Entscheidungsdatum
14.08.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I413 2162112-3/3E
I413 2191618-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von 1. XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch: MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 17.07.2019, Zl. XXXX, 2. XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch: MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 17.07.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs 1 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt III. zu lauten hat:
Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wird Ihnen nicht erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Erstbeschwerdeführerin reiste ohne Personaldokumente in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 20.08.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz, den sie mit wirtschaftlichen Motiven und Angst vor Terror begründete.
2. Mit dem Bescheid vom 26.05.2017, Zl. XXXX, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie der Erstbeschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die Erstbeschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Als Frist für die freiwillige Ausreise wurde 14 Tage festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.08.2017, GZ. XXXX, als unbegründet abgewiesen.
4. Am 25.01.2018 stellte die Erstbeschwerdeführerin einen Folgeantrag gestellt. Für ihre am XXXX geborene Tochter XXXX (Zweitbeschwerdeführerin) stellte sie am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Zu ihrem eigenen Antrag gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass die Gründe ihres ersten Asylverfahrens weiterhin aufrecht seien. Hinzu komme, dass sie zwischenzeitlich eine Tochter in Österreich bekommen hätte und in Nigeria niemanden haben würde, der sich um sie und ihre Tochter kümmerte. Es gäbe immer wieder Anschläge von Boko Haram und sie hätte Angst um sich und ihre Tochter. Für die Zweitbeschwerdeführerin gab sie an, dass diese keine eigenen Fluchtgründe hätte und die von ihr angegebenen Fluchtgründe auch für ihre Tochter gelten würden.
5. Mit den Bescheiden vom 09.03.2018, Zln. XXXX und XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie den Beschwerdeführerinnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen die Beschwerdeführerinnen eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass eine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt VII.).
6. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden vom 26.03.2018 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.04.2018, Zl. XXXX, XXXX, als unbegründet abgewiesen.
7. Am 25.06.2019 stellte die Erstbeschwerdeführerin für sich und für die Zweitbeschwerdeführerin einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, den sie wie folgt begründete: "Ich hatte früher keinen Anwalt und habe damals keine Beschwerde gegen den negativen Bescheid eingebracht. Ich habe in Nigeria niemanden. Ich habe auch keine Unterkunft dort und keine Möglichkeit mich und meine Tochter zu ernähren. Ich werde wieder mal Mutter. Es ist für eine alleinstehende Frau mit 2 Kindern unmöglich ohne Unterstützung von Angehörigen in Nigeria zu überleben. Deswegen möchte ich in Österreich leben" Im Falle der Rückkehr befürchte sie folgendes:
"Ich habe dort niemanden, der sich meiner annehmen würde. Ich würde mit meinen Kindern auf der Straße leben und verhungern." Auf die Frage, seit wann ihr die Änderungen der Situation/ihrer Fluchtgründe bekannt seien, antwortete sie: "Das kann ich nicht sagen. Seitdem ich jetzt Mutter bin, weiß ich, dass ich in Nigeria mit meinen Kleinkindern nicht überleben kann."
