Entscheidungsdatum
17.07.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
I416 2150906-2/3E
I416 2150907-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerden der XXXX, geboren am XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch RA Dr. Peter LECHENAUER, RA Dr. Margit SWOZIL, sowie der minderjährigen XXXX, geboren am XXXX, StA. Nigeria, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter XXXX, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.06.2019, Zl. XXXX und XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Verfahren der am XXXX geborenen Erstbeschwerdeführerin sowie ihrer minderjährigen Tochter, der am XXXX geborenen Zweitbeschwerdeführerin, sind im Sinne des § 34 AsylG 2005 gemeinsam als Familienverfahren zu führen.
Die Erstbeschwerdeführerin stellte nach illegaler Einreise in Österreich am 17.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am XXXX2016 wurde die Zweitbeschwerdeführerin geboren und am XXXX2016 brachte die Erstbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin einen Asylantrag für diese ein.
In der Folge wurden die Anträge der Beschwerdeführerinnen mit Bescheiden des BFA vom 03.03.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurden die Anträge auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den Beschwerdeführerinnen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die Beschwerdeführerinnen Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerinnen gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide). Das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin wurde als nicht glaubhaft angesehen, da dieses in sich unschlüssig und widersprüchlich gewesen sei bzw. ihre Angaben vollkommen unplausibel erscheinen würden. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass den Beschwerdeführerinnen im Falle einer Rückkehr nach Nigeria Gefahren drohen würden, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Es würden sich keine Anhaltspunkte ergeben haben, dass die Erstbeschwerdeführerin bei ihrer Rückkehr nicht selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können sollte, zumal sie jung, gesund sowie arbeitsfähig sei und über eine Lehre als XXXX verfüge. Ferner könne davon ausgegangen werden, dass die Erstbeschwerdeführerin in Nigeria Verwandte habe, welche sie bei einer Rückkehr beherbergen und unterstützen könnten.
Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 06.03.2017 wurde den Beschwerdeführerinnen gem. § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
Gegen die abweisenden Bescheide des BFA wurde fristgerecht am 21.03.2017 Beschwerde erhoben, sowie eine Vollmacht für die Vertretung durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe vorgelegt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2018, Zlen. I420 2150906-1/11E, I420 2150907-1/11E, wurden die Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführer sind Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen.
Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 06.01.2019, ZL. E 3291-3292/2018-6, wurden die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2018, Zlen. I420 2150906-1/11E, I420 2150907-1/11E abgewiesen.
Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 13.03.2019, ZL. E 596-597/2019-5 wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In weiterer Folge wurde die gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhobene außerordentliche Revision durch den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. Juni 2019, Ra 2019/20/0245 bis 0246-4 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 17.05.2019 - bezeichnet als Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme - wurde der Erstbeschwerdeführerin mitgeteilt, dass es infolge der Nichtbeachtung ihrer Ausreiseverpflichtung beabsichtigt sei, eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot zu erlassen und ihr aufgetragen den im Schreiben angeführten umfangreichen Fragenkatalog, vor allem zu ihrem Privat- und Familienleben in Österreich, zu beantworten und eine Stellungnahme zu den Länderinformationen zu erstatten. Mit Schriftsatz ihrer gewillkürten Rechtsvertretung vom 22.05.2019 wurden eine entsprechende Stellungnahme erstattet und drei personalisierte Empfehlungsschreiben, ein Schreiben der Heimleiterin des Flüchtlingsheimes, in dem die Beschwerdeführerinnen untergebracht sind, sowie Bestätigungen über den Besuch von Deutschkursen und ein Zeugnis über die abgelegte und bestandene Integrationsprüfung vom 11.12.2018 vorgelegt.
