Entscheidungsdatum
24.07.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W199 2216100-2/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael SCHADEN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.05.2019, Zl. 1220860402/190347436, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 des Asylgesetzes 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100/2005 und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005, Art. 3 BG BGBl. I 100/2005 abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1.1.1. Die Beschwerdeführerin, eine iranische Staatsangehörige, stellte am 26.2.2019 den Antrag, ihr internationalen Schutz zu gewähren (in der Folge auch als Asylantrag bezeichnet), ebenso ihre Mutter XXXX und ihr minderjähriger Bruder XXXX . (Die Verfahren über die Asylanträge der Mutter und des Bruders wurden beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [in der Folge: Bundesamt] zu den Zahlen 1220859902 - 190206620 und 1220857701/190206646 und beim Bundesverwaltungsgericht zu den Zahlen W274 2216097-1 und W274 2216098-1 geführt.) Bei ihrer Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Stadtpolizeikommando Schwechat; auf dem Flughafen) am nächsten Tag gab die Beschwerdeführerin - wie es im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1.4.2019, W274 2216100-1/2E (in der Folge: Erkenntnis vom 1.4.2019), wiedergegeben wird - an [BF = die Beschwerdeführerin], "dass ihre Familie zum Christentum konvertieren wolle und ihre Eltern vor ca. einem Monat in einer Hauskirche gewesen seien, die von Beamten gestürmt worden sei. Ihre Mutter sei dabei zwar am Bein verletzt worden, die Eltern hätten aber flüchten können. Darüber hinaus wolle die BF ihren Schleier nicht tragen und sich nicht nach den Vorschriften kleiden."
Auf die Frage, wer ihre Reise organisiert habe, gab die Beschwerdeführerin an, das sei ihr Vater gemeinsam mit einem Schlepper gewesen.
1.1.1.2. Die Mutter der Beschwerdeführerin gab bei ihrer Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Stadtpolizeikommando Schwechat; auf dem Flughafen) am 27.2.2019 - wie es im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1.4.2019, W274 2216097-1/2E, 2216098-1/2E), wiedergegeben wird - an [BF1 = die Mutter der Beschwerdeführerin], "vor etwa sieben bis acht Monaten sei sie von ihrem Ehemann überredet worden, eine Hauskirche zu besuchen. Bei diesem Besuch sei die Hau[s]kirche von der Revolutionsgarde gestürmt worden. Die BF1 habe zwar eine Verletzung am Bein erlitten, habe aber mit ihrem Ehemann flüchten können." Ein Freund ihres Mannes namens XXXX sei festgenommen worden und habe sie bei der Behörde verraten. Ihr Mann - der Vater der Beschwerdeführerin - habe ihre und ihrer Kinder Flucht vorbereitet und sie weggeschickt und gemeint, auch er werde das Land verlassen. Den Aufenthaltsort des Vaters der Beschwerdeführerin gab ihre Mutter mit der Stadt Shiraz an. Ihre Reise habe ihr Ehemann mit einem Schlepper organisiert; ihre Kosten kenne sie nicht, das habe ihr Mann bezahlt.
1.1.2.1. Bei ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt (Erstaufnahmestelle Flughafen) am 4.3.2019, bei der auch eine Vertreterin des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge anwesend war, gab die Beschwerdeführerin - wie es im Erkenntnis vom 1.4.2019 wiedergegeben wird - an [BF = die Beschwerdeführerin], "sie sei seit einem Monat, seit sich die Familie zur Ausreise entschieden habe, Christin. Im Iran habe sie Probleme gehabt, weil sie ein Kopftuch tragen müsse. Einmal sei sie deshalb ermahnt und am Arbeitsweg nicht mitgenommen worden. Ein Monat vor der Ausreise habe die BF erfahren, dass ihr Vater zum Christentum konvertieren wolle; er habe über einen Freund vom Christentum erfahren. Auch die Mutter habe Interesse gezeigt. Da eine Konversion im Iran aber nicht möglich sei, sollte die Familie ausreisen."
1.1.2.2. Die Mutter der Beschwerdeführerin gab bei ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt (Erstaufnahmestelle Flughafen) am 4.3.2019, bei der auch eine Vertreterin des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge anwesend war, - wie es in dem sie betreffenden Erkenntnis vom 1.4.2019 wiedergegeben wird - an [BF1 = die Mutter der Beschwerdeführerin], "sie sei als schiitische Muslimin geboren, habe aber nach fünf Minuten ihres einzigen Hauskirchenbesuches gewusst, dass sie fortan Christin sein wolle. Als die BF1 dieses eine Mal zum Treffen der Hauskirche mitgegangen sei, sei die Hauskirche nach fünf oder zehn Minuten gestürmt worden. Viele der Teilnehmer seien verhaftet worden. Die BF1 habe versucht, durch das Fenster oder die Tür zu flüchten und habe dabei einen Schlag auf das Bein bekommen. Dennoch sei es ihr gelungen, zu flüchten. Fortan hätten sich die BF1 und ihr Mann nur mehr in der Nähe ihrer Wohnung aufgehalten. Nachgefragt gab die BF1 an, in der Hauskirche seien etwa 80 Personen gewesen, von denen ein Drittel festgenommen worden sei. Bei ihrer Flucht von der Hauskirche habe ihr Ehemann ihr aus dem Fenster geholfen. Während der sieben bis acht Monate nach diesem Ereignis sei nichts mehr vorgefallen. Auf weitere Nachfrage gab die BF1 an, dass den iranischen Behörden ihre (beabsichtig[t]e) Konversion nicht bekannt geworden sei. Im Zuge einer weiteren Erörterung des Treffens in der Hauskirche führte sie aus, sie habe die Sprache, die der Pastor oder Leiter gesprochen habe, nicht verstanden."
Zum Vater der Beschwerdeführerin gab ihre Mutter an, er sei in Shiraz, sie habe am Tag zuvor mit ihm telefoniert, er gehe nicht aus dem Haus. Warum er nicht mit ausgereist sei, wisse sie nicht; aber er habe die finanziellen Mittel nicht aufbringen können. Er habe gewollt, dass sie und ihre Kinder alleine ausreisten und er später nachreisen würde, wenn sie sich eingelebt hätten.
1.1.3. Mit Schreiben vom 7.3.2019 teilte der Flüchtlingshochkommissär mit, dass er die Zustimmung gemäß § 33 Abs. 2 des Asylgesetzes 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100 (in der Folge: AsylG 2005) erteile, da das Vorbringen in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkomitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.
1.2.1. Mit Bescheid vom 7.3.2019, 1220860402/190206638, wies das Bundesamt den Asylantrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 iVm § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I); gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wies es den Asylantrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran ab (Spruchpunkt II). Gemäß § 57 AsylG 2005 erteilte es der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III).
Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin am 14.3.2019 eine Beschwerde ein, der das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 1.4.2019 nicht Folge gab. In der Begründung traf es Feststellungen zur Situation im Iran und führte darin ua. aus:
"Anerkannte religiöse Minderheiten sind in ihrer Glaubensausübung nur geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt, christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind verboten).
Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen (10 bis 15 Jahre). Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und misshandelt werden. [...] Unter besonderer Beobachtung stehen hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt. 2016 sollen 198 Gefangene wegen ‚Feindschaft gegen Gott', 31 wegen ‚Beleidigung des Islam' und 12 wegen ‚Korruption auf Erden' inhaftiert gewesen sein. Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, fünf wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und zehn mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen.