8. Am 08.07.2019 führte die belangte Behörde eine niederschriftliche Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin durch. In dieser Einvernahme teilte die Erstbeschwerdeführerin zusammenfassend mit, dass sie von einem nigerianischen Staatsbürger namens David - den Nachnamen könne sie nicht mitteilen, weil er zu schwierig für sie sei - geschwängert worden sei. Das Kind werde laut errechnetem Geburtstermin am 29.11.2019 zur Welt kommen. Ihr Freund sei wieder nach Italien zurückgegangen. Er unterstütze sie nicht. Sie lebe seit ihrer Einreise am 10.08.2015 durchgehend in Österreich. Befragt, warum sie einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stelle, nachdem sie bereits am 21.08.2015 und am 25.01.2018 Asylanträge gestellt habe, die beide rechtskräftig abgewiesen wurden, teilte sie mit, sie wolle in Österreich bleiben. Über die Frage, ob es neue Gründe gebe, antwortete sie: "Nein, ich möchte nur hier bleiben." Über die Frage, was sie im Fall einer Rückkehr in ihr Heimatland befürchte, antwortete sie: "Ich möchte nicht zurück, weil ich dort niemanden habe." Sie wisse es nicht, inwieweit aufenthaltsbeendende Maßnahmen in ihr Familien- und Privatleben eingreifen würden. Sie sei Christin, nicht in Österreich berufstätig und lebe von der Unterstützung von der Diakonie und der Grundversorgung. Sie sei in keinen Vereinen oder Organisationen tätig. Sie spreche ein bisschen Deutsch, habe aber nie einen Kurs besucht. Am besten spreche sie Englisch. In Nigeria habe sie niemanden. Über Frage, wo ihre Angehörigen sich in Nigeria befänden, antwortete die Erstbeschwerdeführerin, sie habe niemanden. Über den Vorhalt, dass sie in der Erstbefragung am 21.08.2015 ihre Mutter und ihren Bruder angegeben habe, teilte sie mit, dass die nur keinen Kontakt habe. Zu den Länderfeststellungen in Nigeria möchte sie nichts sagen. Auf die Frage, ob sie Gelegenheit hatte, alles vorzubringen, was ihr wichtig erscheine, teilte die Erstbeschwerdeführerin mit, dass sie alles gesagt und alles verstanden habe. Den Dolmetscher habe sie einwandfrei verstanden. Es sei alles vollständig und richtig protokolliert worden.
9. Mit Bescheid vom 17.07.2019, Zl. XXXX-EAST-Ost (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) und mit Bescheid vom 17.07.2019, Zl. XXXX-EAST-Ost (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin), wies die belangte Behörde die gleichlautenden Antrag der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz vom 25.06.2019 hinsichtlich der Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.), erteilte einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht (Spruchpunkt III.), erließ gegen die Beschwerdeführerinnen gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 FPG erließ die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerinnen ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.).
10. Gegen diese Bescheide, die den Beschwerdeführern am 22.07.2019 zugestellt worden sind, richtet sich die fristgerecht durch den MigrantInnenverein St. Marx aufgrund Vollmacht vom 21.06.2019 eingebrachte Beschwerde, mit der die Bescheide in allen Spruchteilen angefochten und unrichtige Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung vorgebracht werden. Die Beschwerdeführer stellten die Anträge, den Asylantrag der Beschwerdeführerin inhaltlich zu behandeln, der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter Flüchtlingseigenschaft zuzusprechen, allenfalls subsidiären Schutz zu gewähren, allenfalls den angefochtenen Bescheid aufzuheben und zur Ergänzung des Verfahrens an die erste Instanz zurückzuverweisen, aufschiebende Wirkung zu gewähren, einen landeskundlichen Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation in Nigeria befasst, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, allenfalls einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, allenfalls eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären, allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung unzulässig ist, das Einreiseverbot aufzuheben, allenfalls die Dauer des Einreiseverbots zu verkürzen.
11. Mit Schriftsatz vom 01.08.2019, beim Bundesverwaltungsgericht vollständig eingelangt am 07.08.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden samt Verwaltungsakten vor. Die beiden Verfahren mit den Geschäftszahlen XXXX und XXXX werden aufgrund von Annexität unter einem behandelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zunächst wird der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1. Zu den Beschwerdeführerinnen:
Die volljährige Erstbeschwerdeführerin ist ledig, Staatsangehörige von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Sie gehört der Volksgruppe der Edo an. Ihre Identität steht nicht fest.
Sie ist die Mutter der am XXXX geborenen XXXX (der Zweitbeschwerdeführerin), ein Kontakt zum Vater des Kindes besteht nicht. Die mj. Zweitbeschwerdeführerin ist eineinhalb Jahre alt und befindet sich in einem anpassungsfähigen Alter.
Die Erstbeschwerdeführerin ist schwanger. Ein Kontakt zum Vater des werdenden Kindes besteht nicht.