Mit im Spruch genannten Bescheiden des BFA vom 04.06.2019 wurden den Beschwerdeführerinnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt (Spruchpunkt I.). "Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen die Beschwerdeführerinnen eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen (Spruchpunkt II.). Es wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerinnen "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Zuletzt wurde "gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" gegen die Beschwerdeführerinnen ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
Gegen die im Spruch angeführten Bescheide wurde mit Schriftsatz der gewillkürten Rechtsvertretung vom 04.07.2019 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Die Beschwerdeführerinnen monierten Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften wegen wesentlicher Ermittlungsmängel und inhaltliche Rechtswidrigkeit. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde bei ihrer "Beweiswürdigungsmethodik" dem Objektivitätsgebot und dem Prinzip der Ermittlung der materiellen Wahrheit widersprochen habe und diese das Vorliegen eines Privat- und Familienlebens nicht akzeptieren würde und würde eine vorgefasste Meinung der belangten Behörde vorliegen. Zudem wurde hinsichtlich der Integration ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin seit nunmehr 4 Jahren in Österreich aufhältig und äußert integrationswillig sei, darüberhinaus könne sie eine Jobzusage nachweisen und sei unbescholten. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden und die angefochtenen Bescheide vollinhaltlich aufheben und der Beschwerde stattgeben und eine mündliche Verhandlung durchführen in eventu die angefochtenen Bescheide mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an die Behörde I. Instanz zurückverweisen.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 15.07.2019 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.1. Zum Sachverhalt und zu den Personen der Beschwerdeführerinnen:
Die Beschwerdeführerinnen sind Staatsangehörige Nigerias. Sie sind somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b Asylgesetz. Die Identität der Beschwerdeführerinnen steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.
Die Erstbeschwerdeführerin ist volljährig, Angehörige der Volksgruppe Edo und bekennt sich zum christlichen Glauben (römisch-katholisch).
Die Erstbeschwerdeführerin ist ledig und befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter. Sie leidet an keinen lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch die Zweitbeschwerdeführerin ist gesund.
Die Erstbeschwerdeführerin verfügt über eine achtjährige Schulbildung und eine Lehre als XXXX. Aufgrund ihrer Arbeitserfahrung in Nigeria hat sie eine Chance auch hinkünftig am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen.
Die Familie der Erstbeschwerdeführerin, bestehend aus ihren Geschwistern, ihrer Großmutter sowie diversen Onkeln und Tanten, lebt in Nigeria. Zu ihrer Familie besteht telefonischer Kontakt.
In Österreich verfügen die Beschwerdeführerinnen über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Zum behaupteten leiblichen Vater der Zweitbeschwerdeführerin besteht kein Kontakt und wurde sein Antrag auf internationalen Schutz mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.04.2018, Zl. I420 2191565-1/3E rechtskräftig negativ entschieden. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof blieb ohne Erfolg. Der Beschwerdeführer ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Der Vater der Zweitbeschwerdeführerin hält sich illegal im Bundegebiet auf.
Die Erstbeschwerdeführerin geht in Österreich keiner Beschäftigung nach, bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Die Erstbeschwerdeführerin hält sich seit zumindest 17.11.2015 in Österreich auf. Die Zweitbeschwerdeführerin seit XXXX2016. Die Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2018 rechtskräftig negativ entschieden. Die dagegen erhobenen Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof und die in weiterer Folge erhobenen außerordentlichen Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof blieben ohne Erfolg. Die Beschwerdeführerinnen sind keine begünstigten Drittstaatsangehörigen und es kommt ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Die Beschwerdeführerinnen sind ihrer Ausreiseverpflichtung bis heute nicht nachgekommen und halten sich illegal im Bundegebiet auf.
Die Erstbeschwerdeführerin hat in Österreich nach rechtskräftigem Abschluss ihres Asylverfahrens die Integrationsprüfung A2 abgelegt, weist aber abgesehen von dem regelmäßigen Verrichten einer gemeinnützigen Tätigkeit im Flüchtlingsheim sowie geschlossenen Freundschaften, keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
Die Erstbeschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.
Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Die Beschwerdeführerinnen verfügen über keine sonstigen Aufenthaltsberechtigungen. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerinnen nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Die Beschwerdeführerinnen sind auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.
1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:
Der Erstbeschwerdeführerin wurde im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit gewährt zu den aktuellen Länderberichten zu Nigeria Stellung zu nehmen. Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerinnen sind gegenüber den in den angefochtenen Bescheiden vom 04.06.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im Rahmen des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt und wird im Wesentlichen dazu ausgeführt:
Nigeria verfügt über ein Mehrparteiensystem. Die am System der USA orientierte Verfassung enthält alle Attribute eines demokratischen Rechtsstaates (inkl. Grundrechtskatalog, Gewaltenteilung). Dem starken Präsidenten - zugleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte - und dem Vizepräsidenten stehen ein aus Senat und Repräsentantenhaus bestehendes Parlament und eine unabhängige Justiz gegenüber. Die Verfassungswirklichkeit wird von der Exekutive in Gestalt des direkt gewählten Präsidenten und von den direkt gewählten Gouverneuren dominiert. Der Kampf um politische Ämter wird mit großer Intensität, häufig auch mit undemokratischen, gewaltsamen Mitteln geführt. Die Justiz ist der Einflussnahme von Exekutive und Legislative sowie einzelner politischer Führungspersonen ausgesetzt.
Im Länderbericht ergibt die geschilderte allgemeine Sicherheitslage keine konkrete gegen die Personen der Beschwerdeführerinnen gerichtete Verfolgungsgefahr, die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land, sodass sich Bürger in jedem Teil des Landes niederlassen können. Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Darüberhinaus sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Bürger dürfen sich in jedem Teil des Landes niederlassen. Prinzipiell sollte es einer Person, die von nichtstaatlichen Akteuren verfolgt wird oder die sich vor diesen fürchtet, in einem großen Land wie Nigeria möglich sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen.
Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Die allgemeinen Polizei- und Ordnungsaufgaben obliegen der rund 360.000 Mann starken Nigerian Police Force (NPF). Die NPF untersteht dem Generalinspektor der Polizei. Er ist für die Durchsetzung der Gesetze verantwortlich. Ihm unterstehen in jedem Bundesstaat Assistenten zur Leitung der Polizeikräfte. Bundesstaaten dürfen gemäß Verfassung über keine eigenen Sicherheitskräfte verfügen. In Notsituationen kann die Bundespolizei jedoch dem Gouverneur eines Staates unterstellt werden. Etwa 100.000 Polizisten sollen als Sicherheitskräfte bei Personen des öffentlichen Lebens und einflussreichen Privatpersonen tätig sein. Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee. Jedoch sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten.
Neben der Nationalen Menschenrechtskommission (NHRC) gibt es eine Vielzahl von Menschenrechtsorganisationen, die sich grundsätzlich frei betätigen können. Rund 42.000 nationale und internationale NGOs sind in Nigeria registriert; sie sind keinen gesetzlichen Beschränkungen unterworfen. Die NGOs sind nach Art, Größe und Zielrichtung sehr unterschiedlich und reichen von landesweit verbreiteten Organisationen wie der CLO (Civil Liberties Organization), CD (Campaign for Democracy) und LEDAP (Legal Defense Aid Project), die sich in erster Linie in der Aufklärungsarbeit betätigen, über Organisationen, die sich vorrangig für die Rechte bestimmter ethnischer Gruppen einsetzen, und Frauenrechtsgruppen bis hin zu Gruppen, die vor allem konkrete Entwicklungsanliegen bestimmter Gemeinden vertreten. Auch kirchliche und andere religiös motivierte Gruppierungen sind in der Menschenrechtsarbeit aktiv. NGOs beobachten die Menschenrechtslage, untersuchen Vorfälle und veröffentlichen ihre Erkenntnisse.