Apostasie (Abtrünnigkeit vom Islam) ist verboten und mit langen Haftstrafen bis zur Todesstrafe bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel ‚moharebeh' (‚Waffenaufnahme gegen Gott'), Verdorbenheit auf Erden, oder ‚Handlungen gegen die nationale Sicherheit'. Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern solche Fälle als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf.
Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Es wird diesbezüglich von familiärer Ausgrenzung berichtet sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden. In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion als Familienmitglied als heikel eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der Konvertit aus der Familie verbannt oder den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen. Die Schließungen der ‚Assembly of God' Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Deren Anzahl steigt. Es ist schwierig diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Sie werden teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Diese organisieren sich daher in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weitverbreitet. In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet. Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken. Ansonsten haben die Behörden kaum Möglichkeiten, eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen ‚Verbrechen gegen Gott' angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. Nicht verlässlich bekannt ist, ob nur Anführer oder auch einfache Mitglieder verfolgt werden. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder Unterricht anderer Personen im Glauben, kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen.
Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, ist eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Wenn der Konvertit kein ‚high-profile'-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist nicht von einer harschen Bestrafung auszugehen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein wird nicht zu einer Verfolgung führen. Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, steht nicht fest.
[...] Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein."
Zur Person der Beschwerdeführerin stellte das Bundesverwaltungsgericht - soweit für das vorliegende Verfahren relevant - fest [BF = die Beschwerdeführerin]:
"Die BF wurde am XXXX in Shiraz als schiitische Muslima geborene. Sie besuchte im Iran zwölf Jahre lang die Gesamtschule und arbeitete die letzten zwei Jahre vor ihrer Ausreise in einer Apotheke im Verkauf. Die BF ist ledig und lebte bis zu ihrer Ausreise gemeinsam mit ihrem Vater, ihrer Mutter und ihrem Bruder in einer Wohnung in Shiraz. Seit ihrer Ausreise aus dem Iran hatte die BF zu ihrem Vater, ihrer Großmutter und den Geschwistern ihrer Mutter Kontakt. Die BF ist gesund.
Die BF wurde bzw. wird im Iran nicht aufgrund (unterstellter) christlicher Gesinnung im Iran gesucht. Weder im Iran noch in Österreich fand eine derartige Hinwendung der BF zum Christentum statt, dass sie auch unter geänderten Rahmenbedingungen - wie einer Rückkehr in den - Iran das Bedürfnis hätte, innerlich und äußerlich als Christin zu leben.
Fest steht, dass die BF eine gewisse Abneigung hat, ein Kopftuch zu tragen und sich entsprechend den Kleidervorschriften im Iran zu kleiden. Sie hat jedoch keine Lebensweise verinnerlicht, die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten im Iran darstellen würde.
Die BF reiste gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem minderjährigen Bruder am 25.02.2019 unter Verwendung gefälschter Reisedokumenten mit dem Flugzeug von Teheran nach Wien. Seit der Ankunft am Flughafen Wien-Schwechat befindet sie sich in der Sondertransitzone des Flughafens."
Beweiswürdigend hielt das Bundesverwaltungsgericht fest [BF = die Beschwerdeführerin; BFA = Bundesamt; BVwG = Bundesverwaltungsgericht; LIB = Länderinformationsblatt des Bundesamtes]:
"Die Länderfeststellungen folgen dem LIB der Staatendokumentation Iran in der (aktuellen) Fassung von Juli 2018, basierend auf den dort genannten Quellen.
Das BFA hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die daraus gewonnenen Ergebnisse werden der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt, zumal sich aus der Beschwerde keine begründeten Bedenken gegen die Beweiswürdigung des BFA ergaben, noch die erstinstanzlich vorgebrachten Ausreisegründe in substantiierter Weise ergänzt wurden. Die Beweisrüge erschöpft sich in einem Verweis auf die Glaubwürdigkeit der Aussagen der BF.
Die Feststellungen zur Person der BF und ihrer Lebens- und Berufsbiographie sowie zu ihrem Gesundheitszustand ergeben sich aus ihren diesbezüglich gleichlautenden und in sich schlüssigen Angaben vor dem BFA. Damit übereinstimmend erweisen sich auch die Aussagen ihrer Mutter vor dem BFA im Verfahren zu GZ. W274 2216097-1. Die Feststellungen zur Einreise und dem bisherigen Aufenthalt der BF in der Sondertransitzone des Flughafens Wien-Schwechat ergeben sich aus den im Akt befindlichen Unterlagen.
Die BF gab an, Christin zu sein bzw den Iran aufgrund einer geplanten Konversion zum Christentum verlassen zu haben. Aus einer Gesamtbetrachtung der Aussagen der BF vor dem BFA geht jedoch hervor, dass die Entscheidung, den Iran zu verlassen, nicht auf Initiative der BF erfolgte, sondern diese durch ihre Eltern getroffen wurde ([...] ‚Meine Mutter sagte: ‚Weil wir vorhaben unsere Religion zu ändern [...], werden wir ausreisen'', [...] ‚Gemäß dem was mein Vater erfahren hat und meine Mutter, haben wir uns entschieden Christen zu sein'). Es finden sich keine Anhaltspunkte für eine eigenständige Überlegung der BF, zum Christentum zu konvertieren und daher den Iran zu verlassen. Die BF gab nur an, dass ihre Mutter gesagt hätte, das Christentum sei besser, und dass dort auch die Vorschriften besser seien. Aus dem Akt geht auch hervor, dass die BF selbst sich noch zu keinem Zeitpunkt mit dem Christentum auseinandergesetzt hat. Sie konnte zwar die ‚Bibel' nennen, gab aber an, darin noch nie gelesen zu haben [...]. Auch der Aussage der BF, sie habe nur gehört, ‚dass der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, die Art und Weise ist, wie sie [gemeint: die Christen] etwas beschwören', zeigt die mangelnde Auseinandersetzung mit der christlichen Lehre. Dass die BF daher eine innere Wandlung zum Christentum vollzogen hätte, ist aus aufgezeigten Überlegungen - wie schon das BFA zutreffend ausführte - keinesfalls nachvollziehbar. Die bewusste Entscheidung, ‚Christin zu sein', setzt jedenfalls ein Basiswissen zur christlichen Religion voraus, aber auch eine darüberhinausgehende Auseinandersetzung mit der Glaubenslehre und eine Auswirkung des Christentums auf die eigene Person. All diese Elemente konnte die BF nicht glaubhaft darlegen. Außer im Rahmen der behaupteten Konversion ihrer Eltern, stand die BF bisher in keinerlei Hinsicht in Kontakt zum Christentum. Die BF gab zwar an, dass es einen Vorfall gegeben habe, bei dem ihre Eltern eine Hauskirche besucht hätten und diese von Beamten gestürmt worden sei, in zeitlicher Hinsicht ordnete die BF diesen Vorfall jedoch bei der Erstbefragung ([...] ‚vor ca. 1 Monat') völlig anders ein als bei der Einvernahme ([...] ‚vor 7 bis 8 Monaten'). Aufgrund der widersprüchlichen und auch oberflächlichen Angaben ist nicht plausibel, dass dieser Vorfall in geschilderter Weise tatsächlich stattgefunden habe und in weitere Folge auch Grund für ihre Ausreise aus dem Iran gewesen sein soll. Aus dem gesamten Verfahren ging auch nicht hervor, dass die BF selbst bei diesem Vorfall anwesend gewesen wäre oder in anderer Weise im Zusammenhang damit gestanden sei. Vielmehr gab ihre Mutter im Verfahren vor dem BFA an, dass die BF lediglich ‚etwas mitbekommen' habe [...]. Auch darüber hinaus artikulierte die BF im gesamten Verfahren keinerlei Praktizierung des christlichen Glaubens. Dass die BF selbst aufgrund (unterstellter) christlicher Gesinnung im Iran gesucht werde, behauptete diese weder selbst noch ergaben sich im Verfahren diesbezügliche Anhaltspunkte. Auch die Aussage der BF, dass sie erst vor einem Monat erfahren habe, dass sie unter anderem aufgrund des Christentums ausreisen müsse [...], zeigt, dass die BF bisher keinen Übergriffen aufgrund des Christentums ausgesetzt war und bisher nicht an eine Ausreise dachte.