Die Beschwerdeführerinnen verfügten zu keinem Zeitpunkt über einen regulären österreichischen Aufenthaltstitel und waren nur während der Dauer ihrer Asylverfahren zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Weder der Erstbeschwerdeführerin noch der Zweitbeschwerdeführerin wurde zu keinem Zeitpunkt ihres Aufenthalts im Bundesgebiet eine Karte für Geduldete ausgestellt.
Die Erstbeschwerdeführerin ist gesund und arbeitsfähig. Aufgrund ihrer Volljährigkeit und dass sie gesund ist, ist die Erstbeschwerdeführerin erwerbsfähig und hat eine Chance am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen. Die Erstbeschwerdeführerin ist für die Zweitbeschwerdeführerin sorgepflichtig und ist aufgrund ihrer Erwerbsfähigkeit in der Lage, ihrer Sorgepflicht nachzukommen.
Die Familie der Erstbeschwerdeführerin bestehend (zumindest) aus der Mutter XXXX, dem Bruder XXXX und der Schwester XXXX lebt in Nigeria. In Österreich lebt sie mit ihrer am XXXX geborenen Tochter, der Zweit-beschwerdeführerin. Ansonsten verfügt die Erstbeschwerdeführerin über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Sie geht in Österreich keiner Beschäftigung nach, kommt auch ihrer Unterhaltspflicht gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin in Österreich nicht nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung und lebt mit der Zweitbeschwerdeführerin in einer Unterkunft der Diakonie (seit 02.10.2018). Die Erstbeschwerdeführerin ist nicht selbsterhaltungsfähig. Die Zweitbeschwerdeführerin bezieht ebenfalls Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Die Erstbeschwerdeführerin ist - wie die Zweitbeschwerdeführerin - in Österreich nicht vorbestraft.
Die Erstbeschwerdeführerin und die Zweitbeschwerdeführerin weisen in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführerinnen:
Die Beschwerdeführerinnen brachten in ihren gegenständlichen Folgeanträgen auf internationalen Schutz keine neu entstandenen Fluchtgründe vor.
1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria: Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerinnen sind gegenüber den in den angefochtenen Bescheiden vom 17.07.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurden Länderfeststellungen auf Basis des der Erstbeschwerdeführerin vollständig zur Kenntnis gebrachten aktuellen "Länderinformationsblatts der Staatendokumentation" zu Nigeria getroffen. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.
In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.
Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.
Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.
In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.
Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.
Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.
Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.
Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.
Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.
Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.
Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.
Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.
(Alleinstehende) Frauen: interne Relokation, Rückkehr, Menschenhandel
Es besteht kein spezielles Unterstützungsprogramm für allein zurückkehrende Frauen und Mütter. Organisationen, die Unterstützungsprogramme betreiben, konzentrieren sich haupt-sächlich auf Opfer des Menschenhandels (IOM 8.2013). Nigeria verfügt hier über eine Anzahl staatlicher und halbstaatlicher Einrichtungen, insbesondere die National Agency for the Prohibition of Trafficking in Persons (NAPTIP), die sich um die Rehabilitierung und psychologische Betreuung rückgeführter Frauen annehmen und in jeder der sechs geopolitischen Zonen Regionalbüros unterhalten. NAPTIP kann als durchaus effektive nigerianisches Institution angesehen werden und kooperiert mit mehreren EUMS bei der Reintegration. NAPTIP ist Rückführungspartner für Drittstaaten und leistet u.a. Integrationshilfe (ÖBA 9.2016).
Hinsichtlich Menschenhandels ist ein ausgeklügeltes und effektives rechtliches und institutionelles Netz aktiv. Die wichtigste Institution ist NAPTIP. Sie ist für die Untersuchung und Anklage von Fällen des Menschenhandels verantwortlich, für Kooperation und Koordination, für die Unterstützung von Opfern und für die Vorbeugung. Das nigerianische Modell wird als eines der besten existierenden Modelle erachtet (OHCHR 14.3.2014). NAPTIP hat nach ei-genen Angaben seit ihrer Gründung bis 2011 über 4.000 Opfer des organisierten Menschen-handels befreit und seit 2008 die Verurteilung von mindestens 120 Menschenhändlern erreicht (AA 21.11.2016).