Die Menschenrechtssituation hat sich seit Amtsantritt einer zivilen Regierung 1999 zum Teil erheblich verbessert, vor allem im Hinblick auf die Freilassung politischer Gefangener und die Presse- und Meinungsfreiheit. Allerdings kritisieren Menschenrechtsorganisationen den Umgang der Streitkräfte mit Boko Haram-Verdächtigen, der schiitischen Minderheit, Biafra-Aktivisten und Militanten im Nigerdelta. Schwierig bleiben die allgemeinen Lebensbedingungen, die durch Armut, Analphabetismus, Gewaltkriminalität, ethnische Spannungen, ein ineffektives Justizwesen und die Scharia-Rechtspraxis im Norden des Landes beeinflusst werden. Es gibt viele Fragezeichen hinsichtlich der Einhaltung der Menschenrechte, wie z.B. die Praxis des Scharia-Rechts (Tod durch Steinigung), Entführungen und Geiselnahmen im Nigerdelta, Misshandlungen und Verletzungen durch Polizisten und Soldaten sowie Verhaftungen von Angehörigen militanter ethnischer Organisationen.
Die in den Jahren 2000/2001 eingeführten strengen strafrechtlichen Bestimmungen der Scharia haben zu keinem starken Anstieg von Menschenrechtsverletzungen geführt, die wenigen Steinigungsurteile wurden jeweils von einer höheren Instanz aufgehoben, auch Amputationsstrafen wurden in den letzten Jahren nicht vollstreckt. Es setzten sich nigerianische Organisationen wie z.B. CEHRD (Centre for Environment, Human Rights and Development), CURE-NIGERIA (Citizens United for the Rehabilitation of Errants) und HURILAWS (Human Rights Law Services) für die Einhaltung der Menschenrechte in ihrem Land ein. Auch die Gewerkschaftsbewegung Nigeria Labour Congress (NLC) ist im Bereich von Menschenrechtsfragen aktiv.
Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit und Freiheit der Religionsausübung. Laut Verfassung darf die Regierung keine Staatsreligion beschließen, ist religiöse Diskriminierung verboten und hat jeder die Freiheit seine Religion zu wählen, auszuüben, zu propagieren und zu ändern. Im Vielvölkerstaat Nigeria ist die Religionsfreiheit ein Grundpfeiler des Staatswesens. Die Bundesregierung achtet auf die Gleichbehandlung von Christen und Muslimen, z.B. bei der Finanzierung von Gotteshäusern und Wallfahrten. Sie unterstützt den Nigerian Inter-Religious- Council, der paritätisch besetzt ist und die Regierung in Religionsangelegenheiten berät. Ähnliche Einrichtungen wurden auch in mehreren Bundesstaaten erfolgreich eingeführt. Nigeria ist von drei unterschiedlichen Religionen geprägt: dem Islam, dem Christentum, und den indigenen Religionen. 51,6 Prozent sind Moslems, 36,9 Prozent Christen und der Rest der Bevölkerung gehört den indigenen Glaubensrichtungen an bzw. liegen keine Angaben zur Religionszugehörigkeit vor. Der Norden ist überwiegend muslimisch, der Süden überwiegend christlich. Allerdings gibt es im Norden, wo die muslimischen Hausa-Fulani überwiegen, auch signifikante christliche Bevölkerungsteile. In Zentralnigeria, Abuja und den südwestlichen Yoruba-Bundesstaaten halten sich die Anteile an Muslimen und Christen die Waage.
