TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/2 97/01/0730

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Veröffentlicht am 02.06.1998
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/03 Personenstandsrecht;

Norm

ABGB §154 Abs2;
ABGB §178 Abs1;
AVG §8;
NÄG 1988 §2 Abs1 Z6 idF 1995/025;
NÄG 1988 §3 Abs1 Z6 idF 1995/025;
NÄG 1988 §8 Abs1 idF 1995/025;
NamRÄG 1995;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des D in Graz, vertreten durch Dr. Ferdinand Gross, Rechtsanwalt in 8605 Kapfenberg, Grazerstraße 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 20. Juni 1997, Zl. 5 - 2.33/58 - 96/4, betreffend Namensänderung der mitbeteiligten Partei SE in 8045 Graz, vertreten durch die Mutter E, ebendort, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 1. März 1986 geborene Mitbeteiligte entstammt der mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur vom 9. Mai 1990 geschiedenen Ehe des Beschwerdeführers mit E, welche nach der Scheidung wieder ihren Geschlechtsnamen angenommen hat. Er lebt im gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter, der die Obsorge allein zukommt.

Über Antrag der Mutter und gesetzlichen Vertreterin vom 17. Mai 1995 wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Graz vom 19. April 1996 die Änderung des Familiennamens von "A" in "E" bewilligt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. August 1996 wurde die dagegen eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers wegen mangelnder Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 30. April 1997, Zl. 96/01/0910, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil dem Beschwerdeführer die Parteistellung zu Unrecht nicht zuerkannt worden war.

Mit dem Ersatzbescheid vom 20. Juni 1997 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Sie stützte sich im wesentlichen auf § 2 Abs. 1 Z. 9 Namensänderungsgesetz (NÄG), daß ein Grund für die Änderung des Familiennamens vorliege, wenn der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten solle, der die Obsorge für ihn zukomme oder in deren Pflege er sich befinde und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist. Die beantragte Änderung des Familiennamens sei gemäß § 3 Abs. 1 Z. 6 NÄG nur dann zu versagen, wenn sie für die nichteigenberechtigte

Person a b t r ä g l i c h wäre. Im Hinblick darauf, daß der Kindesmutter die Obsorge für den Minderjährigen zukomme, könne nicht davon ausgegangen werden, daß es für das Wohl des Minderjährigen abträglich sei, wenn er den Familiennamen der Kindesmutter führe. Anläßlich seiner Anhörung habe der minderjährige Mitbeteiligte beim Magistrat Graz angegeben, daß er ohnedies einen türkischen Vornamen habe. Er wolle gerne "E" heißen, weil ihm dieser Familienname sehr gut gefalle. Es sei kein Versagungsgrund gemäß § 3 NÄG gegeben. Falls dem Beschwerdeführer durch Gerichtsbeschluß die Obsorge des Kindes übertragen werde, stehe es ihm frei, dann eine Änderung des Familiennamens seines Sohnes zu beantragen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Stellungnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. bereits in seinem Erkenntnis vom 30. April 1997, Zl. 96/01/0910, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt hat, kommt dem nicht obsorgeberechtigten ehelichen Elternteil auch nach der neuen Rechtslage nach dem Namensrechtsänderungsgesetz, BGBl. Nr. 25/1995, die in ihrem Umfang auf die Abgabe einer Äußerung eingeschränkte Parteistellung zu.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 NÄG in der anzuwendenden Fassung, BGBl. Nr. 25/1995, liegt ein Grund für die Änderung des Familiennamens vor, wenn der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist. Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 6 NÄG in dieser Fassung darf die Änderung des Familiennamens oder Vornamens nicht bewilligt werden, wenn die beantragte Änderung dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist.

Bereits zu der vor dem Namensrechtsänderungsgesetz BGBl. Nr. 25/1995 geltenden Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Herstellung der Gleichheit des Familiennamens mit der Familie, in der das Kind aufwächst (im gegenständlichen Fall hat die Mutter trotz Heirat ihren Geschlechtsnamen E beibehalten), grundsätzlich in höherem Maße dem Wohl des Kindes entspricht als die Beibehaltung des bisherigen Namens (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1990, Zl. 90/01/0121). Da durch das Namensrechtsänderungsgesetz eine erleichterte Möglichkeit der Angleichung des Familiennamens eines Minderjährigen an den des Obsorgeberechtigten geschaffen wurde, ist diese Rechtsprechung jedenfalls insofern weiter anwendbar, als die Namensänderung in Fällen, in denen sie bereits bisher zu bewilligen war, auch weiterhin möglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1997, Zl. 96/01/0008).

Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem Namensrechtsänderungsgesetz, nach der die Änderung des Familiennamens zur Herstellung der Namensgleichheit eines Minderjährigen mit der obsorgeberechtigten Person erforderte, daß das Wohl des Minderjährigen ohne diese Änderung gefährdet wäre (§ 2 Abs. 1 Z. 6 NÄG in der Fassung vor der Novellierung durch das Namensrechtsänderungsgesetz), genügt es nunmehr, daß die Änderung des Namens dem Wohl des Minderjährigen nicht abträglich ist. Mit Aussicht auf Erfolg können daher nur mehr solche Gründe gegen die beantragte Namensänderung vorgebracht werden, aus denen sich ergibt, daß die Führung des bisherigen Namens dem Wohl des Kindes besser entspricht und daher die Änderung des Namens dem Kindeswohl "abträglich" wäre. Dies entspricht dem - oben dargestellten - Umfang der Parteistellung des ehelichen, nicht obsorgeberechtigten Elternteiles.

Der Beschwerdeführer argumentierte im Verwaltungsverfahren damit, daß seine geschiedene Frau seit der Scheidung sämtliche Kontakte zwischen ihm und seinem Sohn zu unterbinden trachte. Die Kindesmutter versuche das Besuchs- und Urlaubsrecht mittels Beschluß zu unterbinden, dies sei ihr nicht gelungen. Es gebe einen Beschluß, der besage, daß die Kindesmutter bei Nichtherausgabe des Mitbeteiligten zum zugestandenen Besuchs- und Urlaubsrecht mit einer Geldstrafe seitens des Gerichtes zu bestrafen sei. Es sei in zwei psychologischen Gutachten aus 1991 und 1994 festgestellt worden, daß eine Trennung zwischen dem Vater und dem Sohn nicht dem Wohl des Kindes diene. Weiters sei der regelmäßige Kontakt zum Vater für die ordnungsgemäße Entwicklung des Mitbeteiligten unbedingt erforderlich. Vom Lehrpersonal sei versichert worden, daß es mit dem Mitbeteiligten keinerlei Probleme in schulischer bzw. psychologischer Hinsicht gebe. Der Beschwerdeführer übe sein Besuchs- und Urlaubsrecht regelmäßig aus. Nach Meinung des Beschwerdeführers sei der Mitbeteiligte stolz auf seinen Familiennamen und es würde eine Namensänderung nicht seinem Wohl entsprechen. In einer weiteren Stellungnahme brachte der Beschwerdeführer vor, daß eine Namensänderung aus "vielfachen Gründen" dem Kindeswohl abträglich sei. Die Kindesmutter habe ein langes Besuchsrechtsverfahren gegen den Kindesvater inszeniert. Sie halte sich nicht an gerichtliche Verfügungen hinsichtlich des Besuchsrechtes und habe den Kindesvater auch des sexuellen Mißbrauchs bezichtigt. Die Kindesmutter ginge Lebensgemeinschaften mit verschiedenen Männern ein, und zwar In- und Ausländern. Diese Verhältnisse seien instabil. Das Verhalten der Kindesmutter sei unverständlich. Der Mitbeteiligte sei laut Stellungnahme der Schule mit dem von ihm getragenen Familiennamen vollkommen integriert. Das Kind sei zweisprachig und habe türkische Sprachkenntnisse. Es handle sich hiebei um die Muttersprache des Vaters, der laut psychologischem Gutachten "zumindest gleichwertige Hauptperson" sei. Ein Psychologe der Kinder- und Jugendanwaltschaft wäre gegen die Namensänderung (ein Versuch der Behörde, diesen zu einer Stellungnahme zu bewegen, scheiterte). In weiteren Stellungnahmen wurde die - verfrühte - Verwendung des Familiennamens E auf einem Jahreszeugnis gerügt und dieses auf die Behauptung von "offensichtlich unrichtigen Angaben der Kindesmutter" zurückgeführt. Des weiteren wurde neuerlich auf die umfangreichen, zwischen den Kindeseltern seit deren Scheidung stattgefundenen gerichtlichen Verfahren (sowohl im Zivil- als auch im Strafrechtsbereich) hingewiesen.

Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers zeigt lediglich auf, daß es zwischen den Eltern ein "gespanntes" Verhältnis gibt, enthält jedoch keine Gründe in der Richtung, daß die Verwendung des Familiennamens der obsorgeberechtigten Mutter dem Wohl des Kindes abträglich sei. Denn der Beschwerdeführer übersieht, daß die von ihm erwähnten und dem Akt beiliegenden psychologischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. K vom 11. Oktober 1994 und des Dr. S vom 18. November 1991 zu dem Ergebnis kommen, daß der Mitbeteiligte zwar beiden Eltern sehr zugetan sei, die Mutter aber die primäre Bezugsperson sei und zu ihr eine enge Beziehung bestehe.

Zudem gab der Mitbeteiligte anläßlich einer Einvernahme am 28. März 1996 selbst an:

"Ich besuche die 4. Klasse (4a) der Pädagogischen Akademie des Bundes in der Steiermark in der Neubaugasse. Mir geht es in der Schule ausgezeichnet. Ich habe im letzten Zeugnis lauter Einser gehabt.

Ich möchte gerne "E" heißen, weil mein Vorname "S" schon ein türkischer Vorname ist und mein Familienname "A" auch ein türk. Familienname ist und ich gerne einen österreichischen Namen hätte. Der Familienname "E" gefällt mir sehr gut. Ich wurde mit meinem Familiennamen "A" in der Schule manchmal verspottet. Es kann manchmal der Maxi gewesen sein oder der Patrick.

Meine Mutter E hat im Oktober 1995 Herrn Dipl.-Ing. AW geheiratet; sie hat ihren Familiennamen "E" beibehalten. Ich habe zu meinem Stiefvater eine sehr gute Beziehung. Er sorgt sich um mich; wenn meine Mama weg ist, dann schaut er auf mich. Er ist ganz nett zu mir. Ich habe zu Weihnachten eine Uhr von ihm bekommen.

Zu meinem leiblichen Vater, A, habe ich wenig Kontakt. Er ruft mich nicht an. Wir haben ein Telefon zuhause. Ich rufe ihn auch nicht an. Ich war voriges Wochenende bei ihm in G. Ich habe bei ihm übernachtet. Am Samstag sind wir nach Slowenien Pizzaessen gefahren, mit einem Kollegen von ihm. Mein Vater ist mit der Namensänderung nicht einverstanden, weil er haben will, daß ich nach der türk. Sitte erzogen werde und einen türk. Namen trage.

Bei mir zuhause in der A-Straße habe ich viele Freunde und bei meinem Vater weniger. Ich verstehe mich nicht gut mit meinem Papa, weil er andauernd herumquatscht. Ich bin halt immer drinnen bei ihm und fast nie draußen."

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Verurteilung zur Zahlung von Schmerzensgeld in einem Zivilprozeß betreffend einen ärztlichen Kunstfehler der Mutter (Urteil des OLG Graz, GZ: 6 R 245/94, im Akt einliegend) zeigt nicht auf, daß der Name "E" mit einem dem Kindeswohl abträglichen Makel behaftet wäre.

Die Behauptung wechselnder Lebensgemeinschaften der Mutter geht schon alleine wegen der neuerlichen Eheschließung der Mutter unter Beibehaltung ihres Geschlechtsnamens, welche dem Beschwerdeführer bekanntgegeben wurde, ins Leere. Daß die Mutter wegen vom Beschwerdeführer behaupteter strafrechtlicher Verfehlungen verurteilt worden wäre, behauptet der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht.

Die wiederholten Hinweise auf die zahlreichen gerichtlichen Verfahren zwischen den Eltern nach deren Scheidung erbringen kein Argument dafür, daß der Familienname "E" dem Kindeswohl abträglich wäre.

Das Vorgehen des Beschwerdeführers zeigt im wesentlichen seine eigenen Interessen an der Beibehaltung des Familiennamens A für den Mitbeteiligten auf; dies ist jedoch im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 6 NÄG unerheblich.

Abschließend ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß dem Weiterbestehen eines guten Kontaktes zwischen dem Beschwerdeführer und dem Mitbeteiligten die Änderung des Familiennamens nicht entgegensteht und es am Beschwerdeführer selbst liegen wird, beim Kind nicht das Gefühl aufkommen zu lassen, es sei wegen des geänderten Familiennamens weniger erwünscht.

Da es dem Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde gelungen ist, Umstände aufzuzeigen, aus denen sich ergibt, daß die Namensänderung dem Wohl des Mitbeteiligten abträglich wäre, hat er auch die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel (Unterlassung der Einholung des "Pflegschaftsaktes" als auch des "diesbezüglichen Strafaktes" sowie der Beiziehung eines psychologischen Sachverständigen) nicht dargetan.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997010730.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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