Es gibt viele Frauengruppen, die die Interessen der Frauen vertreten, praktische Hilfe und Zuflucht anbieten (UKHO 8.2016b). In Nigeria sind neben den UN-Teilorganisationen 40.000 NGOs registriert, welche auch im Frauenrechtsbereich tätig sind. Die Gattinnen der 36 Provinzgouverneure sind in von ihnen finanzierten "pet projects" gerade im Frauenbildungs- und Hilfsbereich sehr aktiv und betreuen Frauenhäuser, Bildungseinrichtungen für junge Mädchen, rückgeführte Prostituierte und minderjährige Mütter sowie Kliniken und Gesundheits-zentren für Behinderte, HIV-Erkrankte und Pensionisten neben zahlreichen Aufklärungskampagnen für Brustkrebsfrühuntersuchungen, gegen Zwangsbeschneidung und häusliche Gewalt. Für unterprivilegierte Frauen bestehen in großen Städten Beschäftigungsprogramme, u.a. bei der Straßenreinigung (ÖBA 9.2016).
Auch Diskriminierung im Arbeitsleben ist für viele Frauen Alltag.
Alleinstehende Frauen begegnen dabei besonderen Schwierigkeiten: Im traditionell konservativen Norden, aber auch in anderen Landesteilen, sind sie oft erheblichem Druck der Familie ausgesetzt und können diesem häufig nur durch Umzug in eine Stadt entgehen, in der weder Familienangehörige noch Freunde der Familie leben. Im liberaleren Südwesten des Landes - und dort vor allem in den Städten - werden alleinstehende oder allein lebende Frauen eher akzeptiert (AA 21.11.2016). Rückkehrerinnen stehen Erwerbsmöglichkeiten in Form der Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam" offen. Die Grundausstattung für solche mobilen Küchen sind gering. Ferner besteht die Möglichkeit des Verkaufs von Holzstäbchen zur Zahnhygiene oder in der Landwirtschaft im Rahmen von "mini-farming" zur Schneckenzucht oder der Zucht und des Verkaufs von "bushmeat". Daneben steht handwerklich begabten Frauen die Möglichkeit der Erwerbstätigkeit durch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf lokalen Märkten offen oder der provisionsbasierte Verkauf oder die Vermietung von Wertkarten für mobile Telefonie.
Die Verfassung und Gesetze sehen für interne Bewegungsfreiheit vor und Berichten zufolge treten Frauen aus dem ganzen Land kurze oder lange Reisen alleine an. Die Bewegungs-freiheit der Frauen aus muslimischen Gemeinden in den nördlichen Regionen ist jedoch stärker eingeschränkt. Im Allgemeinen ist eine interne Relokation für insbesondere alleinstehende und kinderlose Frauen nicht übermäßig hart, im Falle der Flucht vor einer lokalen Bedrohung, die von ihrer Familie oder nicht-staatlichen Akteuren ausgeht (UKHO 8.2016b).
Eine Auswahl spezifischer Organisationen:
• African Women Empowerment Guild (AWEG): 29, Airport Road, Benin
City, Edo State Tel.: 08023514832, 08023060147, (AWEG o.d.a). Die AWEG versucht, Frauen die nötigen Fähigkeiten zu vermitteln, um sich privat und beruflich weiterzuentwickeln und sich durch Bildung, Lese- und Schreibkenntnisse Perspektiven zu eröffnen. Die AWEG hat in der Vergangenheit Wiedereingliederungshilfe für Frauen, die Opfer von Menschenhandel wurden, geleistet und wurde hierbei vom UN Office on Drug and Crime Control (UNODC) unterstützt. Die Organisation bemüht sich um Finanzmittel, um das Projekt fortzusetzen. Die AWEG hat in Zusammenarbeit mit religiösen Organisationen eine Unterkunft für Opfer von Menschenhandel eingerichtet, beherbergt hier jedoch derzeit keine Personen (IOM 8.2013; vgl. AWEG o.D.b).