Die nigerianische Wirtschaft hat sich 2017 allmählich aus der schlimmsten Rezession seit 25 Jahren erholt, das BIP ist um 0,55 Prozent gestiegen. Mehrere Faktoren haben dazu beigetragen, dass sich die nigerianische Wirtschaft seit Ende 2017 allmählich wieder erholt, unter anderem eine Steigerung der Erdölförderleistung, die Erholung des Erdölpreises und eine verbesserte Leistung von Landwirtschaft und Dienstleistungssektor. Etwa 80 Prozent der Gesamteinnahmen Nigerias stammen aus der Öl- und Gasförderung. Neben Erdöl verfügt das Land über z.B. Zinn, Eisen-, Blei-, und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine, Phosphat - gesamtwirtschaftlich jedoch von geringer Bedeutung. Von Bedeutung sind hingegen der (informelle) Handel und die Landwirtschaft, welche dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bieten. Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) machte 2016 ca. 20 Prozent des BIP aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert. Industrielle Entwicklung wird durch die unzureichende Infrastruktur (Energie und Transport) behindert. Über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt, in ländlichen Gebieten über 90 Prozent. Der Agrarsektor wird durch die Regierung Buhari stark gefördert. Dadurch hat etwa der Anteil an Großfarmen zugenommen. Auch die Mais- und Reisproduktion wurde dadurch kräftig ausgeweitet. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft und das Land ist nicht autark, sondern auf Importe - v. a. von Reis - angewiesen. Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt aus Subsistenzbetrieben. Historisch war Lebensmittelknappheit in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent. In einzelnen Gebieten im äußersten Norden (Grenzraum zu Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation allerdings schwierig.
Es kann festgestellt werden, dass auch eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird. Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene als auch auf lokaler Ebene. Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat.
Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist für einen relativ geringen Betrag erhältlich. Hauptsächlich im Norden ist auch der Verkauf von bestimmten Holzstäbchen zur Zahnhygiene eine Möglichkeit, genügend Einkommen zu erlangen. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "mini-farming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten-ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare zur Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Rascher Gewinn und gesicherte Abnahme des gezüchteten Nachwuchses sind gegeben. Schnecken und "grasscutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet.
Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe.
Ein Meldewesen ist nicht vorhanden. Auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem existiert nicht. Damit ist es in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen".
Nigeria verfügt über ein sehr kompliziertes Gesundheitssystem. Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. Es besteht keine umfassende Liste der Krankenhäuser und Ausstattungen, aber zahlreiche Krankenhäuser in Nigeria sind gut ausgestattet und in der Lage, zahlungsfähige Patienten medizinisch zu versorgen. In den letzten Jahren hat sich die medizinische Versorgung in den Haupt- und größeren Städten allerdings sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor deutlich verbessert.
Verschiedene Krankenhäuser in Nigeria haben sich auf unterschiedliche Krankheiten spezialisiert und Patienten suchen diese Krankenhäuser entsprechend ihrer Erkrankung auf. Allgemeine Krankenhäuser in Nigeria behandeln Patienten mit verschiedenen Krankheiten, verfügen jedoch üblicherweise über Fachärzte wie etwa Kinderärzte, Augenärzte, Zahnärzte, Gynäkologen zur Behandlung bestimmter Krankheiten. Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor. Wenn ein Heimkehrer über eine medizinische Vorgeschichte verfügt, sollte er möglichst eine Überweisung von dem letzten Krankenhaus, in dem er behandelt wurde, vorlegen. Hat eine Person keine Dokumente, führt dieser Umstand nicht zur Verweigerung medizinischer Versorgung oder zum Ausschluss von anderen öffentlichen Diensten. In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die Antiphlogistika und Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden.
Es besteht auch wie im Länderbericht ausgeführt, keine Gefahr dahingehend, dass ein ob eines abgelehnten Asylantrages rückgeführter Asylwerber bei seiner Rückkehr nach Nigeria mit staatlichen Repressionen zu rechnen habe. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt außerdem darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist.