In Bezug auf die im Iran herrschenden Vorschriften zur Kleidung und zum Tragen eines Kopftuches schilderte die BF einen Vorfall, bei dem sie auf ihrem Arbeitsweg deswegen einmal ermahnt, nicht aber mitgenommen worden sei. Unabhängig davon, ob dieser Vorfall tatsächlich stattgefunden hat, ist es durchaus nachvollziehbar, dass die BF eine gewisse Abneigung gegen das Tragen eines Kopftuches hat und sich gerne nach ihrem eigenen Geschmack kleiden möchte. Dem Gericht ist durchaus bewusst, dass das Leben als Frau im Iran nicht mit jenem in Österreich - vor allem in Hinblick auf die in Österreich gegebenen Freiheiten - vergleichbar ist, allerdings ist der Umstand, dass die BF gerne studieren möchte und weder die vorgeschriebene Kleidung noch ein Kopftuch tragen wolle, nicht ausreichend, um eine grundlegende und entsprechend verfestigte Änderung der Lebenseinstellung darzulegen, in der die Inanspruchnahme und Ausübung von Grundrechten zum Ausdruck kommt, die die BF in dieser Form im Falle einer Rückkehr in den Iran nicht ausleben könnte. Die ledige BF lebte bis zu ihrer Ausreise mit ihrer Familie in einer gemeinsamen Wohnung und ging einer Erwerbstätigkeit nach. Der nunmehrige Aufenthalt in Österreich stellt ihre erste Auslandsreise dar, wobei sie den Entschluss, aus dem Iran auszureisen, nicht selbst fasste, sondern der Entscheidung ihrer Eltern folgte. Ferner ist festzuhalten, dass den Länderfeststellungen nicht entnommen werden kann, dass Frauen der Zugang zu höherer Bildung im Iran nicht eröffnet ist. Auch im Hinblick auf die von der BF geltend gemachten Kleidungsvorschriften und das Kopftuchverbot zeigen die Länderfeststellungen, dass insbesondere in Großstädten - wie Shiraz - zunehmend feministische Bewegungen entstehen und viele junge Frauen gegen die nominell sehr strikten Regeln aufbegehren. Zwar könnte es bei Verstößen gegen gesetzliche Verbote im Zusammenhang mit Kopftuch- oder Kleidungsvorschriften zu Schikanierung, Festnahme oder Strafverhängung (bis hin zu Freiheitsstrafen) kommen, doch würden Frauen, die sich auf den Straßen ‚unislamisch' kleiden oder benehmen, zunehmend belehrt statt bestraft. Insgesamt zeigt sich, dass der von der BF angestrebte Lebensstil durch Äußerlichkeiten (Kopftuch, Kleidungsstil) geprägt ist, eine Verinnerlichung einer ‚westlich' orientierten Lebensweise im Sinne der Inanspruchnahme grundlegender Freiheiten und Rechte ist nicht erkennbar. Die seit der Ausreise aus dem Iran angesichts des nur sehr kurzen Aufenthaltes in Österreich unverändert gebliebene Lebenseinstellung kann die BF auch im Falle einer Rückkehr in den Iran aufrechterhalten, ohne unverhältnismäßigen Übergriffen ausgesetzt zu sein. Gerade der Umstand, dass die BF im Iran bisher nur einmal aufgrund eines nicht näher dargestellten Verstoßes gegen Kleidungs- bzw. Kopftuchvorschriften ermahnt worden sei, weist darauf hin, dass die BF auch bisher keinen Lebensstil pflegte, den sie im Falle einer Rückkehr nicht weiterhin ausleben könnte.
Aus den Länderfeststellungen ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass der BF alleine aufgrund ihrer Asylantragstellung in Österreich eine asylrelevante Verfolgung droht. Diesen ist vielmehr explizit zu entnehmen, dass allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen auslöst. Ein substantiiertes Vorbringen, weshalb der BF aus diesem oder anderen Gründen im Falle einer Rückkehr in den Iran dennoch Verfolgung drohe, wurde in der Beschwerde nicht erstattet.
Auch das BVwG kam daher im Übereinstimmung mit dem BFA zur Überzeugung, dass das Vorbringen der BF, ihr drohe Verfolgung aufgrund der Konversion zum Christentum, nicht glaubhaft ist. Vielmehr zeigte sich, dass die BF im Iran keinen Verfolgungshandlungen oder Ermittlungsschritten der iranischen Behörden oder regimefreundlicher Gruppierungen aufgrund christlicher Praxis ausgesetzt war und auch im Falle eine Rückkehr nicht sein wird. Wie für das BFA ergaben sich aus einer Gesamtschau des Vorbringens der BF auch für das BVwG keinerlei Anhaltspunkte, dass diese innerlich vom Christentum durchdrungen ist oder der christliche Glaube für ihren Lebenswandel von wesentlicher Bedeutung ist. Auch eine umfassende Verinnerlichung eines Lebenswandels im Sinne einer ‚westlichen' Orientierung konnte - bereits mangels zugrundeliegender Behauptungen - nicht glaubhaft dargelegt werden. Die BF war im gesamten Verfahren nicht imstande, eine im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende, konkret gegen die Person des BF gerichtete (asylrelevante) Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen. Im Verfahren sind auch sonst keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung im Herkunftsstaat für wahrscheinlich erscheinen lassen hätten. Damit übereinstimmend kam auch UNHCR, das bei der Einvernahme ebenfalls vertreten war, zu dem Schluss, dass das Vorbringen der BF zu ihrem Antrag auf internationalen Schutz offensichtlich unbegründet sei."
Dieses Erkenntnis wurde der Beschwerdeführerin am 1.4.2019 zu Handen ihres Vertreters zugestellt.
1.2.2. In dem Erkenntnis, das die Mutter und den Bruder der Beschwerdeführerin betraf, traf das Bundesverwaltungsgericht gleichartige Länderfeststellungen. Zu ihren Personen stellte es fest [BF1 = die Mutter der Beschwerdeführerin; BF2 = der Bruder der Beschwerdeführerin; BF = die Mutter und der Bruder der Beschwerdeführerin]:
"Die BF1 wurde am XXXX in Shiraz als schiitische Muslimin geboren und besuchte elf Jahre lang die Grundschule. Sie ist verheiratet und war im Iran als Hausfrau tätig. Sie hat einen minderjährigen Sohn, den am XXXX geborenen BF2, sowie eine volljährige Tochter ( XXXX , W274 2216100). Bis zur Ausreise lebte die BF1 mit ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern gemeinsam in einer Wohnung in Shiraz. Der Ehemann der BF1, ihre Mutter sowie ihre Geschwister leben weiterhin im Iran. Seit ihrer Ankunft in Österreich hatte die BF1 zu ihrem Ehemann, ihrer Mutter und ihrer Schwester Kontakt. Beide BF sind gesund.