• The Women's Consortium of Nigeria (WOCON): 13 Okesuna Street, Off Igbosere Road, Lagos, Nigeria, Tel.: 234-1-2635300, 2635331234-4-1-2635331, 234-(0) 8033347896, Email: wocon95@yahoo.com (WOCON o.D.a). Das Women's Consortium of Nigeria (WOCON) ist eine private gemeinnützige Organisation (NGO), die sich der Durchsetzung der Frauenrechte und der Erzielung von Gleichheit, persönlicher Entwicklung und Frieden widmet. Aktuelle Projekte: Aufklärung bezüglich Menschenhandel, Mobilisierung der Frauen, der Jugend, der öffentlichen Transportunternehmen und der Hotelmitarbeiter im Kampf gegen TIP [Anm.: Trafficking in people]. WOCON leitet Opfer des Menschenhandels an die entsprechenden Schutzunterkünfte der Regierung weiter. Andere Reintegrationsleistungen sind Beratung, Berufsausbildung und Familienzusammenführung sowie die Mobilisierung qualifizierter Frauen zur Teilnahme an der Politik. Das Projekt erstreckt sich auf die Regionen Ogun, Lagos und Ondo (IOM 8.2013; vgl. WOCON o.D.b).
• Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA),
19, Monrovia Street, Off Aminu Kano Way, Wuse II Abuja;, Tel.:
08188699961, 08172125692, 07063807887, Email: Wrapa399@gmail.com, wrapa399@yahoo.com, (WRAPA o.D.a). Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA) ist eine Organisation, die Opfern von häuslicher Gewalt, Vergewaltigung und sexueller Belästigung etc. kostenlose Rechtsberatung bietet. Darüber hinaus bietet die Organisation Frauen bei entsprechender Finanzierung Berufsausbildungsprogramme. Die Organisation betreibt Büros in jedem der 36 Bundesstaaten Nigerias. Die Organisation plant die Einrichtung zehn landesweiter Beratungszentren für kostenlose Rechtsberatungen und Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen, sucht aber noch nach der entsprechenden Finanzierung. Die Organisation bietet in ihren verschiedenen Büros auch weiterhin kostenlosen Rechtsbeistand und Beratungen für Frauen an (IOM 8.2013; vgl. WRAPA o. D.b).
• Women Aid Collective (WACOL), Email: wacolenugu@wacolnigeria.org, wacolnig@gmail.com, wacolnig@yahoo.com, wacolenugu@yahoo.com; Women House, No. 12 Mathias Iloh Avenue, Newton Enugu;, Tel.:
+234-0909-561-9586 +234-0806-609-2184, Fax: +234-42-256831, (WACOL o. D.a); Women Aid Collective (WACOL) ist eine Wohltätigkeitsorganisation, die von der African Commission on Human and Peoples' Rights beobachtet wird. WACOL bietet verschiedene Unterstützung an: Schulungen, Forschung, Rechtsberatung, Unterkunft, kostenloser Rechts- und Finanzbeistand, Lösung familieninterner Konfliktsituationen, Informationen und Bücherdienste. Die Angebote für Frauen und Kinder umfassen: Schutz und sichere Unterkunft in Krisensituationen, Rechtsberatung und Beistand, Beratung von Opfern und deren Familien (IOM 8.2013; vgl. WACOL o.D.b).
Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, wird keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbständiger Arbeit sichern, insbesondere wenn Rückkehrhilfe in angeboten wird (ÖB 10.2018).
Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Erstbeschwerdeführerin vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria. Weiters wurde Einsicht genommen in die Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Vorverfahren der Erstbeschwerdeführerin GZ. XXXX und GZ XXXX sowie der Zweitbeschwerdeführerin GZ. XXXX.
Die Beschwerdeführerinnen bestreiten den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstatteten in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.
Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.
