance:
Nigeria,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2004112/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, Zugriff 12.4.2019
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019
-
Iroko - Assoziazione onlus (21.3.2018): Oba of Benin (Edo State) revokes curses on victims of trafficking, http://www.associazioneiroko.org/slide-en/oba-of-benin-edo-state-revokes-curses-onvictims-of-trafficking/, Zugriff 12.4.2019
-
ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria
-
UKHO - United Kingdom Home Office (12.2013): Operational Guidance Note - Nigeria,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1387367781_nigeria-ogn.pdf, Zugriff 19.11.2018
-
UKHO - United Kingdom Home Office (2.2017): Country Policy and Information Note Nigeria: Female Genital Mutilation (FGM), https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595458/CPIN_-
_NGA_-_FGM_-_v_1_0.pdf, Zugriff 19.11.2018
-
USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Nigeria, https://www.ecoi.net/en/document/2004182.html, Zugriff 20.3.2019
-
Vanguard (10.3.2019): "Our gods will destroy you"; Oba of Benin curse human traffickers,
https://www.vanguardngr.com/2018/03/gods-will-destroy-oba-benin-curse-human-traffickers/, Zugriff 12.4.2019
(Alleinstehende) Frauen: interne Relokation, Rückkehr, Menschenhandel
Für alleinstehende Rückkehrerinnen ist keine generelle Aussage möglich. Nigeria verfügt über eine Anzahl staatlicher und halbstaatlicher Einrichtungen, insbesondere die National Agency for the Prohibition of Trafficking in Persons (NAPTIP), die sich um die Rehabilitierung und psychologische Betreuung rückgeführter Frauen annehmen und in jeder der sechs geopolitischen Zonen Regionalbüros unterhalten. NAPTIP kann als durchaus effektive nigerianische Institution angesehen werden und kooperiert mit mehreren EU-Staaten bei der Reintegration, ist Rückführungspartner für Drittstaaten und leistet u.a. Integrationshilfe (ÖB 10.2018). Die Agentur ist außerdem für die Bekämpfung des Menschenschmuggels zuständig, hat seit ihrer Gründung 2003 359 Verurteilungen von Schleppern erreicht sowie bis heute mehr als 13.000 Opfern von Menschenhandel geholfen (AA 10.12.2018). NAPTIP ist eine zentrale Anlaufstelle für Rückkehrerinnen und bietet unter anderem mehrmonatige Rehabilitierung (psychologische Betreuung) und Berufstraining für ehemalige Zwangsprostituierte an (ÖB 10.2018).
Es gibt viele Frauengruppen, welche die Interessen von Frauen vertreten, praktische Hilfe und Zuflucht anbieten (UKHO 8.2016a). Vom Office of the Special Adviser to the President on Relations with Civil Society erhielt die österreichische Botschaft eine Liste mit 203 auf Seriosität/Bonität geprüften NGOs, die sich um Rehabilitierung, Fortbildung und medizinische Betreuung/Versorgung sämtlicher Bevölkerungsgruppen des Staates bemühen. Darin werden regionale bzw. das ganze Staatsgebiet umfassende Organisationen aufgelistet, die sich um Witwen, Vollwaisen, minderjährige Mütter, alleinstehende Frauen, Albinos, HIV-Positive, Ex- Häftlinge, Häftlinge, Prostituierte, Alphabetisierung, FGM oder Opfer häuslicher Gewalt bemühen. Diese Organisationen betreiben Wohn- und Bildungsmöglichkeiten für Frauen, Waisen sowie körperlich und geistig Behinderte. Zusätzlich unterstützen Gattinnen der Gouverneure eigene "pet projects". Die bekannteste Vertreterin ist Dr. Amina Titi Atiku Abubakar, Gründerin und Vorsitzende der NGO WOTCLEF, die es bis zur Akkreditierung durch die UN gebracht hat und zahlreiche Projekte im Frauenbereich unterstützt (ÖB 10.2018).
