TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/2 96/01/1258

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Veröffentlicht am 02.06.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs3 idF 1995/471;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des K in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Günter Harrich, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Clementinengasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 9. Oktober 1996, Zl. UVS-02/11/00110/96, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt II.) des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde den "nicht näher titulierten Schriftsatz, gegen Bundespolizeidirektion Wien, 1010 Wien (als belangte Behörde), unrechtmäßiger Ausübung der unmittelbaren Befehls- u. Zwangsgew. 23.8.96" als unzulässig mit folgender Begründung zurück:

"Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

Gemäß § 67c Abs. 2 AVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1.

die Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes,

2.

soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ den angefochtenen Verwaltungsakt gesetzt hat und welcher Behörde er zuzurechnen ist (belangte Behörde),

3.

den Sachverhalt,

4.

die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

5.

das Begehren, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären,

6.

die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Der vorliegende Schriftsatz genügt diesem Erfordernis nicht.

Der im Anhang an den zu Punkt I.) zitierten Antrag angeschlossene vierseitige Schriftsatz (Seiten 5 bis 8) setzt sich auf Seite 5 mit den persönlichen Verhältnissen des Antragstellers auseinander. Auf Seite 6 dieses Schriftsatzes vermengt der Einschreiter sein Vorbringen gegen die Sicherheitswache, Jugendamt, Sozialreferat, Magistratsabteilung 11, "AJF, 10. Bez.", Zentrale der Magistratsabteilung 11; auf Seite 7 hinsichtlich der Magistratsabteilung 12/Referat Erwachsenensozialarbeit, Jugendamt, abermals Sicherheitswachebeamte (Alarmabteilung) und schließlich auf Seite 8 gegen Polizei und Jugendamt unter Nennung von 30 Zeugen in der näheren Umgebung seiner Wohnadresse.

Daraus ist für die erkennende Behörde nicht einmal ansatzweise zu entnehmen, gegen welche - im Sinne des zu I.) getätigten Antrages - "unrechtmäßige Ausübung der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt der Bundespolizeidirektion Wien" der Einschreiter eine Beschwerde einbringen möchte, gegen welche Behörde er überhaupt die Beschwerde richtet, es ermangelt ein einem näher zu spezifizierenden Beschwerdeinhalt zuordbarer Sachverhalt als auch überhaupt ein Begehren, welchen Verwaltungsakt aus dieser Vielfalt der vorliegenden Schilderungen er überhaupt für rechtswidrig erklärt haben möchte bzw. Gründe für die Behauptung des Vorbringens der Rechtswidrigkeit.

Der vorliegende (Beschwerde)-Schriftsatz erweist sich aus den genannten Gründen als unzulässig."

Gegen diesen Spruchpunkt des Bescheides vom 9. Oktober 1996 richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Es kann im gegenständlichen Fall dahinstehen, ob die von der belangten Behörde angenommenen Mängel überhaupt gegeben sind. Denn sie verkennt, daß mit der Nov. BGBl. Nr. 471/1995 der neue Abs. 3 in § 67c AVG eingefügt wurde. Dieser lautet:

"Beschwerden, die nicht den Anforderungen des Abs. 2 entsprechen, sind zur Behebung der Mängel unter Anberaumung einer kurzen Frist zurückzustellen; die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung."

Nach den Erläuterungen zur RV (130 BlgNR 19. GP) wurde Abs. 3 geschaffen, um bei Fehlen eines der in Abs. 2 enthaltenen inhaltlichen Erfordernisse einer Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt auch die Möglichkeit eines Verbesserungsauftrages zu schaffen, wie dies auch in dem für die Maßnahmebeschwerden früher im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anwendbaren § 34 Abs. 2 VwGG vorgesehen ist.

Indem die belangte Behörde dies verkannte und die Beschwerde ohne Zurückstellung zur Mängelbehebung sofort zurückwies - wobei sie trotz des eindeutigen Gesetzeswortlautes auch noch in ihrer Gegenschrift auf ihrer unrichtigen Rechtsansicht beharrt -, erweist sich der angefochtene Bescheid mit einem sekundären Verfahrensmangel belastet, weshalb er wegen der prävalierenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996011258.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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