Nicht festgestellt werden konnte, dass die BF1 gemeinsam mit ihrem Ehemann im Sommer 2018 einmal ein hauskirchliches Treffen besuchte und diese Hauskirche an jenem Tag von der Revolutionsgarde gestürmt wurde, die BF1 und ihr Ehemann einer Verhaftung aber entgehen konnten. Ebensowenig konnte festgestellt werden, dass die BF1 aufgrund der Erzählungen ihres Ehemannes und einer kurzen Teilnahme an Hauskirchentreffen derart vom Christentum überzeugt war, dass sie sofort gewusst habe, dass sie in Zukunft als Christin leben wolle. Die BF1 wurde bzw wird nicht aufgrund von Hauskirchenbesuchen oder anderweitiger christlicher Praxis im Iran gesucht. Weder im Iran noch In Österreich fand eine derartige Hinwendung der BF1 zum Christentum statt, dass sie eine innere Wandlung zum Christentum vollzogen und auch unter geänderten Rahmenbedingungen wie einer Rückkehr in den Iran das Bedürfnis hätte, innerlich und äußerlich als Christin zu leben.
[...] Die BF1 reiste gemeinsam mit ihren beiden Kindern am 25.02.2019 unter Verwendung gefälschter Visa mit dem Flugzeug von Teheran nach Wien. Seit der Ankunft am Flughafen Wien-Schwechat befinden sich die BF in der Sondertransitzone des Flughafens."
Beweiswürdigend hielt das Bundesverwaltungsgericht fest [BF1 = die Mutter der Beschwerdeführerin; BF2 = der Bruder der Beschwerdeführerin; BFA = Bundesamt; BVwG = Bundesverwaltungsgericht; LIB = Länderinformationsblatt des Bundesamtes]:
"Die Länderfeststellungen folgen dem LIB der Staatendokumentation Iran in der (aktuellen) Fassung von Juni 2018, basierend auf den dort genannten Quellen.
Das BFA hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die daraus gewonnenen Ergebnisse werden der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt, zumal sich aus der Beschwerde keine begründeten Bedenken gegen die Beweiswürdigung des BFA ergaben noch die erstinstanzlich vorgebrachten Ausreisegründe in substantiierter Weise ergänzt wurden. Die Beweisrüge erschöpft sich in einem Verweis auf die Glaubwürdigkeit der Aussagen der BF1.
Die Feststellungen zur Person der BF1, ihrer Lebensbiographie und ihrem Gesundheitszustand sowie die Feststellungen zur Person des BF2, dem Familienverhältnis und dem gemeinsamen Familienleben ergeben sich aus den diesbezüglich nachvollziehbaren Angaben der BF1 vor dem BFA. Damit übereinstimmend erweisen sich auch die Aussagen der Tochter der BF1 vor dem BFA im Verfahren zu GZ. W274 2216100-1. Die Feststellungen zur Einreise und dem bisherigen Aufenthalt der BF in der Sondertransitzone des Flughafens Wien-Schwechat ergeben sich aus den im Akt befindlichen Unterlagen.
Ihre Fluchtgründe betreffend behauptete die BF1 einerseits, sie habe im Iran an einem hauskirchlichen Treffen teilgenommen, welches aufgedeckt worden sei, mehrere Teilnehmer, darunter auch ein Freund ihres Ehemannes, seien dabei festgenommen worden. Die BF1 habe Angst, dass dieser Freund sie und ihren Ehemann verraten würde. Die mangelnde Glaubhaftigkeit dieser Fluchtgeschichte liegt bereits darin begründet, dass nicht nachvollziehbar ist, aus welchem Grund die BF1 an diesem Treffen der Hauskirche teilnehmen hätte sollen. Sie gab dazu zwar an, ihr Ehemann selbst sei von einem Freund überredet worden, an einem Treffen teilzunehmen, und habe dann nach etwa drei bis vier Treffen auch die BF1 zu einer Teilnahme überredet, indem er ihr von seinen Erlebnissen erzählt habe. Dem Ersuchen, die Erzählungen des Ehemannes näher darzulegen, konnte die BF1 jedoch nicht nachkommen. Vielmehr führte sie im Widerspruch dazu aus, dass ihr Ehemann nicht viel erzählt habe, sondern nur gesagt habe, dass es ihm gefalle [...]. Nicht nachvollziehbar ist daher, wie es ihrem Ehemann mit dieser ‚Erzählung' gelungen sein soll, die BF1 zu einem (durchaus nicht ungefährlichen) Hauskirchenbesuch zu überreden. Auch die näheren Schilderungen zu den Umständen des Hauskirchenbesuches erweisen sich, wie bereits das BFA aufzeigte, als vage und nicht nachvollziehbar. So gab die BF1 an, bereits nach fünf Minuten dieses Besuches gewusst zu haben, dass sie Christin sein möchte [...], obwohl sie angeblich nicht verstanden habe, was der Pastor bzw Leiter der Hauskirche vorgelesen habe [...]. Die Angabe der BF1, bei dem Hauskirchentreffen seien etwa 80 Personen anwesend gewesen, steht in Widerspruch zu den Länderberichten, wonach sich Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen organisieren. Die Schilderungen der BF1 zur ‚Stürmung' der Hauskirche erweisen sich als oberflächlich und widersprüchlich. Zum einen erscheint es nicht nachvollziehbar, wie es möglich gewesen sein soll, dass die BF1 bei ihrer Flucht, bei der sie auf ein Möbelstück gestiegen und so durch ein Fenster habe fliehen können, von einem Beamten der Sepah geschlagen worden sei, während ihr Ehemann, der ihr durch das Fenster geholfen habe, unverletzt geblieben und auch nicht festgenommen worden sei [...]. Hätte es sich tatsächlich um eine derart schwere Verletzung gehandelt, dass eine Narbe sogar heute - mindestens sieben Monate nach dem Vorfall - noch sichtbar sei, kann auch dem weiteren Vorbringen, die BF1 sei unmittelbar nach dem Entkommen aus dem Gebäude noch 20 bis 30 Minuten bis zur Hauptstraße gerannt, kein Glauben geschenkt werden [...]. Selbst wenn die BF1 daher eine Verletzung am linken Bein aufweist, kann daraus ihre Anwesenheit bei einer Hauskirche nicht abgeleitet werden. Unplausibel erscheint auch die Aussage der BF1, sie habe die Festnahme des Freundes ihres Ehemannes ‚beobachtet' und dies ihrem Mann gesagt [...] - hätte die BF1 in dieser Situation doch längst selbst die Flucht antreten müssen, um sich zu retten.