Im traditionell konservativen Norden, aber auch in anderen Landesteilen, sind alleinstehende Frauen oft erheblichem Druck der Familie ausgesetzt und können diesem häufig nur durch Umzug in eine Stadt entgehen, in der weder Familienangehörige noch Freunde der Familie leben. Im liberaleren Südwesten des Landes - und dort vor allem in den Städten - werden alleinstehende oder allein lebende Frauen eher akzeptiert (AA 10.12.2018). Die Verfassung und Gesetze sehen interne Bewegungsfreiheit vor und Berichten zufolge treten Frauen aus dem ganzen Land kurze oder lange Reisen alleine an. Die Bewegungsfreiheit der Frauen aus muslimischen Gemeinden in den nördlichen Regionen ist jedoch stärker eingeschränkt. Im Allgemeinen ist eine interne Relokation insbesondere für alleinstehende und kinderlose Frauen nicht übermäßig hart - z.B. im Falle der Flucht vor einer lokalen Bedrohung, die von ihrer Familie oder nicht-staatlichen Akteuren ausgeht (UKHO 8.2016a).
Eine Auswahl spezifischer Hilfsorganisationen für Frauen:
African Women Empowerment Guild (AWEG): 29, Airport Road, Benin
City, Edo State Tel.: 08023514832, 08023060147, Email:
info@awegng.org (AWEG o.d.a). Die AWEG ist eine ausschließlich weibliche nicht profitorientierte NGO. Zielgruppe sind Frauen und Jugendliche. Spezielle Programme zielen darauf ab, Frauen beim Erwerb von Fähigkeiten im Bildungsbereich sowie im sozialen, ökonomischen und politischen Bereich zu unterstützen. AWEG führt Studien zu geschlechtsspezifischer Gewalt durch (AWEG o.D.b).
Women Aid Collective (WACOL), No 9 Matthias Ilo Avenue, New Haven Extension by Akanu Ibia Airport Flyover, Enugu State. Tel:
+234-8095757590, +234-9091333000, Email: wacolnig@gmail.com, wacolnig@yahoo.com, wacolenugu@wacolnigeria.org. WACOL ist eine Wohltätigkeitsorganisation und bietet verschiedene Unterstützung an:
Schulungen, Forschung, Rechtsberatung, Unterkunft, kostenloser Rechts- und Finanzbeistand, Lösung familieninterner Konfliktsituationen, Informationen und Bücherdienste (WACOL o.D.).
Women Advocates Research and Documentation Center (WARDC), 9b james Oluleye Crescent (Harmony Enclave), off Adeniyi Jones by Koko bus stop, Ikeja, Lagos State, (+234) 818 005 6401, Email:
womenadvocate@yahoo.com (WARDC o.d.a). WARDC ist eine Frauenrechts-NGO für weibliche Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt und anderer Menschenrechtsverletzungen. Ca. sechs Frauen pro Woche werden diesbezüglich in rechtlicher und sozialer Hinsicht beraten (WARDC o.d.b.).
Womens Health and Equal Rights Initiative (WHER), Adresse nicht online verfügbar, +234 818 645 7675, Email: wher@whernigeria.org (WHER o.d.a): WHER ist eine NGO zur Unterstützung von Frauen, die Angehörige einer sexuellen Minderheit sind (WHER o.d.b).
The Women's Consortium of Nigeria (WOCON): 13 Okesuna Street, Off Igbosere Road, Lagos, Nigeria, Tel: +234 8033188767, +234 8037190133, +234 8033347896, Email:
wocon95@yahoo.com, info@womenconsortiumofnigeria.org (WOCON o.D.a). WOCON ist eine gemeinnützige NGO, die sich der Durchsetzung der Frauenrechte und der Erzielung von Gleichheit, persönlicher Entwicklung und Frieden widmet. Ziel ist die Aufklärung bezüglich Menschenhandel und der Kampf gegen den Menschenhandel (WOCON o.D.b).
Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA): 19, Monrovia Street, Off Aminu Kano Way, Wuse II Abuja, Tel.:
08188699961, 08172125692, 07063807887, Email: Wrapa399@gmail.com, wrapa399@yahoo.com. WRAPA ist eine Organisation, die bundesweit für Frauenrechte eintritt. Aktivitäten umfassen kostenfreie Rechtsberatung, Ausbildung, Mobilisation, Sensibilisierung und Meinungsbildung bezüglich rechtlicher Reformen. Jede Frau, die in irgendeiner Form einen Eingriff in ihre Rechte bzw. eine Diskriminierung erlitten hat, kann in den Genuss der Unterstützung von WRAPA kommen (WRAPA, o.D.).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)
-
AWEG - African Women Empowerment Guild (o.D.a): AWEG - Contact Information, http://www.awegng.org/contactus.htm, Zugriff 19.11.2018
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AWEG - African Women Empowerment Guild (o.D.b): AWEG - About Us, http://www.awegng.org/aboutus.htm, Zugriff 19.11.2018
-
BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427393/488302_en.pdf, Zugriff 19.11.2018
-
ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria
-
UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016a): Country Information and Guidance Nigeria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-
_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 13.11.2018
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WACOL - Women Aid Collective (o.D.): Homepage, https://wacolnigeria.org/, Zugriff 19.11.2018
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WARDC - Women Advocates Research and Documentation Center (o.d.a):
WARDC - Contact us, http://wardcnigeria.org/contact-us/, Zugriff 21.12.2018
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WARDC - Women Advocates Research and Documentation Center (o.d.b):
WARDC - About us, http://wardcnigeria.org/what-we-do/, Zugriff 21.12.2018
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WHER - Womens Health and Equal Rights Initiative (o.d.a): WHER - Contact, https://whernigeria.org/contact/, Zugriff 21.12.2018
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WHER - Womens Health and Equal Rights Initiative (o.d.b): WHER - About us, https://whernigeria.org/about/, Zugriff 21.12.2018
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WOCON - Women's Consortium of Nigeria (o.D.a): WOCON - Contact, http://womenconsortiumofnigeria.org/?q=content/contact, Zugriff 19.11.2018
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WOCON - Women's Consortium of Nigeria (o.D.b): WOCON - About us, http://womenconsortiumofnigeria.org/?q=about-us, Zugriff 19.11.2018
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WRAPA - Women's Rights Advancement and Protection Alternative (o.D.): FAQ, https://wrapanigeria.org/faq/, Zugriff 19.11.2018
Homosexuelle
Homosexuelle Handlungen jeglicher Art sind - unabhängig vom Geschlecht der betroffenen Personen - sowohl nach säkularem Recht (AA 10.12.2018; vgl. GIZ 4.2019b) als auch nach Scharia-Recht (Körperstrafen bis hin zum Tod durch Steinigung in besonderen Fällen) strafbar. Allerdings sind kaum Fälle strafrechtlicher Verfolgung einvernehmlicher homosexueller Handlungen bekannt geworden (AA 10.12.2018). § 214 des Strafgesetzbuchs sieht 14 Jahre Haft für gleichgeschlechtliche Beziehungen vor (ÖB 10.2018). Der im Jänner 2014 verabschiedete Same Sex Marriage Prohibition Act (SSMPA) sieht zudem vor, dass homosexuelle Paare, die heiraten oder öffentlich ihre Zuneigung zeigen, mit Haft bestraft werden können. Das Gesetz sieht bis zu 14 Jahre Haft für Eheschließungen und zivilrechtliche Partnerschaften zwischen zwei Frauen oder zwei Männern vor (ÖB 10.2018; vgl. USDOS 13.3.2019, GIZ 4.2019b). Wer seine Liebesbeziehung zu einem Menschen des gleichen Geschlechts direkt oder indirekt öffentlich zeigt, soll dem Gesetz zufolge mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden können (ÖB 10.2018). Die gleiche Strafe ist für die Gründung und Unterstützung von Clubs, Organisationen oder anderen Einrichtungen für Schwule und Lesben vorgesehen (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018).
In den zwölf nördlichen Bundesstaaten, wo das islamische Recht in Kraft ist, können homosexuelle Handlungen mit Haft, Stockschlägen oder Tod durch Steinigung bestraft werden (USDOS 13.3.2019; vgl. HL1 16.11.2015; DS1 20.11.2015). Aktivisten sind keine Fälle bekannt, bei denen die Todesstrafe umgesetzt wurde (USDOS 13.3.2019; vgl. HL1 16.11.2015; DS1 20.11.2015).
Insgesamt kam es auch unter der Scharia nur zu wenigen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. DS1 20.11.2015).