2.2. Zu den Beschwerdeführerinnen:
Die Feststellungen zu den Lebensumständen, dem Gesundheitszustand, der Arbeitsfähigkeit, der Herkunft, der Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie der Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben der Erstbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde (Protokoll vom 25.06.2019 und vom 08.07.2019; vgl auch Protokoll vom 08.03.2018). Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin aufgekommen. Dass sich die Zweitbeschwerdeführerin mit eineinhalb Jahren in einem anpassungsfähigen Alter befindet, ergibt sich aus dem Alter der Zweitbeschwerdeführerin.
Da die Erstbeschwerdeführerin den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht ihre Identität nicht zweifelsfrei fest. Die Personalien der Zweitbeschwerdeführerin ergeben sich aus der vorgelegten Geburtsurkunde, ausgestellt vom Standesamt Wien-Hietzing.
Die Feststellung die Familie der Erstbeschwerdeführerin in Nigeria betreffend resultieren auf den Aussagen der Erstbeschwerdeführerin in ihrem ersten Asylverfahren. Damals gab sie an, dass ihr Vater bereits verstorben sei, ihre Mutter XXXX, der Bruder XXXX und die Schwester XXXX in Nigeria leben würden. Ihren nunmehrigen Angaben über keine Geschwister zu verfügen wird von der belangten Behörde kein Glauben geschenkt und schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dem an. Auch steht das Beschwerdevorbringen, die Erstbeschwerdeführerin hätte keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter im diametralen Gegensatz zu ihren eigenen Aussagen, dass sie in telefonischem Kontakt mit ihrer Mutter steht ("Ich rufe einen Freund an, welcher das Telefon dann weiter an meine Mutter gibt." Seite 11 des Bescheides die Erstbeschwerdeführerin betreffend). Vielmehr spricht der Gesamteindruck der divergierenden Angaben dafür, dass die Erstbeschwerdeführerin versucht hat, die belangte Behörde und auch das Bundesverwaltungsgericht über ihre familiäre Situation in Nigeria zu täuschen um ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Österreich zu erlangen.
Dass die Erstbeschwerdeführerin in Österreich außer ihrer minderjährigen Tochter, der Zweitbeschwerdeführerin, über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin anlässlich ihrer Einvernahme durch die belangte Behörde. Dass kein Kontakt zum Vater der Zweitbeschwerdeführerin besteht ergibt sich ebenfalls aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin. In der vom Standesamt Wien-Hietzing ausgestellten Geburtsurkunde ist zudem kein Vater eingetragen. Dass die Erstbeschwerdefüherin schwanger ist, ergibt sich aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen und ihrer diesbezüglichen Aussage vor der belangten Behörde am 08.07.2019. In dieser Aussage teilte sie mit, dass der Vater des werdenden Kindes nicht auch der Vater der Zweitbeschwerdeführerin sei und dass dieser in Italien lebe und nur vorübergehend in Österreich aufhältig gewesen sei. Dass eine Abhängigkeit zu diesem Mann bestehe, verneinte die Erstbeschwerdeführerin in ihrer Aussage vom 08.07.2019. Dass auch keine engere Beziehung zu diesem Mann besteht, ergibt sich ua aus dem Umstand, dass die Erstbeschwerdeführerin nicht einmal den Nachnamen des Mannes kennt.
Dass die Erstbeschwerdeführerin wie auch die Zweitbeschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt in Österreich über einen Aufenthaltstitel oder eine Karte für Geduldete verfügten, ergibt sich aus den vorgelegten Akten der belangten Behörde.
Die Feststellungen zur Gesundheit der Beschwerdeführerinnen ergibt sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angeben der Erstbeschwerdeführerin. Auch aus dem Umstand der Schwangerschaft ergeben sich keine anderen Feststellungen, da Schwangerschaft kein Leiden oder eine Erkrankung darstellt. Aus dem Umstand der Gesundheit der Erstbeschwerdeführerin ergibt sich die Feststellung ihrer Erwerbsfähigkeit. Dass die Erstbeschwerdeführerin für ihre Tochter sorgepflichtig ist, ist Folge des Unterhalts- und Kindschaftsrechts des ABGB. Dass es der Erstbeschwerdeführerin aufgrund der Erwerbsfähigkeit möglich, auch den Sorgepflichten gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin nachkommen kann, ergibt sich aus dem Umstand der Erwerbsfähigkeit. Durch die Aufnahme einer möglichen und zumutbaren Erwerbstätigkeit, etwa durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, wie in den Länderfeststellungen festgestellt, wird es der Erstbeschwerdeführerin möglich sein, für sich und ihre Tochter (sowie das noch zu gebärende Kind) einen Lebensunterhalt zu verdienen.
Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Erstbeschwerdeführerin ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.
Die Feststellungen zum gegenwärtigen Wohnsitz und dem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem. Aus dem Umstand des Bezuges der Grundversorgung und dem Umstand, dass die Erstbeschwerdeführerin nie in Österreich erwerbstätig war, ergibt sich die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerinnen und deren mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit. Dass die Erstbeschwerdeführerin ihrer Sorgepflicht gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin in Österreich nicht nachkommt, ergibt sich aus dem Umstand des Bezuges der Zweitbeschwerdeführerin von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Dass die Erstbeschwerdeführerin sich in Österreich weder sprachlich, sozial noch kulturell oder beruflich verfestigt hat, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben und daraus, dass sie keinerlei Bestätigungen über Sprachprüfungen oder Mitgliedschaften vorgelegt hat. Die Zweitbeschwerdeführerin ist aufgrund ihres Alters von knapp einem Jahr weder sprachlich noch sozial oder kulturell in Österreich integriert.
2.3. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführerinnen:
Dass die Erstbeschwerdeführerin im gegenständlichen Folgeantrag für sich und die Zweitbeschwerdeführerin keine neuen Fluchtgründe vorgebracht hat, ergibt sich aus nachfolgenden Gründen:
Im gegenständlichen Asylverfahren bringt die Erstbeschwerdeführerin keine neuen Gründe für die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz vor. Sie stellte den neuen Antrag nur, weil sie in Österreich bleiben möchte. Neue Gründe gibt es nicht (Protokoll vom 08.07.2019 S 5).
Zutreffend und nachvollziehbar hat die belangte Behörde diese Aussagen dahingegehend gewürdigt, dass kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt feststellbar ist. Der belangten Behörde kann entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht vorgeworfen werden, es habe eine tatsächliche Prüfung des Sachverhalts verabsäumt. Vielmehr musste die belangte Behörde von den Aussagen der Erstbeschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage des Vorliegens von Sachverhaltsänderungen ausgehen. Hierbei wäre es an der Erstbeschwerdeführerin gelegen initiativ Angaben zu machen, die für eine Sachverhaltsänderung sprechen könnten. Im gegenständlichen Fall geht es der Erstbeschwerdeführerin - wie aus dem Protokoll vom 08.07.2019, S 5, hervorgeht - nur darum, in Österreich zu bleiben. Mit diesem Ansinnen macht die Erstbeschwerdeführerin aber keinen neuen Sachverhalt in Bezug auf das Vorliegen neuer Fluchtgründe glaubhaft, weshalb die belangte Behörde zu Recht von einer entschiedenen Sache ausgegangen ist.
Angesichts der Aussage der Erstbeschwerdeführerin am 08.07.2019 vor der belangten Behörde liegt es vielmehr nahe, dass sie für sich und die Zweitbeschwerdeführerin diesen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz nur stellte, um eine Abschiebung zu vereiteln.
Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde dieses Vorbringen als keinen neuen Sachverhalt einstuft. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an. Damit ist die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht dieser anschließt
2.4. Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017
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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017
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AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,
https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017
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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017
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AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017
-
BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,
http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017
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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017
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EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017
-
FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:
Assessing Conflict in Nigeria,
http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017
-
FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017
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FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017
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IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017
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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria
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OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017
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SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,
http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017
-
UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Ni-geria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 12.6.2017
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USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,
https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017
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USDOS - U.S. Department of State (19.7.2017): Country Report on Terrorism 2016 - Chapter 2 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/344128/487671_de.html, Zugriff 28.7.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Prac-tices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sow