Die Furcht vor den iranischen Behörden begründete die BF1 damit, dass sie Angst habe, dass der bei dem Vorfall festgenommene Freund ihres Ehemannes namens ‚Gehasem' sie verraten habe. Nachgefragt führte die BF1 aus, sie wisse nicht mehr über diesen Freund [...]. Nach den Angaben in der Beschwerde sei dieser Freund seit dem Vorfall verschwunden. Dieses Vorbringen der BF1 zum angeblichen Verrat durch den Freund ihres Mannes steht im Widerspruch zum Vorbringe der Tochter der BF1, die in der Erstbefragung angab, ‚[d]er Freund meines Vaters namens XXXX hat uns Österreich empfohlen' [...]. Darüber hinaus gab die BF1 in diesem Zusammenhang zwar an, sie und ihr Ehemann hätten aufgrund der Furcht, verraten worden zu sein, ‚ihre Gegend' nicht mehr verlassen. Wären die BF1 und ihr Ehemann durch den Vorfall aber in das Visier von Behörden oder regimefreundlichen Gruppierungen gelangt, wären sie wohl gerade ‚zuhause' gesucht worden. Selbst wenn die BF1 an einem hauskirchlichen Treffen teilnahm, so konnte sie ihren eigenen Angaben zu Folge trotzdem noch mehrere Monate lang unbehelligt in Shiraz leben [...]. Dass der konkrete Vorfall in der Hauskirche daher tatsächlich stattfand und die BF1 aus diesem Grund gesucht wurde, erscheint bei einer Gesamtbetrachtung der vorgebrachten Umstände nicht plausibel. Dies steht auch in Einklang mit dem Vorbringen, die BF1 und ihr Ehemann hätten ursprünglich nicht vorgehabt, auszureisen. Hätten die BF1 und ihr Ehemann tatsächlich Angst gehabt, von ihrem angeblich festgenommenen Freund als Christen verraten zu werden und dadurch Probleme zu bekommen, wäre eine unmittelbar auf den Hauskirchenbesuch folgende Ausreise die logische Konsequenz gewesen. Dass die BF1 aber erst im Dezember 2018 entschied, den Iran zu verlassen, weist darauf hin, dass die behauptete Angst vor einer konkreten Verfolgungshandlung nicht gegeben war. Dies bestätigte die BF1 auch selbst, indem sie im späteren Verlauf der Einvernahme angab, dass den iranischen Behörden ihre (beabsichtigte) Konversion nicht bekannt worden sei.
Andererseits behauptete die BF1, sie sei zum Christentum konvertiert und im Falle einer Rückkehr in den Iran drohe ihr und ihrem Sohn eine Festnahme, Steinigung oder sogar Hinrichtung. Im Hinblick auf die von der BF1 behauptete Konversion mangelt es der BF1 jedoch an einer Glaubenspraxis und jeglichem Wissen zum Christentum. Abgesehen von einem einzigen, nicht plausibel geschilderten Hauskirchenbesucht artikulierte die BF1 im Verfahren keinerlei Praktizierung des christlichen Glaubens. Sie konnte, wie das BFA bereits zutreffend ausführte, nicht angeben, wann bzw was sie zuletzt gebetet habe und wusste nichts über die Taufe; auch habe sie - ihren eigenen Angaben zufolge - bisher nichts zum Christentum gelesen [...]. Ihr Wissen zum Christentum beschränkt sich darauf, dass Jesus der Prophet der Christen sei. Auch die von der BF1 angeführten Konversionsmotive ([...]‚Wegen meinen Ehemann und weil mir der Islam auch nicht gefällt') überzeugen nicht. Die bewusste Entscheidung, ‚Christin zu sein', setzt jedenfalls ein Basiswissen zur christlichen Religion voraus, aber auch eine darüberhinausgehende Auseinandersetzung mit der Glaubenslehre und einen positiven Einfluss des Christentums auf die eigene Person. All diese Elemente konnte die BF1 nicht glaubhaft darlegen.
Aus den Länderfeststellungen ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass den BF alleine aufgrund ihrer Asylantragstellung in Österreich eine asylrelevante Verfolgung drohe. Diesen ist vielmehr explizit zu entnehmen, dass allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen auslöst. Ein substantiiertes Vorbringen, weshalb den BF aus diesem oder anderen Gründen im Falle einer Rückkehr in den Iran dennoch Verfolgung drohe, wurde in der Beschwerde nicht erstattet.
Die persönliche Glaubwürdigkeit der BF1 wird auch dadurch, dass sie eine Einreise mit mit gefälschten Reisedokumenten, die sie im Iran von einem Schlepper besorgte, zumindest in Kauf genommen hat, erheblich beeinträchtigt.
Für das Gericht war es daher - wie für das BFA - nicht glaubhaft, dass die BF1 im Iran aufgrund einer Teilnahme an einem hauskirchlichen Treffen bzw aufgrund sonstiger christlicher Praxis Verfolgungshandlungen oder Ermittlungsschritten der iranischen Behörden oder regimefreundlicher Gruppierungen ausgesetzt war oder im Falle einer Rückkehr sein wird. Wie für das BFA ergaben sich aus einer Gesamtschau des Vorbringens der BF1 auch für das BVwG keinerlei Anhaltspunkte, dass diese innerlich vom Christentum durchdrungen ist und der christliche Glaube für ihren Lebenswandel von wesentlicher Bedeutung ist. Die BF1 war im gesamten Verfahren nicht imstande, eine im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende, konkret gegen die Person des BF1 gerichtete (asylrelevante) Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen. Im Verfahren sind auch sonst keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung im Herkunftsstaat für wahrscheinlich erscheinen lassen hätten.
[...] Damit übereinstimmend kam auch das UNHCR, welches bei der Einvernahme ebenfalls vertreten war, zu dem Schluss, dass das Vorbringen der BF1 zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz offensichtlich unbegründet sei."
2.1.1.1.1. Am 4.4.2019 stellte die Beschwerdeführerin einen weiteren Asylantrag, ebenso ihre Mutter und ihr minderjähriger Bruder. (Die Verfahren über die Asylanträge der Mutter und des Bruders wurden beim Bundesamt zu den Zahlen 1220859902/190352430 und 1220857701/190347444 und werden beim Bundesverwaltungsgericht zu den Zahlen W199 2216097-2 und W199 2216098-2 geführt.) Bei ihrer Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizeiinspektion Schwechat Fremdenpolizei) am selben Tag gab sie an, es gölten die alten Asylgründe. Weiters habe sie von ihrer Mutter erfahren, dass der iranische Geheimdienst in der Wohnung ihrer Familie ("bei uns zu Hause") gewesen sei und dass ihr Vater jetzt auch auf der Flucht sei. Auf die Frage, seit wann ihr die Änderungen der Situation bzw. ihrer Fluchtgründe bekannt seien, gab sie an, "[d]as mit dem Geheimdienst" sei ihr seit etwa zwei Wochen bekannt.
2.1.1.1.2. Bei ihrer Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizeiinspektion Schwechat Fremdenpolizei) am 5.4.2019 gab die Mutter der Beschwerdeführerin an, ihr Leben sei im Iran in Gefahr; sie würde dort umgebracht, weil sie konvertiert sei. Auch ihr Mann, der Vater der Beschwerdeführerin, sei auf der Flucht. Der iranische Geheimdienst habe ihre Wohnung gestürmt und alles durchwühlt, deshalb sei ihr Mann geflüchtet. Er rufe sie seit etwa einem Monat nicht mehr an und sie könne ihn auch nicht erreichen. Weitere Fluchtgründe habe sie nicht. Bei einer Rückkehr in ihre Heimat würde sie entweder aufgehängt oder gesteinigt. Auf die Frage, seit wann ihr die Änderungen der Situation bzw. ihrer Fluchtgründe bekannt seien, gab sie an, "[u]m genau zu sein", drei Tage, nachdem sie in Österreich angekommen sei.
2.1.1.1.3. Bei seiner Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizeiinspektion Schwechat Fremdenpolizei) am 4.4.2019 gab der Bruder der Beschwerdeführerin an, es gölten die alten Asylgründe. Weiters habe er von seiner Mutter erfahren, dass der iranische Geheimdienst in der Wohnung seiner Familie ("bei uns zu Hause") gewesen sei und dass sein Vater jetzt auch auf der Flucht sei. Auf die Frage, seit wann ihm die Änderungen der Situation bzw. seiner Fluchtgründe bekannt seien, gab er an, "[d]as mit dem Geheimdienst" sei ihm seit etwa zwei bis drei Wochen bekannt.