Homosexuelle versuchen auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen und weitverbreiteter Vorbehalte in der Bevölkerung, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen (AA 10.12.2018). Der SSMPA hat zu einer weiteren Stigmatisierung von Lesben und Schwulen geführt. Diese werden oftmals von der Polizei schikaniert und misshandelt und von der Bevölkerung gemobbt oder mittels Selbstjustiz verfolgt (GIZ 4.2019b). Erpressung und Gewalt treten oft schon beim Verdacht auf, homosexuell zu sein (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die meisten Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle gehen von nicht-staatlichen Akteuren aus (LLM 16.11.2015; vgl. MSMK 19.11.2015). Die Verfügbarkeit von staatlichem Schutz ist in Frage zu stellen, manchmal interveniert die Polizei gar nicht oder verhaftet das Opfer (MSMA 17.11.2015; vgl. DS3 18.11.2015; DS1 20.11.2015). Opfer von Menschenrechtsverletzungen haben es extrem schwer, Vergehen bei den Behörden zu melden, denn es herrscht Angst vor Stigmatisierung, weiterer Gewalt und Diskriminierung. Es gibt viele Fälle, in denen Polizeibeamte Personen, von denen angenommen wird, dass sie sexuellen Minderheiten angehören, willkürlich verhaften. In der Folge werden hohe Geldsummen für die Freilassung gefordert. Staatliche Stellen sind häufig selbst die Täter bei Menschenrechtsverletzungen oder handeln in Kooperation mit nichtstaatlichen Akteuren (TIERS 12.2018).
Im Rahmen der Verabschiedung des SSMPA 2014 kam es zu einer Zunahme an Fällen von Belästigung und Drohung. Es wurde von zahlreichen Verhaftungen berichtet. Allerdings wurden die Verhafteten in allen Fällen ohne eine formelle Anklage nach Zahlung einer Geldsumme freigelassen, die oftmals nichts anderes als ein Bestechungsgeld war. Im Jahr 2017 kam es erstmals zu Anklagen unter dem SSMPA. Im November 2017 wurden ein Hotelbesitzer und zwei seiner Mitarbeiter wegen Unterstützung homosexueller Aktivitäten angeklagt. Im Dezember 2017 wurden die drei Angeklagten auf Kaution freigelassen und im August 2018 wurde das Verfahren eingestellt. Ansonsten ist keine strafrechtliche Verfolgung gemäß dem SSMPA feststellbar (USDOS 13.3.2018). Nach anderen Angaben wurden vereinzelt langjährige Haftstrafen verhängt; als Beispiel wird ein Fall aus dem Bundesstaat Kano vom Dezember 2016 genannt (ÖB 10.2018). Eine generelle bzw. systematische "staatliche Verfolgung" ist derzeit nicht gegeben (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018). Die Rechtsänderung hat bisher nicht zu einer flächendeckenden verschärften Strafverfolgung geführt (AA 10.12.2018). Allerdings dient das Gesetz zur Rechtfertigung von Menschenrechtsverletzungen wie Folter, sexueller Gewalt, willkürlicher Haft, Erpressung von Geld sowie Verletzung von Prozessrechten (USDOS 13.3.2019).
Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem Zurschaustellen der sexuellen Orientierung ist vorhanden (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018). Die Community wird nicht überwacht (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015; DS2 19.11.2015). Die Polizei wird nicht aus eigenem Antrieb aktiv und sucht gezielt nach Homosexuellen (HL1 16.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015). Die Polizei verhaftet Verdächtige in erster Linie mit dem Ziel, Geld zu erpressen. Grundsätzlich kommen Verdächtige nach der Zahlung einer "Kaution" wieder frei (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Aufgrund der bei der Polizei herrschenden Korruption ist es einfach, sich aus der Haft freizukaufen (VA1 16.11.2015).
Auch für betroffene Homosexuellen-NGOs hatte der SSMPA kaum Auswirkungen, keine der Organisationen musste die Arbeit einstellen (LLM 16.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015; DS2 19.11.2015). Im Gesundheitsbereich tätige NGOs mit Fokus auf Homosexuelle (v.a. HIV/AIDS) stellten zwar Anfang 2014 kurzfristig den Betrieb ein, doch wurde dieser nach wenigen Wochen wieder aufgenommen und läuft seither wie vor Inkrafttreten des SSMPA (IO1 20.11.2015).
Die meisten Homosexuellen-NGOs haben ihre Basis in den Hauptstädten der Bundesstaaten (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; MSMA 17.11.2015). Üblicherweise sind die Homosexuellen- NGOs den Betroffenen bekannt (DS3 18.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Es existieren auch eigene HIV/AIDS-Kliniken, die gezielt für homosexuelle Patienten eingerichtet wurden (IO1 20.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015).