Diese Feststellungen basieren im Wesentlichen auf den folgenden Quellen:
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Punch (22.12.2017): NHIS: Health insurance still elusive for many Nigerians,
https://punchng.com/nhis-health-insurance-still-elusive-for-many-nigerians/, Zugriff 3.4.2019
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VAÖB - Vertrauensarzt der ÖB Abuja (23.1.2019): medizinische Stellungnahme
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VAÖB - Vertrauensarzt der ÖB Abuja (27.3.2019): medizinische Stellungnahme
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WPA - World Psychiatric Association (o.D.): Association of Psychiatrists in Nigeria (APN), http:// www.wpanet.org/detail.php?section_id=5&content_id=238, Zugriff 3.4.2019
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Zur Situation von Frauen und Kindern in Nigeria:
Auch wenn die Verfassung Gleichberechtigung vorsieht, kommt es zu beachtlicher ökonomischer Diskriminierung von Frauen. Frauen werden in der patriarchalischen und teilweise polygamen Gesellschaft Nigerias in vielen Rechts- und Lebensbereichen benachteiligt, v.a. dort, wo traditionelle Regeln gelten. So sind Frauen in vielen Landesteilen aufgrund von Gewohnheitsrecht von der Erbfolge nach ihrem Ehemann ausgeschlossen. Vor allem im Osten des Landes müssen sie entwürdigende und die persönliche Freiheit einschränkende Witwenzeremonien über sich ergehen lassen (z.B. werden sie gezwungen, sich den Kopf zu rasieren oder das Haus für einen bestimmten Zeitraum nicht zu verlassen oder sind rituellen Vergewaltigungen ausgesetzt). Darüber hinaus können Frauen im Norden zum Teil keiner beruflichen Betätigung nachgehen, weil sie die familiäre Wohnung ohne Begleitung eines männlichen Angehörigen nicht verlassen dürfen. Die geschlechtsspezifische Diskriminierung im Rechtssystem konnte allerdings reduziert werden.
Auf Bundesstaats- und Bezirksebene (LGA) spielen Frauen kaum eine Rolle. Jene mit Sekundär- und Tertiärbildung haben Zugang zu Arbeitsplätzen in staatlichen und öffentlichen Institutionen. Immer mehr Frauen finden auch Arbeit im expandierenden Privatsektor (z.B. Banken, Versicherungen, Medien). Einige Frauen besetzen prominente Posten in Regierung und Justiz, z.B. eine Richterin beim Obersten Gerichtshof und die Finanzministerin. Rechtlich ist keine Vorschrift vorhanden, die gleiche Bezahlung für Frauen und Männer für gleichwertige Tätigkeiten festschreibt. Es gibt auch kein Diskriminierungsverbot bei der Einstellung von Angestellten. Im formalen Sektor bleiben Frauen unterrepräsentiert, während sie in der informellen Wirtschaft eine bedeutende Rolle spielen (Landwirtschaft, Nahrungsmittel, Märkte, Handel).
Das Gesetz Violence Against Persons Prohibition Act (VAPP) befasst sich mit sexueller, körperlicher, psychologischer und sozioökonomischer Gewalt sowie mit schädlichen traditionellen Praktiken. Laut dem VAPP stellen häusliche Gewalt, gewaltsames Hinauswerfen des Ehepartners aus der gemeinsamen Wohnung, erzwungene finanzielle Abhängigkeit, verletzende Witwenzeremonien, Genitalverstümmelung (FGM/C) usw. Straftatbestände dar. Opfer haben Anspruch auf umfassende medizinische, psychologische, soziale und rechtliche Unterstützung. Mit Stand März 2018 ist das Gesetz erst im Federal Capital Territory (FCT) und den Bundesstaaten Anambra, Ebonyi und Oyo gültig, in anderen Bundesstaaten erst, sobald es dort verabschiedet wird.
Geschlechtsspezifische Gewalt ist in Nigeria auf nationaler Ebene nicht unter Strafe gestellt. Einige Bundesstaaten, hauptsächlich im Süden gelegene, haben Gesetze, die geschlechtsspezifische Gewalt verbieten oder versuchen bestimmte Rechte zu schützen. Für häusliche Gewalt sieht das VAPP eine Haftstrafe von maximal drei Jahren, eine Geldstrafe von höchstens 200.000 Naira oder eine Kombination von Haft- und Geldstrafe vor.