2.1.1.2.1. Bei ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt (Erstaufnahmestelle Ost in Traiskirchen) am 26.4.2019 gab die Beschwerdeführerin an, sie habe ihren Vater das letzte Mal vor sieben Monaten gesehen und seither auch keinen telefonischen Kontakt gehabt. Sie wisse auch nicht, wo er sich aufhalte. Er habe ihrer Mutter vor sieben Monaten am Telefon gesagt, sie sollten von zu Hause weggehen. Die Beschwerdeführerin verneinte sodann die Fragen, ob sie im Iran jemals in Haft gewesen oder strafrechtlich verurteilt worden sei und ob sie in ihrer Heimat Probleme mit der Polizei, Militär oder den Behörden gehabt habe. Zu Integrationsschritten befragt, gab sie an, außer der Kirche gebe es nichts. In der Kirche werde über den Glauben und das Christentum gesprochen, darüber habe sie gelernt. Am letzten Sonntag (das war, wie das Bundesverwaltungsgericht anmerkt, der 21.4.2019) seien sie ("wir"; gemeint sind außer der Beschwerdeführerin offenbar ihre Mutter und ihr Bruder) getauft worden. Im Iran habe sie keinen Zugang zum Christentum gehabt und wenig darüber gewusst. Mit dem Christentum habe sie sich erst in Österreich beschäftigt. Das Interesse sei durch das Lesen des heiligen Buches und durch den Besuch der Kirche geweckt worden. Auf die Frage, was ihr so gefallen habe, dass sie sich habe taufen lassen, erzählte die Beschwerdeführerin, seit zwei Wochen lese sie jeden Abend die Bibel und nehme an jedem Gottesdienst teil, um mehr zu erfahren. Sie habe die Kirche vierbis fünfmal besucht und sei vielleicht auch ein paarmal bei "Oasis" gewesen. Sie habe sich bewusst für diese Glaubensrichtung entschieden. Über die katholische Kirche habe sie einige Informationen über das Internet bekommen. Den Ausschlag für den protestantischen Glauben habe gegeben, dass es "einfacher und unkomplizierter ist als bei den Katholiken". Auf die Frage, was einfacher sei, antwortete die Beschwerdeführerin: "Das, weil Jesus sagt, Liebe deinen Nächsten." Auf den Vorhalt, das gelte auch im katholischen Glauben, und die Frage, wo der Unterschied liege, antwortete die Beschwerdeführerin, bei den Protestanten könne ein Pfarrer heiraten, bei den Katholiken nicht. Sie sei Muslimin gewesen, habe aber vor etwa zwei Jahren gesehen, dass im Islam viel gelogen werde. Damals habe sie nicht daran gedacht, den Glauben zu wechseln, weil sie sich mit den anderen Religionen nicht ausgekannt habe. Dass ihr Vater im Iran eine Kirche besucht habe, habe sie erfahren, als sie hier (in Österreich) angekommen sei. Auf den Vorhalt, ihre Mutter habe angegeben, dass sie schon im Iran mit ihr über das Christentum gesprochen habe, gab die Beschwerdeführerin an, sie hätten darüber erst gesprochen, als sie hier angekommen seien. Sie habe aber gemerkt, dass ihre Eltern über das Christentum gesprochen hätten und dass es Material über das Christentum gegeben habe. Auf die Frage, welchen Grund ihre Mutter dafür genannt habe, dass der Vater die letzten Monate nicht mehr bei ihr gewohnt habe, gab die Beschwerdeführerin an, sie habe ihr gesagt, dass ihr Vater etwas zu tun habe. Ihre Fluchtgründe, die sich nicht geändert hätten, lägen darin, dass sie den Glauben gewechselt habe und bei einer Rückkehr in den Iran zum Tode verurteilt würde. Seit die Entscheidung im Vorverfahren ergangen sei, habe sich die Situation insofern geändert, als sie getauft worden sei und als ihre Wohnung durchsucht und Gegenstände entwendet worden seien. Davon wisse sie von ihrer Mutter, die mit ihrem Bruder darüber telefoniert habe. Die Beschwerdeführerin räumte ein, dass sie sich erst kurze Zeit mit dem Christentum beschäftige, sie versuche aber, sich über "Oasis" Informationen zu holen. Es gebe genügend Punkte, warum ihr das Christentum besser als der Islam gefalle: dass Jesus Sohn Gottes sei, dass er Gott sei, dass er zur Erde geschickt worden sei und den Menschen den richtigen Weg zeige und dass er nach drei Tagen wieder auferstanden sei. Getauft worden sei er von "Jakub". Die Beschwerdeführerin legte eine Bibel vor, die sie vor etwa drei Wochen bekommen habe, als sie erstmals zur Kirche gegangen sei. Die Taufe sei für sie sehr wichtig, weil sie dadurch von ihren alten Sünden gereinigt werde und einen Weg zum neuen Glauben finde und sich dazu bekenne. Wie Jesus sich geopfert habe, wolle auch sie sich opfern, damit ihr ihre Sünden verziehen würden. Auf die Frage, ob ihr bewusst sei, dass die Taufe "eine sehr heilige Handlung" sei und einer speziellen Vorbereitung bedürfe, antwortete die Beschwerdeführerin, im Vers 28 (gemeint vermutlich Mt 28, 19 - 20) sage Jesus: "Geht und lehrt die Menschen und tauft sie." Auf die Frage nach einer speziellen Vorbereitung erklärte die Beschwerdeführerin, in diesen zwei bis drei Wochen sei sie auf die Taufe vorbereitet worden, indem über die Taufe als Wiedergeburt und Reinigung gesprochen worden sei. Ihren neuen Asylantrag stelle sie, weil sie nicht in den Iran zurückkehren, sondern in einem Land wie hier in Gesetz und Freiheit leben wolle. Sie wolle ihren neuen Glauben leben und missionieren. Im Falle einer Rückkehr würde sie wegen der Konversion zum Tode verurteilt, weiters auch deshalb, weil sie missionieren und ihren Glauben weitergeben möchte. Missionieren wolle sie, indem sie jemanden frage, ob er etwas über das Christentum wisse, dann über die Bibel rede und erzähle, was Jesus für die Menschheit getan und dass er sich für sie geopfert habe.
Im Akt findet sich die Kopie eines "Taufzertifikats". Da die Mutter der Beschwerdeführerin drei solche Taufurkunden vorgelegt hat, von denen es im Akt, der das Verfahren der Mutter betrifft, heißt, sie würden in Kopie zum Akt genommen, ist davon auszugehen, dass die hier erwähnte Taufurkunde von der Mutter der Beschwerdeführerin vorgelegt worden ist.