Verschiedene NGOs bieten Angehörigen sexueller Minderheiten rechtliche Beratung und Schulungen in Meinungsbildung, Medienarbeit und Bewusstseinsbildung in Bezug auf HIV an (USDOS 13.3.2019). Es existieren Netzwerke von Menschenrechtsanwälten, welche - im Falle der Verhaftung eines Homosexuellen - unmittelbar kontaktiert werden und die Person gegen "Kaution" freizukaufen versuchen (IO1 20.11.2015). Die Anwälte sind organisiert, es gibt unterschiedliche Vereine, z.B. Lawyers League for Minorities, Lawyers Alert oder die Coalition of Human Rights Lawyers (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Homosexuellen-Netzwerke verschiedener Landesteile bzw. Städte sind miteinander in Kontakt (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die Netzwerke und Organisationen bieten auch Unterstützung und Zufluchtsmöglichkeiten an (USDOS 20.4.2018; vgl. MSMA 17.11.2015; LLM 16.11.2015).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)
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DS1 - Diplomatic Source 1 (20.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
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DS2 - Diplomatic Source 2 (19.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
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DS3 - Diplomatic Source 3 (18.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
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DS4 - Diplomatic Source 4 (20.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019
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HL1 - Human Rights Lawyer 1 (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
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LLM - Representative of the Lawyers League for Minorities (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
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MSMA - MSM-related NGO, Abuja (17.11.2015): Gruppendiskussion im Rahmen einer Fact Finding Mission
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MSMK - MSM-reltated NGO, Kaduna (19.11.2015): Gruppendiskussion im Rahmen einer Fact Finding Mission
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IO1 - International Health and Development Research Organisation (20.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
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ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria
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TIERSs - The Initiative for Equal Rights (12.2018): 2018 Human Rights Violations Report,
https://theinitiativeforequalrights.org/wp-content/uploads/2018/12/2018-Human-Rights-Report.pdf, Zugriff 2.4.2019
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USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Nigeria, https://www.ecoi.net/en/document/2004182.html, Zugriff 20.3.2019
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VA1 - Vertrauensanwalt 1 der Österreichischen Botschaft Abuja (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
Grundversorgung
Die nigerianische Wirtschaft hat sich 2017 allmählich aus der schlimmsten Rezession seit 25 Jahren erholt, das BIP ist um 0,55 Prozent gestiegen. Mehrere Faktoren haben dazu beigetragen, dass sich die nigerianische Wirtschaft seit Ende 2017 allmählich wieder erholt, unter anderem eine Steigerung der Erdölförderleistung, die Erholung des Erdölpreises und eine verbesserte Leistung von Landwirtschaft und Dienstleistungssektor (GIZ 4.2019c).
Etwa 80 Prozent der Gesamteinnahmen Nigerias stammen aus der Öl- und Gasförderung (AA 10.12.2018). Neben Erdöl verfügt das Land über z.B. Zinn, Eisen-, Blei-, und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine, Phosphat - gesamtwirtschaftlich jedoch von geringer Bedeutung (GIZ 4.2019c). Von Bedeutung sind hingegen der (informelle) Handel und die Landwirtschaft, welche dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bieten (AA 10.12.2018). Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) machte 2016 ca. 20 Prozent des BIP aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert. Industrielle Entwicklung wird durch die unzureichende Infrastruktur (Energie und Transport) behindert (GIZ 4.2019c).
Über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt, in ländlichen Gebieten über 90 Prozent (AA 9.2018c). Der Agrarsektor wird durch die Regierung Buhari stark gefördert. Dadurch hat etwa der Anteil an Großfarmen zugenommen (GIZ 4.2019c; vgl. AA 9.2018c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde dadurch kräftig ausgeweitet. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 9.2018c) und das Land ist nicht autark, sondern auf Importe - v.a. von Reis - angewiesen (ÖB 10.2018; vgl. AA 9.2018c). Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt aus Subsistenzbetrieben (AA 9.2018c). Historisch war Lebensmittelknappheit in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent. In einzelnen Gebieten im äußersten Norden (Grenzraum zu Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation allerdings schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch wegen der Vertreibungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere die nordöstlichen Bundesstaaten nicht aus. In Ernährungszentren nahe der nördlichen Grenze werden bis zu 25 Prozent der unter fünfjährigen Kinder wegen starker Unterernährung behandelt (ÖB 10.2018).
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