Vergewaltigung steht unter Strafe. Gemäß dem VAPP beträgt das Strafmaß zwischen zwölf Jahren und lebenslänglicher Haft. Es sieht auch ein öffentliches Register von verurteilten Sexualstraftätern vor. Auf lokaler Ebene sollen Schutzbeamte ernannt werden, die sich mit Gerichten koordinieren und dafür sorgen sollen, dass die Opfer relevante Unterstützung bekommen. Das Gesetz enthält auch eine Bestimmung, welche Gerichte dazu ermächtigt, Vergewaltigungsopfern eine angemessene Entschädigung zuzusprechen. Vergewaltigungen bleiben aber weit verbreitet. Aus einer Studie geht hervor, dass der erste sexuelle Kontakt bei drei von zehn Mädchen im Alter von 10 bis 19 Jahren eine Vergewaltigung war.
Das Bundesgesetz kriminalisiert seit 2015 FGM/C auf nationaler Ebene, dieses Gesetz ist aber bisher nur in einzelnen Bundesstaaten umgesetzt worden, nach anderen Angaben gilt es bis dato nur im Federal Capital Territory. 13 andere Bundesstaaten haben ähnliche Gesetze verabschiedet. Die Regierung unternahm im Jahr 2018 keine Anstrengungen, FGM/C zu unterbinden. Andererseits wird mit unterschiedlichen Aufklärungskampagnen versucht, einen Bewusstseinswandel einzuleiten. Bei der Verbreitung gibt es erhebliche regionale Unterschiede. In einigen - meist ländlichen - Regionen im Südwesten und in der Region Süd-Süd ist die Praxis weit verbreitet, im Norden eher weniger. Während im Jahr 2013 der Anteil beschnittener Mädchen und Frauen noch bei 24,8 Prozent lag, waren es 2017 nur noch 18,4 Prozent.
Für Opfer von FGM/C bzw. für Frauen und Mädchen, die von FGM/C bedroht sind, gibt es Schutz und/oder Unterstützung durch staatliche Stellen und NGOs. Frauen, die von FGM/ C bedroht sind und die nicht in der Lage oder nicht willens sind, sich dem Schutz des Staates anzuvertrauen, können auf sichere Weise in einen anderen Teil Nigerias übersiedeln, wo es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie von ihren Familienangehörigen aufgespürt werden. Frauen, welche diese Wahl treffen, können sich am neuen Wohnort dem Schutz von Frauen-NGOs anvertrauen.
Die Hauptaufgaben der Bundesbehörde NAPTIP (National Agency for the Prohibition of Trafficking in Person) sind Bekämpfung des Menschenhandels, Verfolgung der Täter im Bereich Menschenhandel und Schutzmaßnahmen für Opfer (temporäre Unterkunft, Beratung, Rehabilitierung, Reintegration und Zugang zur Justiz). Obwohl die Behörde im Jahr 2017 deutlich höhere Geldmittel als im Vorjahr erhielt, verfügt sie über zu geringe Ressourcen. Oba Ewuare, König von Benin (Bundesstaat Edo) hat am 9.3.2018 alle Opfern des Menschenhandels auferlegten Flüche für nichtig erklärt, und im Gegenzug jene, welche die Flüche ausgesprochen haben, ihrerseits mit einem Fluch belegt. Bei der Zeremonie waren Priester und traditionelle Heiler sowie Vertreter von NAPTIP eingeladen. Üblicherweise sollen Opfer von Menschenhandel durch die auferlegten Flüche dazu gezwungen werden, die Namen der Täter nicht preiszugeben. NAPTIP geht davon aus, dass nunmehr die Strafverfolgung in solchen Fällen erleichtert wird.
Diese Feststellungen basieren im Wesentlichen auf den folgenden Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)
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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427393/488302_en.pdf, Zugriff 19.11.2018
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EASO - European Asylum Support Office (11.2018b): Country of Origin Information Report - Nigeria - Targeting of individuals, https://www.ecoi.net/e