Mit dem "Taufzertifikat" wird bestätigt, dass eine Person mit dem Namen und Geburtsdatum der Beschwerdeführerin am 21.4.2019 "dem Reich Gottes durch die Taufe [...] hinzugefügt wurde". Das Zertifikat trägt die Unterschrift eines "Zeugen" und den Stempelaufdruck "Verein für Mission und Asylantenintegration der Gemeinde Christi" sowie eine Adresse im zwölften Wiener Gemeindebezirk und eine Telefonnummer (offenbar eine Mobiltelefonnummer). Beigefügt ist dem ein mit 23.11.2018 datiertes (vermutlich vorgedrucktes) Schreiben, das mit "Werte Richter und Justizbeauftragte" überschrieben und mit dem Betreff "Warum die Taufe unmittelbar und ohne monatelange Kurse erfolgen kann" bezeichnet ist. Darin wird ausgeführt, dass "die Geburt ins Christentum" (anders als beim Judentum) nicht am Kind, sondern am Erwachsenen vollzogen werde, der verstehe, was er tue. Dies sei auch von Jesus so gedacht (Hinweis auf Hebr 8, 6 - 12, Mk 16, 15 - 16, und Mt 28, 18 - 20). Ein Ungläubiger könne im Laufe eines Tages durch die Verkündigung des Evangeliums zum Glauben an Jesus gelangen (Hinweis auf Apg 2, 32 bis 47, und 8, 26 bis 39). Das erste Beispiel (Apg 2, 32 bis 47) zeige die Entstehung der ersten Gemeinde. Eine Predigt habe gereicht. Danach habe Gott täglich weitere Personen geschickt, die bereit [gewesen] seien, Gottes Geschenk der Sündenvergebung durch Christus in der Taufe anzunehmen. Genau das geschehe auch heute mit den "Asylanten", die Christus suchten. Es werde zugegeben, dass einige "falsch" seien. Wie die Angesprochenen ("Sie", also die "Richter und Justizbeauftragten") seien auch die Verfasser des Schreibens ("wir") "an der Ernsthaftigkeit des zu Taufenden interessiert, und führen mit jedem einzelnen ein Gespräch und hinterfragen seine Entscheidung, Christ werden zu wollen". Denn sollte jemand nicht verstehen, was er tue, dann sei die Taufe ohne Bedeutung. Dasselbe gelte für jemanden, der nicht Buße tue, um Christus zu folgen. Das zweite Beispiel (Apg 8, 26 bis 39; es geht um den "Finanzminister aus Äthiopien") zeige, dass Belehrung sehr wohl notwendig sei. Doch es werde nicht die Kirchendoktrin noch die Zehn Gebote gelehrt, sondern das Evangelium, wer Jesus sei und was er für uns getan habe. All die Gebote würden nach der Taufe schrittweise unterrichtet. Das Schreiben vergleicht die Situation mit jener eines Patienten "mitten in einem Herzinfarkt", der sich vom Arzt nicht einen Dreimonatskurs über gesundes Leben erwarte. Erst werde das Leben des Patienten gerettet und dann werde er vom Arzt unterrichtet, wie er sein Leben anpassen müsse. Die gleiche Vorgangsweise sei "eins zu eins auf das Christentum übertragbar". Das Anliegen des Verfassers des Schreibens sei es, dass die "Befragung" (gemeint vermutlich: im Asylverfahren) mehr auf das Evangelium und weniger auf die Kirchendoktrin ausgelegt werden sollte, denn der Umfang des Bibelwissens habe "keinerlei Aussagekraft über die Ernsthaftigkeit eines frisch geborenen Christen". Zum Schluss finden sich wieder der Name des genannten Vereins, die entsprechende Stampiglie und eine Unterschrift.
2.1.1.2.2. Bei ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt (Erstaufnahmestelle Ost) am 26.4.2019 bejahte die Mutter der Beschwerdeführerin die Frage, ob sie bis jetzt im Verfahren die Wahrheit gesagt habe, merkte aber an, sie habe nicht alles genau sagen können, da sie gestresst gewesen sei. Bei dem Ereignis vor etwa acht Monaten seien nicht 80, sondern acht Personen anwesend gewesen. Zwei bis drei Personen hätten flüchten können, nicht aber zwei oder drei Viertel. Sie habe den Fehler gemerkt, als ihr die Niederschrift am Tag vor der Einvernahme bei der Rechtsberatung vorgelesen worden sei. Bei der Rückübersetzung seinerzeit (am 4.3.2019) sei ihr es psychisch nicht gut gegangen und sie habe nicht aufgepasst. Zu ihren Familienangehörigen gab die Mutter der Beschwerdeführerin an, von ihrem Mann wisse sie seit einem Jahr nicht, wo er sich aufhalte. Ihre Mutter, zwei Brüder und eine Schwester lebten im Iran, ihr Vater sei verstorben. Sie habe Kontakt zu einem Bruder, damit sie ihren Ehemann finden könne. Zu ihrem anderen Bruder, ihrer Schwester und ihrer Mutter habe sie wegen der Konversion keinen Kontakt. Von der Konversion hätten ihre Angehörigen am 23.11.1397 (12.2.2019) erfahren, als sie noch im Iran gewesen sei. Den letzten Kontakt zu ihrem Ehemann habe sie am 16.12.1397 (7.3.2019) gehabt. Auf den Vorhalt, sie habe zuvor gesagt, dass sie seit einem Jahr nicht wisse, wo er sei, gab sie an, sie hätten telefoniert, aber sie wisse seit sieben oder acht Monaten nicht, wo er sei. Sie habe ihn am 7.3.2019 zwar beim Telefonat danach gefragt, er habe es ihr aber nicht sagen können, da sie nur zwei Worte gewechselt hätten. Sein Mobiltelefon sei abgeschaltet gewesen, er habe mit einem anderen telefoniert. Er habe gesagt, er befinde sich an einem Ort, an dem er nicht mehr reden könne, und habe ihr erzählt, dass die Polizei zu Hause gewesen sei und die Wohnung durchsucht habe; das habe ihm der "Hausmann" erzählt. Die Mutter der Beschwerdeführerin gab weiters an, sie hätten seit etwa drei Jahren dort in Shiraz gelebt. Zehn bis fünfzehn Tage vor der Ausreise sei sie versteckt gewesen, "außerhalb der Stadt Zarqan" bei ihrem Schwager. Sie habe in Shiraz mit ihren Kindern etwa acht bis neun Monate ohne ihren Mann gelebt und sei von ihrem Bruder versorgt worden. Zuletzt habe sie ihren Mann gesehen, als sie sich in der Kirche versammelt hätten. Sie sei nur einmal dort gewesen, ihr Mann zwei- bis dreimal. Als sie die Kirche betreten habe, habe ein Prediger auf Persisch ein Gebet verlesen. (Im ersten Verfahren hatte die Mutter der Beschwerdeführerin noch angegeben, sie habe die Sprache, die der Pastor oder Leiter gesprochen habe, nicht verstanden.) Er habe über Jesus und seine Biographie lesen wollen, in diesem Moment seien Beamte gekommen. Sie, ihr Ehemann und weitere zwei bis drei Personen hätten durch das Fenster fliehen können. Sie seien zehn bis zwanzig Minuten gelaufen und hätten dann zwei Taxis genommen. In der Nähe der Wohnung sei sie ausgestiegen, ihr Mann sei woanders hingegangen, habe aber nicht gesagt, wohin, wahrscheinlich, damit sie ihn bei einer Folterung nicht verraten könne. Einer aus der Gemeinschaft sei festgenommen worden und habe sie verraten, das habe ihr Mann von jemandem erfahren, der auch habe flüchten können. Sie seien dann über WhatsApp in Kontakt gestanden. Ihr Mann habe gemeint, es sei besser, wenn sie nicht wisse, wo er sei. Auf die Frage, ob dann jemals jemand bei ihr zu Hause gewesen sei, gab die Mutter der Beschwerdeführerin an, man habe die Adresse gekannt, es sei aber niemand gekommen. Dafür habe sie keine Erklärung. Sie verneinte sodann die Fragen, ob sie im Iran jemals in Haft gewesen oder strafrechtlich verurteilt worden sei, ob sie in ihrer Heimat Probleme mit der Polizei, Militär oder den Behörden gehabt habe, ob sie im Bereich der Europäischen Union Verwandte habe und ob sie außer ihren beiden mitgereisten Kindern Eltern oder Kinder habe, die sich in Österreich aufhielten. Zu Integrationsschritten befragt, gab sie an, sie hätten im Lager "die Gebräuche und die Kultur" gelernt. Ihr Sohn habe die Fahrradregeln gelernt und gehe zur Schule. Sie besuchten alle die Kirche in Traiskirchen. Dort lernten sie die Bibel auf Persisch, gingen zur "Oasis" und schauten Filme. Die Mutter der Beschwerdeführerin legte drei Taufurkunden im Original vor, die in Kopie zum Akt genommen wurden. Sie sei am 21.4.2019 in Wien getauft worden und bekenne sich zur protestantischen Glaubensgemeinschaft, und zwar, wie sie auf eine Frage erklärte, weil man im Iran nur Zugang zur protestantischen Kirche habe und alle nur zu ihr konvertierten. Sie wisse, dass es auch Katholiken und Orthodoxe gebe. Es treffe zu, dass sie im Iran nur einmal die Kirche besucht habe, und zwar für etwa zehn Minuten. Ihr Mann sei öfter zur Kirche gegangen und habe über die Kirche erzählt. Er habe auf seinem Laptop einen Film über Jesus gehabt; nach der Hausdurchsuchung habe die Polizei den Laptop mitgenommen. Das wisse sie, weil ihr Bruder nachschauen gegangen sei und den Laptop nicht gefunden habe. Auf die Frage, ob sie im Iran mit den Kindern über den christlichen Glauben gesprochen habe, gab die Mutter der Beschwerdeführerin an, mit der Beschwerdeführerin wenig und mit ihrem Sohn gar nicht. Die Taufe bedeute für sie, dass sie von alten Sünden gereinigt und neu geboren werde. Sie bereite sich auf den neuen Glauben und das Christentum vor. Ihr Interesse am Christentum sei dadurch geweckt worden, dass sich ihr Ehemann, der "nicht so korrekt" gewesen sei, "komplett geändert" habe, nachdem er die Kirche besucht habe. Auf die Taufe habe sie sich drei Wochen lang vorbereitet. Auf die Frage, wie sie das getan habe, gab die Mutter der Beschwerdeführerin an, sie habe von ganzem Herzen an das Christentum geglaubt und "einen innerlichen Eid gesprochen". Im Heiligen Buch stehe, dass man zuerst einen Eid spreche, dann erfolge die Taufe und danach könne man sich informieren. Eigentlich, sei ihr gesagt worden, sei das symbolisch, man müsse innerlich glauben. Jetzt informiere sie sich über das Christentum, indem sie die Bibel lese und sich über das Internet informiere. Sie lese jeden Tag eine halbe bis drei Stunden in der Bibel. Am Tag vor der Einvernahme habe sie gelesen, wie Jesus gekreuzigt worden und wiederauferstanden sei. An den Inhalt der letzten Predigt könne sie sich nicht genau erinnern, "er" habe sich bei Jesus dafür bedankt, dass sie wieder zusammengekommen seien und die Sünden gereinigt seien, und er habe gebeten, dass sie mit ihren Feinden Frieden schlössen, da ihr Glaube ein friedlicher sei. Im Gegensatz zum Islam werde im Christentum nicht gelogen; im Islam sei alles Lüge, Verrat und Straftaten. Im Christentum liebe man den Feind und verzeihe, im Islam gebe es nur Rache. Sie beteilige sich am Pfarrleben, indem sie lerne, Brot esse und Wein trinke. Dabei werde sie durch Herrn Amir begleitet, er sei seit ein paar Jahren in Österreich und lade sie ein. Am 21.4.2019 seien sie nach Wien gegangen, man habe gesagt, dass sie sich vor dem Beitritt zum Glauben taufen lassen könnten und bei der Dreifaltigkeit den Eid sprechen müssten. Darauf hätten sie den Eid gesprochen, ein dunkelgraues Kleid bekommen und seien getauft worden. Danach habe sie einen inneren Frieden empfunden. Auf die Frage, ob sie davor mit einem Pfarrer gesprochen und er mit ihr ein Glaubensgespräch vor der Taufe geführt habe, gab die Mutter der Beschwerdeführerin an, der Pfarrer komme immer am Sonntag und am Dienstag nach Traiskirchen, er habe hier ein Gespräch geführt. - Ihre alten Fluchtgründe seien noch aufrecht. Ihre Ängste und Sorgen seien stärker geworden; sobald sie auf dem Flughafen (gemeint: im Iran) lande, würde sie zum Tode verurteilt, es gehe immer noch um ihren Glauben. Auf die Frage, welchen neuen Fluchtgrund sie angeben könne, gab die Mutter der Beschwerdeführerin an, da sie sonst abgeschoben werde, habe sie angegeben, dass ihr Leben in Gefahr sei. Wäre es nicht in Gefahr, hätte sie keinen zweiten Asylantrag gestellt. Im Falle ihrer Rückkehr fürchte sie, gehängt zu werden. Auf die Frage, ob sie die aktuellen Länderfeststellungen zum Iran ausgefolgt erhalten wolle, erklärte die Mutter der Beschwerdeführerin, Jesus sage, dass man missionieren solle, wie könne sie zurückkehren, wenn sie kein Heiliges Buch besitzen und die Kirche nicht besuchen dürfe. Auf die Frage, was "missionieren" für sie bedeute, meinte sie, das bedeute, jemand anderen über den Glauben zu informieren, dass er das Heilige Buch lesen und die Kirche besuchen solle.
2.1.1.2.3. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt (Erstaufnahmestelle Ost) am 26.4.2019 gab der Bruder der Beschwerdeführerin an, ihm seien die Fluchgründe bekannt, die im ersten Asylverfahren für ihn geltend gemacht worden seien. Er habe hier erfahren, dass seine Eltern zur Kirche gegangen und zum Christentum konvertiert seien. Seine alten Gründe seien noch aufrecht. Auf die Frage, ob sich seit der rechtskräftigen Entscheidung im Vorverfahren in seinem Leben etwas Wesentliches geändert habe, antwortete der Bruder der Beschwerdeführerin, er gehe seither häufig zur Kirche und zu "Oasis", er werde dort unterrichtet, es sei wie in einer Lernstunde. Es gefalle ihm, dass das Christentum ein friedlicher und lieber Glaube sei. Er gehe dorthin, um etwas über das Christentum zu lernen. Auf die Frage, was die Taufe für ihn bedeute, erklärte der Bruder der Beschwerdeführerin, das sei im Christentum so üblich; wenn man konvertieren möchte, müsse man zuerst getauft werden, damit die Sünden (weg-)gewaschen würden, dann sei man Christ. Über die Bedeutung der Taufe sei er informiert worden; ein- bis zweimal wöchentlich sei ihm etwas vorgelesen worden, nach der dritten Woche sei er getauft worden. Das Christentum habe er erst in Österreich kennengelernt. Im Iran habe er nicht regelmäßig gebetet, sei auch nicht in die Moschee gegangen und habe nicht an religiösen Feiertagen teilgenommen. Auf die Frage nach seinem plötzlichen Interesse an Religion antwortete der Bruder der Beschwerdeführerin, weil er hier sei und es aus ganzem Herzen gewollt habe. Es sei hier alles freiwillig. Eine Rückkehr in den Iran sei gefährlich; auf den Religionswechsel stehe dort die Todesstrafe. Die Person aus der Bibel, die ihn am meisten beeindrucke, sei Jesus Christus. Für den Protestantismus habe er sich entschieden, weil die häuslichen Kirchen (im Iran) alle protestantisch seien.
2.1.1.2.4. Auch in den Akten der Mutter und des Bruders der Beschwerdeführerin finden sich je ein Taufzertifikat und das oben wiedergegebene Schreiben.
2.1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt diesen - zweiten - Asylantrag hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Gemäß § 57 Asy